TE OGH 2009/8/26 3Ob145/09h

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Veröffentlicht am 26.08.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei R***** reg. GenmbH, *****, vertreten durch Dr. Wilfried Aichinger und Dr. Joachim Bucher, Rechtsanwälte in Villach, gegen die verpflichtete Partei Petra S*****, vertreten durch Kapp Rechtsanwalts-GmbH in Seiersberg, wegen Exekution zur Sicherstellung, über die Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 6. Mai 2009, GZ 3 R 97/09p-10, womit über Rekurs der verpflichteten Partei der Beschluss des Bezirksgerichts Spittal/Drau vom 4. März 2009, GZ 8 E 665/09w-2, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei wird nicht Folge gegeben.

2.

Der Revisionsrekurs der verpflichteten Partei wird zurückgewiesen.

3.

Der Antrag der verpflichteten Partei auf Zuspruch von Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Am 3. März 2009 beantragte die betreibende Partei beim Erstgericht aufgrund eines näher bezeichneten Wechselzahlungsauftrags des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 24. Februar 2009 gemäß § 371 Z 2 EO Exekution zur Sicherstellung ihrer noch nicht vollstreckbaren Forderung von 985.359,65 EUR samt Zinsen und Kosten durch Pfändung der der Verpflichteten gegen den Drittschuldner Bezirksgericht Spittal/Drau zustehenden Hyperocha aus einem Meistbotsverteilungsbeschluss (AZ 6 E 97/05w des Erstgerichts) vom 1. September 2008.

Im Antrag selbst wird in der Feldgruppe 6 (Exekutionsmittel) die Forderungsexekution nach § 294 EO als „Pfändung zur Einziehung" bezeichnet.

Die betreibende Partei brachte vor, dass der Wechselzahlungsauftrag vom 24. Februar 2009 unter der laut amtlicher Meldeauskunft für die Verpflichtete ausgewiesenen Zustelladresse zugestellt worden sei. Dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz sei jedoch zur Kenntnis gebracht worden, dass die Verpflichtete ungeachtet der aufrechten Meldeanschrift nicht mehr unter dieser Anschrift wohnhaft sei. Der zuständige Richter des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz habe Nachforschungen angestellt und herausgefunden, dass die Verpflichtete derzeit unter der Adresse ihrer Eltern in B***** wohnhaft und aufhältig sei.

Wörtlich führte die betreibende Partei ferner aus: „Die Zustellung des Wechselzahlungsauftrags wird/wurde am heutigen Tag durch einen Gerichtsvollzieher des Bezirksgerichts Spittal/Drau vollzogen."

Dem Antrag war weder eine Ausfertigung des Wechselzahlungsauftrags noch eine Bestätigung des Titelgerichts über die Zustellung des Wechselzahlungsauftrags angeschlossen.

Mit Fax (Datum nicht ersichtlich) ersuchte das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz das Bezirksgericht Spittal/Drau um eigenhändige Zustellung des (nach dem Aktenvermerk ON 9 in Faxkopie angeschlossenen) Wechselzahlungsauftrags an eine näher bezeichnete Adresse im Sprengel des Erstgerichts. Nach einem erfolglosen Zustellversuch des Gerichtsvollziehers an dieser Adresse am 3. März 2009 wurde der Wechselzahlungsauftrag beim Gemeindeamt hinterlegt (Beginn der Abholfrist 4. März 2009). Die Verständigung über die Hinterlegung wurde an der Abgabestelle zurückgelassen (ON 3 im Akt 5 Hc 18/09x des Erstgerichts). Den Zustellschein übermittelte das Rechtshilfegericht am 4. März 2009 dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz. Am 5. März 2009 übernahm die Verpflichtete das Zustellstück.

Das Erstgericht bewilligte den Antrag auf Exekution zur Sicherstellung mit Beschluss vom 4. März 2009, nachdem es in einem am Exekutionsantrag angebrachten Vermerk vom selben Tag festgehalten hatte, dass ein Zustellversuch am 3. März 2009 erfolgt und eine Hinterlegung beim Gemeindeamt B***** vorgenommen worden sei. Gegen den Exekutionsbewilligungsbeschluss erhob die Verpflichtete einerseits Rekurs und stellte andererseits die - nicht behandelten - Anträge auf Aufhebung bzw auf Einstellung der Sicherstellungsexekution. Den mit dem Rekurs verbundenen Antrag, dem Rekurs aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wies das Erstgericht ab. Das Rekursgericht wies den von der Verpflichteten gegen den letztgenannten Beschluss erhobenen Rekurs unangefochten zurück (ON 11) und gab mit dem angefochtenen Beschluss (ON 10) dem Rekurs der Verpflichteten gegen den Exekutionsbewilligungsbeschluss Folge und wies den Antrag der betreibenden Partei auf Bewilligung der Sicherstellungsexekution ab. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Rechtlich ging das Rekursgericht davon aus, dass ein bereits zugestellter Wechselzahlungsauftrag einen Titel für eine Sicherstellungsexekution nach § 371 EO bilde. Ein vom Titelgericht verschiedenes Exekutionsgericht dürfe die Exekution nur bewilligen, wenn ihm die Bestätigung des Titelgerichts über die Zustellung des Zahlungsauftrags vorgelegt werde. Das gelte jedoch nicht, wenn gerade das Titelgericht das Exekutionsgericht um den Vollzug der Zustellung ersucht habe. Allerdings sei nach den vom Rekursgericht durchgeführten Erhebungen der Wechselzahlungsauftrag lediglich in Faxkopie zugestellt worden. Die im Zivilprozess unzulässige Übermittlung einer Entscheidung mit Telefax entfalte keine Zustellwirkung. Da der Exekutionsantrag im Wissen über die erst zu erfolgende Zustellung eingebracht worden sei, komme die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens nicht in Betracht.

Gegen diesen Beschluss wenden sich die Revisionsrekurse beider Parteien:

Die betreibende Partei, die mit ihrem Revisionsrekurs einen an das Erstgericht gerichteten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verband (über den das Erstgericht auch absprach, ON 13), strebt eine Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses an. Die Verpflichtete erstattete eine Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag, den Revisionsrekurs der betreibenden Partei zurückzuweisen; hilfsweise, ihm nicht Folge zu geben.

Mit ihrem als „ordentlichem" und „außerordentlichem" Revisionsrekurs bezeichneten Rechtsmittel beantragt die Verpflichtete, der Oberste Gerichtshof wolle „den Ausspruch des Rekursgerichts über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses als unzulässig erachten; in eventu, dem Revisionsrekurs Folge geben und den angefochtenen Beschluss im Umfang der Anfechtung abändern". Der Revisionsrekurs der Verpflichteten ist unzulässig. Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

I. Zum Revisionsrekurs der Verpflichteten:

Inhaltlich geht die Verpflichtete davon aus, dass sie durch die Entscheidung des Rekursgerichts deshalb beschwert sei, weil das Rekursgericht den Exekutionsantrag schon aus anderen, näher bezeichneten Gründen (insbesondere fehlende Amtsbestätigung über die Zustellung, Notwendigkeit der Zustellung des Wechselzahlungsauftrags vor Einbringung des Exekutionsantrags) hätte abweisen müssen.

1. Eine Anfechtung des Ausspruchs des Rekursgerichts über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses ist nicht vorgesehen (§ 526 Abs 3 ZPO iVm § 500 Abs 4 ZPO und § 78 EO). Vielmehr obliegt die Prüfung der Zulässigkeit des Rechtsmittels allein dem Obersten Gerichtshof, der an einen Zulässigkeitsausspruch des Gerichts zweiter Instanz nicht gebunden ist (§ 526 Abs 2 ZPO iVm § 78 EO).

