TE OGH 2010/6/8 4Ob56/10d

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Veröffentlicht am 08.06.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Dr. Lothar Wiltschek, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei I*****, vertreten durch Dr. Stefan Rieder, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung, Feststellung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 34.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom 9. Februar 2010, GZ 3 R 17/10f-9, mit welchem der Beschluss des Landesgerichts Linz vom 21. Dezember 2009, GZ 8 Cg 177/09m-3 bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird teils bestätigt und teils dahin abgeändert, dass sie unter Einbeziehung der bestätigten Teile wie folgt lautet:

„Einstweilige Verfügung.

Zur Sicherung des Anspruchs der klagenden Partei auf Unterlassung unlauterer Geschäftspraktiken, worauf die Unterlassungsklage gerichtet ist, wird der beklagten Partei aufgetragen, es ab sofort bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils zu unterlassen, Verkehrscoaching-Kurse im Sinn des Führerscheingesetzes zu organisieren, anzubieten, anzukündigen oder durchzuführen, sofern dies nicht im Auftrag einer dazu nach § 24 Abs 5 FSG iVm § 36 Abs 2 Z 1 FSG, §15 Abs 2 FSG-DV und § 23 Abs 1 Z 1 - 4 SanG befugten Institution erfolgt.

Das Mehrbegehren, der beklagten Partei das Organisieren, Anbieten, Ankündigen oder Durchführen solcher Kurse ganz allgemein zu verbieten, wird abgewiesen.“

Die klagende Partei hat drei Viertel ihrer Kosten des Sicherungsverfahrens aller drei Instanzen vorläufig und ein Viertel dieser Kosten endgültig selbst zu tragen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen einen mit 1.735,89 EUR bestimmten Anteil an deren Kosten des Sicherungsverfahrens aller drei Instanzen (darin 196,82 EUR Umsatzsteuer, 555 EUR Barauslagen) zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Parteien bieten Nachschulungen und verkehrspsychologische Untersuchungen nach dem Führerscheingesetz an. Mit 1. September 2009 trat eine Novelle dieses Gesetzes in Kraft, nach der alkoholisierte Fahrzeuglenker unter gewissen Umständen ein „Verkehrscoaching“ zu absolvieren haben. Zur Organisation und Durchführung dieser Maßnahme sind nach § 24 Abs 5 FSG iVm § 36 Abs 2 Z 1 FSG und § 15 Abs 2 FSG-DV die in § 23 Abs 1 Z 1 - 4 SanG genannten „Blaulicht-Organisationen“ berechtigt, das sind der Arbeiter-Samariter-Bund, die Johanniter-Unfall-Hilfe in Österreich, der Malteser Hospitaldienst Austria und das Österreichische Rote Kreuz.

Die Beklagte bot solche Kurse im Internet an und führte sie auch in mehreren Bundesländern durch. Nach Zustellung der Klage schloss sie eine Vereinbarung mit einer befugten Institution, wonach sie die Kurse in der Steiermark in deren Auftrag durchführen sollte. Weiters wies sie nun in ihrem Internetauftritt darauf hin, dass sie im Auftrag solcher Institutionen handle. Für andere Bundesländer hatte es zuvor Verhandlungen gegeben, die jedoch (noch) nicht zum Abschluss von Kooperationsverträgen geführt hatten.

Die Klägerin beantragt, der Beklagten das Organisieren, Anbieten, Ankündigen und/oder Durchführen von Verkehrscoaching-Kursen zu untersagen. Die Beklagte sei keine der in § 23 Abs 1 Z 1 - 4 SanG genannten Einrichtungen und somit zur Organisation und Durchführung des Verkehrscoaching nicht berechtigt. Dennoch biete sie im Internet auch Verkehrscoaching-Kurse an, die sie selbst organisiere und durchführe. Es finde sich kein Hinweis, dass das Verkehrscoaching nicht von der Beklagten selbst organisiert und durchgeführt werde, vielmehr werde der unrichtige Eindruck erweckt, der Kunde könne direkt bei der Beklagten ein Verkehrscoaching absolvieren. Durch diese Vorgehensweise verstoße die Beklagte bewusst und planmäßig gegen die eindeutige und unmissverständliche Bestimmung des § 15 Abs 2 FSG-DV, wonach zur Organisation und Durchführung eines Verkehrscoachings nur bestimmte, als besonders zuverlässig bekannte Institutionen befugt seien. Dieser unlautere Rechtsbruch beeinflusse den Wettbewerb zum Nachteil der Klägerin, weil diese selbst das Verkehrscoaching nicht anbieten dürfe, weshalb ihr Angebot kleiner als jenes der Beklagten sei. Die Beklagte täusche durch ihr Angebot vor, eine zur Durchführung des Verkehrscoaching befugte, besonders zuverlässige Institution zu sein.

Die Beklagte wendet ein, dass sie Verkehrscoaching nur im Auftrag der dazu befugten Institutionen organisiere und durchführe. So bestünde zwischen ihr und dem Arbeiter-Samariter-Bund eine Zusammenarbeit für die Bundesländer Burgenland und Kärnten, wobei nur aufgrund einer noch „nicht exakten preislichen Einigung“ eine unterschriebene Kooperationsvereinbarung noch nicht vorliege. Für Oberösterreich sei mit dem Arbeiter-Samariter-Bund eine Punktation erarbeitet worden, eine Kooperationsvereinbarung befinde sich „in Ausarbeitung“. Weiters sei für Salzburg und Oberösterreich mit dem Malteser Hospitaldienst Austria eine Kooperationsvereinbarung ausgehandelt worden, die „zur Unterfertigung“ vorliege. Mit dem Malteser Hospitaldienst Austria sei für das Bundesland Steiermark am 7. Dezember 2009 eine Kooperationsvereinbarung unterschrieben worden. Die in § 23 Abs 1 SanG genannten Institutionen hätten nach § 15 Abs 3 FSG-DV zur Durchführung des ersten Teils des Verkehrscoaching Ärzte oder Notfallsanitäter heranzuziehen, zur Durchführung des zweiten Teils Psychologen gemäß § 1 Psychologengesetz. Sie müssten sich daher anderer Institutionen, die über Psychologen gemäß § 1 Psychologengesetz verfügten, bedienen. Ein Rechtsbruch liege daher bei einem Handeln im Auftrag einer befugten Institution nicht vor, jedenfalls fehle die nach dem UWG geforderte subjektive Vorwerfbarkeit. Das beanstandete Verhalten sei auch nicht zu einer spürbaren Beeinträchtigung des Wettbewerbs geeignet.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Die Beklagte habe bis zur Änderung ihres Internetauftritts den Eindruck erweckt, selbst eine zur Organisation und Durchführung des Verkehrscoaching berechtigte Institution zu sein. Erst danach habe sie offengelegt, dass sie diese Dienstleistung nicht im eigenen Namen, sondern lediglich als Auftragnehmerin einer befugten Institution anbiete. Bis zur Klagszustellung habe die Beklagte eine Leistung angeboten, zu deren Erbringung sie nicht befugt gewesen sei und dadurch im Verhältnis zu einem gesetzestreuen Mitbewerber unlauter im Sinne des § 1 UWG gehandelt. Trotz des nun geänderten Internetauftritts bestehe Wiederholungsgefahr, da die Beklagte einen vorangegangenen Rechtsbruch bestreite und sich das Recht vorbehalten habe, ihren Internetauftritt nach eigenem Ermessen jederzeit zu ändern oder zurückzuziehen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Die Beklagte zähle (ebenso wie die Klägerin) nicht zu den in § 23 Abs 1 Z 1 - 4 SanG genannten Institutionen und sei damit nicht zur Organisation und Durchführung des Verkehrscoaching berechtigt. Dennoch habe sie im Internet bis zur Klagszustellung neben Nachschulungen und verkehrspsychologischen Untersuchungen auch Verkehrscoaching-Kurse als von ihr selbst durchgeführte Dienstleistung angeboten und beworben. Tatsächlich verfüge die Beklagte nur für das Bundesland Steiermark und auch hier erst seit dem 7. Dezember 2009 über eine endgültig ausverhandelte und unterfertigte Kooperationsvereinbarung mit einer berechtigten Institution. Soweit die Beklagte damit argumentiere, dass sie niemals ohne entsprechende Vereinbarungen mit den berechtigten Blaulicht-Organisationen tätig geworden sei und daher nicht gegen § 15 Abs 2 FSG-DV verstoßen habe, sei sie angesichts dieses Sachverhalts und ihrer eigenen Zugeständnisse widerlegt. Die Rechtslage sei eindeutig; eine davon abweichende Auffassung nicht mit guten Gründen vertretbar. Das Verhalten der Beklagten sei auch geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil von rechtstreuen Mitbewerbern nicht bloß unerheblich zu beeinflussen. Die bloße Änderung des Internetauftritts führe nicht zum Wegfall der Wiederholungsgefahr. Das Unterlassungsgebot sei auch nicht zu weit gefasst. Der Beklagten werde damit nicht verboten, als Erfüllungsgehilfe der befugten Institutionen in deren Namen und auf deren Auftrag tätig zu werden, sondern es werde ihr lediglich das Organisieren, Anbieten, Ankündigen und/oder Durchführen der Verkehrscoaching-Kurse im eigenen Namen untersagt.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig, weil das von den Vorinstanzen erlassene Verbot aufgrund seiner umfassenden Formulierung auch ein Verhalten erfasst, das nicht gegen § 1 UWG verstößt; es ist aus diesem Grund teilweise berechtigt.

1. Das Rekursgericht hat die Rechtsprechung zur Fallgruppe „Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch“ richtig wiedergegeben. Danach ist ein Verstoß gegen eine nicht dem Lauterkeitsrecht im engeren Sinne zuzuordnende generelle Norm als unlautere Geschäftspraktik oder als sonstige unlautere Handlung iSv § 1 Abs 1 Z 1 UWG zu werten, wenn die Norm nicht auch mit guten Gründen in einer Weise ausgelegt werden kann, dass sie dem beanstandeten Verhalten nicht entgegensteht. Der Unterlassungsanspruch setzt ferner voraus, dass das beanstandete Verhalten geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil von rechtstreuen Mitbewerbern nicht bloß unerheblich zu beeinflussen (4 Ob 225/07d = MR 2008, 114 [Heidinger 108] = wbl 2008, 290 [Artmann 253] = ÖBl 2008, 237 [Mildner] = ecolex 2008, 551 [Tonninger] - Wiener Stadtrundfahrten; RIS-Justiz RS0123239). Maßgebend für die Beurteilung der Vertretbarkeit einer Rechtsauffassung sind der eindeutige Wortlaut und Zweck der angeblich übertretenen Norm sowie gegebenenfalls die Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts und eine beständige Praxis von Verwaltungsbehörden (4 Ob 225/07b - Wiener Stadtrundfahrten; zuletzt etwa mwN 4 Ob 40/09z = ÖBl-LS 2009/239 [Mildner] = ecolex 2009, 881 [Tonninger] - Lademulden und 4 Ob 14/09b).

2. „Verkehrscoaching“ iSv § 24 Abs 3 FSG dürfen nach § 24 Abs 5 FSG nur Einrichtungen durchführen, die dazu nach § 36 FSG ermächtigt wurden. Nach § 36 Abs 2 Z 1 FSG ist für die Erteilung dieser Ermächtigung der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zuständig. Diese Ermächtigung erfolgte mit § 15 Abs 2 FSG-DV idF BGBl II 2009/274; danach sind zur Organisation und Durchführung des Verkehrscoaching (nur) die in § 23 Abs 1 Z 1 - 4 SanG genannten Institutionen berechtigt. Die Beklagte bestreitet nicht, dass sie nicht zu diesen Institutionen gehört.

3. Die Auffassung des Rekursgerichts, die Beklagte könne - ebenso wie gegebenenfalls die Klägerin - in vertretbarer Weise annehmen, die genannten Rechtsgrundlagen stünden einer Durchführung von Verkehrscoaching im Auftrag einer berechtigten Institution nicht entgegen, ist nicht zu beanstanden. Nach § 15 Abs 4 Z 1 und 2 FSG-DV hat die das Verkehrscoaching organisierende Institution für das Vorhandensein der „geeigneten Räumlichkeiten“ und des „geeigneten Personals“ Sorge zu tragen; dass es sich dabei um eigene Räumlichkeiten und um eigenes Personal handeln müsste, lässt sich daraus nicht ableiten. Mangels eindeutiger Regelung ist es damit nicht ausgeschlossen, dass sich die nach § 15 Abs 2 FSG-DV iVm § 23 Abs 1 Z 1 - 4 SanG berechtigten Institutionen für die - von ihnen zu verantwortende - Organisation und Durchführung des Verkehrscoaching dritter, allenfalls auch juristischer Personen bedienen, die in ihrem Auftrag handeln und für deren Verhalten sie gegenüber dem Bund einzustehen haben. Entgegenstehende Erkenntnisse der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts liegen ebenso wenig vor wie eine gegenteilige Praxis von Verwaltungsbehörden.

4. Die Beklagte hat in ihrer Äußerung nicht bestritten, dass sie Verkehrscoaching (nicht nur angekündigt und angeboten, sondern auch) durchgeführt hat. Sie hat lediglich behauptet, dass dies immer im Auftrag einer berechtigten Institution erfolgt sei. Auch im Revisionsrekurs rechtfertigt sie ihr Verhalten damit, dass sie in jedem Fall trotz des Fehlens schriftlicher Verträge über eine „mündliche Erlaubnis“ verfügt habe, Verkehrscoaching „im Auftrag“ einer befugten Institution durchzuführen.

Solche Aufträge hat das Rekursgericht aber - abgesehen von einer Vereinbarung für das Bundesland Steiermark - gerade nicht als bescheinigt angenommen. An diese Feststellung ist der Oberste Gerichtshof, der auch im Sicherungsverfahren nicht Tatsacheninstanz ist (RIS-Justiz RS0002192), gebunden. Wieso sie unzulässig sein sollte, legt der Revisionsrekurs nicht dar. Eine Erörterungspflicht besteht im Sicherungsverfahren nicht; vielmehr kann das Rekursgericht den Sachverhalt aufgrund der vorgelegten Urkunden ergänzen und auch Feststellungen treffen, die von jenen des Erstgerichts abweichen (4 Ob 15/99f = MR 1999, 227 - Kitz-Info-Magazin; RIS-Justiz RS0012391 [T3]). Anderes gilt nur dann, wenn das Erstgericht den Sachverhalt - anders als hier - aufgrund vor ihm abgelegter Zeugenaussagen oder Parteienaussagen als bescheinigt angenommen hatte (6 Ob 650/93 = SZ 66/164 [verst Senat]; RIS-Justiz RS0012391).

Lag kein Auftrag einer befugten Institution vor, hat die Beklagte gegen die oben genannten Rechtsgrundlagen verstoßen. Eine vertretbare Rechtsansicht liegt in diesem Fall nicht vor. Denn es ist kein Grund erkennbar, weshalb die Beklagte auch ohne solchen Auftrag berechtigt gewesen sein sollte, Verkehrscoaching zu organisieren und durchzuführen.

Die Annahme des Rekursgerichts, dass das Verhalten der Beklagten geeignet sei, den Wettbewerb zum Nachteil von Mitbewerbern nicht bloß unerheblich zu beeinflussen, ist nicht zu beanstanden. Rechtstreue Mitbewerber werden ohne Auftrag einer befugten Institution kein Verkehrscoaching durchführen; ihr Wettbewerbsnachteil gegenüber der Beklagten ist offenkundig.

5. Die Vorinstanzen haben der Beklagten auch das Ankündigen und Anbieten von Verkehrscoaching verboten. Diese Formulierungen erfassen den (ursprünglichen) Internetauftritt der Beklagten. Handelte die Beklagte, wovon im Sicherungsverfahren auszugehen ist, nicht in jedem Fall im Auftrag einer befugten Institution, so war dieses Verhalten geeignet, einen Durchschnittsverbraucher über das Vorliegen einer für das Erbringen der Leistung erforderlichen Befugnis in die Irre zu führen (§ 2 Abs 1 Z 6 UWG). Anders als in 4 Ob 99/08z (= ÖBl 2009, 71 [Mildner] - Fahrschulgruppe) war der Sicherungsantrag in der Sache auch auf diese Irreführung gestützt. Das Ankündigen und Anbieten ist daher schon auf dieser Grundlage zu untersagen, ohne dass geprüft werden müsste, ob zudem auch § 24 Abs 5 FSG, der sich nach seinem Wortlaut nur auf das Durchführen von Nachschulungen bezieht, diesem Verhalten entgegensteht (vgl 4 Ob 99/08z - Fahrschulgruppe).

6. Die Beklagte zeigt allerdings richtig auf, dass das Verbot zu weit gefasst ist. Denn das Ankündigen, Anbieten, Organisieren und Durchführen von Verkehrscoaching wird ihr damit auch dann untersagt, wenn sie im Auftrag einer hiezu befugten Institution handelt. Ihr wird daher ein Verhalten verboten, das sie in vertretbarer Weise als zulässig ansehen kann und das daher nicht gegen § 1 UWG verstößt. Auch eine Irreführung über die eigene Befugnis liegt in einem solchen Fall nicht vor, da sich diese Befugnis dann aus dem Auftrag der befugten Institution ergibt.

Ein Unterlassungsgebot ist zu weit gefasst, wenn die Beklagte damit zu Unterlassungen verhalten wird, zu denen sie bei richtiger Auslegung des materiellen Rechts nicht verpflichtet wäre (RIS-Justiz RS0037461). Zwar müssen mögliche Rechtfertigungsgründe nicht zwingend in den Spruch aufgenommen werden (6 Ob 114/00h = SZ 73/117; RIS-Justiz RS0114017); es ist auch nicht erforderlich, in einem Unterlassungsgebot ausdrücklich festzuhalten, dass ein „ausreichend deutlicher Hinweis“ - den die Beklagte allerdings nie gesetzt hat - die sonst bestehende Irreführungseignung beseitigen kann (4 Ob 47/10f). Das gilt aber nicht, wenn die Beklagte einen konkreter Einwand erhoben hatte, der sich nach den Ergebnissen des Verfahrens zwar nicht immer, aber doch in einigen Fällen als berechtigt erwies, sodass das beanstandete Verhalten teilweise nicht rechtswidrig war. Hier hat der Spruch die Ergebnisse des Verfahrens wiederzugeben; ein umfassendes Verbot erweckte den unrichtigen Eindruck, dass das beanstandete Verhalten zur Gänze rechtswidrig gewesen wäre.

Aus diesen Gründen ist der Beklagten lediglich zu verbieten, Verkehrscoaching-Kurse im Sinn des Führerscheingesetzes zu organisieren, anzubieten, anzukündigen oder durchzuführen, sofern dies nicht im Auftrag einer dazu nach § 24 Abs 5 FSG iVm § 36 Abs 2 Z 1 FSG, § 15 Abs 2 FSG-DV und § 23 Abs 1 Z 1 - 4 SanG befugten Organisation erfolgt; das Mehrbegehren ist abzuweisen.

7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 393 Abs 1 EO iVm §§ 43 Abs 1, 50 ZPO. Die Klägerin ist mit ihrem Sicherungsantrag überwiegend durchgedrungen; die mit einer Teilabweisung verbundene Einschränkung des beantragten Verbots ist mit einem Viertel zu bewerten.

Schlagworte

Verkehrscoaching,

Textnummer

E94331

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0040OB00056.10D.0608.000

Im RIS seit

28.07.2010

Zuletzt aktualisiert am

27.05.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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