TE AsylGH Erkenntnis 2013/09/13 S21 437191-1/2013

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Veröffentlicht am 13.09.2013
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Spruch

S21 437.191-1/2013-5E

 

S21 437.192-1/2013-5E

 

S21 437.193-1/2013-4E

 

S21 437.194-1/2013-4E

 

S21 437.172-2/2013-4E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. STEININGER, als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb., XXXX, StA. Syrien, vertreten durch die Arge Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.08.2013, Zl. 13 07.426-EAST-West, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gem. §§ 5, 10 des Asylgesetzes 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF als unbegründet abgewiesen.

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. STEININGER, als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, vertreten durch die Arge, Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.08.2013, Zl. 13 07.427-EAST West, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gem. §§ 5, 10 des Asylgesetzes 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF als unbegründet abgewiesen.

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. STEININGER, als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, vertreten durch die Mutter und gesetzliche Vertreterin XXXX, diese vertreten durch die Arge Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.08.2013, Zl. 13 07.428-EAST-West, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gem. §§ 5, 10 des Asylgesetzes 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF als unbegründet abgewiesen.

 

4.) Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. STEININGER, als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, vertreten durch die Mutter und gesetzliche Vertreterin XXXX, diese vertreten durch die Arge Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.08.2013, Zl. 13 07.429-EAST West, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gem. §§ 5, 10 des Asylgesetzes 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF als unbegründet abgewiesen.

 

5.) Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. STEININGER, als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien vertreten durch den Onkel XXXX, dieser vertreten durch die Arge Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.08.2013, Zl. 13 07.430-EAST West, zu Recht erkannt.

 

Die Beschwerde wird gem. §§ 5, 10 des Asylgesetzes 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I.1.1. Die beschwerdeführenden Parteien ("bP1 - bP5") reisten nicht rechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 05.06.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Ziffer 13 AsylG.

 

I.1.2. Im Wesentlichen brachte die bP1 vor, Syrien am 25.06.2013 gemeinsam mit seiner Familie (bP2 - bP 4) und seinem Neffen XXXX illegal über die grüne Grenze in die Türkei verlassen zu haben. In Istanbul hätten sie 10 Tage in einem Hotel und anschließend ca. 2 Monate in einer Wohnung verbracht. Mit dem Flugzeug seien sie dann in ein unbekanntes Land geflogen und dann mit Taxis bis nach Österreich gebracht worden. Auf Vorhalt des Eurodac-Treffers zu Slowenien (SI1xxxx v. XXXX05.2013 - vgl. AS 5) gab er an, ca. 10 - 15 Tage dort und in einem Lager untergebracht gewesen zu sein. Dort sei alles sehr schmutzig und unordentlich gewesen, das Essen sei grauslich gewesen, es habe Leute gegeben, die krank gewesen seien, aber diese hätten keine medizinische Versorgung bekommen. In der Unterkunft habe es auch immer Streitereien gegeben. Er habe versucht zu arbeiten, habe aber nicht arbeiten dürfen. Der Schlepper habe ihm gesagt, die slowenischen Behörden würden ihn wieder nach Syrien schicken und dort würde er getötet werden.

 

Der BF5 gab an, dass er von seinem Onkel abhängig sei und bestehe eine enge Beziehung zu ihm. Als er von Syrien weggegangen sei, habe sein Vater zu ihm gesagt, dass er nunmehr nicht mehr für ihn da sein könne und sein Onkel wie ein Vater für ihn sei. Er möchte daher von seinem Onkel keinesfalls mehr getrennt werden.

 

Näher zu seinem Verhältnis zu seinem Onkel und dessen Familie befragt habe er ausgeführt, dass seine eigene Familie zusammen mit seinem Onkel und dessen Familie immer in einem Haus gewohnt hätten. Er sei somit mit ihm aufgewachsen. Bei seiner Ausreise hätte ihm sein Vater gesagt, dass er nunmehr nicht mehr für ihn da sein könnte und daher sein Onkel für ihn wie ein Vater sei. Aktuell sei er von seinem Onkel finanziell abhängig und er möchte nicht von ihm getrennt werden. Seine Tante, welche mit ihm nach Österreich gekommen sei, habe auf konkrete Nachfrage hin ebenso bestätigt, dass er mit dem Einverständnis seiner Eltern Syrien verlassen hätte. Weiters hätten seine Eltern seinen Onkel und seine Tante damit beauftragt, auf ihn aufzupassen und ihn wie einen eigenen Sohn zu behandeln. Eine schriftliche Vollmacht hätten seine Eltern dazu aber nicht ausgestellt, zumal es üblich sei, dass sich der Onkel um die Kinder kümmern würde, deren Vater nicht mehr zur Verfügung stehen würde. Seitens des Bundesasylamtes sei daraufhin an die Staatendokumentation des Bundesasylamtes herangetreten und gebeten worden zu erheben, ob es in Syrien, vor allem in der Provinz al-Hasaka, bei Angehörigen der kurdischen Volksgruppe dem Gewohnheitsrecht entspreche, dass die Übertragung der Obsorge bzw. Vormundschaft verbal erfolge bzw. keiner schriftlichen Ausfertigung bedürfe. Durch die in diesem Fall beauftragte ÖB Damaskus wurde am 25.07.2013 mitgeteilt, dass es durchaus dem Gewohnheitsrecht entspreche, dass die Übertragung der Obsorge bzw. Vormundschaft verbal erfolge. Die Übertragung der Obsorge bzw. der Vormundschaft sollte zwar schriftlich festgehalten werden, jedoch komme dies, insbesondere in der derzeitigen Situation, in den wenigsten Fällen vor.

