TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/25 B3 319086-1/2008

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Veröffentlicht am 25.09.2008
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Spruch

B3 319.086-1/2008/7E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. Karin WINTER als Vorsitzende und den Richter Mag. Florian NEWALD als Beisitzer über die Beschwerde des S.N., geboren am 00.00.1979, mazedonischer Staatsangehöriger, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24. Juli 2008, Zl. 08 01.521-EAST West, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 und 10 Asylgesetzes 2005 (AsylG) als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang

 

1. Der Beschwerdeführer, ein mazedonischer Staatsbürger und Angehöriger der albanischen Volksgruppe muslimischen Glaubens, reiste nach seinen Angaben am 11. Februar 2008 in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz (in der Folge auch: Asylantrag). Dazu gab er bei seiner Einvernahme vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 13. Februar 2008 im Wesentlichen an, er habe in Mazedonien Probleme mit einer Familie gehabt. Die Brüder N. und S. seien mit ihm in Streit geraten und er habe sie geschlagen. Nun habe er Angst vor ihnen, sie hätten ihn sogar mit dem Umbringen gedroht. Außerdem habe diese Familie gute Beziehungen zu staatlichen Organen, "die mich ebenfalls verfolgen könnten".

 

Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 31. März 2008 gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt - zusammengefasst - Folgendes an: Das Brüderpaar N. und S. seien als "Security" bei der Fahrschule angestellt gewesen, bei der der Cousin des Beschwerdeführers seinen Führerschein gemacht habe. Das Brüderpaar habe nicht zugelassen, dass sein Cousin Dokumente abhole und habe diesen geschlagen. Um sich zu rächen, sei der Beschwerdeführer mit seinem Cousin in ein Kaffeehaus gegangen, in dem sich das Brüderpaar aufgehalten habe. Dies sei zwei Monate vor seiner Ausreise gewesen - später gab der Beschwerdeführer hingegen an, der Vorfall habe sich zwei Wochen vor seiner Ausreise ereignet. Im Kaffeehaus sei es zum Streit gekommen, der Beschwerdeführer habe eine Pistole gezogen. Zu einer Schießerei sei es aber nicht gekommen, da andere Leute sie auseinandergebracht hätten. Als die Polizei gekommen sei, sei der Beschwerdeführer weggelaufen. Von der Polizei werde er nicht gesucht, da sein Cousin "das auf sich genommen" habe und bei der Polizei gewesen sei, wo er Anzeige erstattet habe. Daraufhin seien Polizisten zum Brüderpaar in die Fahrschule geschickt worden, wo diese vom Brüderpaar geschlagen worden seien. Dem Beschwerdeführer sei später von Bekannten aus seinem Dorf die Botschaft überbracht worden, dass das Brüderpaar ihn umbringe, wenn es ihn träfe; er dürfe nicht in die Stadt kommen. Sein Cousin sei in die Schweiz geflüchtet. Der Beschwerdeführer habe weiterhin zu Hause gelebt, ein paar Tage vor seiner Ausreise jedoch bei einem Freund. Weiters gab der Beschwerdeführer an, dass die genannten Personen "guten Kontakt zu den staatlichen Organen" hätten, weil sie Spione seien und Leute verraten würden, sowie, dass seine Familie den Behörden bekannt sei, da der Beschwerdeführer und auch andere Familienmitglieder am Krieg teilgenommen und "gegen die Mazedonier" gekämpft hätten. Verfolgt seien sie aber nicht worden. Auf Vorhalt, dass es sich bei dem vom Beschwerdeführer erstattetem Vorbringen nicht um Asylgründe, sondern um ein Kriminaldelikt handle, für welches die mazedonische Polizei zuständig sei, antwortete er, dass die Sicherheit in seiner Heimat nicht gegeben sei. Die Leute würden sich gegenseitig "wie die Hunde" umbringen, erst vor kurzem sei in Skopje ein Polizist erschossen worden. Wenn die BDI bei den nächsten Wahlen gewinne, werde er freiwillig nach Mazedonien zurückkehren. Zum Beweis seiner Identität legte der Beschwerdeführer seinen am 4. November 2004 in K. ausgestellten mazedonischen Führerschein vor.

 

Am 4. April 2008 erneut beim Bundesasylamt einvernommen, gab der Beschwerdeführer auf Vorhalt, dass beabsichtigt sei, seinen Asylantrag abzuweisen, an, sein Schwager sei ein "Kriminalistiker ... im Regierungsministerium" und habe ihm gesagt, dass er von zu Hause wegmüsse, "sonst kann er mich nicht schützen".

 

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ab und erkannte ihm weder den Status eines Asylberechtigten noch den eines subsidiär Schutzberechtigten zu und wies ihn aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Mazedonien aus. Das Bundesasylamt traf in seinem Bescheid umfangreiche Feststellungen zur Situation in Mazedonien. Begründend führte es im Wesentlichen aus, das Vorbringen des Beschwerdeführers sei widersprüchlich und damit unglaubwürdig. So habe der Beschwerdeführer zunächst angegeben, das Brüderpaar geschlagen zu haben, später hingegen, dass es nur Streitigkeiten und Drohungen gegeben habe. Weiters habe er zuerst behauptet, der Vorfall im Cafe habe zwei Monate vor seiner Ausreise stattgefunden, danach habe er diesen Zeitraum jedoch mit zwei Wochen bestimmt. Darauf aufmerksam gemacht, sei der Beschwerdeführer zunehmend nervöser geworden, eine plausible Erklärung für diese Divergenz habe er nicht geben können. Auch habe er zunächst behauptet, von der Polizei gesucht zu werden, was er später wieder verneint habe. Weiters habe er die Fragen, warum er nicht sofort ausgereist sei, widersprüchlich beantwortet. Darüber hinaus handle es sich selbst bei Zugrundelegung des Fluchtvorbringens um ein Kriminaldelikt, für das die lokale Polizei zuständig sei. Das Sicherheitssystem sei gemäß den (vom Bundesasylamt) getroffenen Feststellungen funktionsfähig. Da der Beschwerdeführer nicht sofort geflohen sei, mangle es auch am zeitlichen Konnex zwischen dem Vorfall und der Ausreise. Bei den zwei Brüdern handle es sich ferner um Angehörige der albanischen Volksgruppe, weswegen auch eine ethnisch motivierte Straftat ausgeschossen werde. Zur vorgebrachten unsicheren Sicherheitslage führte das Bundesasylamt aus, dass das allgemein gehaltene, unbelegte Vorbringen des Beschwerdeführers den getroffenen Feststellungen nicht entkräften habe können. Weiters verneinte das Bundesasylamt eine Gefährdung des Beschwerdeführers im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG und begründete abschließend seine Ausweisungsentscheidung.

 

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, fristgerechte, nun als Beschwerde (vgl. dazu weiter unten) zu behandelnde (und daher in Folge so bezeichnete) Berufung, in welcher der Beschwerdeführer im Wesentlichen vorbringt, sein Leben sei im Falle seiner Rückkehr nach Mazedonien in Gefahr. Dass es dort keine Sicherheit gebe, sei bekannt, alleine deswegen sei er nach Österreich gekommen. Er ersuche um Aufenthalt in Österreich, bis sich die Lage beruhigt habe, dann wolle er freiwillig zurückkehren.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens und die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen klar und übersichtlich zusammengefasst. Der Asylgerichtshof schließt sich den Feststellungen zum Sachverhalt an (vgl. VwGH 25.3.1999, 98/20/0559; 8.6.2000, 99/20/0366; 30.11.2000, 2000/20/0356; 22.2.2001, 2000/20/0557; 21.6.2001, 99/20/0460). Auch die Beweiswürdigung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zu Recht zeigte das Bundesasylamt auf, dass es dem Beschwerdeführer trotz Vorhalt nicht möglich war, die Widersprüche und Ungereimtheiten in seinem Vorbringen auf nachvollziehbarer Weise aufzuklären.

 

2. In der Beschwerde wird kein neuer Sachverhalt vorgebracht und werden den Ausführungen des Bundesasylamtes keine konkreten Argumente entgegengesetzt.

 

3. Rechtlich folgt:

 

3.1. Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Die Zuständigkeit des Asylgerichtshofes stützt sich auf § 38 AsylG 1997. Diese Bestimmung spricht zwar vom "unabhängigen Bundesasylsenat" und ist durch das AsylGH-EinrichtungsG nicht geändert worden; auch die Übergangsbestimmungen des AsylG 2005 ergeben insoweit nichts. Da jedoch gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 1 B-VG der unabhängige Bundesasylsenat am 1. Juli 2008 zum Asylgerichtshof geworden ist und dieses Gericht gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 4 B-VG die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängigen Verfahren weiterzuführen hat, ist davon auszugehen, dass sich § 38 AsylG 1997 nunmehr auf den Asylgerichtshof bezieht. Ebenso ist davon auszugehen, dass sich jene Bestimmungen des AsylG 1997, die von "Berufungen" sprechen, nunmehr auf Beschwerden beziehen (vgl. AsylGH 12.8.2008, C5 251.212-0/2008/11E).

 

3.2. Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG hat der Asylgerichtshof § 67d AVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

 

3.3.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht. Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat.

 

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

 

3.3.2. Der Beschwerdeführer konnte die angegebenen Fluchtgründe nicht glaubhaft machen. Damit fehlt es an der Voraussetzung für die Gewährung von Asyl. Selbst im Falle einer hypothetischen Zugrundelegung des Vorbringens, ist die behauptete Bedrohungssituation nicht als asylrelevante Verfolgung zu qualifizieren: Dem Fluchtvorbringen kann weder entnommen werden, dass der Beschwerdeführer aus einem der in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 GFK genannten Gründen verfolgt werde - wobei darauf hinzuweisen ist, dass der Beschwerdeführer seinem Vorbringen gemäß nicht wegen der Angehörigeneigenschaft zu seinem Cousin, sondern wegen des Streits im Kaffeehaus Verfolgung befürchtet -, noch dass ihm die Behörden in Mazedonien aus einem solchen Grund Schutz verweigern würden. Zu den Ausführungen des Beschwerdeführers, die Familie des Brüderpaares habe Verbindungen zu staatlichen Organen, ist überdies festzuhalten, dass zwar allgemein eine unstabile Sicherheitslage vorgebracht wurde, nicht aber, dass die Behörden dem Beschwerdeführer wegen der Verbindungen der genannten Personen Schutz verweigern würden. Der Beschwerdeführer gab hingegen sogar ausdrücklich an, dass sein Cousin Anzeige erstattet habe und Polizisten zum Brüderpaar geschickt worden wären.

 

3.4.1. Wird ein Antrag auf internationalen Schutz "in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten" abgewiesen, so ist dem Asylwerber gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, "wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde". Nach § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung dieses Status mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG zu verbinden.

 

Gemäß § 8 Abs. 3 und 6 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich dieses Status abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offensteht oder wenn der Herkunftsstaat des Asylwerbers nicht festgestellt werden kann. Daraus und aus mehreren anderen Vorschriften (§ 2 Abs. 1 Z 13, § 10 Abs. 1 Z 2, § 27 Abs. 2 und 4 und § 57 Abs. 11 Z 3 AsylG) ergibt sich, dass dann, wenn dem Asylwerber kein subsidiärer Schutz gewährt wird, sein Antrag auf internationalen Schutz auch in dieser Beziehung förmlich abzuweisen ist.

 

Die Voraussetzungen dafür, einem Asylwerber subsidiären Schutz zu gewähren, unterscheiden sich im Kern nicht von jenen, nach denen dies nach § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 (in der Folge: AsylG 1997) idF der AsylGNov. 2003 (entspricht § 8 AsylG 1997 in der Stammfassung) iZm § 57 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 BGBl I 75 (in der Folge: FrG) zu geschehen hatte; sie gehen allenfalls darüber hinaus. (Dagegen gibt es in der neuen Rechtslage keine Entsprechung zu den Voraussetzungen nach § 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF der AsylGNov. 2003 iZm § 57 Abs. 2 FrG, also dem zweiten Absatz dieser Bestimmung.) Deshalb kann zur Auslegung insoweit grundsätzlich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu diesen Bestimmungen herangezogen werden. Die Rechtsprechung zu § 57 FrG knüpft an jene zum inhaltsgleichen § 37 Fremdengesetz BGBl. 838/1992 an. Für § 57 Abs. 1 FrG idF BG BGBl I 126/2002 kann auf die Rechtsprechung zur Stammfassung dieser Bestimmung (BGBl I 75/1997) zurückgegriffen werden (VwGH 16.7.2003, 2003/01/0059; 19.2.2004, 99/20/0573), mit der sie sich inhaltlich deckt (die Änderung diente nur der Verdeutlichung). Nach der Judikatur zu (§ 8 AsylG 1997 iVm) § 57 FrG ist Voraussetzung einer positiven Entscheidung nach dieser Bestimmung, dass eine konkrete, den Asylwerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (zB VwGH 26.6.1997, 95/21/0294; 25.1.2001, 2000/20/0438; 30.5.2001, 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten (oder anderer in § 8 Abs. 1 AsylG erwähnter) Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwSlg. 15.437 A/2000; VwGH 25.11.1999, 99/20/0465; 8.6.2000, 99/20/0203; 8.6.2000, 99/20/0586; 21.9.2000, 99/20/0373; 25.1.2001, 2000/20/0367; 25.1.2001, 2000/20/0438; 25.1.2001, 2000/20/0480; 21.6.2001, 99/20/0460; 16.4.2002, 2000/20/0131). Diese in der Rechtsprechung erwähnten Fälle sind nun zT durch andere in § 8 Abs. 1 AsylG erwähnte Fallgestaltungen ausdrücklich abgedeckt. Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat (unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG) als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.2.2001, 98/21/0427; 20.6.2002, 2002/18/0028).

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 57 FrG hat der Fremde glaubhaft zu machen, dass er aktuell bedroht sei, dass die Bedrohung also im Falle, dass er abgeschoben würde, in dem von seinem Antrag erfassten Staat gegeben wäre und durch staatliche Stellen zumindest gebilligt wird oder durch sie nicht abgewandt werden kann. Diese aktuelle Bedrohungssituation ist mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender Angaben darzutun, die durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert werden (VwGH 2.8.2000, 98/21/0461). Dies ist auch im Rahmen des § 8 AsylG 1997 (nunmehr: § 8 Abs. 1 AsylG) zu beachten (VwGH 25.1.2001, 2001/20/0011). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214).

 

3.4.2. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Mazedonien den in § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahren ausgesetzt wäre. Wie oben unter Punkt

3.3.2. ausgeführt, liegen - bei Zugrundelegung des Vorbringens von dritter Seite verfolgt zu werden - keine Hinweise vor, dass dem Beschwerdeführer staatlicher Schutz gegen derartige Übergriffe verwehrt wird. Aus nachstehenden Gründen ist auch nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nach einer Rückkehr in seiner Lebensgrundlage gefährdet wäre: Der 1979 geborene, gesunde Beschwerdeführer verfügt seinen Angaben zufolge über ein familiäres Netz (neben seiner Ehefrau und seinen zwei Kindern leben zumindest noch sein Vater und ein Bruder in seinem Heimatort). Vor seiner Ausreise hat er in der elterlichen Landwirtschaft gearbeitet. Ferner gab er ausdrücklich an, keine finanziellen Probleme gehabt zu haben.

 

3.5.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach dem AsylG mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Asylantrag abgewiesen und dem Fremden weder Asyl noch subsidiärer Schutz gewährt wird. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG ist eine Ausweisung unzulässig, wenn sie Art. 8 EMRK verletzen würde oder wenn dem Fremden ein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt. Würde ihre Durchführung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen und die nicht von Dauer sind, Art. 3 EMRK verletzen, so ist gemäß § 10 Abs. 3 AsylG die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

 

Bei der Abwägung, die durch Art. 8 EMRK vorgeschrieben wird, stehen die Interessen des Fremden an seinem Verbleib im Inland, die durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützt sind, dem öffentlichen Interesse an der Beendigung seines Aufenthaltes gegenüber. Nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes 17.3.2005, G 78/04 ua., (S 47) zur Vorgängerbestimmung des § 10 AsylG (nämlich § 8 Abs. 2 AsylG 1997) beabsichtigt der Gesetzgeber, "durch die zwingend vorgesehene Ausweisung von Asylwerbern eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung im Inland von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern". Dem in § 37 FrG verankerten Ausweisungshindernis durfte nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht die Bedeutung unterstellt werden, "es wäre für Fremde zulässig, sich durch die Missachtung der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden geltenden Vorschriften im Bundesgebiet ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen" (VwGH 22.3.2002, 99/21/0082 mwN). Nichts anderes kann aber für die durch das AsylG vorgeschriebene Abwägung gelten, hat doch der Verfassungsgerichtshof (zu § 8 Abs. 2 AsylG 1997) ausgesprochen (VfGH 17.3.2005, G 78/04 ua., S 50): "§ 37 FrG legt [...] Kriterien fest, die sich auch aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte [...] zu Art. 8 EMRK in Fällen der Außerlandesschaffung eines Fremden ergeben und die von den Asylbehörden bei Ausweisungen nach § 8 Abs. 2 AsylG, auch wenn sie dort nicht genannt sind, zu beachten sind."

 

3.5.2. Das Bundesasylamt hat die durch Art. 8 Abs. 2 EMRK vorgeschriebene Interessenabwägung mängelfrei vorgenommen. Der Asylgerichtshof schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes an. Es ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer erst seit 11. Februar 2008 in Österreich lebt und zum Aufenthalt in Österreich bisher nur auf Grund eines Asylantrages, der sich letztlich als nicht begründet erwiesen hat, berechtigt gewesen ist (vgl. mit ähnlichen Überlegungen zu Ausweisungen nach § 33 Abs. 1 FrG zB VwGH 20.2.2004, 2003/18/0347; 26.2.2004, 2004/21/0027; 27.4.2004, 2000/18/0257; sowie EGMR 8.4.2008, NNYANZI v Vereinigtes Königreich, Rs 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen). Dem Beschwerdeführer kommt auch kein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht zu; es gibt weiters keine Hinweise darauf, dass die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Beschwerdeführers liegen und nicht von Dauer sind, Art. 3 EMRK verletzen könnte.

 

3.6. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 7 AsylG unterbleiben.

Schlagworte
Ausweisung, Familienverband, Glaubwürdigkeit, Lebensgrundlage, mangelnde Asylrelevanz, non refoulement, private Verfolgung, Sicherheitslage, staatlicher Schutz
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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