TE OGH 2011/5/26 9Ob9/11f

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Veröffentlicht am 26.05.2011
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf, Hon.-Prof. Dr. Kuras, Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** G*****, vertreten durch Anzböck & Brait Rechtsanwälte GmbH in Tulln, wider die beklagte Partei Ing. P***** H*****, vertreten durch Kodolitsch-Nopp-Kodolitsch Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen 16.055,28 EUR sA (Revisionsinteresse: 15.980 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 22. November 2010, GZ 2 R 160/10g-32, mit dem das Urteil des Landesgerichts Leoben vom 28. Juni 2010 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 2. Juli 2010, GZ 19 Cg 182/08v-28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die im Umfang der Klagsabweisung (Spruchpunkt 2. des Ersturteils) als unbekämpft unberührt bleiben, werden im Umfang der Klagsstattgebung (Spruchpunkt 1. des Ersturteils) aufgehoben. Die Rechtssache wird zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Kläger ist Eigentümer unter anderem der Grundstücke *****, ***** und ***** je KG *****, die die Eigenjagd „Tanter“ (idF: Eigenjagd) bilden. Die L***** Realgemeinschaft ist Eigentümerin einer benachbarten Liegenschaft mit der vom Beklagten gepachteten Eigenjagd „Revier G*****“ (idF: Revier des Beklagten).

Mit Bescheid vom 22. 11. 1999 bewilligte die Bezirkshauptmannschaft Liezen dem Beklagten als Jagdberechtigtem den unbefristeten Weiterbetrieb der freien Rotwildfütterung (nunmehr:) „S*****alm“ in seinem Revier, die zuletzt mit einem Fütterungsstand von maximal 25 Stück Rotwild genehmigt worden war. Der Beklagte errichtete dort im Jahr 2000 eine neue Futterstelle. An ihr hielten sich über den Winter regelmäßig siebzig bis neunzig Stück Rotwild auf, die von Regionen über das Revier des Beklagten hinaus zur Fütterung zuzogen.

Im Winter 2005/2006 bediente sich der Beklagte zur Erfüllung seiner Pflichten betreffend die Betreuung der Rotwildfütterung und die Abschusserfüllung in seinem Revier des Herrn B***** als seines „Revierorgans“.

Zur Abschusserfüllung wurde festgestellt, dass vom insgesamt in der Jagdsaison 2005/2006 im Revier des Beklagten erlegten Wild 56,60 % des Gesamtabschusses erst nach Inbetriebnahme der Fütterungsstelle (Oktober 2005) erfolgten. Nach anerkannten Grundsätzen der Jagdausübung und entsprechenden Abschussrichtlinien sollen Abschüsse jedoch möglichst früh in einer Jagdsaison erfolgen, weil nach Beginn der Rotwildfütterung durchgeführte Abschüsse die Beunruhigung des Wildes im Bereich der Fütterung und dessen Abwanderung in talnähere ruhigere Bereiche begünstigen können. Abschüsse nach Beginn der Fütterung sollten daher nicht in fütterungsnahen Bereichen - etwa 200 m bis 300 m von der Futterstelle entfernt - erfolgen. Das entspricht auch dem jagdlichen Usus. Im Revier des Beklagten ist jedoch eine frühzeitige Abschusserfüllung relativ schwierig, weil sich bis etwa September einer jeden Schusssaison der Großteil des Wildes nicht im Revier aufhält. Dazu kommt, dass in einem Rotwildkerngebiet, wie dem gegenständlichen, ein Kahlwildabschuss um die Brunftzeit (etwa Mitte September bis Anfang/Mitte Oktober) nicht üblich ist. Dementsprechend wurde der Beklagte etwa Mitte November 2005 von der Bezirkshauptmannschaft darauf hingewiesen, dass der Abschussplan für die Jagdsaison 2005/2006 im Revier erst zu rund 60 % erfüllt war.

Zum ordnungsgemäßen Betrieb der Rotwildfütterung wurde festgestellt, dass ausreichend Futtermittel zur Verfügung gestellt werden müssen. Ein Problem kann sich stellen, wenn zum angestammten Rotwild „fremdes“ aus anderen Teilen zur Fütterung einwechselt, weil dieses erfahrungsgemäß erst dann zu den Futtertrögen gelassen wird, wenn das angestammte Wild gesättigt ist. Aus diesem Grund ist im Fall des Zuzugs von fremdem Rotwild im Sinne einer effizienten Wildschadens-Prophylaxe für dieses gleichzeitig mit dem angestammten Wild eine Sättigungsfütterung sicherzustellen. Die Futtervorlage ist dann ausreichend, wenn das vorgelegte Futter bis zur nächsten Vorlage vom Wild nicht zur Gänze aufgeäst wird. Die Futtervorlage hat regelmäßig und ununterbrochen zu erfolgen, bis sich das Wild im Frühjahr von selbst von der Fütterung entfernt. Schließlich ist jede Beunruhigung des Wildes im Bereich der Fütterung nach Möglichkeit zu vermeiden.