 

Zusammengefasst ergebe sich somit einerseits, dass ihm im Erstverfahren des BF5 ein Rechtsberater im Zulassungsverfahren als gesetzl. Vertreter gem. § 64 Abs. 3 AsylG zur Seite gestellt worden sei, da seine Eltern in seinem Fall seinem Onkel nicht schriftlich die Obsorge übertragen hätten. Andererseits entspreche es aber, so wie von ihm angegeben und auch so wie von der ÖB Damaskus bestätigt, dem Gewohnheitsrecht bei Angehörigen der kurdischen Volksgruppe in Syrien, dass eine Obsorgeübertragung bzw. die Übertragung der Vormundschaft lediglich verbal erfolge und im Regelfall nicht schriftlich festgehalten werde. Somit sei festzuhalten, dass jedenfalls davon auszugehen sei, dass seinem Onkel, Herrn XXXX, - dem dortigen Gewohnheitsrecht entsprechend - die Vormundschaft bzw. Obsorge über ihn übertragen worden sei. Weiters habe er selbst auch klar deutlich gemacht, dass es keinesfalls in seinem Interesse liegen würde, nunmehr von seinem Onkel getrennt zu werden.

 

Vorrangig war im Erstverfahren des BF5 daher die Frage zu klären, ob es sich beim BF um einen unbegleiteten Minderjährigen handelt. Der BF ist unter 18 Jahren, also minderjährig und er ist auch unverheiratet. Im Hinblick auf Artikel 6 der Dublin II-VO ist daher zu fragen, ob ein Familienangehöriger des mj. BF hier anwesend ist. Maßgeblich dafür ist der Zeitpunkt der Asylantragstellung des minderjährigen Antragstellers.

 

Art. 2 lit h) der Dublin II-VO nimmt einmal eine Gleichstellung von Gesetz und Gewohnheitsrecht - arg.: "ohne Begleitung eines für sie nach dem Gesetz oder dem Gewohnheitsrecht verantwortlichen Erwachsenen" - vor (vgl. Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung, 3. Auflage, K21 zu Art. 2). Zur Familie eines unverheiratet minderjährigen Antragstellers zählen dessen Eltern oder sein Vormund. Wer als Vormund des Minderjährigen anzusehen ist, kann sich nur nach dem Recht des Herkunftsstaates bestimmen, da die Vormundschaft ja bereits im Herkunftsstaat bestanden haben muss (vgl. Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung, 3. Auflage, K32 zu Art. 2). Nach den Feststellungen ist eindeutig, dass der Vater des mj. BF die Obsorge über seinen Sohn auf seinen Bruder (den Onkel des mj. BF) vor der Abreise aus Syrien übertrug. Dies entspricht nach den getätigten Erhebungen auch dem dortigen Gewohnheitsrecht. Der mj. BF befand sich die gesamte Dauer der Reise über und befindet sich noch in der Obhut dieses Erwachsenen, seines Onkels. Der Onkel des mj. BF ist daher als dessen Vormund bzw. Obsorgeberechtigter anzusehen und hat dieser folglich die Interessen des mj. BF wahrzunehmen.

 

Daraus ergibt sich, dass der mj. BF kein unbegleiteter Minderjähriger ist, weshalb infolge Zustellmangels die Beschwerde gemäß § 66 Abs. 4 iVm § 63 Abs. 5 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) 1991, BGBl. Nr. 1991/50, als unzulässig zurückgewiesen wurde.

 

Die bP 2 bestätigte im Wesentlichen die Angaben ihres Mannes (bP1).

 

Auf Ersuchen Österreichs vom 07.06.2013 um Wiederaufnahme der bP an Slowenien gemäß Art. 16/1/c der Dublin II-Verordnung antwortete Slowenien mit Schreiben vom 21.06.2013 und akzeptierte die Rückübernahme der gesamten Familie einschließlich des Neffen gemäß Art. 16/1/c der Dublin II-VO (AS 61 Akt zu bP1).

 

I.2.1. Der Antrag der bP1 - bP 4 wurde mit im Spruch des gegenständlichen Erkenntnisses bezeichneten Bescheiden des Bundesasylamtes (in weiterer Folge als "angefochtene Bescheide" bezeichnet) gem. § 5 Abs. 1 AsylG zurückgewiesen. Für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz ist gemäß Artikel 16(1)c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates Slowenien zuständig (Spruchpunkt I). Weiters wurden die beschwerdeführende Parteien gem. § 10 (1) 1 AsylG nach Slowenien ausgewiesen; demzufolge ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der beschwerdeführenden Parteien gem. § 10 (4) AsylG nach Slowenien zulässig (Spruchpunkt II).

 

I.2.2. Das Bundesasylamt traf im angefochtenen Bescheid Feststellungen zum in Punkt I.2.1 genannten Artikel der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Prüfung des gegenständlichen Asylverfahrens zuständigen Staat zu führenden Asylverfahren, zur Praxis des Non-Refoulement-Schutzes, der Ausweisung und zur Versorgung von Asylwerbern.

 

I.2.3. Das Bundesasylamt führte weiters aus, dass den Angaben keine stichhaltigen Gründe zu entnehmen seien, dass sie tatsächlich konkret Gefahr laufen würden, in Slowenien Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihnen eine Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte. Es sei auch laut allgemeinen Feststellungen zur Lage in Slowenien über solche Übergriffe nichts bekannt geworden.

 

I.2.4. Soweit angegeben worden sei, dass die Bedingungen in Slowenien schlecht gewesen wären, da dort alles schmutzig und das Essen grauslich gewesen wäre, dass angeblich die medizinische Versorgung dort schlecht sei, sei auszuführen, dass sich Asylwerber im Zuge der Feststellung des für das Asylverfahren zuständigen Dublinstaates nicht jenen Mitgliedstaat aussuchen könnten, in dem sie bestmögliche Unterbringung und Versorgung erwarten können. Es sei auch auf den Hauptzweck der Dublin II-VO zu verweisen, wonach eine im Allgemeinen von individuellen Wünschen der Asylwerber losgelöste Zuständigkeitsreglung zu treffen sei. Schwierige Lebensbedingungen, wie etwa regional bestehende Engpässe bei den Aufnahmekapazitäten oder Umstände, wie sie bemängelt worden seien, würden selbst im Falle ihres Zutreffens keine die Schwelle des Art. 3 EMRK übersteigende Eingriffsintensität aufweisen (vgl. dazu in einem ähnlich gelagerten Fall Erkenntnis des AGH vom 13.03.2013, Zl. S2 433.030-1/2013/3E).

 

Soweit weiter ausgeführt werde, dass es im Lager in Slowenien öfters zu Streitigkeiten (zwischen den Asylwerbern) gekommen wäre und einige ebenfalls dort untergebrachte Männer die bP1 böse angesehen hätten, sei festzuhalten - sollte es zu Vorfällen mit Privatpersonen in Slowenien kommen -, dass ihnen jedenfalls die Möglichkeit offen stehe, sich diesbezüglich - wie in Österreich auch - an die dortigen Sicherheitsbehörden zu wenden, um so Schutz zu erhalten. Im Falle von Übergriffen könne von einer ausreichenden Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der Sicherheitskräfte in Slowenien ausgegangen werden bzw. bestehe kein Hinweis für eine Duldung von Übergriffen oder für eine mangelnde Bereitschaft bzw. Fähigkeit der Sicherheitskräfte, Schutz zu gewähren.

 

Der im Spruch genannte Mitgliedsstaat sei bereit, sie einreisen zu lassen und ihre Anträge auf internationalen Schutz zu prüfen bzw. die sonstigen ihn aus der Dublin Verordnung treffenden Verpflichtungen ihnen gegenüber zu erfüllen.

 

Es sei festzustellen, dass in Slowenien einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union als einer Rechts- und Wertegemeinschaft und des Europarates, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK im gegenständlichen Zusammenhang nicht eintreten werde. Auch aus der Rechtsprechung des EGMR oder aus sonstigem Amtswissen lasse sich eine systematische, notorische Verletzung fundamentaler Menschenrechte in Slowenien keinesfalls erkennen.

 

Ein von den bP im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer, bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen lassen, sei im Verfahren nicht hervorgekommen.

 

Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe daher zu.

 

Ein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art 3 Abs. 2 Dublin VO habe sich nicht ergeben.

 

I.3. Gegen den angefochtenen Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz Beschwerde eingebracht. Gerügt wurden inhaltliche Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften.

 

Die Behörde würdige zur Begründung des Dublin Sachverhalts auf Seite 12 des Bescheids, dass für den Neffen (der bP 1 und bP2) die Zuständigkeit Sloweniens gegeben wäre. Dies sei unrichtig und werde auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde zu AIS 13 07.430 ausdrücklich verwiesen.

 

Die Behörde hätte bei richtiger rechtlicher Beurteilung des Sachverhalts den Asylantrag des UMF zulassen und im Zuge der Einvernahme seiner Familie näher zu prüfen gehabt, ob hierbei ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis vorliege, welches auch die Ausweisung der restlichen "Familie" von ihnen unzulässig mache.

 

Beantragt werde auch, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

 

I.4. Am 19.08.2013 erfolgte durch den zuständigen Richter eine Sichtung der Akte. Hierbei wurde festgestellt, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen ist bzw. betreffend des Fünftbeschwerdeführers eine ordnungsgemäße Zustellung nicht erfolgte und die Beschwerde gegen die Entscheidung der Behörde erster Instanz abzuweisen war.

 

I.5. Hinsichtlich des weiteren Verfahrensherganges und Vorbringens der Verfahrenspartei im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524).

 

I.6. Das erkennende Gericht geht von folgendem erwiesenen Sachverhalt aus:

 

I.6.1 Die bP sind StA von Syrien. Aufgrund des Ergebnisses des Fingerabdruckabgleiches (AS 5 zu bP1; AS 5 zu bP2) sowie der diesbezüglich widerspruchsfreien Angaben der bP steht die Asylantragstellung in Slowenien jeweils fest. Im konkreten Fall teilt der Mitgliedstaat die Ansicht für das Asylverfahren zuständig zu sein und erteilte die Zustimmung im Rahmen des mit Slowenien geführten Konsultationsverfahrens gem. Art. 16(1)c der Dublin II VO.

 

I.6.2. In Bezug auf Slowenien ist die Verordnung 2003/343/EG zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen gestellten Asylantrags in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist, ABl. L 50 vom 25.2.2003, S. 1, anwendbar.

 

I.6.3. Ebenso sind in Bezug auf Slowenien anwendbar:

 

-

die Richtlinie 2004/83/EG über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12 (Statusrichtlinie)

 

-

Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft, ABl. L 326, S 13 (Verfahrensrichtlinie)

 

-

Richtlinie 2003/9/EG zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylwerbern in den Mitgliedstaaten, ABl. 2003 L 31, S 18 (Aufnahmerichtlinie)

 

I.6.3.1. Das Ziel der Statusrichtlinie ist die Festlegung von Mindestnormen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz (gem. Art. 2 lit a leg. cit ist als "internationaler Schutz" die Flüchtlingseigenschaft und der subsidiäre Schutzstatus zu verstehen) benötigen, sowie des Inhalts des zu gewährenden Schutzes (Art. 1) und enthält hierfür die entsprechenden rechtlichen Garantien.

 

I.6.3.2. Die Verfahrensrichtlinie stellt ua. sicher, dass die Asylbehörde ihre Entscheidung über einen Asylantrag nach angemessener Prüfung trifft. Zu diesem Zweck stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Anträge einzeln, objektiv und unparteiisch geprüft und entschieden werden (Art. 8 (2) a) und die Entscheidungen über Asylanträge schriftlich ergehen, dass bei der Ablehnung eines Antrags die sachlichen und rechtlichen Gründe dafür in der Entscheidung dargelegt werden und Asylwerber schriftlich darüber informiert werden, wie eine ablehnende Entscheidung angefochten werden kann (Art. 9 (1) u. (2)). Die Verfahrensrichtlinie stellt weiter sicher, dass Asylbewerber das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor einem Gericht oder Tribunal gegen eine Entscheidung über ihren Asylantrag ...haben (Art. 39 (1)).

 

I.6.3..3. Gem. den Artikeln 15 und 20 der Aufnahmerichtlinie ist der hier zuständige Partnerstaat verpflichtet, für eine ausreichende medizinische Versorgung von kranken Asylwerbern zu sorgen, sowie bei Opfern von Folter und Gewalt im Bedarfsfall eine Behandlung bereitzustellen, die für Schäden, die durch Folter, Vergewaltigung oder andere schwere Gewalttaten erlitten wurden, erforderlich ist.

 

Ebenso ist der hier zuständige Partnerstaat nach der Aufnahmerichtlinie verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass Asylsuchende ab Antragstellung materielle Leistungen erhalten, die einem Lebensstandard entsprechen, welcher Gesundheit und Lebensunterhalt der Asylsuchenden gewährleistet (Artikel 13).

 

Nach dieser Richtlinie soll die Unterbringung das Familienleben schützen, sowie Kommunikation mit oder Zugang zu Rechtsberatern, UNHCR und NGOs ermöglichen. Die Mitgliedstaaten sind kraft der Richtlinie verpflichtet, Gewalt in Sammelunterkünften zu verhüten. Das in Einrichtungen eingesetzte Personal muss angemessen geschult sein, und die Asylsuchenden können an der Verwaltung der Unterbringungszentren beteiligt werden. Minderjährige sollten zusammen mit ihren Eltern oder Familienangehörigen untergebracht werden.

 

Gem. Art. 16 (3) und (4) der Aufnahmerichtlinie können die Mitgliedstaaten Sanktionen für grobe Verstöße gegen die Vorschriften der Unterbringungszentren und grob gewalttätiges Verhalten festlegen. Die Mitgliedstaaten gewährleisten in jedem Fall Zugang zur medizinischen Notversorgung.

 

I.6.4. Gegen Slowenien hat die Europäische Kommission kein Vertragsverletzungsverfahren gemäß Art. 260 AEUV (vormals Art. 226 des EG-Vertrag) wegen Verletzung der Status-, Verfahrens-, oder Aufnahmerichtlinie eingeleitet.

 

I.6.5. Zusammengefasst ist festzustellen, dass in Slowenien von einer unbedenklichen asylrechtlichen Praxis, der Beachtung des Non-Refoulements-Schutzes, der Existenz einer Grund- und Gesundheitsversorgung, sowie einer unbedenklichen Sicherheitslage ausgegangen werden kann. Ebenso vertritt Slowenien in Bezug auf die Auslegung der GFK, der Status-, Verfahrens- und Aufnahmerichtlinie, sowie der Beurteilung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat des BF keine relevanten Sonderpositionen innerhalb der Europäischen Union.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

II. 1. Beweiswürdigung

 

Der festgestellte Sachverhalt wird aufgrund der Einsichtnahme in den Verwaltungsakt als erwiesen angenommen. Die bP trat den Feststellungen des Bundesasylamtes, welche zusammengefasst ebenfalls zu den unter 1.6.5. getroffenen Feststellungen nicht im Widerspruch stehen, sondern dort ihre Bestätigung finden, nicht ausreichend konkret und substantiiert entgegen, um die Überzeugung des erkennenden Gerichts von deren Richtigkeit zu erschüttern.

 

Das erkennende Gericht sieht aufgrund der oa. Ausführungen die unter

1.6.5. getroffenen zusammengefassten Ausführungen als erwiesen an.

 

II.2. Rechtlich ergibt sich Folgendes:

 

II.2.1. Zuständigkeit

 

Gemäß § 61 (1) AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idgF entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes.

 

II.2.2. Entscheidung durch den Einzelrichter

 

2. Gemäß § 61 Abs. 3 Z 1 lit b und Z 2 AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idgF entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über zurückweisende Bescheide wegen Zuständigkeit eines anderen Staates und die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

II.2.3. Anzuwendendes Verfahrensrecht

 

Gem. § 23 (1) des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 idgF, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51 idgF, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat das erkennende Gericht, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

II.2.4.1. § 5 AsylG lautet:

 

"(1) Ein nicht gemäß § 4 erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin - Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Behörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.

 

(2) ...

 

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder bei der Behörde offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet."

 

§ 10 AsylG idF BGBl I 38/2011 lautet:

 

" (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn

 

1. der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird;

 

2. - 4.

 

und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

 

(2) Ausweisungen nach Abs. 1 sind unzulässig, wenn

 

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder

 

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden. Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

a) - i)

 

(3) Wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

 

(4) Eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, gilt stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

(5) - (6)

 

(7) Wird eine Ausweisung durchsetzbar, gilt sie als durchsetzbare Rückkehrentscheidung nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100, und hat der Fremde binnen einer Frist von 14 Tagen freiwillig auszureisen. Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht, wenn gegen den Fremden ein Rückkehrverbot erlassen wurde und für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 oder § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 38 durchführbar wird; in diesen Fällen hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

(8) Mit Erlassung der Ausweisung ist der Fremde über seine Pflicht zur unverzüglichen oder fristgerechten Ausreise und gegebenenfalls über die Möglichkeit eines Antrages auf Verlängerung der Frist für die freiwillige Ausreise bei der örtlich zuständigen Fremdenpolizeibehörde (§ 55a FPG) zu informieren, insbesondere auf Rückkehrhilfe, sowie auf mögliche fremdenpolizeiliche Maßnahmen zur Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung (§ 46 FPG) hinzuweisen."

 

§ 34 Abs. 1 AsylG lautet: "Stellt ein Familienangehöriger (§ 2 Z 22) von

 

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

 

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

 

3. einem Asylwerber einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

 

Gemäß § 34 Abs. 4 AsylG hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen, unter den Voraussetzungen des Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

 

Familienangehörige sind gem. § 2 Z 22 AsylG, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

 

In den vorliegenden Fällen liegt somit ein Familienverfahren vor, da der 1.-Beschwerdeführer der Ehegatte der 2.-Beschwerdeführerin ist und beide Eltern der minderjährigen 3. und 4.- Beschwerdeführerinnen sind.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist somit ein nicht gemäß § 4 AsylG erledigter Asylantrag als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18.2.2003 zur Prüfung des Asylantrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Asylbehörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.

 

Aufgrund des aus dem Akteninhalt ersichtlichen Datums der Asylantragstellung bezieht sich in casu § 5 AsylG auf die Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18.2.2003 (Dublin II), da gemäß Artikel 29 leg. cit. diese Verordnung auf Asylanträge anwendbar ist, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten - dies ist der 1.9.2003 - gestellt werden.

