TE OGH 2011/3/29 5Ob229/10b

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Veröffentlicht am 29.03.2011
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache der Einschreiterin Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz, 6020 Innsbruck, Heiliggeiststraße 7-9, vertreten durch Dr. Paul Bauer, Dr. Anton Triendl und Mag. Robert Mader, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Ersichtlichmachung nach § 38 Abs 2 TFLG 1996 ob der Liegenschaft EZ 11 und anderer Liegenschaften je GB *****, über den Revisionsrekurs der Einschreiterin gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 23. September 2010, AZ 54 R 106/10z, mit dem infolge Rekurses der Agrargemeinschaft K*****, vertreten durch deren Obmann Josef P*****, dieser vertreten durch Univ.-Doz. Dr. Bernd A. Oberhofer, Rechtsanwalt in Innsbruck, der Beschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom 13. August 2010, TZ 8843/10, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Vollzug und Verständigung der bereits im Beschluss des Erstgerichts genannten Beteiligten obliegen dem Erstgericht.

Text

Begründung:

Ob den Liegenschaften EZ 11, 12, 13, 14, 15 und 17 je GB ***** (auf welches GB sich fortan alle EZ beziehen) ist jeweils die Agrargemeinschaft K***** (fortan nur mehr: Agrargemeinschaft) als grundbücherliche Eigentümerin einverleibt.

Mit Bescheid der Einschreiterin als Agrarbehörde erster Instanz vom 12. 3. 2010, Zl AgrB-R467/120-2010, wurde - soweit hier wesentlich - I. festgestellt, dass das Liegenschaftsvermögen der Agrargemeinschaft, soweit es das ursprüngliche Regulierungsgebiet, bestehend aus sämtlichen in den Liegenschaften EZ 11, 12 und 13 und nur einzelnen in den Liegenschaften EZ 14, 15 und 17 vorgetragenen Grundstücken umfasst, Gemeindegut iSd § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 darstellt, und II. dass das übrige Liegenschaftsvermögen der Agrargemeinschaft kein Gemeindegut iSd § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 darstellt. Der Landesagrarsenat beim Amt der Tiroler Landesregierung wies mit seinem rechtskräftigen Erkenntnis vom 24. 6. 2010, Z. LAS-1006/9-10, die gegen diesen Bescheid erhobenen Berufungen der Agrargemeinschaft und der Gemeinde M*****, soweit sich diese gegen die Spruchpunkte I. und II. des erstinstanzlichen Bescheids richteten, als unbegründet ab.

Die Einschreiterin begehrte mit ihrer beim Erstgericht am 12. 8. 2010 eingelangten Eingabe aufgrund ihres Bescheids vom 12. 3. 2010, Zl AgrB-R467/120-2010, und des rechtskräftigen Erkenntnisses des Landesagrarsenats beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 24. 6. 2010, Zl LAS-1006/9-10, amtswegig im Eigentumsblatt der Liegenschaften EZ 11, 12, 13, 14, 15 und 17 die Bezeichnung „Gemeindegutsagrargemeinschaft“ ersichtlich zu machen.

Das Erstgericht bewilligte die begehrte Ersichtlichmachung ob sämtlicher Liegenschaften.

Das Rekursgericht gab dem gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs der Agrargemeinschaft teilweise Folge und änderte den Beschluss des Erstgerichts dahin ab, dass es die begehrte Ersichtlichmachung der Bezeichnung „Gemeindegutsagrargemeinschaft“ nur hinsichtlich der Liegenschaften EZ 11, 12 und 13 anordnete, das Mehrbegehren hinsichtlich der Liegenschaften EZ 14, 15 und 17 dagegen abwies. Rechtlich teilte das Rekursgericht die Ansicht der Agrargemeinschaft, die begehrte Eintragung sei im Hinblick auf Art 5 und 7 StGG 1867 rechtswidrig und rechtlich unmöglich, weil damit geteiltes Eigentum (Ober- und Untereigentum) geschaffen werde, nicht. Anmerkungen hätten nur den Zweck, über bestimmte Verhältnisse zu informieren, und gesetzliche geregelte Rechtswirkungen herbeizuführen. Die bloße Anmerkung der Bezeichnung „Gemeindegutsagrargemeinschaft“ begründe aber keinen unbedingten Rechtserwerb oder -verlust. Der Rekurs der Agrargemeinschaft sei aber deshalb teilweise berechtigt, weil in den die Eintragungsgrundlage bildenden Entscheidungen der Agrarbehörden nur betreffend die Liegenschaften EZ 11, 12 und 13 zu allen darin vorgetragenen Grundstücken festgestellt worden sei, dass diese Gemeindegut iSd § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 darstellten. Betreffend die Liegenschaften EZ 14, 15 und 17 sei dies dagegen nur hinsichtlich einzelner Grundstücke festgestellt worden und für diese Liegenschaften sei demnach die begehrte Ersichtlichmachung nicht zulässig; vielmehr könne eine solche auf einzelne Grundstücke beschränkte Ersichtlichmachung nur im A2-Blatt erfolgen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Frage der Zulässigkeit der Ersichtlichmachung der mit (Tiroler) LGBl 2010/7 neu geschaffenen Bezeichnung „Gemeindegutsagrargemeinschaft“ im Eigentumsblatt noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Gegen den die Ersichtlichmachung ablehnenden Teil der Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Einschreiterin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der gänzlichen Bewilligung der begehrten Ersichtlichmachung. Hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Die Einschreiterin ist rechtsmittellegitimiert (vgl RIS-Justiz RS0116135; RS0006663; RS0006808 [T1]; RS0006805; RS0058963 [T4]).

2. Grundlage für die von der Einschreiterin begehrte Ersichtlichmachung sind die rechtkräftigen Bescheide der Agrarbehörden erster und zweiter Instanz, mit denen ausgesprochen wurde, dass die dort näher bezeichneten Grundstücke Gemeindegut iSd § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 sind. Diese Entscheidung fällt gemäß § 73 lit a bis d TFLG 1996 in die Zuständigkeit der Agrarbehörden (vgl auch VfGH 10. 12. 2010, B 639/10). Die Gerichte sind daher an diese gebunden und haben deren inhaltliche Richtigkeit nicht zu überprüfen (vgl RIS-Justiz RS0036880; RS0037078; RS0036981; RS0036975).

3. Die in Richtung des Art 5 und 7 StGG 1867 vorgetragenen Einwände der Agrargemeinschaft hat schon das Rekursgericht mit Recht verneint. Anmerkungen dienen zur Ersichtlichmachung bestimmter persönlicher Verhältnisse (§ 20 lit a GBG) bzw zur Begründung bestimmter gesetzlich vorgesehener Rechtswirkungen (§ 20 lit b GBG), haben aber selbst keine dingliche Wirkung im Sinn der Begründung, Umänderung oder Aufhebung bücherlicher Rechte (vgl Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht, § 20 GBG Rz 1). Die von der Agrarbehörde angestrebte Ersichtlichmachung, die - worauf noch zurückzukommen sein wird - einen dem § 20 lit a GBG entsprechenden Fall darstellt, kann daher keinen Eigentumseingriff bewirken.

4. Dem Rekursgericht ist dahin beizupflichten, dass die eingangs genannten Bescheide der Agrarbehörden betreffend die Liegenschaften EZ 14, 15 und 17 nur hinsichtlich einzelner Liegenschaften feststellen, dass diese Gemeindegut iSd § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 sind; dies rechtfertigt aber betreffend diese Liegenschaften nicht die Ablehnung der von der einschreitenden Agrarbehörde begehrten Ersichtlichmachung:

Nach § 38 Abs 2 TFLG 1996 (idF LGBl 2010/7) ist (ua) bei Agrargemeinschaften, die iSd § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 auf Gemeindegut bestehen, im Eigentumsblatt die Bezeichnung „Gemeindegutsagrargemeinschaft“ ersichtlich zu machen. Dass die hier beteiligte Agrargemeinschaft jedenfalls auch auf Gemeindegut besteht, steht nach den vorgelegten Bescheiden der Agrarbehörden bindend fest. Daraus folgt deren Bezeichnung als „Gemeindegutsagrargemeinschaft“, und zwar als Hinweis auf eine bestimmte Besonderheit in den „persönlichen Verhältnissen“ (§ 20 lit a GBG) der Eigentümerin (zu deren Besonderheiten vgl insbesondere §§ 33 Abs 5, 34 Abs 1 letzter HS, 35 Abs 7 und 8, 36 Abs 2, 37 Abs 6 bis 8, 40 Abs 1 bis 4 TFLG 1996) und nicht - wovon offenbar das Rekursgericht ausgeht - als Angabe über bestimmte Eigenschaften der Grundstücke des betreffenden Grundbuchkörpers. Damit harmoniert gerade die in § 38 Abs 2 TFLG 1996 angeordnete Eintragung im Eigentumsblatt der Liegenschaft und daraus folgt aber auch, dass aus dieser Ersichtlichmachung keinerlei Rückschlüsse über die (rechtliche Qualität einzelner) Bestandteile des Grundbuchkörpers (vgl § 7 AllgGAG; Kodek aaO, § 7 AllgGAG Rz 1) ableitbar sind, insbesondere keine Aussage darüber verbunden ist, ob einzelne Grundstücke des betreffenden Grundbuchkörpers Gemeindegut iSd § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 sind.

6. Zusammengefasst folgt also:

Die Ersichtlichmachung der Bezeichnung „Gemeindegutsagrargemeinschaft“ iSd § 38 Abs 2 TFLG 1996 entspricht qualitativ einer Anmerkung gemäß § 20 lit a GBG, die lediglich erfordert, dass die betreffende Agrargemeinschaft (auch) auf Gemeindegut iSd § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 besteht. Da mit dieser Ersichtlichmachung (nur) „persönliche Verhältnisse“ der Eigentümerin ausgewiesen werden, ist diese auch dann zulässig, wenn der betreffende Grundbuchkörper keine oder nur einzelne Grundstücke enthält, die Gemeindegut iSd § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 sind. Aus der Ersichtlichmachung der Bezeichnung „Gemeindegutsagrargemeinschaft“ folgen keine Angaben über bestimmte rechtliche Verhältnisse einzelner Bestandteile des Grundbuchkörpers, insbesondere über deren Eigenschaft als Gemeindegut nach § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 (ebenso 5 Ob 226/10m und 5 Ob 228/10f).

Der Revisionsrekurs ist somit berechtigt, was zur Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichts führt.

Schlagworte

Grundbuchsrecht

Textnummer

E97287

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0050OB00229.10B.0329.000

Im RIS seit

29.05.2011

Zuletzt aktualisiert am

11.02.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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