TE OGH 2011/7/26 1Ob136/11y

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Veröffentlicht am 26.07.2011
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christine R*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Riha, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. Andreas W*****, vertreten durch Mag. Dr. Robert Hirschmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen 116.620 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 13. Mai 2011, GZ 13 R 162/10d-92, mit dem das Endurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 26. Mai 2010, GZ 54 Cg 98/06p-87, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die spätere Erblasserin schenkte dem Beklagten, ihrem Enkel, mit Schenkungsverträgen auf den Todesfall vom 30. 5. 1997 und 27. 4. 2000 mehrere (aneinander grenzende) Liegenschaften. Beide Verträge enthalten eine Klausel, nach der sich der Beklagte verpflichtet, bei Tod der Geschenkgeberin an deren Töchter - die Klägerin und seine Mutter - „deren Pflichtteilsansprüche in Ansehung der obigen Liegenschaften zur Auszahlung zu bringen“. Die spätere Erblasserin erklärte, beim Vertragsabschluss auf ihr sonstiges Vermögen angesprochen, dass ohnehin nichts da wäre, obwohl sie wusste, dass die Klägerin aus dem Vermögen ihres schon verstorbenen Vaters Sparbücher für sie verwaltete, von deren Guthaben Reparaturen im Haus und Lebenskosten der Mutter beglichen wurden. Die spätere Erblasserin war auch über den Stand der Sparbücher informiert. Mit der Übergabe der Sparbücher an die Klägerin hatte ihr Vater die (inoffizielle) gute Versorgung seiner Witwe bezweckt. Auf Wunsch der Erblasserin wurde die Klägerin vom Abschluss dieser Verträge nicht informiert, wohl aber ihre Schwester, die Mutter des Beklagten. Als die Erblasserin am 3. 4. 2004 starb, war das Erdgeschoß des auf den Liegenschaften befindlichen Hauses an den Beklagten vermietet und wurde von ihm als Büro genutzt. Im ersten Stock befand sich nach dem Einzug der früheren Eigentümerin in das Pflegeheim eine leerstehende Wohnung. Das Dachgeschoß hatte der Beklagte als Wohnung gemietet. Für die Nutzung des rechten Nebengebäudes bezahlte er kein Entgelt, weil er es auf seine Kosten saniert hatte. Im linken Nebengebäude wohnte seit rund dreißig Jahren das Hausbesorgerehepaar, das von der ursprünglichen Eigentümerin damit beauftragt worden war, für Schneeräumung und Gartenpflege zu sorgen. Dieses erhielt für seine Tätigkeit zuletzt 1.000 EUR (gemeint wohl: monatlich) und musste aufgrund der übernommenen Arbeiten für das Wohnen nichts bezahlen. Nach dem Tod der Erblasserin teilten sich ihre Töchter die noch vorhandenen Sparguthaben und Wertpapierdepots, die aus dem Vermögen ihres Vaters stammten, auf, wobei die Klägerin vier Sparbücher mit Guthaben von insgesamt rund 44.600 EUR und Wertpapiere im Wert von rund 102.131 EUR übernahm. Unter der Annahme des Bestehens von langfristigen Bestandverträgen hinsichtlich der meisten Räume des Hauses betrug der Verkehrswert der dem Beklagten geschenkten Liegenschaften beim Tod der Erblasserin 265.000 EUR, unter der Annahme der Bestandrechtsfreiheit 485.000 EUR; dabei ist die Werterhöhung durch Investitionen des Beklagten berücksichtigt, deren „Wert“ am 3. 4. 2004 89.887 EUR betrug. Diese Investitionen bewirkten allerdings keine lineare Anhebung des Verkehrswerts, weil eine durchgreifende Sanierung des Hauses nicht vorgenommen worden war. Der Nachlass wurde aufgrund ihrer bedingten Erbantrittserklärungen der Klägerin und der Mutter des Beklagten je zur Hälfte rechtskräftig eingeantwortet.

Die Klägerin begehrte nun 116.620 EUR samt 4 % Zinsen seit Klagstag unter Berufung auf die vom Beklagten in den Schenkungsverträgen übernommene Verpflichtung zur Auszahlung ihrer Pflichtteilsansprüche in Ansehung der Liegenschaften. Ihr stehe somit ein Viertel des Werts der Liegenschaften zu, wobei von einem Wert von 485.000 EUR auszugehen sei, da dem Hausbesorger lediglich eine Substandardwohnung zur Nutzung überlassen worden sei, für die er keinen Mietzins bezahlt habe. Der Beklagte sei als Geschenknehmer nicht berechtigt, die Anrechnung irgendwelcher Schenkungen auf ihren Pflichtteil zu verlangen; Vorschenkungen seien vollkommen irrelevant. Die Wertpapierdepots seien nicht in die Verlassenschaft einzubeziehen, weil sie im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin nicht mehr in ihrem Eigentum gestanden seien.

Der Beklagte wandte dagegen im Wesentlichen ein, die Pflichtteilsansprüche der Klägerin seien bereits vollständig durch Vorausempfänge abgegolten. Auf der Liegenschaft gebe es Mieter, was zu einer erheblichen Entwertung gegenüber einer unvermieteten Liegenschaft führe. Die Erblasserin habe bei Abschluss des Schenkungsvertrags auf den Todesfall geglaubt, mittellos zu sein, und nicht gewusst, dass sie über von der Kläger verwaltetes erhebliches Barvermögen verfüge, aus dem die Pflichtteilsansprüche beider Töchter befriedigt werden könnten; ansonsten hätte sie eine Regelung über Pflichtteilsansprüche nicht in den Schenkungsvertrag aufgenommen. Auch der Beklagte sei bei Abschluss der Schenkungsverträge von ihrer Mittellosigkeit ausgegangen, weil er sich sonst niemals zur Auszahlung der Pflichtteilsansprüche in Ansehung der geschenkten Liegenschaften verpflichtet hätte. Weiters wandte der Beklagte verschiedene Gegenforderungen aufrechnungsweise gegen eine allenfalls bestehende Klageforderung ein, so etwa eine Gegenforderung in Höhe des Klagebetrags, da die Klägerin arglistig weder ihn noch ihre Mutter über deren Vermögensstand informiert habe; bei entsprechender Information wäre in den Schenkungsverträgen festgehalten worden, dass die Pflichtteilsansprüche der Töchter der Erblasserin durch das Sparvermögen abgedeckt würden. Überdies habe die Klägerin in den Jahren 2001 und 2002 erhebliche Zuwendungen von der späteren Erblasserin erhalten, die ihre Pflichtteilsansprüche abdeckten.

Nachdem ein Zwischenurteil, mit dem die Klageforderung als dem Grunde nach zu Recht bestehend erkannt worden war, in Rechtskraft erwachsen war, wies das Erstgericht das Klagebegehren mit Endurteil ab. Der Beklagte habe sich verpflichtet, den Pflichtteilsanspruch der Klägerin in Ansehung der Liegenschaften zur Auszahlung zu bringen, wobei die Liegenschaften - anders als im Inventar des Verlassenschaftsverfahrens - mit ihren objektiven Verkehrswerten zu berücksichtigen seien. Es komme weder auf den Blickwinkel der Klägerin an, aus deren Sicht die Liegenschaft vermietet war, noch auf jenen des Beklagten, aus dessen Sicht sie - abgesehen vom Nebengebäude - so gut wie unvermietet war, sondern es sei ein objektiver Standpunkt einzunehmen. Im Todeszeitpunkt seien sowohl der Beklagte als auch das Hausbesorgerehepaar Mieter der Liegenschaft gewesen. Der Verkehrswert der Liegenschaft sei daher (nur) mit 265.000 EUR anzusetzen. Die Ermittlung des Pflichtteils habe nach § 784 ABGB zu erfolgen. Unter Berücksichtigung der zusätzlichen Aktivposten einschließlich der Sparguthaben und der Wertpapierdepots ergebe sich ein reiner Nachlass im Wert von 452.250,33 EUR, womit der Pflichtteil der Klägerin von einem Viertel der Bemessungsgrundlage 113.062,58 EUR betrage. Die Klägerin habe keine weiteren Ansprüche, weil sie mit Sparguthaben und Wertpapieren bereits mehr als ihren Pflichtteil erhalten habe.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig.

