TE OGH 2018/9/26 1Ob116/18t

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Veröffentlicht am 26.09.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Höfrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers N*****, Deutschland, vertreten durch Dr. Ingrid Stöger und Dr. Roger Reyman, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die Antragsgegnerin W*****, vertreten durch Mag. Ludwig Vogl, Rechtsanwalt in Mattighofen, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis als Rekursgericht vom 20. März 2018, GZ 14 R 27/18y-78, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Mattighofen vom 19. Jänner 2018, GZ 9 Fam 9/15p-74, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Das Revisionsrekursverfahren wird bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die im Rekurs der Antragsgegnerin enthaltene Ablehnung des Erstrichters

unterbrochen.

Die Akten werden dem Erstgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, sie nach rechtskräftiger Entscheidung über diese Ablehnung dem Obersten Gerichtshof wieder vorzulegen.

Text

Begründung:

Die Antragsgegnerin machte in ihrem Rekurs gegen die erstinstanzliche Entscheidung eine Befangenheit des Erstrichters geltend, wobei sie denjenigen Teil ihrer Rekursausführungen, in dem sie die behauptete Befangenheit darlegt und daraus eine Nichtigkeit des Verfahrens ableitet, mit der Überschrift „Nichtigkeit/Ablehnungsantrag“ betitelt hat. Die Antragsgegnerin greift die behauptete Befangenheit des Erstrichters auch in ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs auf und leitet daraus einen schweren Mangel des Verfahrens erster Instanz im Sinne des § 66 Abs 1 Z 1 AußStrG (iVm § 58 Abs 4 Z 1 AußStrG) ab.

Rechtliche Beurteilung

Die Geltendmachung der Befangenheit ist auch nach Erlassung der erstinstanzlichen Entscheidung bis zur Rechtskraft zulässig (RIS-Justiz RS0041933; RS0042028). Dass in erster Instanz ein ausgeschlossener oder mit Erfolg abgelehnter Richter entschieden hat, kann im außerstreitigen Revisionsrekursverfahren auch dann noch als schwerer Verfahrensmangel geltend gemacht werden, wenn der behauptete Mangelwie im vorliegenden Fall bereits vom Rekursgericht verneint wurde (vgl RIS-Justiz RS0030748 [T14]; Schramm in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG [2013] § 66 AußStrG Rz 5). Auf die Geltendmachung einer im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG erheblichen Rechtsfrage kommt es in diesem Fall nicht an, weil zur (auch amtswegigen) Wahrnehmung schwerer Verfahrensverstöße nach § 58 Abs 4 AußStrG ein zulässiges Rechtsmittel genügt (vgl allgemein RIS-Justiz RS0041942; zur „Nichtigkeit“ nach dem AußStrG siehe etwa 2 Ob 62/17g, wobei dort ein nach § 56 Abs 1 AußStrG wahrzunehmender Verstoß gegen das Wiederholungsverbot [„ne bis in idem“] zu beurteilen war; gleiches muss aber für die gravierenden Verfahrensmängel nach § 58 Abs 4 AußStrG gelten).

Der von der Antragsgegnerin behauptete Verfahrensmangel nach § 58 Abs 4 Z 1 AußStrG liegt nur dann vor, wenn der Richter erfolgreich abgelehnt wurde (vgl RIS-Justiz RS0042046 [insb T4]). Da über die im Rekurs behauptete Befangenheit des Erstrichters und den „Ablehnungsantrag“ das nach § 23 JN zuständige Gerichtsorgan (Vorsteher des Bezirksgerichts) bisher nicht entschieden hat, kann derzeit noch nicht beurteilt werden, ob der von der Revisionsrekurswerberin behauptete Verfahrensmangel vorliegt. Das Revisionsrekursverfahren wird daher bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Ablehnung des Erstrichters unterbrochen (vgl in jüngerer Zeit etwa 3 Ob 102/15v; 2 Ob 202/16v; 3 Ob 18/18w).

Wird der Ablehnung stattgegeben, ist gemäß § 25 letzter Satz JN erforderlichenfalls auszusprechen, ob und in welchem Umfang Verfahrenshandlungen des abgelehnten Richters aufzuheben sind. An den in Rechtskraft erwachsenen Beschluss des Ablehnungsgerichts ist auch das Rechtsmittelgericht im Hauptverfahren gebunden (RIS-Justiz RS0042079).

Textnummer

E123229

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0010OB00116.18T.0926.000

Im RIS seit

22.11.2018

Zuletzt aktualisiert am

22.11.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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