TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/16 S10 401393-1/2008

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Veröffentlicht am 16.09.2008
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Spruch

S10 401.393-1/2008/3E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. ROSENAUER als Einzelrichter über die Beschwerde der minderjährigen A.M., geb. 00.00.2004, StA. Russische Föderation, gesetzlich vertreten durch:

A.E., gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.08.2008, Zahl:

08 04.589 - EAST OST, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 5, 10 AsylG 2005 mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides lautet:

 

"Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 26.05.2008 wird gemäß § 5 Absatz 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, als unzulässig z u r ü c k g e w i e s e n. Für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz ist gemäß Artikel 16 Abs. 1 lit. e der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates Polen zuständig."

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

 

1. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

Der Verfahrensgang vor der erstinstanzlichen Bescheiderlassung ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsakt und stellt sich im Wesentlichen wie folgt dar:

 

1.1. Die minderjährige Beschwerdeführerin (in der Folge BF) ist Staatsangehörige der Russischen Föderation und gehört der tschetschenischen Volksgruppe an. Sie stellte am 26.05.2008 durch ihre gesetzliche Vertreterin, A.E. (Mutter), in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Im Zuge der niederschriftlichen Befragung vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes des PI EAST Ost am 26.05.2008 gab die gesetzliche Vertreterin der minderjährigen BF an, von ihrem Heimatort Grozny am 06.10.2005 gemeinsam mit ihrer Familie per Bahn über Moskau, Brest und Teraspol nach Polen gereist zu sein. Dort hätten sie in 3 verschiedenen Asyllagern gelebt. Am 08.05.2008 wäre ihnen die Geldunterstützung gestrichen worden und sie hätten das Lager verlassen müssen. Daher seien sie per Bahn über Prag nach Wien und mit der Badner Bahn nach Traiskirchen gefahren. Das Asylverfahren hätte sich im Stadium der Duldung (Pobyt) befunden. Es hätte keine finanzielle und medizinische Versorgung mehr gegeben.

 

Als Fluchtgrund gab die gesetzliche Vertreterin der minderjährigen BF an, dass im Jahr 2004 ihr Bruder A. getötet worden wäre, weil er den tschetschenischen Kämpfern geholfen habe. Aus diesem Grund sei die Sicherheit ihrer Familie in ihrer Heimat nicht mehr gewährleistet. Die Kinder hätten keine eigenen Fluchtgründe.

 

Der Vater der minderjährigen BF machte im Wesentlichen gleichlautende Angaben und gab zusätzlich an, dass das Leben seiner Familie in Russland nicht gewährleistet gewesen wäre. Einmal sei er im Jahr 2001 in Nazran angehalten worden, er hätte 2 Wochen bleiben müssen, er hätte seine Heimat verlassen müssen, da es für seine Familie nicht sicher genug gewesen wäre.

 

1.2. Ein AFIS-Abgleich ergab, dass die gesetzliche Vertreterin der mj. BF am 09.10.2005 in Lublin (Polen) und am 22.05.2007 in Warschau (Polen) einen Asylantrag gestellt hatte. Am 27.05.2008 wurde ein Aufnahmeersuchen gemäß der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates (in der Folge Dublin II VO) an Polen gerichtet. Da die erstinstanzliche Behörde ein Vorgehen nach § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG 2005 (in der Folge AsylG) beabsichtigte, wurde der gesetzlichen Vertreterin der mj. BF am 28.05.2008 mitgeteilt, dass seit 27.05.2008 Konsultationen mit Polen gemäß Dublin II VO geführt würden und somit die 20-Tages-Frist gemäß § 28 Abs. 2 AsylG für Verfahrenszulassungen nicht mehr gelte. Es wurde ihr eine Aktenabschrift ausgehändigt und eine Frist zur Stellungnahme eingeräumt, in der die Rechtsberatung erfolgte. Überdies wurden dem Rechtsberater die relevanten Aktenbestandteile zugänglich gemacht.

 

Mit Erklärung mit Schreiben vom 29.05.2008, bei der Erstbehörde eingelangt am 02.06.2008, erklärten sich die polnischen Behörden gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. e Dublin II VO zur Führung des gegenständlichen Asylverfahrens der mj. BF für zuständig und zur Wiederaufnahme der mj. BF, ihrer gesetzlichen Vertreterin und ihrer beiden ebenfalls noch minderjährigen Geschwister bereit.

 

1.3. Bei der Einvernahme am 04.07.2008 in der Erstaufnahmestelle Ost zur Wahrung des Parteiengehörs im Beisein eines Rechtsberaters brachte die gesetzliche Vertreterin der mj. BF im Wesentlichen Folgendes vor:

 

Zu Angehörigen in Österreich befragt, gab sie an, es würden in Österreich nur ihr Mann und ihre Kinder (= der Vater und die Geschwister der mj. BF) mit ihr leben. Ihr Mann und sie würden seit dem Jahr 2001 zusammenleben. Mit den Verwandten ihres Mannes, die in Österreich aufhältig seien, habe sie nie im gemeinsamen Haushalt gelebt.

 

Sie und ihre Familie hätten in Polen einen Pobyt bekommen. Polen sei jedoch kein sicheres Land, da die Menschen, die sie zu Hause bedroht hätten, sich im Moment in Polen befinden würden. Im Jahr 2004 sei ihr Bruder, der für tschetschenische Behörden gearbeitet habe, beschuldigt worden, zwei Menschen umgebracht zu haben. Danach sei er selbst umgebracht worden. Als ihr Bruder noch am Leben gewesen sei, habe er immer gesagt, sie solle angeben, dass sie nicht seine Schwester und derselbe Familienname lediglich Zufall wäre. Bei ihrer Einvernahme in Polen habe sie nichts über diese Blutrache erzählt. Die polnischen Lager würden nicht überwacht. Ihr Mann (= der Vater der mj. BF) habe gesehen, dass die Personen, die sie zu Hause bedroht hätten, auch im Lager gewesen seien. Für ihre Kinder würden dieselben Fluchtgründe gelten. Es gebe auch für diese in Polen keine Sicherheit, dass sie nicht bedroht werden würden. Gegen diese Bedrohung habe sie nichts unternommen; sie habe dies den polnischen Behörden im Rahmen ihrer Einvernahme auch nicht mitgeteilt. In Polen habe sie nur bis 08.05.2008 Sozialhilfe erhalten. Bevor sie nach Österreich gegangen sei, habe sie in Polen einen neuerlichen Asylantrag gestellt, wobei sie auch in diesem Fall nicht ihre Probleme erzählt habe. Ihr Mann habe noch seinen Pobyt. Zu den Behörden habe sie nicht gehen können, da sie nur den Familiennamen und nicht den Vornamen dieser Person kenne.

 

Der Vater der mj. BF brachte bei der Einvernahme am 04.07.2008 in der Erstaufnahmestelle Ost zur Wahrung seines Parteiengehörs im Beisein eines Rechtsberaters im Wesentlichen Gleichlautendes vor. Zusätzlich gab der Vater der mj. BF zu Angehörigen in Österreich befragt an, es hielten sich in Österreich eine Tante von ihm, I.A., und einer seiner Cousins, M.S., auf. Sie hätten ursprünglich im Herkunftsstaat in einem gemeinsamen Haushalt gelebt, der Cousin des Vaters der BF sei 2005 gemeinsam mit ihnen aus Tschetschenien ausgereist, damals aber schon nach Österreich gegangen. Die Tante des Vaters der BF sei schon früher ausgereist. Zu diesen Personen bestehe ein besonderes Naheverhältnis, aber kein Abhängigkeitsverhältnis. Die Tante wohne in Innsbruck, sie hätten sich bisher nicht besucht, aber miteinander telefoniert, der Cousin wohne in der Nähe von St. Pölten und hätte sie öfter besucht. Ferner gab der Vater der BF an, dass er eine Verlängerung seines tolerierten Aufenthaltes (Pobyt) beantragt und auch erhalten habe. Seine Ehefrau (= die Mutter der mj. BF) hätte für sich und die Kinder keinen Antrag auf Verlängerung des Pobyt gestellt, sondern einen neuen Asylantrag eingebracht. Im April 2008 hätten alle Familienmitglieder jeweils eine gleichlautende Aufforderung erhalten, Polen innerhalb von 3 Monaten zu verlassen. Er persönlich hätte in Polen keine Sicherheitsprobleme. Aber seine Frau und ihre Kinder - sohin auch die mj. BF - seien in Polen von einer Blutrache bedroht. Der Bruder der Mutter der mj. BF, C.A., hätte im Jahr 2004 bei den tschetschenischen Behörden gearbeitet und sei in Grozny umgebracht worden. Im Jahr 2007 sei ihr zweiter Bruder, D.A., einfacher Zivilist, in Grozny umgebracht worden.

