TE OGH 2011/5/9 1R104/11t

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.05.2011
beobachten
merken

Kopf

Das Landesgericht Klagenfurt hat als Rekursgericht durch die Richter Dr. Joham (Vorsitz), Dr. Steflitsch und Dr. Mikulan in der Verlassenschaftssache nach der am 28. September 2010 verstorbenen *****, geboren am *****, über den Rekurs der erbl. Tochter *****, gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 23. Februar 2011, 4 A 278/10h-7, den

B e s c h l u s s

gefasst:

Spruch

A. Die Rekursbeantwortung des Gerichtskommissärs ***** wird zurückgewiesen.

B. Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird in seinen Punkten V. und (V., gemeint: VI.) dahin abgeändert, dass diese insgesamt zu lauten haben:

„V. Die Aktiven der überschuldeten Verlassenschaft werden gemäß § 154 AußStrG an Zahlungs statt überlassen wie folgt:

„Masseforderungen

1. Klasse:

1) Die Gebühren des Gerichtskommissärs in Höhe von € 903,24

und

2) die Teilforderung der erbl Tochter ***** für übernommene Bestattungskosten in Höhe von € 6.363,04 werden im Teilbetrag von € 5.943,60

bevorrechtet abgedeckt.

Damit sind die Aktiven erschöpft.

VI. Der Gerichtskommissär ***** wird angewiesen, die erbl Guthaben bei der ***** *****, registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung und bei der ***** Aktiengesellschaft zu realisieren, aus dem Realisat einen Betrag von € 903,24 für seine Gerichtskommissionsgebühren einzubehalten und einen Betrag von € 2.432,19 m. o. w. an die erbl Tochter zu überweisen.“

Der ordentliche Revisionsrekurs gemäß § 62 Abs 1 AußStrG ist nicht zulässig.

Text

B e g r ü n d u n g :

Die verwitwete Erblasserin, Mutter eines Sohnes und der Rekurswerberin, hinterließ an Aktiven jedenfalls ein Guthaben bei der ***** *****, registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung in Höhe von € 749,83 und ein Sparbuchguthaben bei der ***** Aktiengesellschaft in Höhe von € 3.511,41; an Passiven bestehen Forderungen der erbl Tochter für die von ihr übernommenen Kosten der Bestattung einschließlich der Grabgestaltung (insgesamt € 6.363,04) sowie des ***** nach dem Opferfürsorgegesetz 1947 (€ 22.721,--) und dem K-MSG (€ 14.126,52).

Im Rahmen der mit der Rekurswerberin und dem erbl Sohn am 3. November 2010 errichteten Todesfallaufnahme ist ua unter „VI. Aktiva ... 21. Forderungen ...“ angeführt:

„c) Bausparvertrag, ... bei der ***** Aktiengesellschaft, lautend auf ***** (wurde von der erb. Tochter Frau ***** einbezahlt) mit dem Stand zum Todestag in der Höhe von € 2.585,60“. Das ***** meldete seine Forderungen am 12. und 18. Oktober 2010 an und beantragte – ebenso wie die Rekureswerberin bereits anlässlich der Errichtung der Todesfallaufnahme -die Überlassung der Aktiven gemäß § 153ff AußStrG an Zahlungs statt. Mit Schreiben vom 19. Jänner 2011 teilte das Land ***** mit, dass „ein Pauschalbetrag in Höhe von € 4.500,-- für Bestattungskosten anerkannt wird.“

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht ausgesprochen, dass I. der Nachlass mit € 36.413,72 überschuldet sei, II. die Aktiven aus 1. dem Guthaben bei der **********, registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung in Höhe von € 749,83, 2. dem Sparbuchguthaben bei der ***** Aktiengesellschaft in Höhe von € 3.511,41 und 3. dem Guthaben bei der ***** Aktiengesellschaft in Höhe von € 2.585,60, insgesamt daher mit € 6.846,84 und III. die Passiven aus den Forderungen 1. und 2. des ***** von (zusammen) € 36.897,52 und 3. der Rekurswerberin von (zusammen) 6.363,04, insgesamt daher mit € 43.260,56 bestünden. Unter IV. bestimmte das Erstgericht die Gebühren des Gerichtskommissärs mit € 903,24 und unter Punkt V. überließ es die Aktiven „iS des Antrages vom Amt der ***** Landesregierung“ gemäß § 154 AußStrG an Zahlungs statt ua wie folgt:

„A. Masseforderungen:

I. 1. Klasse:

1) Die Gerichtskommissionsgebühren von € 903,24

2) Forderung der erbl. Tochter ... für übernommene Bestattungskosten im Gesamtbetrag von € 6.363,04 werden im Teilbetrag von € 4.500,--

bevorrechtet abgedeckt.

