TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/11 B10 214149-7/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.08.2008
beobachten
merken
Spruch

B10 214.149-7/2008/30E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Stefan HUBER gemäß § 61 Abs. 3 iVm § 75 Abs. 7 Z 1 Asylgesetz 2005, BGBl I 2005/100 idF BGBl. I 2008/4, (AsylG) und 66 Abs. 4 AVG, über die Beschwerde der E.M., geb. J., geb. am 00.00.1980, StA. von Nigeria, zu Recht erkannt:

 

I. Die Beschwerde von E.M., vom 07.11.2003 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.10.2003, Zahl: 99 14.245-BAG, wird gemäß § 7 AsylG abgewiesen.

 

II. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wird festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von E.M. nach Nigeria nicht zulässig ist.

 

III. Gemäß § 8 Abs. 3 iVm § 15 Abs. 2 AsylG wird E.M. eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 10.08.2009 erteilt.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

Die Beschwerdeführerin ist am 07.09.1999 ins Bundesgebiet eingereist und stellte am 10.09.1998 gegenständlichen Asylantrag.

 

Dabei gab sie im Wesentlichen an, dass ihr nach dem Tod ihrer Mutter im Juni 1999 von den Mitgliedern der Ogboni Society gesagt worden sei, dass sie dieser Gesellschaft beitreten müsse, sonst würde man sie töten. Sie sei zusammen mit der Schwester geflüchtet, weil sie nicht beitreten wollte. Da ihre Schwester nicht so schnell laufen hätte können, sei sie von den Mitgliedern der Ogboni Society getötet worden.

 

Das Bundesasylamt, Außenstelle Graz, hat den Antrag mit Bescheid vom 26.11.1999, Zl. 99 14.245-BAG, gem. § 6 Z 2 AsylG 1997 als offensichtlich unbegründet abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Nigeria gemäß § 8 AsylG für zulässig erklärt.

 

Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin fristgerecht berufen.

 

Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 22.12.1999 wurde die Berufung gemäß § 6 Z 2 AsylG abgewiesen.

 

Der dagegen erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.

 

Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 11.08.2003 wurde sodann der Bescheid des Bundesasylamtes behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines Bescheides zurückverwiesen.

 

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 24.10.2003 hat das Bundesasylamt den Asylantrag gemäß § 7 AsylG abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Nigeria gemäß § 8 AsylG für zulässig erklärt.

 

Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin Berufung (in der Folge Beschwerde genannt) erhoben.

 

Im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung vom 05.06.2008 wurde Beweis erhoben durch ergänzende Parteienvernehmung der Beschwerdeführerin sowie durch Verlesung und Erörterung u.a. Dokumente.

 

Der Ablauf der in Rede stehenden Verhandlung gestaltete sich im vollen Umfang wie folgt (VL = Verhandlungsleiter, BW = Berufungswerber, nunmehr Beschwerdeführerin):

 

"BW: Österreich hält mich fest, ich möchte nicht nach Nigeria zurück, ich möchte nicht sterben. Im Krankenhaus hat man mich versteckt, dass ich nicht nach Nigeria zurück muss. In Österreich möchte man nicht, dass ich in Nigeria umkomme oder getötet werde. Die Leute dort wollten das Fleisch meines Körpers essen. Die Hautfarbe hat sich seither geändert. Das können Sie auf meinen Unterarm sehen.

 

Anmerkung bei der Rückübersetzung: Ich kann meine Hautfarbe nicht ändern.

 

VL: Warum sind Sie damals geflohen?

 

BW: Meine Mutter war Mitglied eines Geheimbundes namens Ogboni. Als meine Mutter starb, hätte ich diesen Bund beitreten sollen, ich wollte das nicht. Ich kann kein Blut saugen und kein Menschenfleisch essen. Es hieß dann, dass ich sterben muss. Sehen Sie - man wollte mein Fleisch essen, aber hier in Österreich hat man mich "festgehalten" und versteckt gehalten. Ich bin sehr glücklich hier in Österreich, denn hier möchte man mich nicht umbringen. Ich liebe Österreich und die Menschen hier, denn sie stehen Gott am nächsten.

 

VL: Können Sie detaillierter die Bedrohung in Nigeria schildern?

 

BW: Nach dem Tod meiner Mutter hätte ich dem Geheimbund beitreten sollen, bei dem meine Mutter vor ihrem Tod Mitglied gewesen ist. Meine Mutter hatte den Leuten dieses Geheimbundes gesagt, dass ich ihr als nächste nachfolgen werde. Doch ich kann kein Blut trinken und Fleisch essen, deshalb bin ich geflohen.

 

VL: Wie war der Vorgang, als sie gesagt haben, Sie sollen die Nachfolge antreten?

 

BW: Die Leute dieses Geheimbundes kamen zu mir, da bin ich davongelaufen.

 

VL: Haben Sie mit denen gesprochen oder sind Sie gleich weggelaufen?

 

BW: Ich bin gleich weggelaufen.

 

VL: Dann können Sie ja gar nicht wissen, was die wollten und wer die waren.

 

BW: Doch ich wusste das, denn meine Mutter hatte mir vor ihrem Tod gesagt, dass ich als nächste in diesem Geheimbund eintreten muss. Darum musste ich nach dem Tod meiner Mutter fliehen.

 

VL: Wie sind die Familienverhältnisse in Nigeria?

 

BW: Meine zwei Kinder sind in Nigeria. Sie sind bei der Mutter des Kindesvaters.

 

VL: Waren Sie verheiratet?

 

BW: Nein.

 

VL: Gibt es sonst noch Familie in Nigeria?

 

BW: Nein. Ich habe keine Geschwister, nur entfernte Verwandte, ich habe nur meine Kinder.

 

VL: Hatten Sie niemals Brüder oder Schwestern?

 

BW: Nein.

 

VL: Vor dem BAA haben sie gesagt, dass sie mit ihrer Schwester geflohen sind.

 

BW Ich habe nie gesagt, dass ich eine Schwester hatte, meine Schwester wurde von den Ogboni getötet, als wir flohen.

 

VL: Ich habe doch gerade gefragt, ob Sie eine Schwester gehabt haben und sie sagten nein.

 

BW: Ich habe mit "Nein" geantwortet, weil man meine Schwester umgebracht hat, d.h. ich habe im Moment keine Schwester. Österreich hält mich fest, ich liebe Österreich, ich möchte Österreich dienen.

 

VL: Wieso wissen Sie, dass die Schwester tot ist?

 

BW: Ich glaube, dass sie tot ist, weil ich seither nichts mehr von ihr gehört habe. Wir waren gemeinsam auf der Flucht als sie von diesen Leuten geschnappt wurde. Seither habe ich von ihr nichts mehr gehört, bis heute nicht. Wenn ich arbeite, dann spreche ich immer die Wahrheit, das ist mir in Nigeria zum Verhängnis geworden, weil ich immer die Wahrheit sage.

 

VL: Was haben Sie für eine Arbeit?

 

BW: Im Moment habe ich keine Arbeit, aber ich habe damit gemeint, dass ich nicht lügen kann, wenn ich eine Arbeit habe. Es ist so. Wirklich.

 

VL: Haben Sie Kontakt zur Familie in Nigeria?

 

BW: Ich rufe meine Kinder an.

 

VL: Wie heißen diese und wie alt sind sie?

 

BW: I. ein Mädchen, 11 Jahre alt und L. der Sohn ist 10 Jahre.

 

VL: Wissen Sie die Geburtstage?

 

BW: Am 00. April ist das Mädchen und am 00. Juni der Bub geboren. An die Jahreszahl kann ich mich nicht mehr erinnern.

 

VL: Was ist mit ihren Eltern?

 

BW: Diese sind tot. Ich war noch klein als mein Vater starb, Meine Mutter starb vor jetzt 10 Jahren.

 

VL: Wie sind die Namen der Eltern?

 

BW. Meine Mutter hieß V., Mein Vater J..

 

VL: J. ist der Familienname ihres Vaters, wie ist der Vorname?

 

BW: J. ist der Name des Vaters. Ich kenne sonst keinen Namen meines Vaters. Er hieß J., ich war noch ganz klein, ich bin auch nie zur Schule gegangen.

 

VL: Vor dem BAA haben Sie schon einen zweiten Namen ihres Vaters gewusst.

 

BW: Ich weiß sonst keinen Namen, nur J..

 

VL: E..

 

BW: Das ist der Name meiner Mutter. E.V.

 

VL: Ihr verstorbener Vater hat am 18. Jänner 2001 unter dem Namen J.O. bestätigt, dass Sie ledig sind.

 

BW: Ich habe keinen Vater, ich kann nichts sagen.

 

VL: Das haben Sie vorgelegt im Verfahren. Da waren Sie noch nicht in Therapie.

 

BW: Ich habe keinen Vater, ich weiß nicht, woher das Schreiben kommt.

 

VL: Sie brauchen das Schreiben, wenn Sie in Österreich heiraten wollen.

 

BW: Ich habe keine Ahnung wer dieses geschickt haben soll. Ich habe keinen Vater.

 

Ich kann nicht schreiben.

 

VL: Aber die Dokumente zum Heiraten haben Sie sich besorgt.

 

BW: Ich habe keinen Vater. Die Dokumente lügen.

 

VL: Wie oft waren Sie hier in Österreich schon verheiratet?

 

BW: Ja ich war in Österreich verheiratet. Dieser Mann hat mich geschlagen und Drogen genommen. Außerdem hat er behauptet ich hätte ihn Geld für die Heirat bezahlt, aber ich habe das nicht getan.

 

VL: Sind Sie von diesem Mann nun geschieden?

 

BW: Ja, ich habe Scheidungspapiere mit.

 

BW legt vor Nichtigkeitsurteil des BG Favoriten.

 

VL: Sind Sie jetzt wieder verheiratet?

 

BW: Ja.

 

VL: Wie sind Sie zum Reisepass gekommen?

 

BW: Den Reisepass habe ich von meiner Botschaft hier bekommen.

 

VL: Das BAA behauptet, dass dieser in Nigeria ausgestellt wurde.

 

BW: Nein, diesen Reisepass habe ich hier bei der nigerianischen Botschaft in Wien machen lassen, ich habe ihn jetzt leider nicht mit.

 

VL: Aus der Code-Nr. 106 soll man den Ausstellungsort eruieren können, und dieser wäre die Stadt Lokoja.

 

BW. Ja vielleicht wurde dieser Reisepass von der Stadt Lokoja übermittelt.

 

VL: Ich glaubte sie kommen aus Benin City?

 

BW: Ja das stimmt.

 

VL: Wieso ist dann der Reisepass aus Lokoja?

 

BW: Ich weiß das nicht, ich nehme nur an, dass der Reisepass möglicherweise dort gemacht wurde. Ich nehme an, ich weiß nicht wo er genau gemacht wurde.

 

VL: Wenn Sie ihn beantragt haben, werden Sie es wohl wissen.

 

BW: Ich habe meinen Reisepass hier beantragt, d.h. bei der nigerian. Botschaft in Wien, ich weiß aber nicht durch wen er ausgestellt wurde, ich bin nie zur Schule gegangen, ich habe keine Ahnung. Erst hier in Österreich bin ich erstmals zur Schule gegangen. In Österreich haben die Leute Mitleid mit den Mitmenschen und wollen immer nur das Beste.

 

VL: Schreiben können Sie schon?

 

BW: Nein, ich kann nur ein wenig Deutsch lesen.

 

VL: Aber unterschreiben können Sie.

 

BW: Ja.

 

VL: Zu welchem Volk gehören Sie?

 

BW: Ich komme aus Benin City und gehöre dem Stamm der Edo an.

 

VL: Die Ogbonis sind eigentlich bei den Yoruba zu Hause.

 

BW: Nein, nein, überall in Nigeria wimmelt es von diesen Ogbonis. Aber es stimmt, ursprünglich waren dies Yoruba.

 

VL: Haben Sie andere Flüchtgründe als sie bis jetzt gesagt haben.

 

BW: Nein, es war wegen dieses Geheimbundes, dass ich geflohen bin.

 

VL: Sind Sie nach Europa gebracht worden um hier der Prostitution nachzugehen, eventuell unter Druck von anderen Nigerianern?

 

BW: Nein, mir haben nur meine Freundinnen einmal gesagt, ich solle mit ihnen gehen und auch Prostitution machen. Ich bin einmal mitgegangen, aber da hat niemand mit mir gesprochen.

 

VL Sie haben sich registrieren lassen.

 

BW: Ja das stimmt, aber da mich kein Mann wollte, habe ich die Karte wieder zurückgegeben.

 

VL: Wie ist das mit ihrer Verurteilung, können Sie dazu was sagen?

 

BW: Immer wieder haben Leute auf mich eingeredet. "Es" zu tun, so bin ich in eine Drogensache geraten, ich wurde dafür verhaftet und bestraft.

 

VL: Waren diese Leute Nigerianer?

 

BW: Meine nigerian. Freundinnen haben mich dazu verleitet, diese sind nicht mehr in Österreich, sie sind nach Ungarn geflohen.

 

VL: Sie haben tote Menschen gesehen, die mit Ihnen gesprochen haben?

 

BW: Welche Personen?

 

VL: Tote Personen.

 

BW: Nein, das ist nur wenn ich krank bin, da erscheinen mir Leute, Geister die zu mir sprechen. Da sehe ich Geister.

 

VL: Sind Sie heute gesund oder krank?

 

BW: Ich nehme Medikamente, damit ich nicht wieder krank werde.

 

VL: Wie oft waren Sie schon krank?

 

BW: Ca. fünfmal

 

VL: Wann hat die Krankheit angefangen?

 

BW: 2001.

 

VL: Gab es dafür einen Anlass?

 

BW: Ich weiß nicht warum.

 

VL: Was macht Ihr Mann, kümmert er sich um Sie?

 

BW: Ich möchte meinen Mann nicht mehr sehen. Ich möchte allein sein, denn er ist auch so ein "Vogel". Er gehört auch zu den Leuten die wollen, dass ich Fleisch esse ich möchte mit ihm nicht mehr zusammen sein.

 

VL: Waren Ihre Kinder als Sie geflohen sind noch ganz klein oder 10 und 11 Jahre.

 

BW: Damals waren meine Kinder noch ganz klein.

 

VL: Aber Gott spricht heute nicht durch Sie?

 

BW: Ja, schon.

 

BW macht Bewegungen, breitet die Arme aus und strahlt vor Glück.

 

Erörtert werden:

 

Auskunft der nigerian. Botschaft betreffend Reisepassausstellung

 

VL. Waren Sie im Jahr 2000 nochmals in Nigeria?

 

BW: Nein.

 

Erörtert werden weiters:

 

Kurzbericht über den "Nigeria Workshop" März 2004, Seite 6.

 

BWV: Ich habe die BW gefragt, ob ihre Mutter eine führende Stellung bei den Ogbonis gehabt hätte, was für mich die einzige Erklärung wäre für die Verfolgung. Aber sie konnte mir darüber nichts sagen.

 

BW: Wenn die Hexen dort hin gehen bekommen sie alles, aber ich war nie eine Hexe, darum ist alles so kompliziert für mich.

 

Erörtert werden weiters:

 

Anfragebeantwortung Dr. G., Fragen 26 bis 30

 

BWV: Auf Seite 13 wird auch bestätigt, dass Führungspositionen vererbt werden.

 

Auf Seite 15 bei Frage 30 steht, dass keine Konsequenzen zu erwarten sind, wenn man sich der Verschwiegenheit hält. Die BW gab an immer die Wahrheit zu sagen, deshalb würden die Mitglieder befürchten, dass sie Geheimnisse verraten wird.

 

VL: Was wissen Sie über die Ogboni?

 

BW: Die saugen Blut und essen Menschenfleisch, das ist wirklich so.

 

VL: Waren Sie jemals dabei.

 

BW: Nein, aber meine Mutter hat mir davon erzählt. Diese Leute sind sehr gefährlich.

 

VL: Was hatte Ihre Mutter für eine Position?

 

BW: Ich war nie dort, ich weiß das nicht.

 

VL: Aber Sie haben doch mit der Mutter darüber gesprochen.

 

BW: Sie hat mir ihre Position nicht gesagt. Man wollte mich aufessen. Aber die Österreicher haben das nicht zugelassen.

 

VL: Gab es eine Gefährdung hier in Österreich?

 

BW: Seit ich hier bin, bin ich überglücklich mit den Leuten hier. Jetzt möchte mich niemand mehr essen.

 

Erörtert werden weiters:

 

Gutachten Dr. E., Staatl. Museum für Völkerkunde München v. 23.08.2002, Pkt. I. a

 

BW: In Österreich war man immer nett zu mir, man hat mir Kleidung und Essen gegeben.

 

Erörtert werden weiters:

 

Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Nigeria des auswärtigen Amtes v. September 2007 und zwar IV. I.

 

Anfragebeantwortung ACCORD v. 28. Juni 2007, 2.) Medizinische Versorgung.

 

BWV: Fraglich ist, ob sich die BW dies leisten kann. Es ist auch fraglich welche Behandlung die BW in Nigeria bekäme.

 

VL: Sie wollten heute unbedingt her, was erhoffen Sie sich?

 

BW: Österreich kennt meine Hoffnungen und weiß war gut für mich ist.

 

VL: Sind Sie sich im Klaren, dass wir hier ein Asylverfahren abführen?

 

BW: Ja."

 

Auf Grundlage des durchgeführten Ermittlungsverfahrens werden seitens des Unabhängigen Bundesasylsenates folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

 

Die Beschwerdeführerin führt den im Spruch genannten Namen, ist geboren am 00.00.1980 und Staatsangehörige von Nigeria.

 

Die Beschwerdeführerin leidet seit 2001 unter einer schizo-affektiven Psychose, eine chronische psychiatrische Erkrankung, welche behandlungsbedürftig ist. Diese Erkrankung wird medikamentös behandelt. Sie war bisher im Bundesgebiet fünfmal in stationärer Behandlung.

 

Sie wurde von nigerianischen Landsleuten unter Druck gesetzt als Prostituierte zu arbeiten und fühlt sich deshalb verfolgt. Es bestand auch der Verdacht des Drogenmissbrauchs im Jahr 2003.

 

Am 00.04.2001 schloss die Beschwerdeführerin eine Staatsbürgerschaftsehe mit einem österreichischen Staatsbürger. Diese wurde für nichtig erklärt.

 

Mit Urteil des BG Josefstadt vom 00.03.2005 wurde die Beschwerdeführerin wegen §§ 15, 127 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt.

 

Mit Urteil des LG Strafsachen Wien vom 00.06.2006 wurde die Beschwerdeführerin wegen §§ 28 Abs. 2, Abs. 3 SMG iVm § 15 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.

 

Am 00.08.2006 heiratete die Beschwerdeführerin Herrn E.O..

 

Mit Bescheid der SID Steiermark vom 00.01.2008, wurde der Bescheid der BPD Graz wegen Verhängung eines Rückkehrverbotes ersatzlos aufgehoben. Begründend wurde dazu ausgeführt, dass die von der Staatendokumentation des Bundesasylamtes der SID Steiermark übermittelten Berichte im Gesamtumfang von 36 Seiten über die Behandlungsmöglichkeiten einer chronisch schizo-affektiven Psychose in Nigeria ergeben haben, dass für die Beschwerdeführerin eine leistbare adäquate Behandlungsmöglichkeit derzeit nicht gewährleistet ist. Die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie des Verfassungsgerichtshofes stelle eindeutig klar, dass der betroffene Fremde in Österreich bleiben kann, wenn keine adäquate und finanziell leistbare medizinische Behandlung im Heimatstaat besteht.

 

Feststellungen zu Nigeria:

 

Ausstellung von Reisepässen:

 

The issuance of Federal Republic of Nigeria's Machine Readable Passport necessarily requires personal presence of the applicant. In a situation where the contrary happened, such passport should be impounded and sent to the Nigeria Embassy, Vienna for clarification.

 

Although the method of procurement of the said passport is not allowed, such passports have been in use by Nigerians due to logistical problems associated with their issuance such as the absence of machine readable equipments.

 

(Auskunft der nigerian. Botschaft betreffend Reisepassausstellung v. 15.04.2003)

 

Geheimgesellschaften:

 

Es gibt eine Unzahl von Geheimgesellschaften bzw. Studentenvereinigungen. Abgesehen von

 

der christlichen oder moslemischen Religion betreibt jeder Nigerianer nebenbei eine alteingesessene Naturreligion, Voodoo wird ständig praktiziert. Auf jedem größeren Markt gibt es auch einen Platz für "Voodoo - Stände", wo für jede Art von Ritualen die notwendigen Utensilien, Kräuter, Arzneien bis hin zu Affen- und Pferdeköpfen, gekauft werden können.

 

Man wird nicht Mitglied in einem Geheimbund - man ist Mitglied aufgrund seiner familiären

 

Zugehörigkeit, man wird in eine Gesellschaft hineingeboren. Dadurch hat man enorme Vorteile, womit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, dass aufgrund der insgesamt schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse in Nigeria ein Nigerianer nicht Mitglied sein will, bzw. auf die Mitgliedschaft verzichten möchte. Die Nachfolge in Positionen wird von einflussreichen Familien bestimmt, aber es besteht keine Lebensgefahr, wenn man ablehnt.

 

Tatsächliche tief greifende Informationen über Geheimbünde liegen nicht vor - ansonsten könnte man logischer Weise auch nicht von einem Geheimbund sprechen.

 

In Nigeria hat das Problem mit Geheimbünden bei weitem nicht den Stellenwert, den es aufgrund der hier vorgebrachten Asylvorbringen haben müsste. Eigene gesetzliche Regelungen dagegen gibt es nicht, Vergehen und Verbrechen werden nach dem allgemeinen Strafgesetz verfolgt.

 

Menschenopfer sind selbstverständlich verboten. Die Polizei kümmert sich allerdings nicht um Rituale oder Bräuche, solange nicht strafrechtliche Tatbestände vorliegen. Es gibt dokumentierte Festnahmen und Verurteilungen bei Menschenopfern. Diese werden streng unter das nigerianische Strafrecht subsumiert und bedingen den Sachverhalt "Mord".

 

Verfolgung durch eine Geheimgesellschaften hat keine Asylrelevanz, weil es sich nicht um eine staatliche Verfolgung handelt.

 

Unter den stark christianisierten Ibos sind Geheimgesellschaften nicht mehr aktiv. Ebenso nicht unter den Haussa, das hat dort wenig Bedeutung.

 

(Kurzbericht über den "Nigeria Workshop" März 2004, Seite 6)

 

Es liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor. Allgemein wird jedoch davon ausgegangen, dass es sich bei der traditionellen Ogboni Gesellschaft um eine reine Yoruba Geheimgesellschaft handelt. Schon die Befragung des Orakels von Ife, dem Heiligtum der Yoruba Kultur, bei der Frage der Nachfolge im Amt, deutet auf eine reine Yoruba-Gesellschaft hin.

 

Auf Grund der Familienzugehörigkeit ist jedes Mitglied der Familie gleichzeitig auch Mitglied der traditionellen Geheimgesellschaft der Ogboni. Denkbar ist nur, dass Kinder erst ab einem bestimmten Alter Kenntnis über die Gesellschaft erlangen und somit im Kindesalter keine Kenntnis über die Mitgliedschaft haben. In anderen Gesellschaften wie der ROF oder den reinen Männerbunden ist es sehr wohl möglich, dass über die Mitgliedschaft eines Familienangehörigen keine Kenntnis herrscht.

 

Da jedes Familienmitglied automatisch Mitglied der traditionellen Ogboni Gesellschaft ist, kann die Mitgliedschaft nicht verweigert werden. Die Nachfolge in das Amt des verstorbenen

 

Vaters kann verweigert werden.

 

Da jede Person auf Grund ihrer familiären Zugehörigkeit gleichzeitig auch Mitglied der traditionellen Ogboni Gesellschaft ist und hierdurch enorme Vorteile genießt, kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass eine Person freiwillig auf die Mitgliedschaft oder die Nachfolge im Amt verzichten würde. Das Ausscheiden aus der traditionellen Ogboni Gesellschaft ist auf Grund der familiären Zugehörigkeit nicht, der Verzicht auf die Nachfolge im Amt aber problemlos möglich, da die Familie das Vorschlagsrecht bei der Nachfolge im Amt ausübt. So lange sich eine Person, welche die Mitgliedschaft ablehnt, an die Verschwiegenheitsgebote der Gesellschaft hält, hat sie keine Konsequenzen zu befürchten.

 

Feststellungen zu Grundversorgung und medizinische Versorgung in Nigeria:

 

Nigerias Wirtschaft lebt zum einen vom Öl- und Gassektor, der 40 % des BSP, 80 % der Staatseinnahmen und 97 % der Exporterlöse ausmacht, zum anderen vom (informellen) Handel und der Landwirtschaft, die dem größten Teil der Bevölkerung eine Subsistenzmöglichkeit bietet. Die Industrie (Zentren im Südwesten, Südosten und Norden) liegt wegen Energiemangels darnieder. Es bestehen große Defizite bei der Infrastruktur.

 

Schätzungsweise 50-70 % der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze von einem US-Dollar pro Tag. Das Pro-Kopf-Jahreseinkommen beträgt zwar ca. 1000,- US-Dollar, ist aber völlig ungleichmäßig zwischen einer winzigen Elite und der Masse der Bevölkerung verteilt.

 

Es gibt eine allgemeine Kranken- oder Rentenversicherung, die allerdings nur für Beschäftigte im "formalen Sektor" gilt. Die meisten Nigerianer arbeiten dagegen als Bauern oder Landarbeiter oder Tagelöhner im "informellen Sektor". Leistungen der Krankenversicherung kommen damit maximal 10 % der Bevölkerung zugute. Die neu eingeführte Rentenversicherung ist ebenfalls auf den formalen Sektor beschränkt, wobei abzuwarten bleibt, ob die Beitragszahlungen tatsächlich zu Leistungen an die Berechtigten führen werden. Die Gesundheitsversorgung, vor allem auf dem Lande, ist mangelhaft. Der Zugang zu Wasser und Strom ist dem größten Teil der Bevölkerung erschwert. Die Bildungschancen sind sehr ungleich verteilt.

 

Rückkehrer finden in den Großstädten eine ausreichende medizinische Versorgung vor. Es gibt sowohl staatliche als auch zahlreiche privat betriebene Krankenhäuser. In privaten Kliniken können die meisten physischen und psychischen Krankheiten behandelt werden. Die Patienten müssen auch in staatlichen Krankenhäusern ihre Behandlung selbst bezahlen.

 

Hilfsorganisationen, die für Not leidende Patientinnen und Patienten die Kosten übernehmen, sind nicht bekannt. Aufwendigere Behandlungsmethoden, wie Dialyse oder die Behandlung von HIV/Aids, sind zwar möglich, können von dem Großteil der Bevölkerung aber nicht finanziert werden. Nach offiziellen Schätzungen sind ca. 5 % der Bevölkerung an HIV/AIDS infiziert. Regierung und private Organisationen betreiben Aufklärung, was zu einer leicht fallenden Infektionsrate geführt hat.

 

(Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria Stand: September 2007 des Auswärtigen Amtes)

 

Medizinische Versorgung in Nigeria: Allgemeine Informationen, Zugang und Kosten

 

Zur aktuellen Lage des Gesundheitssystems in Nigeria berichtet die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) in ihrem Update zu Nigeria vom 18. Dezember 2006 Folgendes:

 

"Es gibt zahlreiche Informationen zur medizinischen Versorgung in Nigeria, die auf primärer, sekundärer und tertiärer Ebene nicht mit europäischen Standards vergleichbar ist. Zugang, Qualität, Quantität, Stabilität und Kosten der medizinischen Versorgung variieren in Nigeria innerhalb von Städten, zwischen Stadt und Land sowie zwischen privatem und öffentlichem Sektor. Das öffentliche Gesundheitssystem Nigerias ist in einem schlechten Zustand. Offizielle Daten weisen darauf hin, dass sich das öffentliche Gesundheitswesen in den letzten Jahren verschlechtert hat. Das 2003 eingeführte allgemeine Krankenversicherungssystem funktioniert schlecht. Kranke, Arme und Alte sind auf Familienhilfe angewiesen. Nur Regierungsbedienstete kommen in den Genuss öffentlicher Fürsorge. Ab 2007 soll ein neues Krankenversicherungssystem ärmeren Schichten Zugang zu den grundlegenden medizinischen Diensten ermöglichen." (SFH, 18. Dezember 2006, S.8-9)

 

In einem anderen Dokument zur Behandlungsmöglichkeit von HIV/AIDS in Nigeria vom 12. Juli 2006 stellt die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) weiters fest:

 

"Das Angebot medizinischer Dienstleistungen durch private und gemeinnützige (NGO) Institutionen / Organisationen ist qualitativ besser, in Einzelfällen sogar mit amerikanischen Standards vergleichbar. Wie in anderen afrikanischen Staaten auch, lässt sich die ¿Elite' bei vorhandenen Ressourcen im Ausland behandeln, die Mittelklasse nutzt private Kliniken und Hospitäler, einkommensschwächere oder arme Schichten sind auf das öffentliche Gesundheitswesen angewiesen." (SFH, 12. Juli 2006, S.2-3)

 

In einer Anfragebeantwortung vom 13. November 2006 schreibt die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH):

 

"In Nigeria hängt die Qualität der medizinischen Versorgung primär von den finanziellen Möglichkeiten der PatientInnen ab. In privaten Hospitälern und Kliniken ist das Angebot durchaus mit amerikanischen Standards vergleichbar." (SFH, 13. November 2006, S.2)

 

Das österreichische Außenministerium (BMAA) bezeichnet auf seiner Webpage in der Rubrik "Bürgerservice" unter "Reiseinformationen" die Gesundheitsversorgung in Nigeria als nicht dem europäischen Standard entsprechend:

 

"Aufgrund der hygienischen Verhältnisse und der unzureichenden Versorgung mit Medikamenten sowie des Mangels an entsprechendem Fachpersonal entspricht die Lage in den Krankenhäusern nicht dem europäischen Standard." (BMAA, 8. Juni 2006)

 

(Anfragebeantwortung ACCORD vom 28.06.2007)

 

Nicht festgestellt werden konnten die behaupteten Fluchtgründe der Beschwerdeführerin.

 

Diese Feststellungen gründen sich auf folgende Beweiswürdigung:

 

Vorerst sei festgehalten, dass die Beschwerdeführerin anlässlich ihrer Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 26.11.1999 keinerlei psychische Beeinträchtigungen aufwies. Wie sich aus den psychiatrischen Gutachten im Akt ergibt, traten die ersten derartigen Beschwerden erst 2001 auf. Weiters ist festzuhalten, dass laut fachärztlicher Stellungnahme der Landesnervenklinik Sigmund Freud in Graz vom 30.05.2008 die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung verhandlungsfähig ist. Die Angaben der Beschwerdeführerin im Verfahren sind somit nicht zu Zeiten ihrer psychischen Beeinträchtigungen aufgenommen worden und können daher in der Entscheidung berücksichtigt werden.

 

Die Feststellungen zur Herkunft und zur Identität gründen sich auf die Angaben der Beschwerdeführerin und der im Akt befindlichen Reisepasskopie sowie Kopie der Heiratsurkunde.

 

Die Feststellung zu den rechtskräftigen Verurteilungen der Beschwerdeführerin ergibt sich aus einer Strafregisterauskunft.

 

Die Feststellungen zu den gesundheitlichen Problemen der Beschwerdeführerin gründen sich auf im Akt befindliche Krankengeschichte vom 25.04.2008, fachärztliche Stellungnahmen aus 2008 und dem fachärztlich-psychiatrischen Bericht vom 28.09.2007.

 

Die Feststellungen zu Geheimgesellschaften und zur Gesundheitsversorgung in Nigeria auf die oben angeführten Berichte. Zur Gesundheitsversorgung im gegenständlichen Fall wurde auch der Bescheid der SID Steiermark vom 00.01.2008, herangezogen, welche nach Studium von Berichten der Staatendokumentation des Bundesasylamtes zum Schluss kam, dass eine leistbare adäquate Behandlung der Beschwerdeführerin derzeit in Nigeria nicht gewährleistet ist.

 

Die Fluchtgründe werden aus folgenden Gründen als nicht glaubhaft angesehen:

 

Das einzige Wissen der Beschwerdeführerin über die Ogboni beschränkt sich auf "Blut saugen, Menschenfleisch essen". Dass sie als Tochter eines angeblichen Mitglieds dieses Geheimkultes nicht mehr zu berichten weiß, ist nicht glaubhaft und widerspricht auch den diesbezüglichen Feststellungen. Da die Mitgliedschaft in dieser Geheimgesellschaft durchwegs wirtschaftliche Vorteile im Sinne einer Interessensgemeinschaft bringt, wäre zumindest ein geringes Wissen darüber innerhalb der Familienmitglieder durchaus voraussetzbar. Auch die Weigerung der Nachfolge ist aus diesem Grund aufgrund der wirtschaftlichen Lage Nigerias kaum nachvollziehbar. Darüber hinaus sind die von der Beschwerdeführerin genannten "Merkmale" der Ogbonis" (Blut saugen, Menschenfleisch essen) nicht mit den Feststellungen in Einklang zu bringen.

 

Weiters widerspricht die Behauptung der Beschwerdeführerin, sie als Angehörige der Edo müsste zu den Ogbonis, den Feststellungen, wonach die Ogboni ein Yoruba-Kult sind.

 

Die Erzählung der Beschwerdeführerin über ihre angebliche Rekrutierung entbehrt jeglicher Details. Auch die Erklärung auf Vorhalt, bei der Verhandlung habe sie im Gegensatz zur Einvernahme ihre Schwester nicht erwähnt, ist nicht plausibel und eine reine Schutzbehauptung. Ebenso nicht erklärbar war der Umstand, dass sie ihren Vater vor der Erstinstanz mit "E.J." benannte und vor der Berufungsinstanz nur mehr mit J.; ohne Vornamen.

 

Dass der angeblich vor langer Zeit verstorbene Vater im Jahr 2001 eine Ledigkeitserklärung für die Beschwerdeführerin abgab, wurde lapidar damit erklärt, dass sie keinen Vater habe. Die von ihr im Verfahren vorgelegten Papiere würden lügen.

 

Wie die Beschwerdeführerin zu ihrem Reisepass gekommen ist, konnte sie ebenso nicht nachvollziehbar erklären. Offenbar wurde dieser in Nigeria ausgestellt, obwohl sie im Bundesgebiet aufhältig war.

 

Rechtlich folgt aus dem festgestellten Sachverhalt:

 

Gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 Asylgesetz 2005 idF Art. 2 BG BGBl. I 4/2008 sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen; Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Da im vorliegenden Verfahren bereits vor dem 1. Juli 2008 eine mündliche Verhandlung vor dem nunmehr zuständigen Richter stattgefunden hat, ist von einer Einzelrichterzuständigkeit auszugehen.

 

Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt."

 

Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005, BGBI. I Nr. 100/2005, sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen.

 

Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 werden Verfahren über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des AsylG 1997 BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 geführt.

 

Gemäß § 44 Abs. 3 AsylG 1997 sind die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 auch auf Verfahren gemäß Abs. 1 anzuwenden.

 

Ad I.) Gemäß § 7 AsylG 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Artikel 1, Abschnitt A, Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Artikel 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne des AsylG 1997 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiverweise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorherigen Aufenthalts zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende pro futuro zu erwartende Verfolgungsgefahr dar. Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine so genannte inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH 24.03.1999, 98/01/0352).

 

Auf Grund obiger Erwägungen wird der Beschwerdeführerin die Glaubwürdigkeit ihrer Fluchtgründe abgesprochen, weshalb es ihr nicht gelungen ist eine Verfolgung im Herkunftsstaat glaubhaft zu machen und eine Asylgewährung aus diesem Grunde ausgeschlossen ist.

 

Ad I.) Zum Ausspruch über die Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin in ihr Heimatland ist Folgendes auszuführen:

 

Gemäß Art. 5 § 1 des Fremdenrechtspakets BGBl. I 100/2005 ist das FrG mit Ablauf des 31.12.2005 außer Kraft getreten; am 1.1.2006 ist gemäß § 126 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (Art. 3 BG BGBl. I 100/2005; in der Folge: FPG) das FPG in Kraft getreten. Gemäß § 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des FrG verwiesen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des FPG. Demnach wäre die Verweisung des § 8 Abs. 1 AsylG auf § 57 FrG nunmehr auf die "entsprechende Bestimmung" des FPG zu beziehen, das ist § 50 FPG. Anzumerken ist, dass sich die Regelungsgehalte beider Vorschriften (§ 57 FrG und § 50 FPG) nicht in einer Weise unterscheiden, die für den vorliegenden Fall von Bedeutung wäre. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die sich - unmittelbar oder mittelbar - auf § 57 FrG bezieht, lässt sich insoweit auch auf § 50 FPG übertragen.

 

Die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre (§ 8 Abs. 1 AsylG iVm § 50 Abs. 1 FPG) bzw. dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der GFK iVm § 50 Abs. 2 FPG und § 8 Abs. 1 AsylG), es sei denn es bestehe eine inländische Fluchtalternative.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 50 FPG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eines Fremden demnach unzulässig, wenn dieser dadurch der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde (§ 50 Abs. 1 FPG iVm Art. 3 EMRK), wenn sein Recht auf Leben verletzt würde (§ 50 Abs. 1 FPG iVm Art. 2 EMRK) oder ihm die Vollstreckung der Todesstrafe drohen würde (§ 50 Abs. 1 FPG iVm Art. 1 des 13. Zusatzprotokolls zur EMRK). Da sich § 50 Abs. 1 FPG inhaltlich weitestgehend mit § 57 Abs. 1 FrG deckt und die Neufassung im Wesentlichen nur der Verdeutlichung dienen soll, kann die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 57 Abs. 1 FrG weiterhin als Auslegungsbehelf herangezogen werden. Nach dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist sohin auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht mehr vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in § 50 Abs. 1 FPG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 95/21/0294 vom 26.6.1997). Unter "außergewöhnlichen Umständen" (z.B. fehlende medizinische Behandlung bei lebensbedrohender Erkrankung) können auch von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertretende lebensbedrohende Ereignisse ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 50 Abs. 1 FPG darstellen (Urteil des EGMR in D vs. Vereinigtes Königreich vom 2.5.1997).

 

Auf Basis der Sachverhaltsfeststellungen liegt nach Ansicht der erkennenden Behörde ein Abschiebungshindernis im Sinne von § 8 AsylG iVm § 50 Abs.1 FPG vor.

 

Auch außergewöhnliche, vom Herkunftsstaat nicht zu vertretende Umstände (insbesondere schwere, nicht behandelbare Erkrankungen) können im Hinblick auf das zitierte Urteil des EGMR vom 02.05.1997 ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 50 Abs. 1 FPG darstellen, wie mittlerweile auch vom Verwaltungsgerichtshof mehrfach ausgesprochen wurde (siehe z.B. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0043).

 

Der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgend (siehe z.B. VwGH 09.07.2002, 2001/01/0164) ist die Situation des Fremden - vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse - für den gedachten Fall der Abschiebung nach Nigeria in den Blick zu nehmen. Es ist zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückschiebung in eine "aussichtslose Situation" geraten würde.

 

Im gegenständlichen Fall legt die Gesamtbetrachtung aller Umstände nahe, dass für die Beschwerdeführerin eine Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Artikels 3 EMRK bedeuten würde:

 

Dies aufgrund der gesundheitlichen Probleme der Beschwerdeführerin, welche in Nigeria keine leistbare, adäquate Behandlung ihrer psychischen Krankheit zu erwarten hätte.

 

Ad III.) Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG ist Fremden, deren Asylantrag aus anderen Gründen als in Asylausschlussgründen (§ 13) abgewiesen wurde, von jener Asylbehörde mit Bescheid eine befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen, von der erstmals festgestellt wurde, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung unzulässig ist.

 

Gemäß § 15 Abs. 2 AsylG ist die befristete Aufenthaltsberechtigung für höchstens ein Jahr und nach der ersten Verlängerung für höchsten fünf Jahre zu bewilligen. Die Aufenthaltsberechtigung behält bis zur Entscheidung über die Verlängerung durch das Bundesasylamt Gültigkeit. Die Verlängerung befristeter Aufenthaltsberechtigungen gem. § 8 Abs. 3 sowie deren Widerruf obliegt dem Bundesasylamt.

 

Voraussetzung für die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung sind demnach das Nichtvorliegen eines Asylausschlussgrundes und eine dem Rechtsbestand angehörende Feststellung nach § 8 AsylG, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung unzulässig ist (VwGH 24.02.2000, 99/20/0474; 25.01.2001, 99/20/0009). Diese Voraussetzungen liegen im gegenständlichen Fall vor, weshalb die befristete Aufenthaltsberechtigung spruchgemäß zu erteilen war. Die Aufenthaltsberechtigung wurde für die Höchstdauer von einem Jahr erteilt, weil eine Besserung der Situation der Beschwerdeführerin in unmittelbarer Zukunft nicht absehbar ist.

Schlagworte
befristete Aufenthaltsberechtigung, gesundheitliche Beeinträchtigung, Glaubwürdigkeit, mangelnde Asylrelevanz, medizinische Versorgung, strafrechtliche Verurteilung
Zuletzt aktualisiert am
05.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten