TE OGH 2009/4/28 5Ob45/09t

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Veröffentlicht am 28.04.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1.) Jürgen S*****, geboren am 5. Mai 1970, *****, 2.) Dorothea S*****, geboren am 25. Juli 1942, *****, 3.) Günther S*****, geboren am 22. Juli 1941, *****, alle vertreten durch Mag. Gerald Göllner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Grundbuchshandlungen betreffend EZ 561 GB *****, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 3. Dezember 2008, AZ 47 R 515/08w, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 8. September 2008, TZ 4533/08, bestätigt wurde, nachstehenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Eigentümerin der EZ 561 GB ***** ist die S*****. Auf dieser Liegenschaft ist die Kleingartenanlage „A*****" errichtet, in der sich eine Vielzahl von Kleingärten befindet und die - offenbar zum Zweck der Veräußerung der einzelnen Kleingärten - bereits in eine Vielzahl von Grundstücken unterteilt ist. Diese sollen jeweils von der Liegenschaft EZ 561 zur Eröffnung einer neuen EZ abgeschrieben werden.

Zwischen der Liegenschaftseigentümerin einerseits und Erst- und Zweitantragstellerin andererseits wurde am 27. 5. 2008 über das Grundstück Nr 781/2594 ein Kaufvertrag abgeschlossen, ein Vorkaufsrecht für die Verkäuferin vereinbart sowie ein Pfandrechtsvertrag über 34.654,50 EUR und ein Höchstbetragspfandrecht von 10.400 EUR jeweils zugunsten der Verkäuferin vereinbart.

Zwischen der Liegenschaftseigentümerin und dem Drittantragsteller wurde am 10. 6. 2008 ein Kaufvertrag über das Grundstück Nr 781/2787 abgeschlossen, ein Vorkaufsrecht für die Verkäuferin vereinbart, ein Pfandrechtsvertrag über 34.769,25 EUR abgeschlossen und ein Höchstbetragspfandrecht von 10.500 EUR vereinbart.

Dazu wurden jeweils entsprechende Aufsandungserklärungen abgegeben.

Mit dem vorliegenden Grundbuchsgesuch beantragten zum einen Erst- und Zweitantragstellerin die Verbücherung des zwischen ihnen und der S***** abgeschlossenen Kaufvertrags unter gleichzeitiger Abschreibung des bezeichneten Grundstücks und Neueröffnung einer neuen Einlagezahl sowie gleichzeitig die Einverleibung der bezeichneten Pfandrechte und des Vorkaufsrechts der Verkäuferin.

Mit diesem Grundbuchsgesuch wurde das Gesuch des Drittantragstellers verbunden, das auf Verbücherung des zwischen ihm und der S***** abgeschlossenen Kaufvertrags gerichtet ist, ebenfalls unter Abschreibung des bezeichneten Grundstücks, Eröffnung einer neuen Einlagezahl, Einverleibung der vereinbarten Pfandrechte und des der Verkäuferin zustehenden Vorkaufsrechts.

Beide Vorinstanzen wiesen die Grundbuchsgesuche infolge unzulässiger Kumulierung ab.

Das Rekursgericht gab die höchstgerichtliche Rechtsprechung wieder, nach der eine großzügige Handhabung der Kumulierungsmöglichkeiten von Grundbuchsgesuchen geboten sei, vertrat jedoch die Ansicht, dass selbst bei deren Anwendung die Verbindung der beiden Gesuche unzulässig sei.

Aufgrund der Vorschrift des § 23 Abs 1 LiegTeilG sei ein verbundenes Begehren, gerichtet auf Abschreibung von einer Einlage, Eröffnung einer neuen Einlage und nach der Rechtsprechung auch die Einverleibung weiterer Rechte ob dieser neuen Einlage zulässig, weil sämtliche Begehren nur eine, nämlich die neue Einlage beträfen. Auch sei eine Bündelung eines solchen Gesuchs mit dem Antrag auf Einverleibung eines Rechts ob einer anderen bestehenden EZ zulässig, wenn nur sämtliche begehrten Eintragungen durch dieselbe Urkunde begründet würden (5 Ob 252/04a). Zulässig sei auch die Kumulierung von Gesuchen um Abschreibung von einer Einlage, Eröffnung einer neuen Einlage und Einverleibung eines Pfandrechts in dieser neuen Einlage, selbst wenn dies aufgrund mehrerer Urkunden erfolgen solle. Im vorliegenden Fall sei jedoch unzulässiger Weise in einem einzigen Grundbuchsantrag das Begehren unterschiedlicher Erwerber von unterschiedlichen Grundstücken aufgrund verschiedener Urkunden miteinander verbunden worden, wobei jeweils mehrere Einlagen eröffnet werden sollten, in welche nunmehr verschiedene Rechte eingetragen werden sollten. Bei anderer Sicht wäre dem Kumulierungsverbot des § 86 GBG jeglicher Anwendungsbereich entzogen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es sei durch höchstgerichtliche Rechtsprechung klärungsbedürftig, ob es für die Verwirklichung des Kumulierungsverbots des § 86 GBG tatsächlich nur auf den Vergleich der Schwierigkeit bei der Erledigung einzelner oder kumulierter Gesuche ankomme.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer Bewilligung der verbundenen Grundbuchsanträge.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht bezeichneten Grund zulässig. Er ist jedoch nicht berechtigt.

Der erkennende Senat hat sich bereits mehrfach mit dem Gesetzeszweck des § 86 GBG, auch in Zusammenhang mit § 23 Abs 1 LiegTeilG, befasst und im Ergebnis eine großzügige Handhabung der Kumulierungsmöglichkeiten vorgegeben, die entweder im Gesetz selbst geboten sind (vgl etwa § 23 Abs 1 LiegTeilG oder § 97 GBG) oder aber mit dem Gesetzeszweck der Erledigungsvereinfachung zur Hintanhaltung fehlerhafter Eintragungen nicht in Konflikt geraten (vgl dazu RIS-Justiz RS0061048; RS0061062; RS0061052; RS0061058; zuletzt 5 Ob 176/08f = ZAK 2009/10).

Seit den Entscheidungen 5 Ob 69/98b (= NZ 1998/727 mit Zust Hoyer) und 5 Ob 220/98h (= NZ 1999/445 mit Zust Hoyer) vertritt der erkennende Senat die Ansicht, dass auch mehrere Kumulierungsgründe nebeneinander eine Mehrzahl von Begehren in nur einem Gesuch tragen, soweit die Erledigung dieses Gesuchs nur gleiche Schwierigkeiten bereitet wie die Erledigung mehrerer gleichrangig eingebrachter Anträge. Solange der Gesetzeszweck der Erledigungsvereinfachung und Fehlervermeidung nicht eindeutig gefährdet ist (vgl 5 Ob 252/04a = JBl 2005, 587 [Holzner]), ist eine Kumulierung mehrerer Begehren in einem Gesuch nicht unzulässig. Es kommt schließlich weder darauf an, ob die die Eintragung begründenden Tatsachen in ein und derselben Urkunde enthalten sind, noch darauf, ob Eintragungen ausschließlich in einer oder aber in mehreren Grundbuchseinlagen erfolgen sollen oder aber in einer Einlage mehrere Eintragungen vorzunehmen wären. Nur wenn Unübersichtlichkeit und Fehleranfälligkeit im Vergleich zu gleichzeitiger Einbringung mehrerer Gesuche die Erledigung erschweren, ist eine Verbindung abzulehnen.

Ganz zutreffend hat das Rekursgericht erkannt, dass die Regelung des § 23 Abs 1 LiegTeilG eine Kumulierung sogar anordnet. Um die Abschreibung einzelner Bestandteile eines Grundbuchskörpers von einer Einlage und deren Zuschreibung zu einer anderen oder die Eröffnung einer neuen Einlage für sie ist mit einem einzigen Gesuch anzusuchen. Während nach früherer Meinung und Rechtsprechung (vgl Feil GBG3 Rz 4 zu § 74 GBG; RPflSlgG 1907) mit einem solchen Antrag nach § 23 LiegTeilG weitere Anträge, etwa auf Pfandrechtseinverleibung, wegen des Kumulierungsverbots nicht verbunden werden durften, lässt dies die jüngere Rechtsprechung zu (vgl 5 Ob 252/04a). Ob sich die Grundlage dieser Rechte in einer oder mehreren Urkunden findet, ist, wie ausgeführt, bedeutungslos.

Mit der zuletzt ergangenen Entscheidung 5 Ob 176/08f (= ZAK 2009/10) wurde es als mit dem § 86 GBG, aus dem ja ein Kumulierungsverbot abgeleitet wird, vereinbar angesehen, in einem Grundbuchsgesuch folgende Begehren zu stellen: aufgrund einer Urkunde (Übergabsvertrag) mehreren Personen auf mehreren Liegenschaften Rechte zu verbüchern und gleichzeitig aufgrund einer anderen Urkunde, teilweise dieselben Liegenschaften betreffend, die Löschung anderer Rechte vorzunehmen.

Selbst eine derart extensive Einschränkung des sog Kumulierungsverbots des § 86 GBG, wie sie vom erkennenden Senat vertreten wird, lässt aber im vorliegenden Fall das von den Revisionsrekurswerbern gewünschten Ergebnis nicht zu:

Hier liegt nämlich kein Zusammenhang von Rechten, Berechtigten und Liegenschaften vor, sondern zwei völlig selbstständige Kaufverträge verschiedener Käufer über unterschiedliche Liegenschaftsteile samt selbstständigen, von einander unabhängigen Rechten und Verpflichtungen. § 23 Abs 1 LiegTeilG und die oben wiedergegebene Rechtsprechung lassen es zwar zu, die Begehren der einzelnen Erwerber auf Abschreibung, Eröffnung einer neuen Einlage, Verbücherung von Pfandrechten und eines Vorkaufsrechts zu kumulieren. Eine Verbindung der Verbücherungsanträge verschiedener einzelner Käufer erweist sich aber als unzulässig. Das ergibt sich mittelbar aus § 86 GBG, der mit der beispielhaften Hervorhebung der Kumulierungsmöglichkeit mehrerer Ansuchen desselben Antragstellers oder mehrerer Antragsteller aufgrund einer einheitlichen Urkunde oder einer identen Grundbuchseinlage eben doch der schrankenlosen Kumulierung von Grundbuchsgesuchen einen Riegel vorschieben will, vor allem aber daraus, dass Gesuche verschiedener Personen, die auf verschiedenen Urkunden beruhen und unterschiedliche Liegenschaftsteile betreffen, voneinander völlig unabhängige Rechtsschutzanträge iSd §§ 76, 83, und 96 GBG enthalten, deren getrennte Behandlung idR der Rechtsklarheit dient. Ein die Kumulierung rechtfertigendes Argument - wie etwa in dem zu 5 Ob 176/08f entschiedenen Fall die Zweckmäßigkeit der Verbücherung einer umfassenden Übergaberegelung an Hand eines einzigen Antrags - ist hier nicht zu sehen. Dem Rekursgericht ist also darin Recht zu geben, dass die von der Rechtsprechung zur Frage der Zulässigkeit der Kumulierung gewonnenen Grundsätze nicht den Schluss zulassen, dass die Gesuche der Erst- und Zweitantragstellerin einerseits und des Drittantragstellers andererseits miteinander in einem Grundbuchsantrag verbunden werden dürfen.

Weil es nicht im freien Ermessen des Gerichts liegt, welcher von beiden unzulässigerweise gleichzeitig eingebrachten Anträgen zu erledigen und welcher abzuweisen ist, ist im Fall einer unzulässigen Kumulierung der Antrag zur Gänze abzuweisen (vgl 5 Ob 287/00t = NZ 2001/516).

Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.

Textnummer

E90658

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0050OB00045.09T.0428.000

Im RIS seit

28.05.2009

Zuletzt aktualisiert am

24.09.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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