B. Forderungen der allgemeinen Klasse

1. Das Amt der ***** Landesregierung erhält auf Abschlag der angemeldeten Forderung ... 61,6622% des verbleibenden Guthabens das sind derzeit € 890,16

2. Das Amt der ***** Landesregierung erhält auf Abschlag der angemeldeten Forderung ... 38,3378 % des verbleibenden Guthabens das sind derzeit € 553,45.“

Weiters (unter V., gemeint: VI.) wies das Erstgericht den Gerichtskommissär an, der Verteilung entsprechende Überweisungen und Einbehalte vorzunehmen und (VII.) verständigte die in Punkt II. genannten Personen, dass über die jeweiligen Guthaben der Gerichtskommissär allein verfügungsberechtigt sei. Im Rahmen der Begründung führte das Erstgericht aus, dass sämtliche Vorraussetzungen für die Überlassung an Zahlungs statt (§§ 154f AußStrG) gegeben seien, da die Verlassenschaft überschuldet, ein Antrag auf Überlassung an Zahlungs statt gestellt worden und kein Verlassenschaftskonkurs eröffnet worden sei sowie keine unbedingte Erbantrittserklärung und kein Antrag auf Überlassung der Verlassenschaft als erblos vorliege; die Forderungen seien hinreichend bescheinigt und anerkannt.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der (verbesserte) Rekurs der erbl Tochter mit dem Ziel, für die von ihr getragenen Bestattungskosten (€ 6.363,04) nicht nur € 4.500,--, sondern unter Bedachtnahme auf die Gebühren des Gerichtskommissärs noch weitere € 1.443,60 m.o.w. (also insgesamt € 5.943,60 m. o. w.) zur tw Abdeckung der Bestattungskosten zu erhalten. Die Erblasserin habe mit der Rekurswerberin vereinbart, über einen Bausparvertrag „für den Ablebensfall“ Kapital anzusparen. Weil die Erblasserin nur ein Taschengeld von ca € 200,--erhalten habe, hätten sie vereinbart, dass die Rekurswerberin die Einzahlungen tätigen werde; das sei auch in der Folge so geschehen. Der Kundenbetreuer bei der ***** Aktiengesellschaft habe erklärt, der Bausparvertrag könne nach Ableben jederzeit ausbezahlt werden. Die Rekurswerberin beantragt 1.) eine Abänderung dahin, dass die Aktiva (unter Entfall des Guthabens bei der Bausparkasse in Höhe von € 2.585,60) mit € 4.261,24 und die Passiva mit (€ 22.771,--+ € 14.126,52 + € 3.777,44 = € 40.674,96) – bei gleichbleibender Höhe der Überschuldung (€ 36.413,12) – festgestellt werden. 2.) Hilfsweise beantragt sie, die Punkte V. und (V., gemeint:) VI. dahin abzuändern, dass ihre Forderung für die von ihr übernommenen Bestattungskosten mit dem Teilbetrag von € 5.943,60 als bevorrechtet festgestellt werden und der Gerichtskommissär angewiesen werde, an sie den (nach Abzug seiner Gebühren verbleibenden) Betrag von € 2.432,19 zu überweisen. 3.) In eventu beantragt sie, ihre € 4.500,--übersteigende Forderung (das sind € 1.863,04) als solche der allgemeinen Klasse quotenmäßig zu berücksichtigen. 4.) Wiederum hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Rekursbeantwortungen wurden – mit Ausnahme jener durch den Gerichtskommissär - nicht erstattet.

Der Rekurs ist iS seines ersten Eventualantrages berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

A. Der Notar als Gerichtskommissär besorgt die ihm durch Gesetz oder Auftrag übertragenen Amtshandlungen (§ 1 Abs 3 AußStrG) und ist als solcher nicht Partei iS des § 2 AußStrG. Der Gerichtskommissär hat ein Rekursrecht ausschließlich wegen der Bestimmung seiner Gebühren (vgl RIS-Justiz RS0017288).

Damit erweist sich auch die vom Gerichtskommissär erstattete -jedoch hier gemäß § 48 Abs 1 AußStrG nur einer Partei zustehende -Rekursbeantwortung als unzulässig.

B. I. Zu den Aktiven zählt alles bewegliche und unbewegliche Vermögen, welches sich im Besitz des Erblassers zur Zeit seines Todes befunden hat (vgl RIS-Justiz RS0109531). Dabei ist nur der Besitz zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers, nicht aber sein Eigentum maßgeblich (vgl RIS-Justiz RS0007816; RS0007860 ua).

Hier war die Erblasserin Vertragspartnerin der Bausparkasse, es stand ihr also das Verfügungsrecht über das Guthaben auf dem Ansparkonto zu (vgl 5 Ob 45/04k; RIS-Justiz RS0030802; RS0048057). Sie war somit Besitzerin dieses Guthabens, weshalb dieses – unbeschadet von allfälligen und den Passiven zuzuordnenden Forderungen der Rekurswerberin aus dem zwischen ihr und der Erblasserin allenfalls bestandenen Innenverhältnis - vom Erstgericht zu Recht unter die Aktiva aufgenommen wurde.

Dem Rekurshauptantrag ist demnach kein Erfolg beschieden.

II. Allerdings sind die tatsächlich angefallenen, unter den Passiva im angefochtenen Beschlusses im Einzelnen aufgelisteten Bestattungskosten (zusammen € 5.331,04) zuzüglich der Kosten der Grabgestaltung (€ 1.032,--) mit dem von den Aktiven nach Abzug der Gebühren des Gerichtskommissärs verbleibenden Betrag als bevorrechtete Teilforderung iS des § 46 Abs 1 Z 7 IO festzustellen:

Nach § 154 Abs 2 Z 1 AußStrG iVm § 46 Abs 1 Z 7 IO haben die Kosten einer einfachen Bestattung als Masseforderung Vorrang gegenüber den anderen Nachlassschulden EF 125.992 uva; vgl RIS-Justiz RS0007622). Die Kosten eines solchen -nicht des einfachst möglichen (LGZ Wien EF 122.413, 106.739) – Begräbnisses sind nach stRsp nicht mit fixen Wertgrenzen bestimmbar (6 Ob 309/98d; LGZ Wien, zuletzt EF 122.412). An Kosten einer "einfachen Bestattung" darf so viel aufgewendet werden, dass einerseits nicht die Pietätsgefühle der Hinterbliebenen verletzt und andererseits die Grenzen der wirtschaftlichen Tragbarkeit gewahrt bleiben. Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Begriff der Bestattungskosten des § 46 Abs 1 Z 7 IO und jenem des § 549 ABGB liegt nicht vor, sodass auch bei der Beurteilung der Kosten einer "einfachen Bestattung" vom Ortsgebrauch, dem Stand und Vermögen des Verstorbenen auszugehen ist. Die Kosten einer einfachen Bestattung umfassen auch die Anschaffung eines dem Rahmen der Einfachheit nicht überschreitenden ortsüblichen Grabsteins (RIS-Justiz RS0007664); Kranz, Trauerblumen, Gesang und Trauermusik sowie Trinkgelder zählen ebenso wie ein angemessenes Totenmahl ebenfalls dazu (vgl EF 122.421 ua). Einzelne Positionen können aus den Begräbniskosten nicht herausgegriffen und gesondert auf ihre Angemessenheit beurteilt werden; entscheidend ist iW der Gesamtbetrag, der dem Kriterium einer einfachen Bestattung noch gerecht werden muss (EF 106.743, 109.882, 122.416, 125.999 ua).

Im vorliegenden Fall erachtet der erkennende Senat unter Anwendung der oben dargelegten Grundsätze sowie unter Bedachtnahme auf die Vermögensverhältnisse der Erblasserin, aber auch auf ihre Würde und die Pietätsgefühle der Hinterbliebenen den für die Bestattung in der Landeshauptstadt einschließlich der Grabgestaltung ausgegebenen Betrag in Höhe von € 6.363,04 als angemessen (idS auch der 4. Senat des Landesgerichtes Klagenfurt, 4 R 220/10k, der die beanspruchten, in einer Marktgemeinde angefallenen Begräbniskosten ohne Kosten für die Grabgestaltung (nämlich nur die Kosten der Bestattung, der Trauerblumen, für musikalische Umrahmung der Trauerfeier und für die Bewirtung anlässlich der Totenwache) mit € 4.500,---wenn auch gerade noch -angemessen erachtete, sowie 7 Ob 220/08s: in dieser Rechtssache war für den OGH anlässlich der Prüfung der Höhe eines Pflichtteilsanspruches eine Unangemessenheit von [unstrittig] sich auf € 8.014,93 belaufenden Kosten der Bestattung einschließlich Grabgestaltung nach § 46 Abs 1 Z 7 IO nicht erkennbar).

Damit war dem Rekurs der erbl Tochter Folge zu geben und der angefochtene Beschluss in der aus dem Spruch dieser Entscheidung ersichtlichen Weise abzuändern.

Fragen von der in § 62 Abs 1 AußStrG genannten Bedeutung waren nicht zu lösen, weil sich die Höhe der für ein einfaches Begräbnis zu bezahlenden Kosten nach den im zu beurteilenden Fall jeweils nach den gegebenen Umständen richtet und keine über diesen Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat (6 Ob 309/98d ua).

Landesgericht Klagenfurt, Abteilung 1

Textnummer

EKL00112

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00729:2011:00100R00104.11T.0509.000

Im RIS seit

20.07.2011

Zuletzt aktualisiert am

20.07.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten