TE OGH 2010/3/9 12Os8/10h

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.03.2010
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. März 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Stuhl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mag. Herwig B***** wegen der Verbrechen der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 18 HR 343/09w des Landesgerichts Linz, über die Grundrechtsbeschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Beschwerdegericht vom 14. Dezember 2009, AZ 8 Bs 384/09s (= ON 170), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Grundrechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Oberlandesgericht Linz einer Beschwerde des Mag. Herwig B***** gegen die am 19. November 2009 beschlossene Fortsetzung (ON 104) der über ihn am 5. November 2009 verhängten Untersuchungshaft nicht Folge und setzte diese aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit a, lit b und lit c StPO fort.

Dabei bejahte das Oberlandesgericht Linz den dringenden Verdacht, der Beschuldigte habe durch die im Einzelnen beschriebenen Handlungen unter anderem Angehörige der Justiz

- dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, dass er sie von Amts wegen zu verfolgender, mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohter Handlungen oder der Verletzung von Amts- oder Standespflichten falsch verdächtigt habe, obwohl er gewusst habe, dass diese falsch seien,

- durch gefährliche Drohung, teils mit dem Tod, mit einer erheblichen Verstümmelung oder mit der Vernichtung der beruflichen Existenz, zu Amtshandlungen genötigt oder zu nötigen versucht,

- teils mit dem Tod oder der Vernichtung der gesellschaftlichen Stellung gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen,

- widerrechtlich über eine längere Zeit hindurch in einer Weise, die geeignet gewesen sei, sie in ihrer Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen, beharrlich verfolgt und

- eine Person zu einer Handlung genötigt (BS 2 bis 10).

Die Prüfung der Dringlichkeit weiterer aktenkundiger Verdachtsmomente erachtete das Beschwerdegericht mit Blick auf die angeführten Tatvorwürfe als nicht geboten (BS 14).

Rechtliche Beurteilung

Die rechtzeitig (vgl § 3 Abs 2 GRBG, RIS-Justiz RS0072335) erhobene Grundrechtsbeschwerde scheitert schon an der Unterlassung entsprechenden deutlichen und bestimmten Vorbringens in der - mit dem Satz, „der Beschuldigte Mag. B***** hat die ihm vorgeworfenen Taten nicht begangen bzw hat der Beschuldigte nicht mit Vorsatz gehandelt“ pauschal den dringenden Tatverdacht bestreitenden sowie ohne jegliche weitere Ausführungen die vom Landesgericht Linz angenommenen Haftgründe in Abrede stellenden und gelindere Mittel einfordernden (ON 105 S 3) - Beschwerde gegen den Beschluss des Haft- und Rechtsschutzrichters vom 19. November 2009 und demgemäß an der Ausschöpfung des Instanzenzugs (RIS-Justiz RS0114487; insbesondere 14 Os 59/09x).

Im Übrigen ist die Sachverhaltsgrundlage des dringenden Tatverdachts im Verfahren über eine Grundrechtsbeschwerde nach ständiger Rechtsprechung nur nach Maßgabe der Mängel- und Tatsachenrüge des § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO bekämpfbar (RIS-Justiz RS0110146). Somit können lediglich formale Mängel der Begründung der Konstatierungen entscheidender Tatsachen releviert werden (Z 5) oder es kann nach Maßgabe deutlich und bestimmt bezeichneter Aktenteile und der in Z 5a genannten Erheblichkeitsschwelle versucht werden, erhebliche Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der Feststellungen zu wecken.

Eine Betrachtung der Verdachtslage aus der Sicht des Antragstellers ohne konkreten Bezug zur Begründung des Oberlandesgerichts nimmt dem Obersten Gerichtshof die Möglichkeit, der Beschwerde zu erwidern (RIS-Justiz RS0112012).

Die rechtliche Annahme einer der von § 173 Abs 2 StPO genannten Gefahren wiederum wird vom Obersten Gerichtshof dahin geprüft, ob sie aus den in der angefochtenen Entscheidung angeführten bestimmten Tatsachen abgeleitet werden durfte, ohne dass die darin liegende Ermessensentscheidung als unvertretbar („willkürlich“) angesehen werden müsste (RIS-Justiz RS0117806).

Diesen Kriterien wird das Vorbringen der vom Beschuldigten handschriftlich verfassten, von seinem ihm gemäß § 61 Abs 2 StPO beigegebenen Verteidiger in der Folge unterfertigten (§ 3 Abs 2 GRBG) Grundrechtsbeschwerde nicht gerecht, erschöpft es sich doch - neben zahlreichen unsachlichen Ausführungen - in einer weitwendigen, auf eigenständigen Beweiswerterwägungen fußenden Bekämpfung der Annahme des dringenden Tatverdachts auch infolge Fehlens der subjektiven Tatseite sowie der auf seine leugnende Verantwortung gestützten - und damit die Richtigkeit der von ihm gegen zahlreiche Justizangehörige erhobenen Vorwürfe subintellegierenden - Bestreitung der angenommenen Tatbegehungsgefahr und der Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft (S 22 f der Beschwerde). Solcherart entzöge sie sich aber auch inhaltlicher Erwiderung.

Die vielfach erhobene Forderung amtswegiger Aktenbeischaffung scheitert schon an dem auch im Grundrechtsbeschwerdeverfahren geltenden Neuerungsverbot (RIS-Justiz RS0106584).

Die Beschwerde war daher ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) zurückzuweisen.

Textnummer

E93512

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0120OS00008.10H.0309.000

Im RIS seit

05.05.2010

Zuletzt aktualisiert am

06.05.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten