TE OGH 2011/5/3 12Os24/11p

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Veröffentlicht am 03.05.2011
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Mai 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kunst als Schriftführer in der Strafsache gegen Hubert B***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall und Abs 2, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Marek K***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 3. Dezember 2010, GZ 053 Hv 39/10g-42, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Marek K***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen - auch einen in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch des Hubert B***** sowie rechtskräftige Freisprüche beider Angeklagter enthaltenden - Urteil wurde Marek K***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall und Abs 2, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Hubert B***** mit dem abgesondert verfolgten Przemyslaw S***** als Mittäter mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Angestellte von Versicherungsunternehmen durch Täuschung über Tatsachen unter Verwendung falscher Beweismittel, nämlich durch die Vorlage fingierter Unfallberichte, mit der wahrheitswidrigen Behauptung, die Schäden seien fahrlässig durch Unfälle herbeigeführt worden, sowie durch die Erhebung unberechtigter Ersatzansprüche zur Auszahlung von Entschädigungsbeträgen, somit zu Handlungen verleitet, welche die Versicherungsunternehmen in einem 3.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, und zwar

I./ am 1. Juni 2005 Angestellte der U***** AG hinsichtlich einer Kollision am 30. Mai 2005 zwischen dem von Hubert B***** gelenkten und auf Marek K***** zugelassenen PKW Mazda und dem von Przemyslaw S***** chauffierten PKW Audi zur Auszahlung von 1.380 Euro an Marek K*****;

II./ am 30. August 2005 Angestellte der G***** AG hinsichtlich einer Kollision am 20. August 2005 zwischen dem von Hubert B***** gelenkten und auf Marek K***** zugelassenen PKW Mazda und dem von Przemyslaw S***** chauffierten VW Passat zur Auszahlung von 2.766,37 Euro an Przemyslaw S*****.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Marek K*****, der keine Berechtigung zukommt.

Mit sich in Widerspruch (Z 5 dritter Fall) ist ein Urteil, wenn das Gericht entscheidende Tatsachen als nebeneinander bestehend feststellt, die nach den Denkgesetzen nicht nebeneinander bestehen können (RIS-Justiz RS0117402 [T15]; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 438 f).

Die zu Schuldspruch II getroffenen Konstatierungen zum äußeren Geschehen und zur tataktuellen Willensausrichtung (iSd § 70 StGB) schließen einander jedoch der Beschwerde zuwider keineswegs aus.

Klargestellt sei dazu in rechtlicher Hinsicht, weil Z 5 stets nur für den Schulspruch oder den anzuwendenden Strafsatz entscheidende Tatsachen betrifft, dass sich der zu einer Gewerbsmäßigkeitsqualifikation (hier: nach § 148 zweiter Fall StGB) führende Täterwille, nämlich die Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung einer strafbaren Handlung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (vgl § 70 StGB), über diese Absicht hinaus keineswegs mit Vorsatzelementen des Grundtatbestands decken muss (vgl zB §§ 138 Z 4, 164 Abs 4, 207a Abs 2, 241a Abs 2, 241e Abs 2 StGB, §§ 27 Abs 3, 28a Abs 2 Z 1 SMG; vgl RIS-Justiz RS0086573; jüngst 13 Os 12/10d). Ebensowenig ist unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) die Ableitung der Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung aus der gemeinsamen Betrachtung der tristen Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Angeklagten mit der Tatwiederholung (US 14) zu beanstanden.

Dem Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider hat sich der Schöffensenat mit den in der Hauptverhandlung präsentierten Depositionen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt, sie jedoch (mit mängelfreier Begründung) als unglaubwürdig verworfen (US 10 ff). Dass dem Rechtsmittelwerber die Erwägungen der Tatrichter nicht überzeugend genug erscheinen und aus der Verantwortung des Angeklagten auch andere, für ihn günstigere Schlüsse denkbar gewesen wären, vermag keinen Begründungsmangel herzustellen. Eine offenbar unzureichende Begründung liegt dann vor, wenn die Argumentation der Tatrichter den Grundsätzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden empirischen Erkenntnissen widerspricht (vgl RIS-Justiz RS0116732).

Der vom Erstgericht vorgenommene Schluss vom gezeigten Verhalten des Nichtigkeitswerbers auf dessen subjektive Tatseite (US 14) ist - der Beschwerdeauffassung zuwider - nicht unstatthaft, sondern bei einem - wie hier - leugnenden Angeklagten in aller Regel methodisch gar nicht zu ersetzen (RIS-Justiz RS0098671, RS0116882; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452).

Mit dem bloßen Einwand, es sei ungeklärt, weshalb weitere Betrügereien unterblieben sind, und der Kritik, die konstatierten tristen Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie die Tatwiederholung stellten keine zureichende Begründung für die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung dar, vermag die Beschwerde die Begründungstauglichkeit dieser Erwägungen des Schöffengerichts zur Absicht des Marek K*****, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 9 f, 14, 17), nicht in Frage zu stellen, sondern wendet sich nach Art einer Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (RIS-Justiz RS0116732).

Gegenstand der Tatsachenrüge (Z 5a) sind Feststellungen, angesichts derer - gemessen an allgemeinen Erfahrungs- und Vernunftsätzen - eine Fehlentscheidung bei der Beweiswürdigung qualifiziert nahe liegt, die somit geradezu unerträglich sind (RIS-Justiz RS0119583). Indem der Rechtsmittelwerber (Z 5a) bloß auf die bereits zur Mängelrüge erhobenen Einwände verweist, entspricht er nicht dem Erfordernis beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen durch Bezugnahme auf konkrete Aktenstellen zu wecken.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - ebenso wie die angemeldete (ON 43), gegen schöffengerichtliche Urteile nicht zustehende Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld - bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E97234

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0120OS00024.11P.0503.000

Im RIS seit

20.05.2011

Zuletzt aktualisiert am

20.05.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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