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Verpflichteten gegen den Zulässigkeitsausspruch des Rekursgerichts ist somit unzulässig.

2. Das gilt auch für den in der Sache erhobenen Revisionsrekurs der Verpflichteten: Nach ständiger Rechtsprechung muss der Rechtsmittelwerber grundsätzlich formell beschwert sein. Das trifft hier nicht zu, weil der Exekutionsantrag vom Rekursgericht abgewiesen wurde. Eine Beschwer durch die Begründung wird von der Rechtsprechung nur bei Rekursen gegen Aufhebungsbeschlüsse und Zwischenurteilen anerkannt, sonst aber grundsätzlich abgelehnt (Kodek in Rechberger, ZPO³ vor § 461 Rz 10 mwN; RIS-Justiz RS0041929 [T2]). Der Revisionsrekurs der Verpflichteten ist daher zur Gänze zurückzuweisen.

II. Zum Revisionsrekurs der betreibenden Partei:

1. Gemäß § 371 Z 2 EO ist auch ohne die sonst erforderliche Gefährdungsbescheinigung die Vornahme von Exekutionshandlungen zur Sicherstellung von Geldforderungen aufgrund der in § 1 Z 2 EO angeführten Zahlungsaufträge zu bewilligen. Voraussetzung dafür ist, dass der Wechselzahlungsauftrag bereits zugestellt wurde (RIS-Justiz RS0004611; zuletzt 3 Ob 251/05s; Klicka in Angst, EO² § 371 Rz 5). Dass hingegen bereits Einwendungen erhoben oder gar über diese entschieden wurde, ist ohne Bedeutung (3 Ob 182/93 = JBl 1994, 763; Sailer in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 371 Rz 13; Klicka aaO § 371 Rz 5).

2. Wird - wie hier - die Exekution zur Sicherstellung beim Exekutionsgericht beantragt, bedarf es des Anschlusses einer Ausfertigung der Entscheidung, hier also des Wechselzahlungsauftrags (§ 375 Abs 1 Satz 2 EO). Für Wechselzahlungsaufträge gilt überdies das Erfordernis der Vorlage einer Bestätigung über die Zustellung des Zahlungsauftrags (3 Ob 182/93 = JBl 1994, 763; Sailer aaO § 375 Rz 6; Klicka aaO § 371 Rz 6, § 375 Rz 2).

3. Schon die fehlende Vorlage des Wechselzahlungsauftrags hinderte daher die antragsgemäße Erledigung. Das gilt entgegen der Auffassung des Rekursgerichts auch für die Bestätigung der Zustellung des Wechselzahlungsauftrags: Für die Frage der Erforderlichkeit der Vorlage dieser Bestätigung kann es keinen Unterschied machen, ob das Titelgericht unmittelbar die Zustellung veranlasste oder darum das Rechtshilfegericht, das gleichzeitig Exekutionsgericht ist, ersuchte. Dem Exekutionsgericht soll durch die Übermittlung der Bestätigung eine - oft durchaus zeitraubende und möglicherweise mit der Notwendigkeit der Durchführung ergänzender Erhebungen verbundene - Prüfung der wirksamen Zustellung des Titels erspart werden. Gerade bei größeren Gerichten besteht im Übrigen keine Gewähr dafür, dass das um die Zustellung im Rechtshilfeweg ersuchte Organ mit dem zuständigen Exekutionsrichter (Rechtspfleger) ident ist.

4. Diese dem Exekutionsantrag zur Sicherstellung anhaftenden Formmängel wären grundsätzlich verbesserungsfähig im Sinne des § 54 Abs 3 EO (Sailer aaO § 375 Rz 13 mwN).

Allerdings ist hier überdies zu beachten, dass die betreibende Partei in ihrem Antrag nicht nur keine Amtsbestätigung über die Zustellung des Wechselzahlungsauftrags vorlegte, sondern ein Vorbringen erstattete, aus dem abzuleiten ist, dass sie über eine solche Bestätigung nicht verfügt. Die betreibende Partei ging selbst nicht von einer tatsächlich bereits erfolgten Zustellung des Wechselzahlungsauftrags aus („Die Zustellung des Wechselzahlungsauftrags wird/wurde am heutigen Tag ... vollzogen"). Die betreibende Partei gab somit in ihrem Antrag selbst zu erkennen, dass eine Bestätigung über die Zustellung des Wechselzahlungsauftrags noch gar nicht erteilt werden konnte, weil nicht einmal feststand, ob eine solche Zustellung bereits erfolgt ist. Damit ist aber der Exekutionsantrag auch als inhaltlich mangelhaft anzusehen. Wenngleich auch die einem Exekutionsantrag anhaftenden Inhaltsmängel grundsätzlich gemäß § 54 Abs 3 EO idF der EO-Novelle 1995 verbesserungsfähig sind (RIS-Justiz RS0106413), gilt das nicht für unschlüssige Exekutionsanträge. Mangelt es an der Schlüssigkeit, ist kein Verbesserungsverfahren erforderlich (RIS-Justiz RS0106413 [T4]; 3 Ob 162/05b = SZ 2005/115 mwN; 3 Ob 53/08b).

Für einen schlüssigen Antrag auf Exekution zur Sicherstellung gemäß § 371 Z 2 EO ist die Behauptung erforderlich, dass der Wechselzahlungsauftrag bereits zugestellt wurde. Eine solche Behauptung wurde hier auch nicht etwa versehentlich unterlassen. Vielmehr ging die betreibende Partei in ihrem Exekutionsantrag davon aus, dass die Zustellung möglicherweise erst vollzogen wird. Es geht daher nicht um einen Formmangel (fehlender Nachweis der Zustellung) oder um einen verbesserungsfähigen Inhaltsmangel (versehentlich fehlendes Vorbringen zur Zustellung), sondern um einen nicht verbesserbaren Inhaltsmangel, der die Unschlüssigkeit des Exekutionsantrags bewirkte.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen, ohne dass noch geprüft werden müsste, ob nicht weitere, nicht verbesserungsfähige Abweisungsgründe vorliegen. Solche könnten allenfalls im Umstand erblickt werden, dass die betreibende Partei die „Pfändung zur Einziehung", also allenfalls schon die Befriedigungsexekution, beantragte sowie darin, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz noch keine wirksame Zustellung des Wechselzahlungsauftrags wegen Zustellung bloß einer Faxkopie erfolgt war (vgl dazu die E 9 ObA 29/04m, wonach die Zustellung per Telefax im Zivilprozess ausgeschlossen ist und auch das tatsächliche Zukommen der Telekopie keine Heilung iSd § 7 ZustG bewirkt: Gegenteiliges könnte im Anschluss an die E 3 Ob 147/01s in analoger Anwendung des § 149 Abs 2 iVm § 23 Abs 2 2. Satz DV-StAG, BGBl 1986/338 idF BGBl II 2007/396 iSd Ansicht Danzls, in Danzl, Geo., Anm 21 zu § 149 vertreten werden, weil ja bei im Kopierweg hergestellten Ausfertigungen die nach § 149 Abs 2 Geo vom Leiter der Geschäftsabteilung zu setzende Unterschrift mitabgelichtet wird).

5. Von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen ist das Revisionsrekursverfahren grundsätzlich einseitig. Die von der Verpflichteten erstattete Revisionsrekursbeantwortung ist mangels gesetzlicher Anordnung nicht zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0118686 [T11]). Sie dient allerdings nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und ist daher nicht zu honorieren (3 Ob 18/08f ua).

Anmerkung

E916813Ob145.09h

Schlagworte

Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inJus-Extra OGH-Z 4751XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0030OB00145.09H.0826.000

Zuletzt aktualisiert am

24.03.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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