 

1.4. Das Bundesasylamt hat mit dem verfahrensgegenständlichen angefochtenen Bescheid vom 23.08.2008, Zahl: 08 04.589 - EAST Ost, den Antrag der BF auf internationalen Schutz, ohne in die Sache einzutreten, gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und gleichzeitig ausgesprochen, dass für die Prüfung des gegenständlichen Asylantrages gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c der Dublin II VO Polen zuständig sei. Gleichzeitig wurde die BF gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen und gemäß § 10 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass die Abschiebung nach Polen zulässig sei.

 

Die Erstbehörde traf in diesem Bescheid Feststellungen zur Person der BF, zur Begründung des Dublin-Tatbestandes, zu ihrem Privat- und Familienleben, zum polnischen Asylverfahren im Allgemeinen, zum Tschetschenen-Refoulement sowie zur allgemeinen und medizinischen Versorgung von Asylwerbern in Polen und zur Anerkennungsquote.

 

Festgestellt wurde weiters, dass die Ausweisung der BF weder einen Eingriff in Art. 3 noch Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) darstelle.

 

Beweiswürdigend wurde hervorgehoben, dass die gesetzliche Vertreterin der mj. BF bei ihrer Einvernahme vor dem Bundesasylamt erklärt habe, dass die mj. BF gesund sei. Feststellungen zum Mitgliedstaat Polen bezögen sich auf seriöse und unbedenkliche Quellen. Die Behauptung der gesetzlichen Vertreterin der mj. BF, sie sei in Polen von Blutrache bedroht, wertete das Bundesasylamt als nicht glaubwürdig, da es im Rahmen der Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes in keiner Weise erwähnt worden sei. Ferner seien die polnischen Behörden in der Lage und willens im Fall einer tatsächlichen Bedrohung Schutz zu gewähren. Die Behauptung, Polen würde ihnen keine finanzielle und medizinische Versorgung mehr gewährleisten, sei in keiner Weise belegt worden und widerspräche zudem den genannten anderslautenden Informationen. Was die behaupteten Fluchtgründe beträfe, gäbe es aber auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Führung des Asylverfahrens in Polen eine Bedrohung der im Asyl- und Refoulementbereich relevanten Rechtsgüter erwarten ließe.

 

1.5. In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid fristgerecht erhobenen Beschwerde der gesetzlichen Vertreter der mj. BF wurde zum Ausdruck gebracht, dass diese mit ihrer Familie in Österreich bleiben und nicht nach Polen ausgewiesen werden möchten. Als Gründe dafür wurden vorgebracht, dass in Polen für die Familie Lebensgefahr bestehe, Problemleute würden sie verfolgen, weiters sei nach Erhalt des Pobyts weder Krankenversicherung noch Taschengeld noch finanzielle Unterstützung für Besorgung von Lebensmitteln gewährleistet, nach Beendigung ihres Lageraufenthaltes hätten sie keinerlei Unterstützung für die Beschaffung einer Wohnung und für die Bezahlung der Miete erhalten und schließlich möchten sie, dass ihre Kinder - sohin auch die mj. BF - in einer sicheren Umgebung leben und aufwachsen können. Eine gute Schulbildung und Erziehung sei bei diesem ständigen Aufenthaltsortswechsel unmöglich. Es sei schon im Jahr 2005 ihre Absicht gewesen, nach Österreich zu kommen, sie hätten sich aber - abgesehen von den Dublin-Vorschriften - damals den Preis für einen LKW nicht leisten können.

 

1.7. Die Beschwerde langte am 09.09.2008 beim Asylgerichtshof ein.

 

2. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Rechtlich ergibt sich Folgendes:

 

2.1. Mit Datum 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 4/2008) und ist auf die ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz, sohin auch auf den vorliegenden, anzuwenden.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 AsylG erledigter Asylantrag als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin II VO zur Prüfung des Asylantrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Asylbehörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist die Zurückweisung eines Antrages nach Maßgabe des § 10 Abs. 3 und Abs. 4 AsylG mit einer Ausweisung zu verbinden.

 

Gemäß § 34 Abs. 1 Z 3 AsylG gilt der Antrag des Familienangehörigen eines Asylwerbers auf internationalen Schutz als "Antrag auf Gewährung desselben Schutzes". Die Behörde hat gemäß § 34 Abs. 4 AsylG Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind "unter einem" zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.

 

Wird gegen eine zurückweisende oder abweisende Entscheidung im Familienverfahren auch nur von einem betroffenen Familienmitglied Berufung erhoben, gilt diese gemäß § 36 Abs. 3 AsylG auch als Berufung gegen die die anderen Familienangehörigen betreffenden Entscheidungen; keine dieser Entscheidungen ist dann der Rechtskraft zugänglich.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist "Familienangehöriger", wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Familieneigenschaft bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

 

Aus der Wendung in § 34 Abs. 4 zweiter Satz AsylG, Familienverfahren seien "unter einem" zu führen, ist abzuleiten, dass diese - jedenfalls in der hier vorliegenden Konstellation - von derselben Behörde zu führen sind. Demgemäß gehen die Materialien zum AsylG 2005 davon aus, dass Ziel der Bestimmungen des § 34 AsylG sei, Familienangehörigen den gleichen Schutz zu gewähren, ohne ihnen ein Verfahren im Einzelfall zu verwehren. Wenn einem Familienmitglied der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werde, solle "dieser allen anderen Familienmitgliedern - im Falle von offenen Verfahren zur gleichen Zeit von der gleichen Behörde - zuerkannt werden" (Erläuterungen zur RV, 952 BlgNR XXII. GP; vgl. zu § 10 Abs. 5 AsylG 1997 - bezogen auf die Frage der Zulassung - auch VwGH 18.10.2005, Zl. 2005/01/0402).

 

Die Dublin II VO ist eine Verordnung des Gemeinschaftsrechts im Anwendungsbereich der 1. Säule der Europäischen Union (vgl. Art. 63 EGV), die Regelungen über die Zuständigkeit zur Prüfung von Asylanträgen von Drittstaatsangehörigen trifft. Sie gilt also nicht für mögliche Asylanträge von EU-Bürgern, ebensowenig ist sie auf Personen anwendbar, denen bereits der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde. Das Grundprinzip ist, dass Drittstaatsangehörigen das Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Asylverfahren in einem Mitgliedstaat zukommt, jedoch nur in einem Mitgliedstaat, dessen Zuständigkeit sich primär nicht aufgrund des Wunsches des Asylwerbers, sondern aufgrund der in der Verordnung festgesetzten hierarchisch geordneten Zuständigkeitskriterien ergibt.

 

Gemäß Art. 14 lit. a Dublin II VO ist für den Fall, dass mehrere Mitglieder einer Familie in demselben Mitgliedstaat gleichzeitig einen Asylantrag stellen, für die Prüfung der Asylanträge sämtlicher Familienmitglieder der Mitgliedstaat zuständig, der nach den Kriterien für die Aufnahme des größten Teils der Familienmitglieder zuständig ist.

 

2.1.1. Es ist daher zunächst zu überprüfen, welcher Mitgliedstaat nach den hierarchisch aufgebauten (Art. 5 Abs 1 Dublin II VO) Kriterien der Art. 6-12 bzw. 14 und 15 Dublin II VO bzw. dem Auffangtatbestand des Art. 13 Dublin II VO zur inhaltlichen Prüfung zuständig ist.

 

2.1.1.1. Im vorliegenden Fall hat das Bundesasylamt in Spruchpunkt I irrtümlicherweise festgestellt, dass eine Zuständigkeit Polens gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin II VO bestünde. Polen hat zwar tatsächlich das Ersuchen um Wiederaufnahme der mj. BF und ihrer Familie positiv beantwortet, dies aber laut Akteninhalt auf Art. 16 Abs. 1 lit. e Dublin II VO gestützt. Da der angefochtene Bescheid daher nicht grundsätzlich unrichtig und die Rechtsfolgen für die mj. BF und ihre Familie unverändert waren, konnte Spruchpunkt I mit der Maßgabe, dass die betreffende Bestimmung richtiggestellt wird, bestätigt werden. Die erste Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der getroffenen Unzuständigkeitsentscheidung ist somit gegeben.

 

Es sind auch aus der Aktenlage keine Hinweise ersichtlich, wonach die Führung der Konsultationen im gegenständlichen Fall derart fehlerhaft erfolgt wäre, dass von Willkür im Rechtssinn zu sprechen wäre und die Zuständigkeitserklärung des zuständigen Mitgliedstaates wegen Verletzung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundsätze aus diesem Grund ausnahmsweise keinen Bestand haben könnte (Filzwieser, Subjektiver Rechtsschutz und Vollziehung der Dublin II VO - Gemeinschaftsrecht und Menschenrechte, migraLex, 1/2007, 22ff; vgl. auch das Gebot der Transparenz im "Dublin-Verfahren", VwGH 23.11.2006,

 

Zl. 2005/20/0444).

 

2.1.2. Das Bundesasylamt hat ferner von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher - wie auch in der Beschwerde geltend gemacht - noch zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre.

 

Der VfGH hat mit Erkenntnis vom 17.06.2005, Zl. B 336/05-11 festgehalten, die Mitgliedstaaten hätten kraft Gemeinschaftsrecht nicht nachzuprüfen, ob ein anderer Mitgliedstaat generell sicher sei, da eine entsprechende normative Vergewisserung durch die Verabschiedung der Dublin II VO erfolgt sei, dabei aber gleichzeitig ebenso ausgeführt, dass eine Nachprüfung der grundrechtlichen Auswirkungen einer Überstellung im Einzelfall gemeinschaftrechtlich zulässig und bejahendenfalls das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO zwingend geboten sei.

 

Die Judikatur des VwGH zu den Determinanten dieser Nachprüfung lehnt sich an die Rechtsprechung des EGMR an und lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK (Verbot der Folter) widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter auf den betreffenden Fremden bezogener Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 26.11.1999, Zl. 96/21/0499, VwGH 09.05.2003, Zl. 98/18/0317; vgl. auch VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059): "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, Zl. 2006/01/0449).

 

Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH 17.02.1998, Zl. 96/18/0379; EGMR Mamatkulov & Askarov v Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung, ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen worden ist (Art. 16 Abs. 1 lit. e Dublin II VO). Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, VwGH 31.05.2005, Zl. 2005/20/0025, VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673), ebenso andere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs (zur Bedeutung solcher Sachverhalte Filzwieser/Liebminger, Dublin II VO, K13 zu Art. 19 Dublin II VO).

 

Weiters hatte der Asylgerichtshof folgende Umstände zu berücksichtigen:

 

Bei entsprechender Häufung von Fällen, in denen in Folge Ausübung des Selbsteintrittsrechts die gemeinschaftsrechtliche Zuständigkeit nicht effektuiert werden kann, kann eine Gefährdung des "effet utile" Grundsatzes des Gemeinschaftsrechts entstehen.

 

Zur effektiven Umsetzung des Gemeinschaftsrechts sind alle staatlichen Organe kraft Gemeinschaftsrechts verpflichtet.

 

Der Verordnungsgeber der Dublin II VO, offenbar im Glauben, dass sich alle Mitgliedstaaten untereinander als "sicher" ansehen können, wodurch auch eine Überstellung von einem in den anderen Mitgliedstaat keine realen Risken von Menschenrechtsverletzungen bewirken könnte (vgl. insbesondere den 2. Erwägungsgrund der Präambel der Dublin II VO), hat keine eindeutigen verfahrens- oder materiellrechtlichen Vorgaben für solche Fälle getroffen. Diesbezüglich lässt sich aber aus dem Gebot der menschenrechtskonformen Auslegung des Gemeinschaftsrechts und aus Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundrechte ableiten, dass bei ausnahmsweiser Verletzung der EMRK bei Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat eine Überstellung nicht stattfinden darf. Die Beachtung des Effizienzgebotes (das etwa eine pauschale Anwendung des Selbsteintrittsrechts oder eine innerstaatliche Verfahrensgestaltung, die Verfahren nach der Dublin II VO umfangreicher gestaltet als materielle Verfahren, verbietet) und die Einhaltung der Gebote der EMRK stehen daher bei richtiger Anwendung nicht in Widerspruch (Filzwieser, migraLex, 1/2007, 18ff, Filzwieser/Liebminger, Dublin II VO, K8-K13 zu Art. 19).

 

Die allfällige Rechtswidrigkeit von Gemeinschaftsrecht kann nur von den zuständigen gemeinschaftsrechtlichen Organen, nicht aber von Organen der Mitgliedstaaten rechtsgültig festgestellt werden. Der EGMR hat jüngst festgestellt, dass der Rechtsschutz des Gemeinschaftsrechts regelmäßig den Anforderungen der EMRK entspricht (30.06.2005, Bosphorus Airlines v Irland, Rs 45036/98).

 

Es bedarf sohin europarechtlich eines im besonderen Maße substantiierten Vorbringens und des Vorliegens besonderer vom Antragsteller bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, um die grundsätzliche europarechtlich gebotene Annahme der "Sicherheit" der Partnerstaaten der EU als einer Gemeinschaft des Rechts im individuellen Fall erschüttern zu können. Diesem Grundsatz entspricht auch die durch das AsylG 2005 eingeführte gesetzliche Klarstellung des § 5 Abs. 3 AsylG, die Elemente einer Beweislastumkehr enthält. Es trifft zwar ohne Zweifel zu, dass Asylwerber in ihrer besonderen Situation häufig keine Möglichkeit haben, Beweismittel vorzulegen (wobei dem durch das Institut des Rechtsberaters begegnet werden kann), und dies mitzubeachten ist (VwGH, 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949), dies kann aber nicht pauschal dazu führen, die vom Gesetzgeber - im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht - vorgenommene Wertung des § 5 Abs. 3 AsylG überhaupt für unbeachtlich zu erklären (dementsprechend in ihrer Undifferenziertheit verfehlt Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, 225ff). Eine Rechtsprechung, die in Bezug auf Mitgliedstaaten der EU faktisch höhere Anforderungen entwickelte als jene des EGMR in Bezug auf Drittstaaten, wäre jedenfalls gemeinschaftsrechtswidrig.

 

2.1.2.1. Mögliche Verletzung des Art. 8 EMRK

 

Im konkreten Fall sind auch die Eltern der mj. BF, A.A. (Vater), A.E. (Mutter) sowie ihre beiden ebenfalls noch minderjährigen Geschwister, A.B. und A.Z., in Österreich aufhältig, deren Anträge auf internationalen Schutz ebenfalls - wie auch jener der mj. BF - zurückgewiesen werden.

 

Zum angegebenen besonderen Naheverhältnis des Vaters der mj. BF zu dessen Cousin bzw. dessen Tante konnte weder eine Abhängigkeit psychischer noch finanzieller Natur festgestellt werden. In Übereinstimmung mit der Beurteilung der Erstbehörde ist daher nicht vom Vorliegen eines Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit diesen Angehörigen (des Vaters der mj. BF) auszugehen.

 

Bei einer Überstellung nach Polen würde die BF daher nicht in dem durch Art. 8 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt werden.

 

Aber auch im Fall eines Eingriffs in das Grundrecht ergäbe eine Interessenabwägung nach den Gesichtspunkten des Art. 8 Abs. 2 EMRK, insbesondere der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremden- und Asylwesens (vgl. VwGH 98.09.2000, 2000/19/0043), dass dieser im vorliegenden Fall verhältnismäßig wäre. Die BF reiste erst Mitte Februar 2008 in das Bundesgebiet ein und ihr Aufenthalt in Österreich stützte sich von Anfang an nur auf den vorliegenden Asylantrag. Zu einem möglichen Eingriff in das Recht auf Privatleben ist auf das Erkenntnis des VwGH vom 26.6.2007, Zl. 2007/01/0479-7 zu verweisen, wonach ein dreijähriger Aufenthalt während des laufenden Asylverfahrens jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte. Umstände, die auf eine besondere Integration in Österreich hinweisen würden, kamen im Verfahren nicht hervor.

 

2.1.2.2. Polnisches Asylverfahren, mögliche Verletzung des Art. 3

EMRK

 

Im gegenständlichen Fall kann nicht gesagt werden, dass die minderjährige Beschwerdeführerin bzw. ihre gesetzliche Vertreterin ausreichend substantiiert und glaubhaft dargelegt hätte, dass ihr auf Grund der persönlichen Situation ausnahmsweise durch eine Rückverbringung nach Polen entgegen der Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG die - über eine bloße Möglichkeit hinausgehende - Gefahr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung drohen würde (sog. "real risk"). Das Vorbringen der gesetzlichen Vertreterin der minderjährigen Beschwerdeführerin beschränkte sich im Wesentlichen darauf, dass sie und ihre Kinder aufgrund der Tätigkeiten ihres im Jahr 2004 verstorbenen Bruders einer Blutrache ausgesetzt seien und "diese Personen" bereits im Polen im Lager gewesen seien. Daher seien sie in Polen nicht sicher. Den Behörden gegenüber habe sie weder von der Blutrache noch von "diesen Personen" erzählt, da sie nur die Familiennamen "dieser Personen" kenne.

 

Allerdings ist dieses Vorbringen weder konkret noch substantiiert. So gab die gesetzliche Vertreterin der mj. BF weder an, wer "diese Personen" seien noch erstattete sie ein substantiiertes Vorbringen zu der von ihr befürchteten Blutrache, beispielsweise begründete sie nicht, aus welchen Gründen sie erst im Jahr 2005 Tschetschenien verlassen hatte, obwohl - ihren eigenen Angaben zufolge - der Tod ihres Bruders (und sohin der Beginn der Blutrache) bereits im Jahr 2004 stattfanden.

 

Ein konkretes Vorbringen zu Gründen, die einer Überstellung nach Polen entgegenstünden, wurde sohin weder im erstinstanzlichen Verfahren noch in der Beschwerde vorgebracht.

 

Die Widerlegung der in § 5 Abs. 3 AsylG normierten Rechtsvermutung ist der BF bzw. ihrer gesetzlichen Vertreterin damit nicht gelungen.

 

Nicht nur, dass die mj. BF bzw. ihre gesetzliche Vertreterin mit ihrem Vorbringen, wie bereits dargelegt, die Regelvermutung des § 5 Absatz 3 AsylG nicht widerlegen konnte, verfügt der Asylgerichthof darüber hinaus aktuell über kein Amtswissen hinsichtlich solch offenkundiger, besonderer Gründe, die die Annahme rechtfertigen, die mj. BF wäre in Polen einer realen Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung ausgesetzt.

 

Vorbringen zu den Fluchtgründen bleiben dem materiellen Verfahren vorbehalten. Für die konkrete Entscheidung sind lediglich die Aussagen über den Aufenthalt der mj. BF in Polen relevant. Dazu wurden lediglich allgemein gehaltene und unbestimmte Bedrohungssituationen angegeben und diese in keiner Weise belegt.

 

Für den Fall, dass die mj. BF oder ihre Familie tatsächlich eine Bedrohung in Polen erführen, hätten sie die Möglichkeit, den Schutz der polnischen Behörden in Anspruch zu nehmen. Polen ist ein Staat mit rechtsstaatlichen Einrichtungen und Mitglied der EU. Die mj. BF bzw. ihre gesetzlichen Vertreter haben im Falle eventueller Übergriffe gegen ihre Person bzw. ihre Familie die Möglichkeit, sich an die polnischen Behörden zu wenden und diese um Schutz zu ersuchen. Ein solcher Schutz kann zwar nicht lückenlos bestehen, doch kann ein lückenloser Schutz vor privater Verfolgung naturgemäß nicht gewährleistet werden, weshalb dem Fehlen eines solchen auch keine Asylrelevanz zukommt (VwGH04.05.2000, 99/20/0177).

 

Auch zu dem sonstigen Vorbringen - insbesondere betreffend Aufenthaltsrecht und Grundversorgung in Polen - hat die gesetzliche Vertreterin der mj. BF keinerlei Beweise oder Belege vorgelegt (beispielsweise das angesprochene Schreiben der polnischen Behörden). Den unbedenklichen und seriösen, der gesetzlichen Vertreterin der mj. BF zur Kenntnis gebrachten Feststellungen über die Situation von Asylwerbern in Polen, wonach grundsätzlich eine finanzielle und medizinische Grundversorgung gewährleistet ist, hat die Erstbehörde daher zu Recht ihrer Entscheidung zugrundegelegt.

 

2.1.2.3. Im gegenständlichen Fall kann daher nicht gesagt werden, dass die mj. BF bzw. ihre gesetzliche Vertreterin ausreichend substantiiert und glaubhaft dargelegt hätte, dass ihr und ihrer Familie auf Grund der persönlichen Situation ausnahmsweise durch eine Rückverbringung nach Polen entgegen der Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG die - über eine bloße Möglichkeit hinausgehende - Gefahr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung drohen würde (sog. "real risk").

 

Im Ergebnis stellt daher eine Überstellung der mj. BF und ihrer Familie nach Polen weder eine Verletzung des Art. 3 EMRK noch des Art. 8 EMRK dar und besteht somit auch kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechtes Österreichs nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO.

 

2.1.2.4. Zusammenfassend sieht der Asylgerichtshof im Einklang mit der diesbezüglichen Sichtweise der Erstbehörde keinen Anlass, Österreich zwingend zur Anwendung des Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO infolge drohender Verletzung von Art. 3 oder Art. 8 EMRK zu verpflichten.

 

2.1.3. Spruchpunkt I der erstinstanzlichen Entscheidung war sohin bei Übernahme der Beweisergebnisse und rechtlichen Würdigung der Erstbehörde mit obiger näherer Begründung zu bestätigen.

 

2.2. Die Erwägungen der Erstbehörde zu Spruchpunkt II waren ebenfalls zu übernehmen. Auch im Beschwerdeverfahren sind keine Hinweise hervorgekommen, die eine Aussetzung der Überstellung nach Polen in Vollzug der Ausweisung aus Österreich erforderlich erschienen ließen, zumal das Vorbringen der gesetzlichen Vertreterin der mj. BF zum Aufenthaltsrecht und zur Versorgung in Polen ohne jegliche Belege blieb und die - sehr allgemein und unsubstantiiert gebliebenen - Angaben zu einer allfälligen Bedrohungssituation in Polen den von der Erstbehörde der Entscheidung zugrunde gelegten, aus unbedenklichen und seriösen Quellen stammenden Feststellungen widersprechen. Die Ausweisung erweist sich daher bezogen auf den Entscheidungszeitpunkt als zulässig.

 

2.3. Gemäß § 41 Abs. 4 AsylG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Eine gesonderte Erwägung bezüglich einer allfälligen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konnte angesichts des Spruchinhaltes entfallen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Familienverfahren
Zuletzt aktualisiert am
14.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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