TE OGH 2010/9/15 15Os102/10d

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Veröffentlicht am 15.09.2010
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Der Oberste Gerichtshof hat am 15. September 2010 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Reich als Schriftführerin in der Strafsache gegen Sinan D***** wegen des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 14. Juni 2010, GZ 16 Hv 2/10s-33, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die „Berufung wegen Schuld“ werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung (wegen des Ausspruchs über die Strafe) werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelvefahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Sinan D***** zu I./ des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 erster Fall StGB, zu II./ des Vergehens (richtig: der Vergehen) der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB, zu III./ der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB und zu IV./ des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er

I./ am 15. Dezember 2009 in R***** im Landeskrankenhaus fremde bewegliche Sachen in einem 3.000 Euro nicht übersteigenden Wert anderen, nämlich der Katharina Isabella K***** eine Geldtasche mit Bargeld in der Höhe von 130 Euro, fünf Schachteln Zigaretten sowie einen MP3-Player und der Margit H***** eine Geldtasche mit Bargeld in der Höhe von 10 Euro, mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er, als er von der Pflegerin Stephanie F***** und dem Pfleger Markus Fr***** auf frischer Tat betreten wurde, Gewalt gegen sie anwendete, um sich die weggenommenen Sachen zu erhalten, indem er sich zunächst aus den Festhaltegriffen von F***** und Fr***** loszureißen trachtete, F***** einen Kopfstoß gegen den Brustkorb versetzte, sich aus den Festhaltegriffen losriss und Fr***** Faustschläge gegen den Schulterbereich und in Richtung Kopf versetzte;

II./ am 15. Dezember 2009 in R***** unbare Zahlungsmittel, über die er nicht verfügen durfte, nämlich 2 Bankomatkarten der Margit H*****, mit dem Vorsatz, deren Verwendung im Rechtsverkehr zu verhindern, unterdrückt, indem er die im Zuge der zu I./ angeführten Tat an sich gebrachten Bankomatkarten für sich behielt;

III./ am 4. Dezember 2009 in L***** die Kennzeichentafeln B-981 CN der Karin V***** sowie zwischen 3. und 11. Dezember 2009 in D***** die Kennzeichentafeln B-297 EX des Stefan M*****, mithin Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, dadurch, dass er die Kennzeichentafeln von fremden PKWs abmontierte und auf seinen eigenen PKW montierte, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden;

IV./ am 18. März 2010 in V***** eine fremde bewegliche Sache, nämlich eine Handtasche samt Inhalt im Wert von 2.000 Euro der Romana Huberta Ma***** mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie schlägt fehl.

Die Mängelrüge (Z 5) behauptet zu III./ eine offenbar unzureichende Begründung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite, vernachlässigt aber, dass der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrundeliegendes Wissen oder Wollen keine „unstatthafte Vermutung zu Lasten des Angeklagten“ darstellt, sondern methodisch gerechtfertigt und auch rechtsstaatlich zulässig ist (RIS-Justiz RS0116882; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452). Solcherart hat das Schöffengericht die Feststellungen zum Vorsatz des Angeklagten, zu verhindern, dass die entfremdeten KFZ-Kennzeichen vom Berechtigten im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden (US 7), unter Verweis auf das Geständnis und die objektive Vorgehensweise hinreichend begründet (US 8).

Die Subsumtionsrüge (Z 10) reklamiert mit der Behauptung des Fehlens von Feststellungen zur Frage, ob es sich bei den entfremdeten KFZ-Kennzeichen um „selbständige Wertträger“ handelte, die Unterstellung der zu II./ als Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB beurteilten Tat nur als Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB (s zu dieser Rechtsfrage im Übrigen eingehend Kienapfel/Schroll in WK2 § 229 Rz 26, 50), scheitert aber bereits daran, dass das Urteil - von der Beschwerde ungerügt - keine (zur Erfüllung des reklamierten Tatbestands erforderlichen) Konstatierungen in Richtung eines Bereicherungsvorsatzes enthält.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher ebenso wie die im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehene Berufung „wegen Schuld“ bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Innsbruck zur Entscheidung über die Berufung (wegen des Ausspruchs über die Strafe) folgt (§ 285i StPO).

Zu einer Maßnahme nach § 290 Abs 1 StPO in Hinblick auf die rechtlich verfehlte (§ 29 StGB) gesonderte Unterstellung der Taten zu I./ als Verbrechen des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 erster Fall StGB und zu IV./ als Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB bestand kein Anlass, weil sich die Gesetzesverletzung nicht als für den Angeklagten konkret nachteilig iSd § 290 Abs 1 StGB auswirkte (RIS-Justiz RS0114927). Das Oberlandesgericht ist bei der folgenden Entscheidung über die Strafe an den verfehlten Ausspruch nicht gebunden (RIS-Justiz RS0118870).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E95219

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0150OS00102.10D.0915.000

Im RIS seit

03.11.2010

Zuletzt aktualisiert am

03.11.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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