Im November/Dezember 2005 hielten sich ungefähr 80 Stück Rotwild bei der Fütterungsstelle auf. Das mit dem Betrieb der Fütterungsstelle beauftragte Revierorgan des Beklagten verstieß jedoch im - sehr schneereichen - Winter 2005/2006 in gravierender Weise gegen die dargestellten Grundsätze einer ordnungsgemäßen Rotwildfütterung, indem es bei der Fütterungsstelle nur unregelmäßig und nicht ausreichend Futter vorlegte und „Jagdaktivitäten“ in fütterungsnahen Bereichen entfaltete. Dies führte dazu, dass etwa 20 bis 25 Stück Rotwild von der Fütterungsstelle gegen Jänner oder Februar 2006 talwärts abwanderten, in einem 1,7 km entfernten, 300 Höhenmeter tiefer gelegenen Bereich der Eigenjagd des Klägers Einstand nahmen und dort in großem Umfang Schäden am Fichtenbestand verursachten. Diese Schäden hätten durch einen optimalen Betrieb der Fütterungsstelle verhindert werden können.

Vor und nach dem Winter 2005/2006 gab es keinen Anlass zur Annahme eines nicht ordnungsgemäßen Fütterungsbetriebs im Bereich der Rotwildfütterstelle und keine diesbezüglichen Beschwerden.

Die vor jenem Winter insbesondere auch in den an das Revier des Beklagten angrenzenden Revieren aufgetretenen Schälschäden entstanden jeweils nicht - wie klagsgegenständlich - im Hochwinter, sondern gegen Ende des Winters im Zuge der Abwanderung des Rotwilds von der Fütterungsstelle des Beklagten in Tallagen und auch in jedenfalls geringerem Umfang.

Die Betreuung des Reviers des Klägers erfolgte durch einen „Abschussnehmer“, einen Revierjäger und einen Helfer. Sie hielten sich in jenem Winter nur im unteren Drittel des Reviers des Klägers auf, in dem keine Schälschäden vorlagen. Sie sahen keine Veranlassung, Kontrollen in den höheren Lagen des Reviers, darunter die gegenständlichen Schadensbereiche, durchzuführen. Einerseits lag jedenfalls ab Jänner 2006 sehr viel Schnee. Andererseits wollte der Abschussnehmer keine Beunruhigung des Rotwilds riskieren, zumal er wusste, dass es in der Vergangenheit dort tagsüber immer wieder, allerdings ohne Schäden anzurichten, Einstand genommen hatte.

Von den Schälschäden erfuhr der Kläger erst gegen Mitte Februar 2006, als Tourengeher einen in seinem Revier verendeten Hirsch meldeten. Als die Revierbetreuer des Klägers zu jener Stelle aufstiegen (etwa 600 m oberhalb jenes Bereiches, in dem sie sich bis dahin bewegt hatten), stellten sie die Schälschäden fest. Über Anweisung des Klägers bemühten sie sich zumindest zehnmal, das Schadwild durch Lärmerregung (auch mit Knallkörpern) aus dem Revier auszutreiben und zur Rückkehr zur Fütterungsstelle zu bewegen, was nachhaltig erst nach ungefähr eineinhalb Monaten gelang. Andere Maßnahmen zur Vermeidung weiterer Schäden (Beantragung von Schonzeitabschüssen, Durchführung einer Not- oder Streckenfütterung) unterblieben, wobei eine Vergrößerung des Schadens durch die Unterlassung solcher Maßnahmen nicht festgestellt werden konnte.

Der Beklagte stellte sein Revierorgan per 22. 3. 2006 dienstfrei und kündigte es in der Folge.

Dem Kläger entstand durch die Unbrauchbarkeit oder verminderte Brauchbarkeit der verschälten Fichten ein Schaden von 14.335,07 EUR netto (= zuzüglich 12 % Mehrwertsteuer 16.055,28 EUR brutto). Ein geringer Teil dieser Schälschäden wäre auch bei ordnungsgemäßem Betrieb der Rotwildfütterung im Winter 2005/2006 entstanden.

Der Kläger begehrte mit seiner am 6. 11. 2008 eingebrachten Klage vom Beklagten den Ersatz dieses Schadens, wofür er sich „auf Schadenersatz, vor allem auf die Bestimmung des § 67 Stmk JagdG“ stützte. Die unsachgemäße Bejagung und Hege durch das Jagdaufsichtsorgan sei dem Beklagten zuzurechnen. Ein ordnungsgemäßer Fütterungsbetrieb diene der Hintanhaltung von Schälschäden auch im Bereich des Reviers des Klägers. Der Beklagte habe das Fehlverhalten seines Revierorgans mit Schreiben vom 12. 3. 2007 selbst zugestanden. Ein Mitverschulden des Klägers bestehe nicht.