 

Weiters ist gemäß § 10 Abs 1 Z1 AsylG die Zurückweisung eines Antrages nach Maßgabe der § 10 Abs 3 und Abs 4 AsylG mit einer Ausweisung zu verbinden.

 

II.2.4.2. Relevante Verstöße gegen die verfahrensrechtlichen Anordnungen der §§ 28, 29 AsylG konnten nicht festgestellt werden.

 

II.2.4.3. Die Dublin II VO ist eine Verordnung des Unionsrechts (vgl Art. 78 AEUV), die Regelungen über die Zuständigkeit zur Prüfung von Asylanträgen von Drittstaatsangehörigen trifft. Sie gilt also nicht für mögliche Asylanträge von EU-Bürgern, ebensowenig ist sie auf Personen anwendbar, denen bereits der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde. Das wesentliche Grundprinzip ist jenes, dass den Drittstaatsangehörigen in einem der Mitgliedstaaten das Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Asylverfahren zukommt, jedoch nur ein Recht auf ein Verfahren in einem Mitgliedstaat, dessen Zuständigkeit sich primär nicht aufgrund des Wunsches des Asylwerbers, sondern aufgrund der in der Verordnung festgesetzten hierarchisch geordneten Zuständigkeitskriterien ergibt.

 

Es ist daher zunächst zu überprüfen, ob ein anderer Mitgliedstaat nach den hierarchisch aufgebauten (Art. 5 Abs 1 Dublin II VO) Kriterien der Art. 6-12 bzw 14 und Art. 15 Dublin II VO zuständig ist oder die Zuständigkeit bei ihm selbst nach dem Auffangtatbestand des Art. 13 Dublin II VO (erste Asylantragstellung) liegt und sich so eine Verpflichtung zur Aufnahme bzw. Wiederaufnahme des BF gem. Art. 16 ff Dublin II VO eines Partnerstaates ergibt.

 

Im vorliegenden Fall ist dem Bundesasylamt zuzustimmen, dass eine Zuständigkeit Sloweniens gemäß Art. 16(1)c der Dublin II VO vorliegt. Eine solche Zuständigkeit wurde von Slowenien auch ausdrücklich anerkannt.

 

Es sind auch aus der Aktenlage keine Hinweise ersichtlich, wonach die Führung der Konsultationen im gegenständlichen Fall derart fehlerhaft erfolgt wäre, sodass von Willkür im Rechtssinn zu sprechen wäre und die Zuständigkeitserklärung des zuständigen Mitgliedstaates wegen Verletzung der unionsrechtlichen Verfahrensgrundsätze aus diesem Grund ausnahmsweise keinen Bestand haben könnte (Filzwieser, Subjektiver Rechtsschutz und Vollziehung der Dublin II VO - Gemeinschaftsrecht und Menschenrechte, migraLex, 1/2007, 22ff; vgl auch das Gebot der Transparenz im "Dublin-Verfahren", VwGH 23.11.2006, Zl. 2005/20/0444). Das Konsultationsverfahren erfolgte mängelfrei. Das Bundesasylamt hat auch in der Begründung dieses Ersuchens nichts Wesentliches verschwiegen. Das Bundesasylamt hat auch dargelegt, warum es von der Zuständigkeit des hier zu prüfenden Partnerstaates ausgeht.

 

Im Lichte des Art. 7 VO 1560/2003 ergibt sich auch keine Verpflichtung seitens der beteiligten Mitgliedstaaten oder seitens der Regelungen der Dublin II VO, dass die Überstellung in einer Weise durchgeführt wird, die potentiell belastenden Zwangscharakter aufweist.

 

Hinweise auf weitere, die Zuständigkeit Sloweniens ausschließende Rechtsgrundlagen und Sachverhalte konnten bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht erkannt werden, wobei hier vom entscheidenden Mitglied bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des erstinstanzlichen Bescheides auch Art. 15 Dublin II VO mitberücksichtigt wurde.

 

Das Bundesasylamt hat ferner von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs 2 Dublin II VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher - entsprechend den Ausführungen in der Beschwerde - noch zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre. Dazu vertrat der Verfassungsgerichtshof die Auffassung, dass Österreich, um Verletzungen der Art. 3 und 8 MRK zu vermeiden, von seinem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen müsse (VfSlg. 16.122/2001; vgl. weiters VfSlg. 16.160/2001 sowie VfGH 11.6.2001, B 308/00;

11.6.2001, B 1247/00; 11.6.2001, B 1351/00; 11.6.2001, B 1749/00;

26.11.2001, B 901/01). Dieser Rechtsansicht schloss sich der Verwaltungsgerichtshof an (VwGH 23.1.2003, 2000/01/0498 - verst. Sen. und die folgende stRsp., zuletzt VwGH 31.3.2005, 2002/20/0582;

30.6.2005, 2002/20/0276; 24.11.2005, 2002/20/0377). Nach Ansicht beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts gilt nichts anderes für das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-V (VfGH 15.10.2004, G 237/03 ua.; 17.6.2005, B 336/05; VwGH 31.5.2005, 2005/20/0095), sodass sich die Rechtsprechung zur alten auf die neue Rechtslage übertragen lässt (VwGH 31.5.2005, 2005/20/0095).

 

II.2.4.4. Mögliche Verletzung des Art. 8 EMRK

 

Relevante familiäre Bezüge in Österreich sind im Verfahren nicht hervorgekommen (die Beschwerde des Neffen gegen dessen zurückweisende Entscheidung wurde ebenso abgewiesen und erfolgte dessen Ausweisung nach Slowenien), ebenso wenig - schon aufgrund der relativ kurzen Aufenthaltsdauer - schützenswerte Aspekte des Privatlebens wie beispielsweise eine bereits erfolgte außergewöhnliche Integration in Österreich etwa aufgrund sehr langer Verfahrensdauer (vgl. VfGH 26.02.2007, ZI 1802, 1803/06-11; VfGH 10.03.2011, B1565/10). Derartige Umstände sind auch von der bP zu keinem Zeitpunkt behauptet worden.

 

II.2.4.5. Prüfung der Sicherheit von Slowenien, mögliche Verletzung von Art. 3 EMRK

 

Der VfGH hat mit Erkenntnis vom 17.06.2005, Zl. B 336/05-11 festgehalten, die Mitgliedstaaten hätten kraft Unionsrecht nicht nachzuprüfen, ob ein anderer Mitgliedstaat generell sicher sei, da eine entsprechende normative Vergewisserung durch die Verabschiedung der Dublin II VO erfolgt sei, dabei aber gleichzeitig ebenso ausgeführt, dass eine Nachprüfung der grundrechtlichen Auswirkungen einer Überstellung im Einzelfall unionsrechtlich zulässig und bejahendenfalls das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO zwingend geboten sei (vgl. hierzu auch Erk. d. VwGH vom 23.1.2007, 2006/01/0949).

 

Die Judikatur des VwGH zu den Determinanten dieser Nachprüfung lehnt sich richtigerweise an die Rechtsprechung des EGMR an und lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter auf den betreffenden Fremden bezogener Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 26.11.1999, Zl 96/21/0499, VwGH 09.05.2003, Zl. 98/18/0317; vgl. auch VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059). Maßgeblich ist, ob aufgrund eines solchen Vorbringens eine individuelle Gefahrenprognose zu treffen ist, wonach der Asylwerber in dem nach der Dublin II VO zuständigen Mitgliedstaat im Fall der Berechtigung seines Schutzbegehrens, also der Glaubhaftmachung des von ihm behaupteten Bedrohungsbildes der realen Gefahr einer unzulässigen Kettenabschiebung in den Herkunftsstaat ausgesetzt wäre.

 

Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl VwGH 17.02.1998, Zl. 96/18/0379; EGMR Mamatkulov & Askarov v Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung, ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde (Art. 16 Abs 1 lit. e Dublin II VO). Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, VwGH 31.05.2005, Zl. 2005/20/0025).

 

Weiterhin hatte das erkennende Gericht folgende Umstände zu berücksichtigen:

 

Bei entsprechender Häufung von Fällen, in denen in Folge Ausübung des Selbsteintrittsrechts die unionsrechtliche Zuständigkeit nicht effektuiert werden kann, kann eine Gefährdung des "effet utile" Grundsatzes des Unionsrechts entstehen.

 

Zur effektiven Umsetzung des Unionsrechts sind alle staatlichen Organe kraft Unionsrechts verpflichtet.

 

Der Verordnungsgeber der Dublin II VO, offenbar im Glauben, dass sich alle Mitgliedstaaten untereinander als "sicher" ansehen können, wodurch auch eine Überstellung vom einen in den anderen Mitgliedstaat keine realen Risken von Menschenrechtsverletzungen bewirken könnte (vgl insbesondere den 2. Erwägungsgrund der Präambel der Dublin II VO), hat keine eindeutigen verfahrens- oder materiellrechtlichen Vorgaben für solche Fälle getroffen.

 

Die allfällige Rechtswidrigkeit von Unionsrecht kann nur von den zuständigen unionsrechtlichen Organen, nicht aber von Organen der Mitgliedstaaten rechtsgültig festgestellt werden. Der EGMR hat festgestellt, dass der Rechtsschutz des Unionsrechts regelmäßig den Anforderungen der EMRK entspricht (Bosphorus Airlines v Irland, Rs 45036/98).

 

Es bedarf sohin unionsrechtlich eines im besonderen Maße substantiierten Vorbringens und des Vorliegens besonderer vom Antragsteller bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, um die grundsätzliche unionsrechtlich gebotene Annahme der "Sicherheit" der Partnerstaaten der Europäischen Union als einer Gemeinschaft des Rechts im individuellen Fall erschüttern zu können. Diesem Grundsatz entspricht auch die durch das AsylG 2005 eingeführte gesetzliche Klarstellung des § 5 Abs 3 AsylG, die Elemente einer Beweislastumkehr enthält. Eine Rechtsprechung, die in Bezug auf Mitgliedstaaten der EU faktisch höhere Anforderungen entwickelte, als jene des EGMR in Bezug auf Drittstaaten wäre jedenfalls rechtswidrig.

 

Im Urteil vom 21. Dezember 2011, C-411/10 und C-493/10 stellte die Große Kammer des EuGH klar, dass das Unionsrecht keine unwiderlegbare Vermutung zulässt, dass die Mitgliedstaaten die Grundrechte der Asylbewerber beachten. Es obliegt nämlich den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte, einen Asylbewerber nicht an den als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, wenn ihnen nicht verborgen geblieben sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber ernstlich und erwiesenermaßen Grund zu der Annahme geben, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden. Der Gerichtshof weist darauf hin, dass die Mitgliedstaaten über einige geeignete Instrumente verfügen, um die Beachtung der Grundrechte und damit die tatsächlichen Risiken für einen Asylbewerber im Fall seiner Überstellung an den zuständigen Mitgliedstaat zu beurteilen. Der Gerichtshof führt weiter aus, dass der Mitgliedstaat, der den Asylbewerber an den nach der Verordnung zuständigen Staat überstellen muss, dies aber nicht kann, vorbehaltlich der Befugnis, den Antrag selbst zu prüfen, die weiteren Kriterien der Verordnung zu prüfen hat, um festzustellen, ob anhand eines der nachrangigen Kriterien ein anderer Mitgliedstaat als für die Prüfung des Asylantrags zuständig bestimmt werden kann.

 

Eine solche Berichtslage, aus der hervorginge, dass systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber ernstlich und erwiesenermaßen Grund zu der Annahme geben, dass die bP tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, bzw. des Art. 3 EMRK im Sinne der Judikatur des EGMR und des EuGH ausgesetzt zu sein, liegt zum hier zu prüfenden Dublinstaat nun in einer Gesamtschau nicht vor, ebenso wenig eine vergleichbare Empfehlung von UNHCR (wie jene zu Griechenland), von Überstellungen abzusehen. Nichtsdestotrotz hat der AsylGH - unter Berücksichtigung dieser Unterschiede - auch im gegenständlichen Fall im Lichte der oa. Überlegungen untersucht, ob die Anwendung des Selbsteintrittsrechts aus Gründen der EMRK angezeigt ist.

 

Im Lichte der eben getroffenen Ausführungen zur Auslegung des Art. 3 EMRK ist nicht erkennbar und wurde auch nicht behauptet, dass die Grundrechtscharta der EU für den konkreten Fall relevante subjektive Rechte verliehe, welche über jene durch die EMRK gewährleisteten, hinausgingen.

 

Im konkreten Fall wurde nun ein im Lichte der oa. Ausführungen entsprechend substantiiertes Vorbringen im Sinne des Erk. vom 23.1.2007, 2006/01/0949 in Bezug auf eine mögliche Verletzung der Art. 3 oder Art. 8 EMRK durch die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat weder im Verfahren vor der belangten Behörde (mit der Unterstützungsmöglichkeit durch einen Rechtsberater im Zulassungsverfahren) noch in der Beschwerde bescheinigt.

 

Wenn die bP 1 und 2 in ihren Einvernahmen vorbringen, dort sei alles sehr schmutzig und unordentlich gewesen, das Essen sei grauslich gewesen, es habe Leute gegeben, die krank gewesen seien, aber diese hätten keine medizinische Versorgung bekommen, in der Unterkunft habe es auch immer Streitereien gegeben, die bP1 habe versucht zu arbeiten, habe aber nicht arbeiten dürfen, dort untergebrachte Männer hätten die bP1 böse angesehen, die bP2 und die Kinder hätten Angst gehabt, es sei dort so gewesen, dass viele Leute gestritten und geschrien hätten, so ist mit dem BAA festzuhalten, dass sich Asylwerber im Zuge der Feststellung des für das Asylverfahren zuständigen Dublinstaates nicht jenen Mitgliedstaat aussuchen können, in dem sie bestmögliche Unterbringung und Versorgung erwarten können. Es ist auch auf den Hauptzweck der Dublin II-VO zu verweisen, wonach eine im Allgemeinen von individuellen Wünschen der Asylwerber losgelöste Zuständigkeitsreglung zu treffen ist. Schwierige Lebensbedingungen, wie etwa regional bestehende Engpässe bei den Aufnahmekapazitäten oder Umstände, wie sie bemängelt wurden, weisen selbst im Falle ihres Zutreffens keine die Schwelle des Art. 3 EMRK übersteigende Eingriffsintensität auf. Dass in dem dortigen Lager kranke Familien nicht entsprechend medizinisch versorgt werden, ist zudem nicht glaubwürdig, weil es den getroffenen Feststellungen widerspricht.

 

Dem erkennenden Gericht liegen auch keine Hinweise auf eine allgemein menschenrechtswidrige Behandlung von Asylwerbern im zuständigen Mitgliedstaat vor, noch Hinweise darauf, dass das Asylverfahren in Slowenien mit der GFK bzw. der Status-, Verfahrens- oder Aufnahmerichtlinie der EU allgemein oder in der Rechtspraxis in Widerspruch stünden. Es liegen auch keine Informationen über Erkenntnisse von Gerichten anderer Mitgliedstaaten vor, wonach Überstellungen in den zuständigen Mitgliedstaat der EMRK widersprächen. Im Lichte der oben dargestellten rechtlichen Determinanten der Prüfung im gegenständlichen Zusammenhang ist daher von einem entscheidungsreifen Sachverhalt auszugehen und war festzustellen, dass die erstinstanzliche Entscheidung zu Recht ergangen ist.

 

Aufgrund der erfolgten normativen Vergewisserung der Sicherheit von Slowenien ist davon auszugehen, dass die Behörden von Slowenien grundsätzlich generell willens und fähig sind, Personen, welche sich auf dem dortigen Hoheitsgebiet aufhalten, vor Übergriffen seitens Dritter wirksam und nachhaltig zu schützen. Die bP brachte keinen qualifizierten Sachverhalt vor, welcher den Schluss zuließe, dass die slowenischen Behörden trotz dieses grundsätzlich generell vorhandenen Willens und der Fähigkeit, Schutz zu gewähren, gerade im gegenständlichen Fall über die bloße Möglichkeit hinausgehende maßgebliche Wahrscheinlichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) nicht willens und/oder fähig wären, die bP vor Übergriffen zu schützen.

 

Medizinische Krankheitszustände; Behandlung in Slowenien

 

Unbestritten ist, dass nach der allgemeinen Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK und Krankheiten, die auch im vorliegenden Fall maßgeblich ist, eine Überstellung nach Slowenien nicht zulässig wäre, wenn durch die Überstellung eine existenzbedrohende Situation drohte und diesfalls das Selbsteintrittsrecht der Dublin II VO zwingend auszuüben wäre.

 

In diesem Zusammenhang ist vorerst auf das jüngste diesbezügliche Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH vom 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9) zu verweisen, welches die aktuelle Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Art. 3 EMRK festhält (D. v. the United Kingdom, EGMR 02.05.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997,93; Bensaid, EGMR 06.02.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001,26; Ndangoya, EGMR 22.06.2004, Appl. 17.868/03; Salkic and others, EGMR 29.06.2004, Appl. 7702/04; Ovdienko, EGMR 31.05.2005, Appl. 1383/04; Hukic, EGMR 29.09.2005, Appl. 17.416/05; EGMR Ayegh, 07.11.2006; Appl. 4701/05; EGMR Goncharova & Alekseytsev, 03.05.2007, Appl. 31.246/06).

 

Zusammenfassend führt der VfGH aus, das sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom).

 

Jüngste Rechtsprechung des EGMR (N vs UK, 27.05.2008) und Literaturmeinungen (Premiszl, Migralex 2/2008, 54ff, Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren") bestätigen diese Einschätzung, wobei noch darauf hinzuweisen ist, dass EU-Staaten verpflichtet sind, die Aufnahmerichtlinie umzusetzen und sohin jedenfalls eine begründete Vermutung des Bestehens einer medizinischen Versorgung besteht.

 

Aus diesen Judikaturlinien des EGMR ergibt sich jedenfalls der für das vorliegende Beschwerdeverfahren relevante Prüfungsmaßstab.

