TE OGH 2009/8/4 9ObA76/08d

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Veröffentlicht am 04.08.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann-Prentner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Ingeborg Bauer-Manhart und Peter Schönhofer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Michael W*****, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl Rechtsanwaltsgesellschaft m.b.H. in Graz, gegen die beklagte Partei V***** E***** GmbH & Co, *****, vertreten durch Grassner Lenz Thewanger & Partner, Rechtsanwälte in Linz, wegen 49.041,75 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. April 2008, GZ 7 Ra 33/08i-12, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 26. Februar 2008, GZ 36 Cga 172/07b-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionswerber erblickt zunächst eine im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage darin, dass das Berufungsgericht seinen festgestellten Dienstantritt im Ausland in unvertretbarer Weise als schlüssige Zustimmung zu den „Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Entsendung ins Ausland" der Beklagten gewertet habe. Diese Vertragsbedingungen seien jedoch auf seine beiden letzten Auslandseinsätze nicht anwendbar, weil er die Entsendungsvereinbarungen vom 3. Oktober 2006 und 5. Februar 2007 nicht unterschrieben und erklärt habe, damit unzufrieden zu sein. Die Beurteilung der Konkludenz einer Willenserklärung beziehungsweise die Schlüssigkeit eines Verhaltens hat regelmäßig keine über die besonderen Umstände des Einzelfalls hinausgehende Bedeutung, es sei denn, es läge eine krasse Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen vor, die im Interesse der Rechtssicherheit beziehungsweise der Einzelfallgerechtigkeit wahrgenommen werden müsste (RIS-Justiz RS0043253, RS0118349, RS0044298 ua). Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

Der Revisionswerber übersieht insbesondere, dass er zu den „Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Entsendung ins Ausland" bereits am 25. November 2005 schriftlich sein Einverständnis erklärt hat, wodurch sie Teil seines Arbeitsvertrags geworden sind. Einer neuerlichen Bekräftigung der Geltung dieser Bedingungen, wie sie jeweils in den einzelnen Entsendungsvereinbarungen enthalten war, wäre deshalb jedenfalls nur deklarative Bedeutung zugekommen.

Entgegen den Revisionsausführungen fehlt es auch nicht an einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur Zulässigkeit von „Steuertopfvereinbarungen". Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt vergleichbare einzelvertragliche Vereinbarungen mit ausführlicher Begründung für wirksam erachtet, soweit das dem Arbeitnehmer allenfalls gebührende kollektivvertragliche Entgelt dadurch nicht ungebührlich geschmälert wird (RIS-Justiz RS0016910, auch: 8 ObS 7/06x). Eine unterkollektivvertragliche Entlohnung wurde vom Kläger aber nicht behauptet.

Die Konstruktion des „Steuertopfs" stellt eine allgemein grundsätzlich zulässige, qualifizierte Nettolohnvereinbarung dar. Ihr Zweck ist es, für die entsendeten Arbeitnehmer unabhängig davon, ob der Einsatzort in einem Hoch- oder Niedrigsteuerland liegt, einen gleich hohen Nettolohn für die gleiche Arbeit zu gewährleisten. Alternativ könnte der Arbeitgeber dieses Ziel auch durch die Vereinbarung entsprechend höherer oder niedrigerer Bruttoentsendungsgehälter erreichen. Der Revisionswerber zeigt in seinem Rechtsmittel keine neuen Aspekte auf, die abweichend von der bisherigen Rechtsprechung eine Sittenwidrigkeit derartiger Vereinbarungen begründen könnten.

Der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit erfordert einen Widerspruch zwischen dem Akteninhalt und den die Entscheidung tragenden wesentlichen Tatsachen (Zechner in Fasching/Konecny2 § 503 ZPO Rz 159; RIS-Justiz RS0043347). Die Behauptung, das Berufungsgericht habe bei der Erledigung der Mängelrüge die Formulierung eines Beweisantrags des Klägers in unvertretbarer Weise zu seinem Nachteil interpretiert, vermag daher den herangezogenen Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit nicht zu begründen. Die Auslegung eines konkreten Parteienvorbringens durch das Berufungsgericht geht in ihrer Bedeutung nicht über den Einzelfall hinaus und begründet - vom Fall einer hier nicht ansatzweise ersichtlichen krassen Fehlbeurteilung abgesehen - keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0044273).

Die Frage, ob der Kläger die behauptete Anzahl von nicht (sei es durch Pauschale oder Zeitausgleich) abgegoltenen Überstunden pro Monat tatsächlich geleistet hat, fällt in das Gebiet der vom Obersten Gerichtshof nicht mehr überprüfbaren Beweiswürdigung.

Anmerkung

E917169ObA76.08d

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:009OBA00076.08D.0804.000

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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