Der Beklagte bestritt und beantragte Klagsabweisung. Er habe kein rechtswidriges oder schuldhaftes Verhalten gesetzt. Entsprechend den §§ 64 und 65 Stmk JagdG seien die auf der Liegenschaft des Klägers entstandenen Schäden verschuldensunabhängig durch den für diese Liegenschaften zuständigen Jagdberechtigten zu ersetzen. Gemäß § 71 Stmk JagdG sei der Anspruch überdies verfristet.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von 15.980 EUR sA statt. § 71 Stmk JagdG, dem zufolge der Geschädigte spätestens binnen zwei Wochen ab Kenntnis vom Eintritt des Schadens diesen beim Jagdberechtigten geltend zu machen und spätestens binnen zwei Wochen ab Geltendmachung des Schadens einen örtlich und sachlich zuständigen Schiedsrichter zu verständigen habe, beziehe sich nicht auf Schäden in angrenzenden Revieren. Die dreijährige Verjährungsfrist ab Kenntnis des Schadens sei bei Klagseinbringung nicht abgelaufen gewesen. Das vom Beklagten beauftragte Revierorgan habe rechtswidrig und schuldhaft gegen anerkannte waidmännische Grundsätze beim Betrieb der Rotwildfütterung und damit auch gegen § 50 Stmk JagdG verstoßen, indem es im Winter 2005/2006 nur unregelmäßig und unzureichend Futter vorgelegt und das Wild durch jagdliche Maßnahmen in den fütterungsnahen Einständen beunruhigt habe. Der Beklagte habe durch behördliche Bewilligung das Recht zum Betrieb der Fütterung erhalten. Die Verpflichtung, dies ordnungsgemäß nach anerkannten jagdlichen und fütterungstechnischen Regeln zu tun, beziehe sich nicht auf die Allgemeinheit, sondern auf die Waldeigentümer der Umgebung, da ein korrekter Fütterungsbetrieb gerade der Vermeidung von Wildschäden diene. Der Beklagte hafte daher für das Verschulden seines Gehilfen gemäß § 1313a ABGB (analog). Ein Mitverschulden des Klägers sei zu verneinen. Da cirka 0,45 % der neuen Schälschäden auch bei ordnungsgemäßem Betrieb der Fütterungsstelle aufgetreten wären, werde der vom Revierorgan verursachte Schaden gemäß § 273 ZPO mit 15.980 EUR festgesetzt und das Mehrbegehren abgewiesen.

Das Berufungsgericht bestätigte eine Erfüllungsgehilfenhaftung des Beklagten iSd § 1313a ABGB. Die im Rahmen einer Sonderverbindung bestehende strenge Einstandspflicht für Erfüllungsgehilfen erfasse auch öffentlich-rechtliche Sonderbeziehungen, deren Inhalt einer privatrechtlichen Verpflichtung gleichkomme. Dem Beklagten sei durch behördliche Bewilligung (Bescheid) das Recht zum Betrieb der Fütterung eingeräumt worden, womit die (gesetzliche) Verpflichtung verbunden sei, die Fütterung wildgerecht zu betreiben. Damit sollen zwangsläufig die umliegenden Waldeigentümer gerade vor Wildschäden geschützt werden, weshalb die Verpflichtung durchaus dem Inhalt einer entsprechenden privatrechtlichen (nachbarrechtlichen) gleichkomme. Der Kläger als benachbarter Waldeigentümer sei gerade eine bestimmte Person, die dem Beklagten als „Gläubiger“ zuzuordnen sei. Dies führe auch nicht zu einer unangemessenen Ausuferung der Schadenersatzpflicht. Für außerhalb des Reviers des schadenersatzpflichtigen Jagdberechtigten eingetretene Schäden sehe § 72 Stmk JagdG eine dreijährige Verjährungsfrist vor, die bei Klagseinbringung nicht abgelaufen gewesen sei. Ein krasses Fehlverhalten des Jagdschutzpersonals des Klägers lasse sich den Feststellungen nicht entnehmen. Ein Fehler in der Ermittlung der Schadenshöhe durch das Erstgericht sei nicht erkennbar. Die Revision sei zulässig, weil der Frage, ob der Betreiber einer Wildfütterungsanlage für das Verschulden seines Gehilfen gegenüber Eigentümern von Nachbarrevieren gemäß § 1313a ABGB hafte (in Frage käme auch eine Repräsentantenhaftung), über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem genannten Grund zulässig und im Ergebnis auch berechtigt.

1. Zur Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens

1.1. Der Vorwurf, das Berufungsgericht habe sich mit seiner Berufung auf „drei fütterungsnahe, somit beunruhigende“ Abschüsse von den erstgerichtlichen Feststellungen entfernt, verkürzt die Begründung des Berufungsgerichts; der Beklagte ist hier auf dessen vollständige Ausführungen (Berufungsurteil S 17 erster Absatz) zu verweisen.

1.2. Die Behandlung der Rechtsrüge durch das Berufungsgericht lässt keinen Mangel erkennen: Es ist nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht die erstinstanzliche Feststellung einer unregelmäßigen und unzureichenden Futtervorlage sowie die Entwicklung von Jagdaktivitäten des Revierorgans im fütterungsnahen Bereich zur Grundlage seiner Beurteilung machte.

1.3. Ein Verfahrensmangel bei der Ermittlung der Schadenshöhe (§ 273 ZPO) wurde vom Berufungsgericht verneint, kann damit in dritter Instanz nicht mehr aufgegriffen werden (RIS-Justiz RS0040364).

1.4. Eine Überraschungsentscheidung des Berufungsgerichts liegt nicht vor, weil es seine Begründung nicht auf eine Repräsentantenhaftung des Beklagten gestützt, sondern diese nur im Zulassungsausspruch angedacht hat.

2. Zur Rechtsrüge

2.1. Das Stmk JagdG 1986 regelt den Ersatz von Jagd- und Wildschäden in den §§ 64 ff wie folgt:

Schadenersatz

§ 64. Haftung für Jagd- und Wildschäden

(1) Der Jagdberechtigte ist verpflichtet:

a) den bei der Ausübung der Jagd von ihm selbst, von seinem Jagdpersonal, seinen Jagdgästen oder durch die Jagdhunde dieser Personen an Grund und Boden und dessen noch nicht eingebrachten Erzeugnissen verursachten Schaden (Jagdschaden);

b) den innerhalb seines Jagdgebietes vom Wild an Grund und Boden und an dessen noch nicht eingebrachten Erzeugnissen verursachten Schaden (Wildschaden), sofern dieser nicht auf den im § 55 Abs. 2 und 3 bezeichneten Grundstücken während des Ruhens der Jagd eingetreten ist, nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu ersetzen.

(2) …

(3) …

§ 65. Schäden durch Wechselwild

Schäden, welche durch Wechselwild verursacht werden, sind vom Jagdberechtigten jenes Gebietes zu ersetzen, wo der Schaden verursacht wurde.

§ 66. Schäden durch aus Wildgattern ausgebrochene Tiere

§ 67. Rückgriffsrecht des Jagdberechtigten

(1) Den zum Ersatze von Jagdschäden Verpflichteten steht es frei, den Rückgriff gegen den unmittelbar Schuldtragenden im ordentlichen Rechtswege geltend zu machen.

(2) …

2.2. Die in den landesrechtlichen Jagdgesetzen normierte Haftung des Jagdberechtigten für Jagd- und Wildschäden - hier: § 64 Stmk JagdG - hat ihren Ursprung in § 15 des kaiserlichen Jagdpatents vom 28. 2. 1786 („Alle Wildschäden … müssen den Untertanen vergütet werden.“), wurde durch das kaiserliche Patent vom 7. 3. 1849, RGBl Nr 154, bestätigt und später in die einzelnen Landesgesetzgebungen aufgenommen (s. Wilburg, Haftung für Wildschäden, in Schlegelberger, Rechtsvergleichendes Handwörterbuch IV [1933], 109; Mauczka, Der Rechtsgrund des Schadenersatzes außerhalb bestehender Schuldverhältnisse [1904] 269).

Diese Haftung steht im Spannungsfeld der unterschiedlichen Interessen an der Jagdausübung einerseits und dem Schutz der Land- und Forstwirtschaft andererseits (s nur § 1 Abs 3 Stmk JagdG). Sie ist verschuldensunabhängig konzipiert, wofür insbesondere bei Wildschäden das Moment der Gefährlichkeit der Tiere ins Treffen geführt wird, deren Hege - abgesehen vom Interesse der Allgemeinheit - im Interesse des Jagdberechtigten erfolgt. Vor allem wird aber auch berücksichtigt, dass dem Grundeigentümer oder Nutzungsberechtigten die Abwehr des Schadens durch Tötung der Tiere genommen wird, sodass ihm der Ersatzanspruch als Ausgleich für das Verbot derartiger Maßnahmen dient (Koziol, Haftpflichtrecht II2 413). In der Lehre wird die Wildschadenshaftung daher an der Grenze zwischen einer Eingriffs- und einer Gefährdungshaftung eingeordnet (Koziol, aaO 412f; Ehrenzweig, System des Privatrechts II/13 286; Mayrhofer, Schadenersatz ohne Rechtswidrigkeit, FS Schwind, 204; krit H. Binder, Jagdrecht [1992], 114 ff). In der Rechtsprechung wurde bereits ausgesprochen, dass auch die Bestimmungen des Steiermärkischen Jagdgesetzes über die Haftung für Jagd- und Wildschäden lediglich die Haftung der zur Ausübung der Jagd Berechtigten dem geschädigten Grundbesitzer gegenüber regeln (vgl RIS-Justiz RS0063099).

2.3. Wie der Kläger selbst zugesteht, kommt diese Form der Haftung des Beklagten als Jagdberechtigten für die vom Rotwild verursachten Schälschäden hier nicht in Betracht, weil der Jagdberechtigte verschuldensunabhängig nur für solche Wildschäden zu haften hat, die innerhalb seines Jagdgebietes vom Wild verursacht wurden (§ 64 Abs 1 lit b Stmk JagdG) und auch von Wechselwild verursachter Schaden nur vom Jagdberechtigten jenes Gebietes zu ersetzen ist, in dem der Schaden verursacht wurde (§ 65 leg cit).

2.4. Soweit der Kläger meint, als Jagdberechtigter seines eigenen Jagdreviers Regressansprüche gegen den Beklagten iSd § 67 Stmk JagdG geltend zu machen, übersieht er, dass Abs 1 dieser Bestimmung den Rückgriff gegen den unmittelbar Schuldtragenden nur dem zum Ersatz von Jagdschäden Verpflichteten zugesteht, während ein Regress bei Wildschäden - anders als etwa § 91 Abs 2 Salzburger JagdG - gerade nicht vorgesehen ist. Angesichts der klaren Differenzierung zwischen Jagd- und Wildschäden (§ 64 Abs 1 lit a und b Stmk JagdG) kann hier auch kein Versehen des Gesetzgebers angenommen werden. Vielmehr wurde die Regressbestimmung für Jagdschäden offenkundig deshalb als notwendig erachtet, weil unter den als Schädiger in Betracht kommenden Personen nicht nur der Jagdberechtigte, sondern auch sein Jagdpersonal und seine Jagdgäste erwähnt werden, wogegen in der den Wildschaden betreffenden Bestimmung der lit b nur das Wild selbst als Schädiger genannt wird (ebenso 4 Ob 52, 53/84 zu § 73 Stmk JagdG 1954). Der Regelung liegt daher ersichtlich die Vorstellung zugrunde, dass Wildschäden solche sind, die Wild durch sein natürliches Bewegungs- und Nahrungsverhalten von sich aus herbeiführt (arg § 64 Abs 1 lit b leg cit: „den vom Wild … verursachten Schaden“), wodurch gar kein Raum für einen „unmittelbar Schuldtragenden“ ist.

Ein in den §§ 64 ff Stmk JagdG fußender Schadenersatzanspruch des Klägers scheidet daher aus.

2.5. Dies erübrigt ein Eingehen auf das Revisionsvorbringen, dass nur das Revierorgan des Beklagten als „unmittelbar Schuldtragender“ iSd § 67 Abs 1 Stmk JagdG haftbar sein könne.

2.6. Da die Verfalls- und Verjährungsbestimmungen der §§ 71 f nur die im Stmk JagdG geregelten Ersatzansprüche erfassen können, ist auch eine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beklagten entbehrlich, dass der Klagsanspruch gemäß § 71 Abs 1 - wonach der Geschädigte spätestens binnen zwei Wochen ab Kenntnis vom Eintritt des Schadens diesen bei sonstigem Verlust beim Jagdberechtigten geltend zu machen hat - verfallen sei.

3. Der Kläger hat sich zur Geltendmachung seines Anspruchs aber auch allgemein „auf Schadenersatz“ berufen, sodass zu prüfen ist, ob ein im Schadenersatzrecht begründeter Anspruch des Klägers als Eigenjagdberechtigter nach den §§ 1293 ff ABGB gegeben ist.

3.1. Voranzustellen ist, dass dem keine kompetenzrechtlichen Bedenken entgegenstehen:

3.1.1. Zwar obliegt die Regelung der Ausübung des Jagdrechts aufgrund der Generalklausel des Art 15 Abs 1 B-VG den Ländern. Diese sind nach der Annexkompetenz des Art 15 Abs 9 B-VG auch befugt, die zur Regelung des Gegenstands erforderlichen zivil- und strafrechtlichen Bestimmungen zu erlassen, worauf etwa der Ersatz von Wildschäden gestützt wird (vgl VfSlg 8849/1980; Tatscher, Jagd- und Fischereirecht in Poier/Wieser [Hrsg], Stmk. Landesrecht. Besonderes Verwaltungsrecht [2010], 339 ff, 345; H. Binder, aaO 101). Das korrespondiert auch mit § 383 ABGB, wonach der Ersatz von Wildschäden „den politischen Gesetzen“ überlassen ist.

3.1.2. Da die landesgesetzlichen Jagdrechte die verschiedenen Fragen des Wildschadenersatzrechts nicht umfassend regeln, wurde für wildschadensbedingte Ersatzansprüche aber schon erkannt, dass damit nicht ausgeschlossen ist, bei der Festsetzung der Verantwortlichkeit des Jagdberechtigten allgemeine Rechtsgrundsätze zur Anwendung zu bringen, die für jedes Schadenersatzrecht als gültig anzusehen sind (VwGH v 31. 5. 1938, A 230/38 [Mitverschulden des Geschädigten]).

Diese Ansicht wird auch von der Literatur geteilt und darin insbesondere auf die Möglichkeit eines Vergleichs oder Verzichts, die Frage des Rückgriffsrechts gegenüber den an dem Schaden unmittelbar Schuldtragenden oder die Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Geschädigten hingewiesen (Tatscher, aaO 359; H. Binder, aaO 102; Spielbüchler in Rummel, ABGB I2 § 383 Rz 3; zu den einzelnen JagdG s etwa Müller/Bauer/Horvath/Zimper, Die Jagdgesetze der österreichischen Bundesländer; Burgenländisches JagdG [2003], Anm zu § 111; Gürtler/Lebersorger, Nö Jagdrecht7 [2010] § 101 Anm 3). In diesem Zusammenhang hat auch der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung 4 Ob 52, 53/84 ausgesprochen, dass § 73 Stmk JagdG (idF 1954) nicht ausschließt, dass ein - in diesem Gesetz nicht geregelter - Rückgriffsanspruch des Jagdberechtigten gegen Personen, die ein Verschulden an einem vom Jagdberechtigten dem Grundbesitzer zu ersetzenden Wildschaden trifft, mangels entgegenstehender Vorschriften im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen ist (RIS-Justiz RS0063106 [zum Regress des Jagdberechtigten gegenüber einem von ihm beschäftigten Jagdgehilfen]).

3.1.3. Nach dem oben Dargelegten ist im vorliegenden Fall nicht von Wildschäden im Sinne vom Wild originär verursachter, im Interesse der Land- und Forstwirtschaft dennoch ersatzfähiger Schäden nach dem Steiermärkisches Jagdgesetz auszugehen. Von ihnen unterscheiden sich nämlich Konstellationen wie die vorliegende, in denen durch den jagdwirtschaftlichen Betrieb einer Fütterungsstelle in das natürliche Verhalten des Rotwilds eingegriffen wird, indem es zur Nahrungsaufnahme - und nicht zuletzt zur anderweitigen Schadensvermeidung (unten Pkt. 4.2.) - dorthin gelockt wird, die Fütterungsstelle aber nicht ordnungsgemäß betrieben wird und das Rotwild dadurch veranlasst wird, in Fichtenbestände außerhalb des eigenen Jagdgebiets auszuweichen. In einem solchen Fall ist der dann vom Wild angerichtete Schaden in einem menschlichen Verschulden begründet. Die dargelegten Grundgedanken zur Wildschadenshaftung als spezieller Gefährdungs- oder Eingriffshaftung treffen auf ihn nicht zu. Es bleibt die allgemeine Verschuldenshaftung nach dem ABGB anwendbar.

3.2. Erwägungen zu verschuldensunabhängigen Schadenersatzansprüchen nach § 364a ABGB müssen dagegen schon deshalb ausscheiden, weil für das von dieser Bestimmung geforderte Tatbestandsmerkmal der „genehmigten Anlage“ eine für den Individualrechtsschutz erforderliche Parteistellung des Klägers im Verfahren zur Genehmigung der Rotwildfütterstelle zu verlangen wäre (s RIS-Justiz RS0126291 = 8 Ob 128/09w), eine solche aber verneint wird (VwGH 18. 10. 2005, 2002/03/58).

4. Zu den strittigen Voraussetzungen einer Haftung nach § 1295 ABGB

4.1. Rechtswidrigkeit

Der Revisionswerber bestreitet ein rechtswidriges Verhalten, weil dafür ausschließlich der Inhalt des Bewilligungsbescheids maßgeblich sei, der keinerlei Auflagen zur Fütterung oder Einschränkung von Jagdaktivitäten enthalten habe. Darin kann ihm in Hinblick auf § 50 Stmk JagdG nicht gefolgt werden, der vorsieht:

§ 50. Wildfütterung

(1) Der Jagdberechtigte ist verpflichtet, für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Wildstand und natürlichem Nahrungsangebot zu sorgen. Im Bereiche von Fütterungsanlagen ist wildgerecht zu füttern.

(2) Futterstellen für Rotwild dürfen über Antrag des Jagdberechtigten nur auf Grund einer Genehmigung der Bezirksverwaltungsbehörde errichtet und betrieben werden. Vor Genehmigung ist der Bezirksjägermeister und die Bezirkskammer für Land- und Forstwirtschaft und in Gemeindejagdgebieten der Grundbesitzer zu hören.

(3) Die Genehmigung von Fütterungsanlagen für Rotwild darf nur unter Bedachtnahme auf die regionalen Interessen der Jagd und der Land- und Forstwirtschaft erfolgen und ist daher erforderlichenfalls an Auflagen zu binden.

(4) - (6) …

Zwar erfordert Abs 3 für die Genehmigung von Fütterungsanlagen für Rotwild die Bedachtnahme auf die regionalen Interessen der Jagd und der Land- und Forstwirtschaft und bindet die Genehmigung daher erforderlichenfalls an Auflagen. Diese Bindung an Auflagen steht aber nicht im Zusammenhang mit der Frage, wie der Jagdberechtigte die Wildfütterung im Einzelnen zu verrichten hat. Es versteht sich von selbst, dass ein Genehmigungsbescheid - hier aus dem Jahr 1999 - nicht allen Eventualitäten künftiger Jahre Rechnung tragen kann. Wenn § 50 Abs 1 Stmk JagdG den Beklagten verpflichtet, für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Wildstand und natürlichem Nahrungsangebot zu sorgen und im Bereich von Fütterungsanlagen „wildgerecht“ zu füttern, ist er daher auf die festgestellten Grundsätze des jagdlichen Usus und eines waidgerechten Verhaltens zu verweisen, denen nach dem Sachverhalt zuwider gehandelt wurde. Die Beurteilung eines rechtswidrigen Verhaltens des Revierorgans ist folglich nicht auf die Frage eines Verstoßes gegen den Genehmigungsbescheid zu beschränken.

4.2. Schutzzweck der Norm

Das Gebot der wildgerechten Fütterung des § 50 Abs 1 Stmk JagdG dient nicht nur dem allgemeinen Interesse an einem gesunden Wildstand der heimischen Wildarten (vgl § 56 Abs 1 letzter Satz Stmk JagdG zum Wildabschuss), sondern gerade auch dem Interesse der Land- und Forstwirtschaft an der Vermeidung von Wildschäden. Dies ergibt sich nicht nur aus der systematischen Einordnung der Bestimmung in Abschnitt VI. des Stmk JagdG („Schutz der Kulturen“), sondern auch aus der Erwägung des Steiermärkischen Landesgesetzgebers, selbst in Eigenjagden ständige Futterstellen für Rotwild an eine Genehmigung durch die Bezirksverwaltungsbehörde zu binden, „da durch unsachgemäße Rotwildfütterungen die Interessen der Land- und Forstwirtschaft erheblich beeinträchtigt werden können“ (ErlBem 88, Blg Steiermärkischer Landtag X. GP 25, 29 zur inhaltsgleichen Vorläuferbestimmung des § 58 Stmk JagdG, LGBl 10/1986).

Auch zählt zu den Grundsätzen für die Errichtung und den Betrieb von Rotwildfütterungen, dass durch den Standort der Fütterung fremdes Jagdgebiet nicht negativ beeinflusst werden darf und bei der Kommissionierung bestehender Fütterungsanlagen unter anderem zu berücksichtigen ist, ob durch die bestehende Fütterung Schäden „im Nachbarbesitz“ auftreten (Sagris/Hemmelmayr, Jagdrecht in Steiermark [2008] 114, 117).

Mögen die Rechte des Jagdausübungsberechtigten in angrenzenden Jagdgebieten nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch nicht so weit gehen, dass sie im Verwaltungsverfahren zur Genehmigung einer Rotwildfütterung Parteistellung hätten (VwGH v 18. 10. 2005, 2002/03/58), so geht aus all dem dennoch zweifelsfrei hervor, dass die Bestimmungen zur Wildtierfütterung auch das Ziel verfolgen, die Interessen der Land- und Forstwirtschaft - ohne Beschränkung auf das Revier des Jagdberechtigten - zu schützen. Der Schadenseintritt am Fichtenbestand des Klägers als Grundeigentümer und zugleich Eigenjagdberechtigten steht damit auch im Rechtswidrigkeitszusammenhang einer unzureichenden Fütterung.

4.3. Gehilfenhaftung

4.3.1. Eine habituelle Untüchtigkeit des „Revierorgans“ iSd § 1315 ABGB, die auch ohne Sonderbeziehung zum Geschädigten haftungsbegründend wäre, wurde vom Kläger nicht behauptet und ist auch aus dem Sachverhalt nicht ohne weiteres abzuleiten.

4.3.2. Nach Ansicht des Revisionswerbers haben die Vorinstanzen aber zu Unrecht eine Gehilfenhaftung nach § 1313a ABGB angenommen.

Gemäß § 1313a ABGB haftet derjenige, der einem anderen zu einer Leistung verpflichtet ist, diesem für das Verschulden der Personen, deren er sich zur Erfüllung bedient, wie für sein eigenes. Die Einstandspflicht für Erfüllungsgehilfen nach § 1313a ABGB resultiert aus der Verfolgung konkreter eigener Interessen gegenüber dem Geschädigten (Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1313a Rz 1; Karner in KBB3, § 1313a Rz 1). Sie setzt voraus, dass der Gehilfe zur Erfüllung einer bestehenden Sonderverbindung eingesetzt wird (vgl Karner, aaO Rz 2 mwN). Darunter fallen nicht nur (vor-)vertragliche oder gesetzliche Schuldverhältnisse, sondern auch öffentlich-rechtliche Sonderbeziehungen, wenn sie ihrem Inhalt nach einer privatrechtlichen Verpflichtung gleichkommen. Die Verpflichtungen des Schuldners müssen jedoch einer bestimmten Person als Gläubiger gegenüberstehen (RIS-Justiz RS0038226).

Diese Erfüllungsgehilfenhaftung trifft danach private Schuldner, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Sonderbeziehungen einer bestimmten Person zur Leistungserbringung verpflichtet sind. So haftet etwa ein Rauchfangkehrer im Falle eines durch Nachlässigkeit seines Gehilfen (Verletzung der Vorschriften der Wiener Kehrverordnung) verursachten Schadens dem Mieter als „Benützer des Kehrgegenstands“ (5 Ob 59/70 = MietSlg 22.190; s auch 7 Ob 263/97w). Eine Haftung nach § 1313a ABGB wurde aber auch bei öffentlichen Rechtsträgern für solche Verpflichtungen bejaht, die ihrer Durchführung nach privatrechtlichen Verpflichtungen gleichkommen, wenn sie dafür Gehilfen heranziehen. Daher haftet der öffentliche Rechtsträger nach § 1313a ABGB etwa für ein Kajak-Unternehmen, dem ein Schüler im Rahmen einer Schulsportwoche überantwortet wurde, für dessen Schaden (1 Ob 296/03s = SZ 2004/145); für die Heilbehandlung in öffentlichen Krankenanstalten (zB 1 Ob 91/99k) oder für das Verhalten einer als Kindergärtnerin tätigen Landesbediensteten gegenüber dem verletzten Kind (7 Ob 239/06g). In der Entscheidung 1 Ob 5/91 wurde eine Erfüllungsgehilfenhaftung bejaht, als jemand ein Gebäude aufsuchte, um eine dort untergebrachte, im hoheitlichen Bereich agierende Dienststelle in Anspruch zu nehmen. Denn eine zur Anwendung der Vorschrift des § 1313a ABGB führende Sonderverbindung sei auch dann anzunehmen, wenn die Beziehung zwischen Geschädigtem und Geschäftsherrn im öffentlichen Recht begründet sei, der Inhalt dieser Rechtsbeziehungen sich aber mit sonst privatrechtlichen decke.

Handelt es sich hingegen um eine Verpflichtung, die jemandem durch eine bestimmte Norm im Interesse der Allgemeinheit auferlegt wird, dann ist § 1313a ABGB unanwendbar (RIS-Justiz RS0028527). Ohne rechtliche Sonderverbindung ist die Gehilfenhaftung grundsätzlich nach § 1315 ABGB zu beurteilen, denn wollte man auch hier eine Haftung nach § 1313a ABGB annehmen, ginge die Norm des § 1315 ABGB ins Leere (vgl Koziol, Haftpflichtrecht II2 337).

Im vorliegenden Fall ist zu bedenken, dass der Beklagte durch eine ordnungsgemäße Fütterung und Bejagung seiner Verpflichtung entspricht, im Bereich von Fütterungsanlagen wildgerecht zu füttern (§ 50 Abs 1 Satz 2 Stmk JagdG) und einen gesunden Wildstand der heimischen Wildarten in angemessener Zahl zu erhalten (§ 56 Abs 1 Stmk JagdG). Damit verfolgt er allerdings weder eigene Interessen gegenüber dem Geschädigten, noch kann hier von einer gläubigerähnlichen Position des Klägers ausgegangen werden. Denn auch wenn die ordnungsgemäße Bejagung und Wildfütterung unter anderem den Schutz der Forstkulturen vor Wildverbiss verfolgt, so könnte dieser Schutz nicht auf die unmittelbar angrenzenden Jagdreviere begrenzt werden. Da nämlich das Ausweichverhalten von Wild bei unzureichender Fütterung von einer Reihe von Faktoren bestimmt wird (hinreichend attraktives anderes Nahrungsangebot, Beschaffenheit des Geländes zur Äsung, Jagddruck in einem Revier etc), kann nicht von vornherein angenommen werden, dass es nur ein benachbartes Revier zur Nahrungsaufnahme bzw zum „Schälen“ aufsucht. Die Schutzwirkung der Pflicht zur wildgerechten Fütterung nur auf die angrenzenden Reviere zu beziehen und nur den dort Geschädigten eine gläubigerähnliche Position zuzugestehen, erschiene daher nicht sachgerecht. Würde man aber alle potenziell Geschädigten als „Gläubiger“ der Fütterverpflichtung nach § 50 Abs 1 Stmk JagdG ansehen, käme es zu einer Ausweitung des Gläubigerbegriffs, der deutlich über die Qualität einer Sonderbeziehung iSd § 1313a ABGB hinausginge. Eine Gehilfenhaftung des Beklagten nach § 1313a ABGB ist daher zu verneinen.

4.3.3. Für eine Zurechnung des Revierorgans an den Beklagten ohne die Beschränkung des § 1315 ABGB ist danach eine „Repräsentantenhaftung“ zu prüfen. Zu dieser ist es ständige Rechtsprechung, dass juristische Personen deliktisch nicht nur für ihre verfassungsmäßigen Organe, sondern auch für all jene Personen haften, die in verantwortlicher, leitender oder überwachender Funktion Tätigkeiten für sie ausüben (RIS-Justiz RS0009113; s auch Harrer in Schwimann, ABGB3 § 1315 Rz 19 mwN: „leitende Stellung mit selbstständigem Wirkungskreis“). Auf das Erfordernis eines Wirkungskreises, der jenem eines Organs annähernd entspricht, kommt es hiebei nicht an (RIS-Justiz RS0009113 [T27] = 4 Ob 75/09x). Der Grundgedanke, dass jene Vermögensmasse, die den Vorteil des Handelns des „Machthabers“ genießt, auch die daraus entstehenden Nachteile zu tragen hat, trägt bei allen diesen Funktionären, weil sie wegen der Selbstständigkeit ihrer Tätigkeit eine besondere Gefährdungsmöglichkeit haben (RIS-Justiz RS0009113 [T18] = 3 Ob 180/03x).

Die Repräsentantenhaftung ist unter gleichen Wertungsaspekten auch auf natürliche Personen anzuwenden, die in ihrem Unternehmen Leitungsfunktionen von anderen Personen wahrnehmen lassen (RIS-Justiz RS0117175, zB 5 Ob 173/02f = SZ 2002/116; s auch Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1315 Rz 2b mwN; Harrer in Schwimann aaO).

Sie ist aber nicht auf rein unternehmerische Tätigkeiten beschränkt, da etwa auch eine rechtsfähige politische Partei für ehrenbeleidigende Äußerungen ihrer Organe und Funktionäre (RIS-Justiz RS0107916), eine Wohnungseigentumsgemeinschaft für den Hausverwalter im Verhältnis zu einer Passantin (zB 5 Ob 173/02f) oder die Mitglieder einer Jagdgesellschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechts für ihren Jagdleiter (2 Ob 2398/96b = SZ 70/138) haften können. In der Literatur wurde weiters darauf hingewiesen, dass nichts anderes anzunehmen sei, wenn eine natürliche Person als Eigenjagdbesitzer einen Jagdleiter einsetze (Reischauer aaO). Auch eine besondere Qualifikationshöhe der Tätigkeit ist nicht zwingend, kann doch etwa auch bei Überwachung der Erfüllung der Streupflicht (5 Ob 173/02f) eine Repräsentantenhaftung anzunehmen sein. Maßgeblich ist nach den dargestellten Grundsätzen aber, ob eine Person für den „Machtgeber“ in verantwortlicher, leitender oder überwachender Funktion tätig wurde.

Diese Frage war bisher noch nicht Gegenstand der Erörterung zwischen den Streitteilen und kann nach den getroffenen Feststellungen auch nicht beantwortet werden, weil daraus nicht hervorgeht, ob und inwieweit die Aufgaben des Revierorgans des Beklagten - Einhaltung des Abschussplans und Rotwildfütterung - als hinreichend selbstständige und eigenverantwortliche Tätigkeiten anzusehen sind. Das macht die Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung erforderlich.

5. Mitverschulden

Im gegenwärtigen Verfahrensstadium erübrigt dies eine Auseinandersetzung mit der in der Revision relevierten Frage eines Mitverschuldens des Klägers wegen Verletzung der Aufsichtspflichten im Revier und Unterlassung von Abwehrmaßnahmen. Zu letzteren sei nur angemerkt, dass der festgestellte Sachverhalt keinen hinreichenden Schluss auf eine Kausalität ihrer Unterlassung für den Schadenseintritt erlaubt.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

Textnummer

E97556

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0090OB00009.11F.0526.000

Im RIS seit

28.06.2011

Zuletzt aktualisiert am

05.08.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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