 

Nach der geltenden Rechtslage ist eine Überstellung dann unzulässig, wenn die Durchführung eine in den Bereich des Art 3 EMRK reichende Verschlechterung des Krankheitsverlaufs oder der Heilungsmöglichkeiten bewirken würde (siehe Feststellungen des Innenausschusses zu § 30 AsylG); dabei sind die von den Asylbehörden festzustellenden Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat als Hintergrundinformation beachtlich, sodass es sich quasi um eine "erweiterte Prüfung der Transportfähigkeit" handelt.

 

Maßgebliche Kriterien für die Beurteilung der Art. 3 EMRK-Relevanz einer psychischen Erkrankung angesichts einer Abschiebung sind Aufenthalte in geschlossenen Psychiatrien infolge von Einweisungen oder auch Freiwilligkeit, die Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Intensität der Inanspruchnahme medizinisch-psychiatrischer Leistungen, die Möglichkeit einer wenn auch gemessen am Aufenthaltsstaat schlechteren medizinischen Versorgung im Zielstaat sowie die vom Abschiebestaat gewährleisteten Garantien in Hinblick auf eine möglichst schonende Verbringung. Rechtfertigen diese Kriterien eine Abschiebung, hat eine denkmögliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder ungünstige Entwicklung des Gesundheitszustands zumeist außer Betracht zu bleiben, geschweige denn vermag die Verursachung von überstellungsbedingtem mentalen Stress eine Abschiebung unzulässig machen.

 

Im vorliegenden Fall konnten seitens der beschwerdeführenden Partei keine akut existenzbedrohenden Krankheitszustände oder Hinweise einer unzumutbaren Verschlechterung der Krankheitszustände im Falle einer Überstellung nach Slowenien belegt werden, respektive die Notwendigkeit weitere Erhebungen seitens des Asylgerichtshofes. Aus der Aktenlage sind keine Hinweise auf das Vorliegen (schwerer) Erkrankungen ersichtlich.

 

Krankheitsbedingte Abschiebehindernisse kamen nicht hervor. Ebenso ist davon auszugehen, dass Österreich in der Lage ist, im Rahmen aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausreichende medizinische Begleitmaßnahmen zu setzen (VwGH 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723, VfGH v. 12.6.2010, Gz. U 613/10-10 und die bereits zitierte Judikatur; ebenso im h. Erk. vom 12.3.2010, B7 232.141-3/2009/3E zitierte Auskunft des Bundesministeriums für Inneres Abt. II/3/C, Fremdenpolizeiliche Zwangsmaßnahmen).

 

Schließlich liegen dem erkennenden Gericht weder Hinweise auf eine allgemein menschenrechtswidrige Behandlung von Asylwerbern im zuständigen Mitgliedstaat vor, noch Hinweise darauf, dass das Asylverfahren in Slowenien mit der GFK bzw. der Status-, Verfahrens- oder Aufnahmerichtlinie der EU allgemein oder in der Rechtspraxis in Widerspruch stünden. Es liegen auch keine Informationen über Erkenntnisse von Gerichten anderer Mitgliedstaaten vor, wonach Überstellungen in den zuständigen Mitgliedstaat der EMRK widersprächen. Im Lichte der oben dargestellten rechtlichen Determinanten der Prüfung im gegenständlichen Zusammenhang ist daher von einem entscheidungsreifen Sachverhalt auszugehen und war festzustellen, dass die erstinstanzliche Entscheidung zu Recht ergangen ist.

 

Zusammenfassend kommt der Asylgerichtshof also zum Schluss, dass sich aus der durch das Bundesasylamt beigeschafften Berichtslage mit im gegenständlichen Zusammenhang hinreichender Wahrscheinlichkeit ergibt, dass in einem Fall wie dem vorliegenden, nach einer "Dublin-Überstellung" ein grundsätzlich ordnungsgemäßes Asylverfahren neu durchgeführt wird und dass auch keine Gefahr einer existenziellen Bedrohung besteht - dies umso mehr als bei den bP keinerlei individuelle Vulnerabilitätsaspekte (z.B. schwere Krankheit oder sonstige Beeinträchtigungen) hinzutreten.

 

Letztlich ist anzuführen, dass der Asylgerichtshof im Einklang mit der diesbezüglichen Sichtweise des Bundesasylamtes keinen Anlass sieht, Österreich zwingend zur Anwendung des Art 3 Abs 2 VO 343/2003 infolge drohender Verletzung von Art 3 oder Art 8 EMRK zu verpflichten.

 

Es ergaben sich zusammengefasst keine von Amtswegen aufzugreifende Umstände, die es zwingend erforderlich machten, dass neben dem materiellen Asylverfahren in Slowenien ein weiteres materielles Asylverfahren in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, nämlich in Österreich, durchgeführt werden muss.

 

II.2.4.6. Gem. § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG war gegenständlicher Bescheid mit einer Ausweisung zu verbinden. Ein Sachverhalt, welcher unter § 10 Abs. 2 oder 3 bzw. Abs. 5 zu subsumieren wäre, kam im Ermittlungsverfahren nicht hervor. Weder kommt der bP ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zu, noch liegt eine Verletzung des Art. 8 EMRK vor. Hier wird auf die bereits getätigten Ausführungen (insb. Punkt II.2.4.4. des gegenständlichen Erkenntnisses) verwiesen. Weiter kam bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Sachverhalt hervor, welcher den Schluss zuließe, dass die Durchführung der Ausweisung nach Slowenien eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen würde oder gem. Abs. 4 leg. cit. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Slowenien unzulässig erscheinen lassen würde. Die bP waren daher aus dem Bundesgebiet nach Slowenien auszuweisen.

 

II.2.4.7. Die Entscheidung des Asylgerichtshofes über die Beschwerden gegen die Bescheide des Bundesasylamtes hinsichtlich aller Familienmitglieder (bP1 - bP4) ist gleichlautend. Es ist daher auch aus dem Familienverfahren kein anderes Ergebnis abzuleiten.

 

II.2.4.8. Eine Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 37 Abs. 1 AsylG konnte aufgrund der getroffenen Entscheidung in der Hauptsache entfallen.

 

II.2.4.9. Gemäß § 41 Abs 4 AsylG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, familiäre Situation, Familienverfahren, real risk, unverzügliche Ausreiseverpflichtung
Zuletzt aktualisiert am
19.09.2013
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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