TE OGH 2009/3/25 3Ob43/09h

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.03.2009
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Republik Österreich, gegen die verpflichtete Partei Ing. Peter H*****, vertreten durch Dr. Helmut Klement und Dr. Annemarie Stipanitz-Schreiner, Rechtsanwälte in Graz, wegen 123.684,05 EUR sA, über den Revisionsrekurs der P***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Engelhart & Partner Rechtsanwälte OG in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 7. Jänner 2009, GZ 4 R 282/08g-19, womit der Rekurs der P***** GmbH gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Frohnleiten vom 9. Juli 2008, GZ 10 E 86/07s-16, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Gegenstand des Exekutionsverfahrens ist die Zwangsversteigerung einer Liegenschaft des Verpflichteten. Zu C-LNR 1a und C-LNR 2a sind die Dienstbarkeiten der Führung bzw Duldung von Hochspannungsleitungen einverleibt. Zu C-LNR 3a ist zugunsten der Revisionsrekurswerberin und Bestandnehmerin ein Bestandrecht bis 31. März 2048, zu C-LNR 4a ebenfalls zugunsten der Revisionsrekurswerberin die Anmerkung der Vorauszahlung des Bestandzinses von 3,5 Mio EUR bis 31. März 2048 eingetragen.

Im Schätzungsgutachten ON 8, das der Sachverständige auch nach Einwendungen des Verpflichten (ON 11a) aufrecht erhielt (ON 12), wurde bei Ermittlung des Verkehrswerts der Liegenschaft die Belastung durch das einverleibte Bestandrecht ebenso wertmindernd berücksichtigt wie der Umstand, dass die Bestandnehmerin den Bestandzins zur Gänze bis 31. März 2048 vorausbezahlte. Der Sachverständige gelangte im Schätzungsgutachten zu einem Verkehrswert von 49.000 EUR.

Im Versteigerungsedikt vom 9. Juli 2008 (ON 16) wurde der Schätzwert der Liegenschaft samt Zubehör mit 49.000 EUR festgelegt. Ferner enthält das Versteigerungsedikt den Hinweis, dass die zu C-LNR 1a und C-LNR 2a einverleibten Dienstbarkeiten und das zu C-LNR 3a eingetragene Bestandrecht ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen sind.

Gegen das Versteigerungsedikt erhob die Bestandnehmerin und nunmehrige Revisionsrekurswerberin Rekurs mit dem Antrag, das Versteigerungsedikt dahin abzuändern, dass auch die zu C-LNR 4a eingetragene Anmerkung der Bestandzinsvorauszahlung als weitere, vom Ersteher ohne Anrechnung auf Meistbot zu übernehmende Last aufgenommen werde.

Diesen Rekurs wies das Rekursgericht zurück und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursgericht vertrat die Auffassung, dass der Rekurswerberin die Beschwer fehle: Grundsätzlich stellten die sich aus §§ 147 ff EO ergebenden gesetzlichen Versteigerungsbedingungen die Grundlage für die Versteigerung dar. Gemäß § 150 EO seien Dienstbarkeiten, Ausgedinge und andere Reallasten, denen der Vorrang vor dem Befriedigungsrecht eines betreibenden Gläubigers oder einem eingetragenen Pfandrecht zukomme (Abs 1) sowie Dienstbarkeiten, die der leitungsgebundenen Energieversorgung dienten (Abs 1a) vom Ersteher ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen. Für bücherlich eingetragene Bestandrechte bleibe § 1121 ABGB maßgebend (§ 150 Abs 3 EO), diese seien also wie Dienstbarkeiten zu behandeln. Die Anmerkung der Vorauszahlung eines Bestandzinses (§ 1102 ABGB) stelle keine „Last" iSd § 150 EO dar. Es handle sich weder um eine Dienstbarkeit noch um eine Reallast noch um ein Bestandrecht, zumal § 1102 ABGB nicht ein dingliches Recht des vorauszahlenden Bestandnehmers an der Liegenschaft begründe, sondern nur für den Fall der bücherlichen Eintragung der Vorauszahlung die Befriedigung des neuen Eigentümers aus den Bestandzinsen ausgeschlossen werde. Damit gehöre eine solche Anmerkung auch nicht zu den gemäß § 237 Abs 3 EO nach Rechtskraft des Verteilungsbeschlusses zu löschenden Lasten und Rechten. Da das Bestandrecht nach den Versteigerungsbedingungen vom Ersteher ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen sei, dürfe diese Anmerkung nicht gelöscht werden. Die Rekurswerberin sei daher nicht dadurch beschwert, dass im Versteigerungsedikt die Anmerkung der Vorauszahlung des Bestandzinses nicht als vom Ersteher zu übernehmende Last angeführt werde.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von der Bestandnehmerin erhobene Revisionsrekurs ist ungeachtet des Zulässigkeitsausspruchs der zweiten Instanz unzulässig:

Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Beschluss, mit dem das Gericht zweiter Instanz den Rekurs zwar formal zurückweist, aber dazu die angefochtene Entscheidung nicht nur formell, sondern auch in sachlicher Hinsicht überprüft, als Sachentscheidung anzusehen; ihr formaler Teil wird für unbeachtlich gehalten (RIS-Justiz RS0044232; zuletzt 3 Ob 239/08f). Volle Bestätigung wegen Übereinstimmung der in beiden Instanzen getroffenen Entscheidungen in der Sache liegt auch vor, wenn das Rekursgericht - neben dem Zurückweisungsgrund - einen für die Bestätigung maßgeblichen Grund erläutert (3 Ob 291/05y; Zechner in Fasching/Konecny² § 528 ZPO Rz 126 mwN).

Im angefochtenen Beschluss befasste sich das Rekursgericht mit allen im Rekurs geltend gemachten Argumenten, die insbesondere darauf abzielten, dass ohne Aufnahme des Hinweises in das Versteigerungsedikt, dass der Ersteher auch die Bestandzinsvorauszahlung „zu übernehmen" habe, die Bestandnehmerin Gefahr laufe, dass die eingetragene Anmerkung der Bestandzinsvorauszahlung dem Ersteher gegenüber nicht wirksam sei und gelöscht werden könne. Das Rekursgericht hat in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf verwiesen, dass die bücherliche Eintragung der Anmerkung der Vorauszahlung (vgl dazu Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht § 20 GBG Rz 69) gemäß § 1102 ABGB auch dem Ersteher als neuem Eigentümer entgegengesetzt werden könne. Ferner hat das Rekursgericht ausgeführt, dass die Anmerkung der Vorauszahlung eines Bestandzinses keine Last iSd § 150 Abs 1 EO darstelle. Daraus folgt aber, dass das Rekursgericht im Ergebnis davon ausging, dass eine „Übernahmeverpflichtung" der Bestandzinsvorauszahlung durch den Ersteher ohne Anrechnung auf das Meistbot auch nicht gemäß § 170 Z 8 EO in das Versteigerungsedikt aufzunehmen war.

Damit liegen ungeachtet der formalen Zurückweisung des Rekurses durch das Rekursgericht bestätigende Entscheidungen der Vorinstanzen vor. Da nach ständiger Rechtsprechung - abgesehen von hier nicht vorliegenden Ausnahmen - die Rechtsmittelbeschränkungen des § 528 ZPO nach § 78 EO auch im Exekutionsverfahren gelten (RIS-Justiz RS0002321), ist der Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO zurückzuweisen. Auf die Frage, ob das Versteigerungsedikt - ungeachtet des nach Auffassung des Rekursgerichts fehlenden Rechtsschutzinteresses - im konkreten Fall überhaupt bekämpfbar war (vgl dazu RIS-Justiz RS0118675), muss daher nicht näher eingegangen werden.

Textnummer

E90495

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0030OB00043.09H.0325.000

Im RIS seit

24.04.2009

Zuletzt aktualisiert am

19.09.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten