TE AsylGH Erkenntnis 2009/03/09 E13 403436-1/2008

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Veröffentlicht am 09.03.2009
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Spruch

E13 403.436-1/2008-5E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Markus STEININGER als Vorsitzenden und den Richter Dr. Friedrich KINZLBAUER als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. SOVKA über die Beschwerde des S.D., StA. Armenien, vertreten durch RA Dr. Martin ENTHOFER gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.12.2008, FZ. 06 13.716-BAE, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs 1 Z 1, 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2008/4 als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

Der minderjährige Beschwerdeführer (BF), den Angaben seiner gesetzlichen Vertreterin (die Mutter) nach ein Staatsangehöriger von Armenien, stellte nach Einreise unter Umgehung der Grenzkontrolle am 18.12.2006 beim Bundesasylamt (BAA) einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Neben dem BF stellten auch seine mitgereisten Eltern (403.433, 403.434) sowie seine Schwestern (403.435, 403.437) Anträge auf internationalen Schutz im Rahmen eines Familienverfahrens.

 

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wurde der Antrag des mj. BF auf internationalen Schutz vom BAA gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs 1 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien verfügt (Spruchpunkt III).

 

Die Anträge ihrer Familienangehörigen wurden im Ergebnis gleich lautend entschieden.

 

Als Begründung für das Verlassen ihres Herkunftsstaates Armenien - gemeinsam mit ihrer Familie - brachte die gesetzliche Vertreterin im erstinstanzlichen Verfahren (zusammengefasst dargestellt) vor, dass ihr Ehegatte von den Männern die auch seinen Cousin getötet hätten, verfolgt werde. Sie selbst und die Kinder hätten keine eigenen Fluchtgründe. Resultierend aus den Problemen ihres Mannes sei sie von unbekannten Männern bedroht und mit einem Messer am Oberschenkel verletzt worden. Die Kinder seien nicht bedroht oder attackiert worden.

 

Der Ehegatte der gesetzlichen Vertreterin und Vater des BF brachte zur Begründung seines Antrages im Wesentlichen vor, dass er mit seinem Cousin seit 2003 eine Viehzucht und ein Geschäft betrieben habe. Sie seien immer wieder zu Geldzahlungen aufgefordert worden und weil sie diesen nach anfänglichen Zahlungen nicht mehr nach gekommen seien, sei sein Cousin ermordet worden. Durch Drohungen sei versucht worden ihn von einer Anzeigeerstattung abzuhalten und zusätzlich sei noch Geld verlangt worden. Die Polizei habe zwar einen Mann festgenommen, der aber nicht der Täter gewesen sei. Mit einer Demonstration und einem Brief des yezidischen Präsidenten hätte man ein ordentliches Ermittlungsverfahren verlangt, dem aber nicht nachgekommen worden sei. Die Eltern des BF hätten sich deshalb entschlossen mit ihrer Familie das Land zu verlassen.

 

Das BAA gelangte im Rahmen der Beweiswürdigung zur Erkenntnis, dass durch den BF bzw. die Familie eine aktuelle Bedrohungssituation nicht glaubhaft gemacht worden sei.

 

Spruchpunkt I. wurde im Wesentlichen damit begründet, dass eine Verfolgungsgefahr nicht glaubhaft gemacht werden konnte. Hinsichtlich Spruchpunkt II. wurde im Wesentlichen argumentiert, dass sich aus seinem Vorbringen und der allgemeinen Lage keine reale Gefahr einer Verletzung der hier maßgeblichen Rechtsgüter ergebe. Zu Spruchpunkt III. wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass kein relevantes Privat- und Familienleben in Österreich bestehe und daher durch die Ausweisung kein unzulässiger Eingriff in diese verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte vorliege.

 

Gegen diesen Bescheid hat die vertretene Beschwerdeführerin innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Der AsylGH hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) fest.

 

Mangels Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden. Soweit dieser namentlich genannt wird, legt das Gericht auf die Feststellung wert, dass dies lediglich der Identifizierung des BF als Verfahrenspartei dient, nicht jedoch eine Feststellung der Identität im Sinne einer Vorfragebeurteilung im Sinne des § 38 AVG bedeutet. Es ist auch festzustellen, dass der Umstand dass die Mutter des BF einerseits aus einem Land stammt, in dem die Bevölkerung üblicherweise über eine Mehrzahl von Dokumenten verfügt, welche auch die Identität bescheinigen und die Mutter des BF dennoch diese nicht bescheinigte, seine mangelnde Bereitschaft, im Verfahren mitzuwirken indiziert, was sich im Verfahren letztlich zu lasten der Glaubwürdigkeit des Vorbringens auswirkt.

 

Die belangte Behörde legte im Rahmen der Beweiswürdigung (Bescheid S 10, 11) dar, dass es den Eltern des Beschwerdeführers nicht gelungen sei, ihr dargelegtes und unbescheinigt gebliebenes ausreisekausales Vorbringen glaubhaft zu machen, da dieses in wesentlichen Punkten widersprüchlich bzw. nicht plausibel war und dass ein Familienverfahren vorliege und verwies auf die entsprechenden Ausführungen im Bescheid seiner Mutter (GZ E13 403.434).

 

Die vom BAA vorgenommene Beweiswürdigung ist im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze in sich schlüssig und stimmig. Sie steht auch im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Behörde einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen kann, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).

 

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

 

Aus Sicht des Asylgerichtshofes ist unter Heranziehung dieser, von der höchstgerichtlichen Judikatur festgelegten, Prämissen für den Vorgang der freien Beweiswürdigung dem Bundesasylamt nicht entgegenzutreten, wenn es das ausreisekausale Vorbringen im Ergebnis als nicht glaubhaft qualifiziert.

 

Diesen Überlegungen schließt sich der Asylgerichtshof daher an. Gerade der Umstand, dass es sich um Erlebnisse handelte, die der Vater des BF über längere Zeit behauptetermaßen persönlich mit seinen Verfolgern gehabt haben will, lässt darauf schließen, dass es sich hier um keine Realerlebnisse der Eltern des BF handelte, welche der allgemeinen Lebenserfahrung nach besonders einprägsam sind, insbesondere wenn sie stressreiche Ereignisse darstellen, sondern um ein gedankliches Konstrukt, das der Erlangung eines Aufenthaltstitels unter Umgehung der fremdenrechtlichen Bestimmungen und Missbrauch des Asylrechtes dienen soll.

 

Diesen entscheidenden und die Beweiswürdigung hinsichtlich der Nichtglaubhaftmachung ihrer als ausreisekausal dargestellten Ereignisse allein schon hinreichend tragfähigen Argumenten wurde auch in der Beschwerde nicht konkret und substantiiert entgegen getreten, weshalb der Asylgerichtshof nicht veranlasst war das Ermittlungsverfahren zu wiederholen bzw. zu ergänzen (vgl. z.B. VwGH 20.1.1993, 92/01/0950; 14.12.1995, 95/19/1046; 30.1.2000, 2000/20/0356; 23.11.2006, 2005/20/0551 ua.).

 

Im gegenständlichen Verfahren ist aber für den Asylgerichtshof, insbesondere aus dem nachfolgend angeführten Grund, einleuchtend, dass die dargelegte Bedrohung zweifelsfrei nicht den Tatsachen entspricht.

 

Unplausibel ist, wenn der Vater (GZ E13 403.433) des BF behauptete, am nächsten Vormittag den Übergriff auf seine Ehefrau bei der Polizei angezeigt zu haben, die Polizei alles aufgenommen habe und den Vater des BF nach etwaigen Zeugen befragt habe, während die Mutter des BF eine persönliche Anzeige in Abrede gestellt hat und auch nicht wusste, ob der Vorfall angezeigt worden sei. Auch sei davon auszugehen, dass bei einer dermaßen eingreifenden Handlung, wie sie eine Bedrohung mit einer daran anschließenden körperlichen Verletzung darstellt, im Familienkreis die Gründe ausführlich erwogen werden. Hierbei ist auch zwangsläufig von einem intensiven Meinungs- und Informationsaustausch auszugehen, sodass letztlich davon auszugehen ist, dass sämtliche Familienmitglieder ungefähr über denselben Informationsstand verfügen und auch im Wesentlichen übereinstimmend bekannt gaben können, über welche Information sie verfügen und wer als Informationsquelle diente. Auch das war hier nicht der Fall.

 

Unter Berücksichtigung aller Umstände gelangt der Asylgerichtshof nach diesen Erwägungen zur Erkenntnis, dass das dargelegte Vorbringen einer Verfolgung zweifelsfrei nicht den Tatsachen entspricht und damit nicht glaubhaft ist.

 

Die Zulässigkeit für den Asylgerichtshof über die Beweiswürdigung der Erstbehörde hinaus ergänzende Schlüsse aus den bisherigen Ermittlungen zu ziehen, ergibt sich aus § 41 Abs 7, 2. Fall, AsylG 2005, wonach von einer mündlichen Verhandlung auch dann abgesehen werden kann, wenn sich aus "den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht". Um der Begründungspflicht, resultierend aus § 60 AVG, wonach der Bescheid [das Erkenntnis] erkennen lassen muss, aus welchen Erwägungen die Behörde [der Asylgerichtshof] zu dieser Ansicht gelangt ist, zu entsprechen, bedarf es aber einer (nachvollziehbaren) Darstellung der dafür maßgeblichen gedanklichen Vorgänge.

 

Der Gesetzgeber verwendet hier mit "zweifelsfrei" eine andere Diktion wie im § 6 Abs 1 Z 4 AsylG 1997 idFd Asylgesetz-Novelle 2003, wonach ein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzuweisen ist, wenn das "......Bedrohungsszenario offensichtlich den Tatsachen nicht entspricht". Schon aus dem anders gewählten Wortlaut leuchtet es ein, dass der Gesetzgeber hier im § 41 Abs 7 2. Fall AsylG 2005 idgF - womit eine Erweiterung der Möglichkeit der Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung geschaffen werden sollte - mit "zweifelsfrei" auf Grund des anderen Wortsinnes eine andere Wertung anlegen wollte, als mit der "Offensichtlichkeit", ansonsten es keiner Änderung der Diktion bedurft hätte. Daraus resultiert aber auch, dass sich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Offensichtlichkeit (vgl. Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 1997 Praxiskommentar, S 100ff mwN auf die Judikatur des VwGH) im zitierten § 6 AsylG 1997 nicht ohne weiteres auf diese neue Bestimmung übertragen lässt. Dem Wortsinn nach ist unter "zweifelsfrei" die "Freiheit von (innerer) Unsicherheit, Ungewissheit, mangelndem Glauben oder innerem Schwanken gegenüber einem (möglichen) Sachverhalt oder einer Behauptung" zu verstehen. Zu dieser Überzeugung hat der Richter (das Gericht) auf Basis der "bisherigen Ermittlungen" zu gelangen.

 

Hier ergeben sich derartige Fakten aus den eigenen Angaben der Mutter des Beschwerdeführers im Rahmen des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens. Der Asylgerichtshof ist nicht verhalten, den Asylwerber zu Widersprüchen in Ansehung seines Asylantrages zu befragen, weil keine Verpflichtung besteht, ihm im Wege eines behördlichen Vorhalts zur Kenntnis zu bringen, dass Widersprüche in seinen eigenen Aussagen vorhanden seien, die im Rahmen der gem. § 45 Abs 2 AVG vorzunehmenden Beweiswürdigung zu seinem Nachteil von Bedeutung sein könnten, und ihm aus diesem Grunde eine Stellungnahme hiezu zu ermöglichen (VwGH 4.11.1992, 92/01/0560; vgl. ua. auch VwGH 27.6.1985, 85/18/0219; 3.4.1998, 95/19/1734; 30.1.1998, 95/19/1713 wonach keine Verpflichtung besteht, den vom Antragsteller selbst vorgebrachten Sachverhalt zu Gehör zu bringen [siehe auch Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, Rz 29 zu § 45 mwN]). Die Behörde bzw. das Gericht ist auch nicht verpflichtet, dem Antragsteller Gelegenheit zur Stellungnahme hinsichtlich einer vorgenommenen Beweiswürdigung zu geben [Hinweis E 23. April 1982, 398/80] (VwGH25.11.2004, 2004/03/0139; Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, Rz 25 zu § 45 mwN). Wenn die Behörde bzw. das Gericht aufgrund der vorliegenden Widersprüche zur Auffassung gelangte, dass dem Asylwerber die Glaubhaftmachung (seiner Fluchtgründe) nicht gelungen ist, so handelt es sich um einen Akt der freien Beweiswürdigung (VwGH 4.11.1992, 92/01/0560).

 

Die vom Asylgerichtshof vorgenommenen Beweiswürdigung steht im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Behörde (das Gericht) einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).

 

Sofern in der Beschwerde seitens der Mutter des Beschwerdeführers moniert wird, dass sich das Fluchtvorbringen ihres Ehemannes durch entsprechende Erhebungen in ihrem Heimatstaat als richtig heraus stellen würden, ist dem entgegenzutreten, dass das BAA zum Vorbringen ihres Ehemannes Erhebungen getätigt hat. Dass es sich dabei um "leichte" im Sinne von "geringen" Abweichungen gehandelt hat und diese keineswegs geeignet sein können, die Richtigkeit seines Vorbringens letztendlich in Zweifel zu ziehen, kann sich der AsylGH nicht anschließen. Vielmehr vertritt der AsylGH wie auch das BAA die Ansicht, dass es sich hier um "gravierende" Abweichungen gehandelt hat. Wenn die Behörde bzw. das Gericht aufgrund der vorliegenden Widersprüche zur Auffassung gelangte, dass dem Asylwerber die Glaubhaftmachung (seiner Fluchtgründe) nicht gelungen ist, so handelt es sich um einen Akt der freien Beweiswürdigung (VwGH 4.11.1992, 92/01/0560). Die Unglaubwürdigkeit wurde aber nicht nur anhand der Abweichungen hinsichtlich der Ortsangaben und deren vorgebrachte Entfernung beurteilt, sondern hat sich diese auch aus den vielfältigen Widersprüchen und einem insgesamt unplausiblen Vorbringen manifestiert. Den Sachverhalt von Amts wegen vollständig und umfassend zu ermitteln, bezieht sich grundsätzlich nur auf solche asylrechtlich relevante Umstände, die vom Asylwerber auch vorgetragen werden. Die Aussage des Asylwerbers ist das zentrale Bescheinigungsmittel und Ausgangspunkt für die die Behörde treffende Ermittlungspflicht. Der Vater des BF wurde von der Erstbehörde dreimal einvernommen. Die Erstbehörde hat durch explizite Befragung die Widersprüche und vagen Angaben des Vaters des BF aufzuklären versucht. Der Vater des BF ist zu den Widersprüchen befragt worden und hat keine glaubwürdigen Argumente vorgebracht, die diese entkräften hätten können. Auch der entscheidende AsylGH kann nicht erkennen, dass das Bundesasylamt eine mangelhafte Einvernahme durchgeführt hat. Der AsylGH ist der Ansicht, dass das BAA ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt hat und zu Recht zum Ergebnis kam, dass das fluchtkausales Vorbringen des Vaters des BF, nämlich insbesondere eine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende dem Staat zurechenbare politische Verfolgungsgefahr nicht glaubhaft ist. Dem wurde weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Beschwerdeschriftsatz substantiiert entgegen getreten.

 

Der Vater des BF rügt durch seine rechtsfreundliche Vertretung im Beschwerdeschriftsatz, dass bei entsprechenden Ermittlungen die Richtigkeit seines Vorbringens und seiner Identität festgestellt werden hätte können und beantragt durch ein Ländersachverständigengutachten die Glaubwürdigkeit seiner Fluchtgründe sowie die Abklärung seiner Identität.

 

Dem erstinstanzlichen Verfahren ist zu entnehmen, dass der Vater des BF bereits zu Beginn der ersten Einvernahme ausdrücklich aufgefordert wurde Bemühungen zu unternehmen um Bescheinigungsmittel für sein fluchtkausales Vorbringen vorlegen zu können. Trotz des Umstandes, dass er schon im erstinstanzlichen Verfahren Unterstützung durch einen Rechtsanwalt hatte, wurden auch bis zum Zeitpunkt dieser Entscheidung keine Bescheinigungsmittel vorgelegt oder konkrete Beweisanbote hinsichtlich seiner Identität erstattet. Der Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens befreit nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtes die Partei nicht von der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen (VwGH 14.12.1995, 95/19/1046). Gerade wenn es um Ereignisse geht, die in seiner persönlichen Sphäre stattgefunden haben und noch dazu, wo es sich hier um einen im Ausland stattgefundenen Sachverhalt handelt, besteht eine erhöhte Mitwirkungsverpflichtung des Antragstellers (VwSlg 6511 F/1990). Das BAA hat hier nach Ansicht der Berufungsbehörde, auch unter Berücksichtigung der mangelnden Mitwirkung des Vaters des BF, und des im Verwaltungsverfahren geltenden Prinzips der Verfahrensökonomie (§ 39 Abs 2 AVG) den maßgeblichen Sachverhalt festgestellt und das Ermittlungsergebnis dem Vater des BF auch im Rahmen einer Einvernahme mit Stellungnahmemöglichkeit zu Gehör gebracht, wovon er auch Gebrauch machte. Er wurde mehrmals auf seine Mitwirkungsverpflichtung im Asylverfahren ausdrücklich aufmerksam gemacht und auch auf mögliche Folgen hingewiesen. Trotz des Umstandes, dass er anwaltlich vertreten war bzw. ist und aus der Abweisung seines Antrages durch das BAA weiß, dass dies auch ein entscheidendes Kriterium für die Nichtglaubhaftmachung seiner Fluchtgründe war, ergänzte er diesbezüglich ebenfalls im Berufungsverfahren sein Vorbringen nicht. Es ist nach den Erfahrungen der Asylbehörden davon auszugehen, dass ein tatsächlicher Flüchtling iSd GFK keine sich bietende Möglichkeit auslässt um seine Fluchgründe und die dafür maßgeblichen Umstände auf Nachfrage durch die entscheidende Behörde darzulegen (VwGH B 7. 6. 2000, 2000/01/0205), weshalb die erstinstanzliche Beweiswürdigung nicht als unschlüssig zu bezeichnen ist.

 

Zudem ist es den Asylbehörden durch das Verbot des § 57 Abs. 10 AsylG untersagt personenbezogene Daten an den Herkunftsstaat zu übermitteln um etwaige Angaben einer Überprüfung zuzuführen. Eine solche Übermittlung wäre hier aber zweifelsfrei notwendig um solche "Dokumente" zu erlangen. Dieses Verbot kann auch durch ihre Zustimmung nicht umgangen werden (Datenschutzkommission v. 15.5.2001, Zl. K120.713/005-DSK/2001). Abgesehen davon ist dieser Beweisantrag auch nicht als hinreichend konkretisiert anzusehen, um diesen nachkommen zu müssen. Wenn die Eltern des BF keine Scheu vor Repressalien ihres Heimatstaates haben - aus dem Beweisantrag könnte durchaus darauf geschlossen werden - ihre personenbezogenen Daten an seinen Herkunftsstaat zu übermitteln, so hätten sie sich auch selbst z. B. an die armenische Botschaft wenden oder ihr familiäres Netzwerk im Heimatstaat aktivieren können, zu denen sie offensichtlich auch Kontakt haben.

 

Im Übrigen erachtet der Asylgerichtshof die Auseinandersetzung der Erstbehörde mit den im Asylverfahren vorgebrachten Beweisthemen als ausreichend.

 

Die Mutter des BF rügt in ihrer Beschwerde, dass die allgemeine Sicherheitslage nicht ausreichend sei um ihr ein sicheres und bedrohungsfreies Leben zu ermöglichen und beantragt deshalb ein entsprechendes Sachverständigengutachten. Das Bundesasylamt hat betreffend der maßgeblichen Lage und Rückkehrsituation nach Armenien den Sachverhalt ausreichend ermittelt und im angefochtenen Bescheid dargestellt. Diesen Feststellungen wird in der Beschwerde nicht konkret und substantiiert, allenfalls unter Vorlage von Bescheinigungsmittel, entgegengetreten. Die Unrichtigkeit der getroffenen Feststellungen zum Herkunftsstaat wurde nicht konkret dargelegt. Mit einem Antrag, die Behörde bzw. der Asylgerichtshof möge dessen ungeachtet noch weitere Ermittlungen tätigen (insbesondere Einholung weiterer Sachverständigen-Gutachten) kann diesen nicht substantiiert begegnet werden. (Hengstschläger - Leeb, allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, RZ 65 zu § 52 AVG) und es besteht dadurch keine Verpflichtung zur Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens. Daher ist die Behörde [der Asylgerichtshof] einerseits nicht gem. §§ 37 iVm 39 Abs 2 AVG zur Durchführung eines solchen Beweises (zur Entsprechung eines dahin gehenden Antrages) verpflichtet, sodass deren Unterlassung keinen Verfahrensmangel bedeutet. (Hengstschläger - Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, Rz 16 zu § 46 mwN).

 

Abgesehen davon, dass es den Eltern des BF nicht gelungen ist die dargebrachte Gefährdung glaubhaft zu machen und daher - mangels Relevanz - auch nicht mehr auf den Willen und die Fähigkeit des armenischen Staates, dem BF Schutz zu gewähren, einzugehen wäre, vertritt der Asylgerichtshof bei hypothetischer Prüfung des Vorbringens unter diesem Gesichtspunkt die Ansicht, dass, sollten die Eltern des BF tatsächlich verfolgt werden, im gegenständlichen Fall nicht festgestellt werden kann, dass die armenischen Behörden nicht willens und fähig wären, die Familie des BF vor allfälligen Übergriffen zu schützen.

 

Unter richtlinienkonformer Interpretation ( Art 6 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004) kann eine Verfolgung bzw. ein ernsthafter Schaden von nichtstaatlichen Akteuren (nur) dann ausgehen, wenn der Staat oder die Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, "erwiesenermaßen" nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden iSd Art 7 leg.cit. zu bieten.

 

Nach der Rsp des VwGH ist für die Annahme einer Tatsache als "erwiesen" (vgl. § 45 Abs 2 AVG) allerdings keine "absolute Sicherheit" (kein Nachweis "im naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn" erforderlich (VwGH 20.9.1990, 86/07/0091; 26.4.1995, 94/07/0033; 20.12.1996, 93/02/0177), sondern es genügt, wenn eine Möglichkeit gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit (Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht 2004, 168f: an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (VwGH 26.4.1995, 94/07/0033; 19.11.2003, 2000/04/0175; vgl. auch VwSlg 6557 F/1990; VwGH 24.3.1994, 92/16/0142; 17.2.1999, 97/14/0059; in Hengstschläger-Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, 2. Teilband, Rz 2 zu § 45).

 

In Bezug auf diese Umstände - nämlich, dass der Staat oder die Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, "nicht in der Lage" oder "nicht willens" sind, Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden iSd Art 7 leg.cit. zu bieten - besteht für den Beschwerdeführer somit ein erhöhtes Maß an erforderlichem Überzeugungsgrad der Behörde. Die (bloße) Glaubhaftmachung ist gem. Art 6 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.April 2004 demnach als Beweismaß dafür nicht ausreichend. Es muss "erwiesen" werden.

 

Gelingt dies nicht, ist davon auszugehen, dass sie dazu sowohl in der Lage als auch willens sind, wenn der Staat oder die Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung oder den ernsthaften Schaden zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen, und wenn der Antragsteller Zugang zu diesem Schutz hat. Diesfalls gilt gem. Art 7 Abs 2 leg.cit., dass "generell Schutz gewährleistet ist".

 

Im gegenständlichen Fall hat die Mutter des Beschwerdeführers weder behauptet noch bescheinigt, dass das Verhalten der Verfolger bzw. befürchtete Vergeltungsakte in Armenien nicht pönalisiert wäre oder die Polizei oder auch andere für den Rechtsschutz eingerichtete Institutionen grds. nicht einschreiten würden, um einen Schaden mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit abzuwenden. Darauf weisen auch die den Feststellungen des BAA zu Grunde liegenden Quellen nicht hin, wenngleich die Berichte zu erkennen geben, dass durchaus auch noch erhebliche Defizite bestehen. Jedenfalls ergibt sich aus dem Bundesasylamt zitierten Bericht des dt. Auswärtigen Amtes über die Asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien vom 20.3.2007 [in diesem Punkt bezogen auf die individuelle Lage der BF dieselbe Quelle in der aktualisierten Version vom 18.6.2008 unverändert], sowie dem Bericht zur Fact Finding Mission Armenien, Georgien, Aserbaidschan vom 1.11.2007 dass in Armenien kein genereller Unwille bzw. die Unfähigkeit der Behörden herrscht, Schutz zu gewähren.

 

Die Mutter des BF bescheinigt im Rahmen ihrer Einvernahme zur Schutzfähigkeit nicht konkret und substantiiert den Unwillen und die Unfähigkeit des Staates, Schutz zu gewähren. Auch in der gegen den Bescheid erstatteten Beschwerde wird derartiges nicht weiter bescheinigt. Es kann dem Vorbringen auch nicht entnommen werden, dass ihr Schutz verweigert worden wäre oder sie keinen Zugang zu den Schutzmechanismen hätte.

 

Im Verfahren kam auch nicht konkret hervor, dass der Staat selbst der Verfolger wäre.

 

Im Ergebnis hat die Mutter des BF im erstinstanzlichen Verfahren kein derartiges Vorbringen konkret und substantiiert erstattet, die hinreichende Zweifel am Vorhandensein oder an der Effektivität der Schutzmechanismen - dies wurde unbescheinigt und unsubstantiiert nicht glaubhaft gemacht (vgl. EGMR, Fall H.L.R. gegen Frankreich) noch kann dies als erweislich angesehen werden - verursacht hätten.

 

Abgesehen von der Unglaubwürdigkeit des vorgetragenen Sachverhaltes per se ergibt sich in weiterer Folge letztlich, dass bei dessen hypothetischer Prüfung der Behauptung der Eltern des BF diese den Unwillen und die Unfähigkeit der armenischen Behörden, ihnen gegen die vorgetragenen Verfolgungshandlungen ausreichend Schutz zu gewähren nicht ausreichend bescheinigte.

 

Im Übrigen unterliegt - ungeachtet der Prüfung der Glaubwürdigkeit - diese neue Tatsache dem Neuerungsverbot gemäß (§ 40 AsylG in der hier anzuwendenden Fassung). Aus dieser Behauptung und dem sonstigen Akteninhalt ist nicht zu entnehmen, dass sich der Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, "nach" der Entscheidung erster Instanz entscheidungsrelevant geändert hätte (Z 1); das Verfahren erster Instanz wurde ordnungsgemäß durchgeführt und ist nicht zu beanstanden (Z 2); ungeachtet der (Un-)Glaubwürdigkeit dieses nunmehrigen Vorbringens wäre diese Tatsache bis zum Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz dem BF zugänglich gewesen (Z 3); es ergaben sich auch keine Hinweise das der BF nicht in der Lage gewesen wäre diese Tatsache schon im erstinstanzlichen Verfahren vorzubringen, zumal er in wiederholt stattgefundenen Einvernahmen dazu Gelegenheit hatte (Z 4).

 

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist dem Anliegen des Gesetzgebers, Missbräuchen vorzubeugen, auch dadurch Rechnung getragen, dass die Ausnahmen vom Neuerungsverbot "auf jene Fälle beschränkt" werden, in denen der Asylwerber "aus Gründen, die nicht als mangelnde Mitwirkung" am Verfahren zu werten sind, "nicht in der Lage war", Tatsachen und Beweismittel bereits in erster Instanz vorzubringen. Somit bleibt vom Neuerungsverbot ein Vorbringen erfasst, mit dem ein Asylwerber das Verfahren missbräuchlich zu verlängern versucht (VfGH 15. 10. 2004, G 237/03 ua).

 

Aus dieser Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist demnach abzuleiten, dass nicht jede Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens zu einer Durchbrechung des Neuerungsverbotes führt, sondern nur jene, welche "kausal" dafür ist, dass der Asylwerber "nicht in der Lage war" die erst im Beschwerdeverfahren vorgebrachten neuen Tatsachen und Beweismittel schon im erstinstanzlichen Verfahren vorzubringen.

 

Am Boden der zu dieser Bestimmung ergangenen und für deren Auslegung maßgeblichen Judikatur der beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (siehe VfGH 15.10.2004, Zahl G237/03 ua., Punkt III.4.7.4.2.; VwGH 27.09.2005, Zahl 2005/01/0313) ist in diesem Kontext noch zu beurteilen, ob diese späte, erst im Stadium der Beschwerde erfolgte Tatsachenbehauptung von dem Versuch gekennzeichnet ist, das Asylverfahren missbräuchlich zu verlängern. Im Rahmen einer gesamthaften Abwägung gelangt der Asylgerichtshof angesichts der oben dargelegten Ausführungen zu der Ansicht, dass im Falle der Mutter des Beschwerdeführers das Vorliegen eines Missbrauchs zu bejahen ist.

 

Die Mutter des BF beantragt in der Beschwerde zum Beweis ihrer Glaubwürdigkeit ihre persönliche Einvernahme im Rahmen einer mündlichen Verhandlung. Was dabei an konkretem Sachverhalt hätte hervorkommen können, hat sie nicht dargelegt. Die Mutter des BF hat nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes aber schon in der Beschwerdeschrift darzulegen was ihre ergänzende Einvernahme hätte ändern können bzw. welche wesentlichen Umstände (Relevanzdarstellung) dadurch hervorgekommen wären. (zB. VwGH 4.7.1994, 94/19/0337). Diese Notwendigkeit ergibt sich auch aus dem Neuerungsverbot, wonach in der Beschwerde nur eingeschränkt neue Beweismittel und Tatsachen vorgebracht werden dürfen. Würde man diesem Antrag so stattgeben so könnte die Mutter des BF mit diesem Verschweigen in der Beschwerdeschrift dieses Verbot umgehen.

 

III. Rechtliche Beurteilung

 

Artikel 151 Abs. 39 Z. 1 und 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) lauten:

 

(39) Art. 10 Abs. 1 Z 1, 3, 6 und 14, Art. 78d Abs. 2, Art. 102 Abs. 2, Art. 129, Abschnitt B des (neuen) siebenten Hauptstückes, Art. 132a, Art. 135 Abs. 2 und 3, Art. 138 Abs. 1, Art. 140 Abs. 1erster Satz und Art. 144a in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. 2/2008 treten mit 1. Juli 2008 in Kraft. Für den Übergang zur neuen Rechtslage gilt:

 

Z 1: Mit 1. Juli 2008 wird der bisherige unabhängige Bundesasylsenat zum Asylgerichtshof.

 

Z 4: Am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof weiterzuführen.

 

Gemäß § 61 (1) AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

2. [.....]

 

(2) [.....]

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

[......]

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.

 

Gemäß Abs. 2 leg.cit. sind die Erkenntnisse im Namen der Republik zu verkünden und auszufertigen.

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG idgF hat der Asylgerichtshof [Berufungsbehörde], sofern die Beschwerde [Berufung] nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er [sie] ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) seine [ihre] Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Gem. § 73 (1) Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) tritt dieses Gesetz mit der Maßgabe des § 75 (1) leg.cit. in Kraft, wonach alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen sind.

 

Gegenständliches Verfahren war am 31.12.2005 nicht anhängig, weshalb es nach den Bestimmungen des AsylG 2005 idgF zu führen war.

 

Im gegenständlichen Fall liegt ein Familienverfahren mit ihrem genannten Ehegatten und den gemeinsamen Kindern vor. Die maßgebliche Bestimmung des § 34 AsylG 2005 lautet:

 

34. (1) Stellt ein Familienangehöriger (§ 2 Z 22) von

 

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

 

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

 

3. einem Asylwerber

 

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

 

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Familienangehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.

 

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines im Bundesgebiet befindlichen Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, es sei denn, dass

 

1. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Angehörigen in einem anderen Staat möglich ist oder

 

2. dem Asylwerber der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

 

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.

 

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Asylgerichtshof.

 

Zu Spruchpunkt I.:

 

1.) Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Der Antrag auf Internationalen Schutz ist gem. § 3 Abs 3 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

 

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist eine Person, die aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder die sich als Staatenlose infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will.

 

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern, ob eine vernunftbegabte Person nach objektiven Kriterien unter den geschilderten Umständen aus Konventionsgründen wohlbegründete Furcht erleiden würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380). Dies trifft auch nur dann zu, wenn die Verfolgung von der Staatsgewalt im gesamten Staatsgebiet ausgeht oder wenn die Verfolgung zwar nur von einem Teil der Bevölkerung ausgeübt, aber durch die Behörden und Regierung gebilligt wird, oder wenn die Behörde oder Regierung außerstande ist, die Verfolgten zu schützen (VwGH 4.11.1992, 92/01/0555 ua.).

 

Gemäß § 2 Abs 1 Z 11 AsylG 2005 ist eine Verfolgung jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art 9 Statusrichtlinie. Demnach sind darunter jene Handlungen zu verstehen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art 15 Abs 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (Recht auf Leben, Verbot der Folter, Verbot der Sklaverei oder Leibeigenschaft, Keine Strafe ohne Gesetz) oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon - wie in ähnlicher beschriebenen Weise - betroffen ist.

 

Verfolgung kann nur von einem Verfolger ausgehen. Verfolger können gemäß Art 6 Statusrichtlinie der Staat, den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschende Parteien oder Organisationen oder andere Akteure sein, wenn der Staat oder die das Staatsgebiet beherrschenden Parteien oder Organisationen nicht in der Lage oder nicht Willens sind, Schutz vor Verfolgung zu gewähren.

 

Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262).Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194)

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

 

Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des AsylGH die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine glaubhafte und aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund nicht gegeben.

 

Es ist weder glaubhaft, dass die Eltern des BF im Herkunftsstaat bislang einer konkreten individuellen Verfolgung ausgesetzt waren bzw. bei einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit sein würden, noch dass dies den Grund ihrer Ausreise darstellen würde. Erachtet die Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung die fluchtkausalen Angaben der Mutter des Asylwerbers wie im gegenständlichen Fall grundsätzlich als nicht glaubhaft, dann können die von ihr behaupteten Fluchtgründe gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380). Im Ergebnis sind hier die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten mangels Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen nicht gegeben und es war die Entscheidung des Bundesasylamtes zu bestätigen.

 

Da auch die Beschwerden seiner Familienangehörigen mit Erkenntnis des heutigen Tages in allen Spruchpunkten abzuweisen war, sich daher aus deren Verfahren im Rahmen des Familienverfahrens kein Anspruch auf Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten iSd § 34 AsylG 2005 ableiten lässt, war unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände daher zu Recht insgesamt kein Status eines Asylberechtigten zu gewähren, die Entscheidung des BAA im Ergebnis zu bestätigen und die Beschwerde somit hinsichtlich Spruchpunkt I. abzuweisen.

 

Zu Spruchpunkt II.:

 

Gem. § 8 Abs 1 AsylG 2005 hat die Behörde einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z1), wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine "reale Gefahr" einer Verletzung von Art 2 EMRK (Recht auf Leben), Art 3 EMRK (Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung) oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 (Abschaffung der Todesstrafe) zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung nach § 7 zu verbinden (Abs 2 leg.cit.). Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

 

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. VwGH 99/20/0573 v. 19.2.2004 mwN auf die Judikatur des EGMR)

 

§ 8 AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies ist dahin gehend zu verstehen, dass damit grds. derjenige Staat zu bezeichnen ist, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Kann dieser nicht festgestellt werden, ist der Antrag auf internationalen Schutz bzgl. des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen (Abs 6 leg.cit.).

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). So auch der EGMR in stRsp, welcher anführt, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt - so weit als möglich - Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( z.B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005).

 

Im gegenständlichen Fall ist es der Mutter des Beschwerdeführers nicht gelungen ihre vorgebrachte Bedrohung bzw. Verfolgungsgefahr im dargestellten Ausmaß glaubhaft zu machen, weshalb sich daraus auch kein zu berücksichtigender Sachverhalt ergibt, der gemäß § 8 Abs 1 AsylG zur Unzulässigkeit der Abschiebung, Zurückschiebung oder Zurückweisung in den Herkunftsstaat führen könnte.

 

Unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass hinsichtlich der Lebensbedingungen von einer lebensbedrohenden Notlage in seinem Herkunftsstaat, welche bei einer Rückkehr die reale Gefahr einer unmenschlichen Behandlung iSd Art 3 EMRK indizieren würde, aus Sicht des Asylgerichtshofes nicht gesprochen werden kann.

 

Auf Grund des Familienverfahrens teilt die Familie aufenthaltsrechtlich ein gemeinsames Schicksal, weshalb auch von einer gemeinsamen Rückkehr mit ihren anderen Familienangehörigen ausgegangen werden kann. Der der Aktenlage nach ebenfalls unter keinen entscheidungsrelevanten Krankheiten leidende Vater war vor seiner Ausreise in der Lage seine Existenz und die jener seiner Familienangehörigen zu sichern. Er hatte ein eigenes Geschäft in dem er landwirtschaftliche Waren verkaufte. Es kam nicht hervor, dass er bei einer Rückkehr nicht mehr am Erwerbsleben teilnehmen könnte. Zudem brachte er beim BAA auch vor, dass er in Armenien noch Familienangehörige hat. Dass er bzw. seine Familie bei einer Rückkehr auf Grund der Lebensbedingungen real Gefahr laufen würde, in eine aussichtslose Lage zu geraten, brachten seine Eltern nicht konkret vor und kann auch amtswegig nicht festgestellt werden.

 

Ergänzend ist anzuführen, dass gemäß § 67 AsylG 2005 zB. auch eine finanzielle Rückkehrhilfe (über diese wird im erstinstanzlichen Verfahren schon informiert) als Startkapital für die Fortsetzung des bisherigen Lebens in Armenien gewährt werden kann. Im Rahmen der Rückkehrhilfe wird dabei der Neubeginn zu Hause unterstützt, Kontakt zu Hilfsorganisationen im Heimatland vermittelt, finanzielle Unterstützung geleistet und beim Zugang zu Wohn-, Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten geholfen

 

 

(http://www.caritas.at/hilfe-einrichtungen/fluechtlinge/beratung-und-vertretung/rueckkehrhilfe/).

 

Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ergibt sich somit kein "reales Risiko", dass es derzeit durch die Rückführung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat zu einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen würde.

 

Es kam im Verfahren nicht hervor, dass konkret für den Beschwerdeführer im Falle einer Rückverbringung in seinen Herkunftsstaat die reale Gefahr bestünde, als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt zu sein.

 

Da auch die Beschwerden seiner Familienangehörigen mit Erkenntnis des heutigen Tages in allen Spruchpunkten abzuweisen war, sich daher aus deren Verfahren im Rahmen des Familienverfahrens kein Anspruch auf Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten iSd § 34 AsylG 2005 ableiten lässt, war unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände daher zu Recht insgesamt kein Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren, die Entscheidung des BAA im Ergebnis zu bestätigen und die Beschwerde somit hinsichtlich Spruchpunkt II. abzuweisen.

 

Zu Spruchpunkt III.:

 

Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn

 

(...)

 

Z 2. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

 

(...)

 

Gemäß § 10 Abs 2 AsylG ist eine Ausweisung nach Abs 1 leg.cit. unzulässig, wenn dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder diese eine Verletzung von Art 8 EMRK darstellen würde.

 

Der Gesetzgeber wollte durch diese - im Gegensatz zur fremdenpolizeilichen Ausweisung keinem Ermessen zugängliche - zwingende asylrechtliche Ausweisung eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Asylwerber, die bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung sich im Bundesgebiet aufhalten durften, verhindern (vgl. VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479).

 

Der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz war abzuweisen und auch der Status eines subsidiär Schutzberechtigten war nicht zuzuerkennen. Ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht liegt zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht vor. Der Beschwerdeführer hält sich daher nach Erlassung dieses Erkenntnisses nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

 

Bei Erlassung einer Ausweisung kann ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und/oder Familienleben vorliegen (Art. 8 Abs 1 EMRK). Ein unverhältnismäßiger Eingriff würde eine Ausweisung unzulässig machen.

 

Das Recht auf Achtung des Familienlebens iSd Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (EGMR Kroon, VfGH 28.06.2003, G 78/00).

 

Der Begriff des Familienlebens ist jedoch nicht nur auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere "de facto Beziehungen" ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR 23.04.1997, X ua).

 

Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR im Fall Cruz Varas gegen Schweden). In diesen Fällen ist nach der Judikatur des EGMR der Eingriff in das Privatleben gegebenenfalls separat zu prüfen (Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 856 mwN).

 

Nach der Rechtssprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (zB. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u. a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

 

Das BAA legte im Rahmen ihrer Entscheidung dar, dass der BF mit seinen Familienangehörigen hier in Österreich zusammen lebt. Diese seien aber so wie er Asylwerber und ebenso von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bedroht, weshalb durch eine Ausweisung in diesem Fall in Entsprechung der maßgeblichen Judikatur keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben darstellt. Dem wurde in der Beschwerde nicht konkret und substantiiert entgegen getreten. Ein anderweitiger und in seiner persönlichen Sphäre liegender Sachverhalt kam im Beschwerdeverfahren nicht hervor, weshalb sich der Asylgerichtshof dieser Argumentation anschließt.

 

Der BF lebt seit etwas mehr als zwei Jahren mit seinen Familienangehörigen in Österreich. Besondere Umstände, die auf eine entscheidende Integration hinweisen würden, wurden im Verfahren nicht vorgebracht. Er wurde, so wie auch seine Familienangehörigen ihren Angaben nach in Armenien sozialisiert und er kann auch nicht von dort entwurzelt betrachtet werden. Mangels hinreichender privater Anknüpfungspunkte zu Österreich kann insbesondere durch den erst kurzen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht von einem relevanten Privatleben iSd Art 8 EMRK gesprochen werden, weshalb die Ausweisung auch keinen relevanten Eingriff in dieses Grundrecht darstellt.

 

Selbst wenn man hier ein relevantes und zu berücksichtigendes Privatleben annehmen würde, so käme es im Ergebnis zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung, wie die nachfolgenden Ausführungen im Rahmen einer Eventualbegründung zeigen:

 

Ob ein Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Privatleben durch die asylrechtliche Ausweisung iSd Art 8 Abs 2 EMRK notwendig ist, bedarf einer Abwägung der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden.

 

Art 8 Abs 2 EMRK lautet:

 

"Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."

 

Hinsichtlich der Abwägung der öffentlichen Interessen mit jenen des Beschwerdeführers ist der Verfassungsgerichtshof der Auffassung, dass Asylwerber und sonstige Fremde nicht schlechthin gleichzusetzen sind. Asylwerber hätten idR ohne Geltendmachung von Asylgründen keine rechtliche Möglichkeit, legal nach Österreich einzureisen. Soweit die Einreise nicht ohnehin unter Umgehung der Grenzkontrolle oder mit einem Touristenvisum stattgefunden hat, ist Asylwerbern der Aufenthalt bloß erlaubt, weil sie einen Asylantrag gestellt und Asylgründe geltend gemacht haben. Sie dürfen zwar bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung weder zurückgewiesen, zurückgeschoben noch abgeschoben werden, ein über diesen faktischen Abschiebeschutz hinausgehendes Aufenthaltsrecht erlangen Asylwerber jedoch lediglich bei Zulassung ihres Asylverfahrens sowie bis zum rechtskräftigen Abschluss oder bis zur Einstellung des Verfahrens. Der Gesetzgeber beabsichtigt durch die zwingend vorgesehene Ausweisung von Asylwerbern eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung im Inland vo

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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