Dass der Beklagte den Pflichtteil ohne Anrechnung von Vorempfängen an die Klägerin auszahlen müsse, ergebe sich aus dem Vertragstext nicht. Ein vom Vertragstext abweichender Wille der Vertragsparteien sei von der Klägerin nicht behauptet worden. Hätte der Beklagte die Pflichtteilsansprüche der Töchter der Geschenkgeberin ohne Rücksichtnahme auf Vorempfänge erfüllen sollen, wäre dies ausdrücklich im Vertrag zum Ausdruck zu bringen gewesen, weil dies eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung gewesen wäre. Es sei nicht notwendig in einem derartigen Vertrag ohnedies von Gesetzes wegen eintretende Folgen, nämlich die Anrechnung von Vorempfängen, ausdrücklich zu bekräftigen. Zu Recht habe das Erstgericht der Berechnung des Liegenschaftswerts ein (weitgehend) vermietetes Haus zu Grunde gelegt. Der Beklagte sei mit dem Tod der Erblasserin Mieter gewesen und geblieben; die Vermieterposition habe er erst mit der grundbücherlichen Einverleibung seines Eigentums erlangt. Auch das Wohnrecht der sogenannten Hausbesorger sei als Bestandvertrag zu qualifizieren, da das Entgelt auch in Diensten bestehen könne; es sei vereinbart worden, dass sie für die Schneeräumung und Gartenpflege zu sorgen hätten und dafür unentgeltlich wohnen dürften. Sei nun aber ein Bestandvertrag über Räume zu bejahen, gelte die Vermutung für die Vollanwendung des Mietrechtsgesetzes. Das Erstgericht habe der Berechnung des Pflichtteils der Klägerin somit den richtigen Liegenschaftswert zu Grunde gelegt. Die Klägerin bestreite nicht, dass sie 91.231,82 EUR aus der Verlassenschaft und weitere 44.650,17 EUR aus Sparbüchern der Verlassenschaft erhalten habe. Diese habe das Erstgericht richtigerweise auf ihre Pflichtteilsansprüche angerechnet.

Die dagegen erhobene Revision der Klägerin ist nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage abhängt.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist festzuhalten, dass es in diesem Verfahren in erster Linie um die Auslegung jener Klausel in den Schenkungsverträgen geht, nach der sich der Beklagte verpflichtete, nach dem Tod der Geschenkgeberin ihren beiden Töchtern „deren Pflichtteilsansprüche in Ansehung der obigen Liegenschaften“ zur Auszahlung zu bringen. Mangels Feststellung eines konkreten übereinstimmenden Vertragswillens beider Parteien sind für die Vertragsauslegung neben dem Vertragstext vor allem jene Umstände heranzuziehen, die Rückschlüsse auf das zwischen den Vertragsparteien Gewollte zulassen. Unstrittig ist, dass sich der Beklagte im Sinne eines Vertrags zu Gunsten Dritter (§ 881 Abs 2 ABGB) zu einer Leistung unmittelbar an die begünstigten (pflichtteilsberechtigten) Töchter der Geschenkgeberin verpflichtet hat, was auch dem klagestattgebenden Zwischenurteil zu Grunde gelegt wurde. Das Berufungsgericht hat die Klausel in dem Sinn ausgelegt, dass sich die (vertraglich übernommene) Zahlungspflicht des Beklagten gegenüber den pflichtteilsberechtigten Erbinnen auf jenen Geldbetrag beziehen soll, der sich bei Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen über die Ansprüche Pflichtteilsberechtigter ergibt.

Dem hält die Revisionswerberin im Wesentlichen entgegen, eine solche vertragliche Vereinbarung wäre „vollkommen inhaltsleer und überflüssig“ gewesen; bei einem solchen Verständnis hätte auch der Hinweis im Vertrag ausgereicht, dass über Schenkungspflichtteile aufgeklärt worden ist. Damit zeigt die Revisionswerberin keine unvertretbare Vertragsauslegung auf, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit oder der Einzelfallgerechtigkeit korrigiert werden müsste (vgl nur RIS-Justiz RS0042936). Einerseits übersieht sie, dass mit der fraglichen Klausel eine eigene vertragliche Verpflichtung des Beklagten begründet wurde, in deren Rahmen er auch mit seinem gesamten Vermögen - und nicht etwa nur wie mit § 951 ABGB mit dem Schenkungsgegenstand (RIS-Justiz RS0025638) - haftet. Im Übrigen sind in notariell errichteten Vertragsurkunden Regelungen, die allein oder primär der Klarstellung dienen, keineswegs unüblich. Dass eine klarere Formulierung möglich gewesen wäre, trifft ebenso auf die von der Revisionswerberin vertretene Auslegungsvariante zu. Dazu wäre es erheblich sinnvoller gewesen zu formulieren, der Beklagte habe den Pflichtteilsberechtigten den ihrer Pflichtteilsquote entsprechenden Teil des Liegenschaftswerts zu zahlen. Auch eine derartige Formulierung wurde allerdings nicht verwendet. Letztlich entspricht die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung auch besser dem festgestellten Willen der späteren Erblasserin, der es um den Erhalt der Liegenschaften im „Familienbesitz“ ging, was jedoch um so weniger gewährleistet wäre, je höher die Zahlungspflicht des beklagten Schenkungsempfängers wäre.

Wenn die Revisionswerberin Erörterungen über die Frage der Anrechnung von „Vorempfängen“ anstellt, ist ihr entgegenzuhalten, dass diese Frage hier schon deshalb keine Rolle spielt, weil die vom Berufungsgericht bei seiner Berechnung berücksichtigten Sparbücher und Wertpapiere der Klägerin nach dem festgestellten Sachverhalt ja nicht etwa schon bei Lebzeiten der Erblasserin, sondern vielmehr erst nach deren Tod zugekommen sind. Was einem Pflichtteilsberechtigten insoweit im Sinn des § 774 ABGB aus dem Nachlass zukommt, hat selbstverständlich bei der Berechnung allenfalls noch offener Pflichtteilsansprüche Berücksichtigung zu finden. Die Rüge, es seien keinerlei Feststellungen darüber getroffen worden, dass die Sparbücher samt Losungswort der Klägerin von ihrem Vater übergeben wurden, ist insoweit unverständlich, als dieser Umstand im Verfahren erster Instanz nicht strittig war. Wenn die Revisionswerberin weiters die Auffassung vertritt, nach herrschender Rechtsprechung werde ein mit Losungswort versehenes Sparbuch durch Übergabe und Mitteilung des Losungsworts ins Eigentum des Übernehmers übertragen, übersieht sie offenbar, dass ein derartiger Eigentumserwerb darüber hinaus auch eine entsprechende Schenkungsabrede voraussetzt, die im vorliegenden Fall gerade nicht festgestellt wurde; vielmehr sind die Vorinstanzen - in unbedenklicher Weise - von einer treuhändigen Übernahme zu Gunsten der späteren Erblasserin ausgegangen. Warum es vor diesem Hintergrund von Bedeutung sein sollte, dass „die Wertpapiere zu keinem Zeitpunkt auf den Namen der Erblasserin gelautet haben“, ist nicht nachvollziehbar.

Nicht zu folgen ist auch der in der Revision vertretenen Auffassung, dass bei der Wertermittlung das Bestehen eines Mietvertrags mit dem Beklagten außer Acht zu lassen wäre. Dies haben auch die Vorinstanzen im Ergebnis zutreffend verneint. In der Vertragsklausel über die Zahlungspflicht des Beklagten wurde auf das (gesetzliche) Pflichtteilsrecht verwiesen. Es entspricht herrschender Rechtsprechung, dass für die Ermittlung des Pflichtteils oder des Schenkungspflichtteils jener Wert maßgebend ist, den die Verlassenschaft hätte, wäre die „pflichtteilswidrige“ Verfügung unterblieben (RIS-Justiz RS0012973, ua 6 Ob 154/06z SZ 2006/134). Es ist also zu fragen, welcher Vermögenswert dem Erben zugekommen wäre, wenn das betreffende Vermögensgut in der Verlassenschaft geblieben und ihm zugefallen wäre. Hier hätte die Klägerin bei Unterbleiben der Schenkungen auf den Todesfall jeweils 50 % der Liegenschaftsanteile erhalten, wobei das darauf befindliche Wohngebäude allerdings weitgehend an den Beklagten vermietet gewesen wäre. Wäre der Klägerin nun aber auch im Erbweg nur eine durch die Belastung mit einem langfristigen Bestandvertrag in ihrem Wert verminderte Liegenschaft (anteilig) zugekommen, kann sie nicht verlangen, dass sich ihr nach Pflichtteilsgrundsätzen zu berechnender Anspruch am Wert einer bestandrechtsfreien Liegenschaft zu orientieren hätte.

Im Zusammenhang mit dem Nutzungsverhältnis des Hausbesorgerehepaars an einem Nebengebäude wendet sich die Revisionswerberin gegen die Annahme des Bestehens eines Bestandvertrags, insbesondere unter Hinweis auf - nicht im Einzelnen festgestellte - Ausführungen in einem vom Erstgericht eingeholten Sachverständigengutachten. Ihre allgemeinen Rechtsausführungen zur Abgrenzung zwischen Prekarium und Mietvertrag lassen aber nicht erkennen, welchen Einfluss dieses Nutzungsverhältnis ihrer Ansicht nach auf den Wert der Liegenschaft gehabt haben könnte. Jedenfalls ist davon auszugehen, dass das Vertragsverhältnis zwischen der Erblasserin und dem Hausbesorgerehepaar nicht ohne Weiteres jederzeit auflösbar gewesen wäre, wurde doch festgestellt, dass die Abrede bestand, dass für das Wohnen nichts zu bezahlen ist, weil das Ehepaar mit Gartenpflege und Schneeräumung betraut war. Da man somit im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt davon ausgehen konnte, dass das betreffende Nebengebäude noch einige Zeit nicht zur anderweitigen Nutzung zur Verfügung steht, solange nämlich die vereinbarten Gegenleistungen erbracht werden, begegnet die Auffassung des Berufungsgerichts, auch dieses Rechtsverhältnis mindere den Wert der Liegenschaft gegenüber einer solchen mit frei stehenden Objekten, keine Bedenken. Selbst wenn man die Wertminderung im Hinblick auf dieses Nebengebäude geringer ansetzen wollte, als dies die Vorinstanzen getan haben (§ 273 ZPO), wäre damit für die Revisionswerberin im Ergebnis nichts gewonnen, hätte sie doch aus dem Nachlass jedenfalls immer noch einen ihren Pflichtteilsanspruch übersteigenden Wert erhalten. Dass sich der Wert der Liegenschaften gegenüber den von den Vorinstanzen angenommenen Beträgen erheblich erhöhen würde, wenn man in Bezug auf die vom Hausbesorgerehepaar bewohnten Räume nicht von einem (längerfristigen) Bestandverhältnis ausginge, legt die Revisionswerberin in keiner Weise dar.

Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Textnummer

E98160

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0010OB00136.11Y.0726.000

Im RIS seit

08.09.2011

Zuletzt aktualisiert am

12.03.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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