TE AsylGH Erkenntnis 2009/01/21 A8 402753-1/2008

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Veröffentlicht am 21.01.2009
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Spruch

A8 402.753-1/2008/3E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. HÖLLER als Vorsitzende und den Richter Mag. KOPP über die Beschwerde der I.A., geb. 00.00.1991, StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 3.11.2008, Zl. 08 00.199-BAS, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

Text

Entscheidungsgründe

 

I. Verfahrensgang

 

I.1. Mit dem angefochtenen Bescheid hat das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin vom 5.1.2008 gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen. Gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG wurde der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia nicht zuerkannt und gemäß § 10 Abs 1 AsylG wurde die Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Somalia ausgewiesen.

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde.

 

II. Der Asylgerichtshof hat in nichtöffentlicher Sitzung erwogen:

 

II.1. Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

II.1.1. Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Somalia. Ihre Identität konnte nicht festgestellt werden.

 

II.1.2. Sie reiste am 5.1.2008 illegal nach Österreich ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz.

 

II.1.3. Am 7.1.2008 wurde die nunmehrige Beschwerdeführerin gemäß § 19 AsylG 2005 von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich einvernommen. Im Zuge der Erstbefragung gab die Genannte zu ihren Fluchtgründen an, dass sie ihr Heimatland verlassen habe, weil sie der Minderheit der Rer Hamar angehöre, welche in Mogadishu täglich verfolgt, entführt und versklavt werde. Sie selber sei Opfer eines solchen Übergriffes geworden. Am 19.9.2007 sei ein Mann, ein Angehöriger der Hawiye, zu ihr gekommen, habe sie verschleppt und ca. einen Monat lang festgehalten. "Unter Hilfe von Bekannten" habe sie schließlich befreit werden können. Dann habe sie beschlossen, Somalia zu verlassen. Bei einer Rückkehr befürchte sie wieder verschleppt und misshandelt zu werden.

 

Am 17.1.2008 führte die belangte Behörde eine niederschriftliche Einvernahme mit der nunmehrigen Beschwerdeführerin durch. Dabei wurde der Reiseweg der Beschwerdeführerin erörtert.

 

Am 15.2.2008 führte die belangte Behörde eine weitere niederschriftliche Einvernahme mit der nunmehrigen Beschwerdeführerin durch. Dabei gab die Genannte zu Protokoll, dass sie einem kleinen Stamm angehöre, der in Somalia ausgegrenzt werde. Aus diesem Grund sei sie von bewaffneten Männern, welche dem Stamm der Hawiye angehören, entführt worden. Während dieser Anhaltung, welche von 19.9.2007 bis 19.10.2007 gedauert hat, sei sie geschlagen und vergewaltigt worden. Ein Mitarbeiter von ihrem Vater habe sie dann schließlich freigekauft. Da sie Angst hatte getötet zu werden, habe sie das Land verlassen müssen. Des Weiteren hätte sie ständig Probleme aufgrund ihrer Stammeszugehörigkeit gehabt. Im Falle einer Rückkehr befürchte sie, getötet zu werden.

 

Vom Bundesasylamt wurde in Folge eine Sprachanalyse veranlasst, die zum Ergebnis hatte, dass die Beschwerdeführerin Somalisch auf Muttersprachenniveau spricht, und sie eine Variante der somalischen Sprache spricht, welche sich offensichtlich dem südlichen Somalia zuordnen lässt. Auch hat sie gute Kenntnisse zu der von ihr angegebenen Herkunftsregion.

 

Auf die Frage ihrer Stammeszugehörigkeit wurde bei der Sprachanalyse nicht eingegangen.

 

Am 12.8.2008 fand eine weitere niederschriftliche Einvernahme der nunmehrigen Beschwerdeführerin vor der belangten Behörde statt. Die Beschwerdeführerin korrigierte ihre Aussage dahingehend, dass es nicht richtig sei, wie in der Einvernahme vom 15.2.2008 niedergeschrieben wurde, dass sie "unter Hilfe von Bekannten" befreit wurde. Richtig sei, dass ein Bekannter und Mitarbeiter des Vaters, ihr bei der Flucht geholfen habe. Sie kenne diesen Mann nicht. Des Weiteren ergänzte sie ihre bisherigen Ausführungen dahingehend, dass sie der Minderheit der Rer Hamar angehöre. Am 19.9.2007 hätten ca. zehn bewaffnete Männer, die Angehörige der Hawiye waren, ihre Wohnung durchsucht, fanden jedoch nichts, und sie sei anschließend entführt worden. Sie sei dann von dem Chef dieser Gruppe einen Monat lang festgehalten worden, und während dieser Zeit mehrmals vergewaltigt worden. Ein Bekannter von ihrem Vater habe diesem Mann Geld geboten und sie freigekauft. Sie konnte nicht in ihre Wohnung zurückkehren, und ihr Vater und sein Bekannter hätten beschlossen, dass sie das Land verlassen soll. Die Beschwerdeführerin deutete an, dass solche Vorfälle immer wieder passieren würden. Im Falle einer Rückkehr befürchte sie, dass ihr so etwas wieder passieren könnte, oder dass man sie auch töten würde.

 

II.1.4. Die belangte Behörde wies den Antrag der nunmehrigen Beschwerdeführerin auf Gewährung von internationalem Schutz ab und begründete ihre Entscheidung zusammengefasst mit der mangelnden Asylrelevanz und der fehlenden Glaubwürdigkeit der Angaben der Beschwerdeführerin.

 

II.1.5. Die Beschwerdeführerin bekämpfte die Entscheidung der belangten Behörde fristgerecht mittels Beschwerde und monierte inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin habe im Laufe ihrer Einvernahme ausdrücklich betont, dass sie aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu der Minderheit der Rer Hamar verfolgt werde, und sie im Zuge ihrer Entführung mehrfach vergewaltigt wurde. Die Erstbehörde habe diese Vorfälle als Straftaten qualifiziert, die in allen Staaten der Erde passieren können, und dabei die Tatsache außer Acht gelassen, dass in Somalia für Opfer derartiger Taten keinerlei Schutz existiert, sowie die Tatsache, dass die Entführung und die damit einhergegangenen Vergewaltigungen der Beschwerdeführerin eindeutig ethnisch motiviert waren und Angehörige von Minderheitenclans in solchen Situationen keine Möglichkeiten haben, sich zur Wehr zu setzen.

 

II.2. Rechtliche Beurteilung und Beweiswürdigung

 

II.2.1. Gemäß § 28 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008, nimmt der Asylgerichtshof mit 1.7.2008 seine Tätigkeit auf. Das Bundesgesetz über den Unabhängigen Bundesasylsenat (UBASG), BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2005, tritt mit 1.7.2008 außer Kraft.

 

II.2.2. Gemäß § 23 AsylGHG sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof, soweit sich aus dem Bundes- Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985- VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991- AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs " Berufung" der Begriff " Beschwerde" tritt.

 

II.2.3. Gemäß § 9 leg.cit. entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, sofern bundesgesetzlich nicht die Entscheidung durch Einzelrichter oder verstärkte Senate (Kammersenate) vorgesehen ist.

 

II.2.4. Gemäß § 61 Abs. 1 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes. Gemäß Abs. 3 entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4, wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5 und wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG sowie über die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

II.2.5. Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005 sind am 1.7.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

1. Mitglieder des Unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

2. Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

3. Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des Unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.

 

II.2.6. Gemäß § 18 Abs. 1 AsylG 2005 haben das Bundesasylamt und der Asylgerichtshof in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Beweismittel auch von Amts wegen beizuschaffen. Gemäß Abs. 2 ist im Rahmen der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Vorbringens eines Asylwerbers auf die Mitwirkung im Verfahren Bedacht zu nehmen.

 

II.2.7. Gemäß § 15 AsylG 2005 hat ein Asylwerber am Verfahren nach diesem Bundesgesetz mitzuwirken; insbesondere hat er ohne unnötigen Aufschub seinen Antrag zu begründen und alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen. Weiters hat er bei Verfahrenshandlungen und Untersuchungen durch einen Sachverständigen persönlich und rechtzeitig zu erscheinen, und an diesen mitzuwirken sowie unter anderen auch dem Bundesasylamt oder dem Asylgerichtshof alle ihm zur Verfügung stehenden Dokumente und Gegenstände am Beginn des Verfahrens, oder soweit diese erst während des Verfahrens hervorkommen oder zugänglich werden, unverzüglich zu übergeben, soweit diese für das Verfahren relevant sind.

 

II.2.8. Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen. Gemäß Abs. 3 leg. cit. kann die Berufungsbehörde jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiemit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.

 

Auch der Asylgerichtshof ist zur Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG berechtigt (vgl. dazu VwGH 21.11.2002, 2002/20/0315 und 21.11.2002, 2000/20/0084). Eine kassatorische Entscheidung darf von der Berufungsbehörde nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes, sondern nur dann getroffen werden, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Berufungsbehörde hat dabei zunächst in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen, ob angesichts der Ergänzungsbedürftigkeit des ihr vorliegenden Sachverhaltes die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als "unvermeidlich erscheint". Für die Frage der Unvermeidlichkeit einer mündlichen Verhandlung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG ist es aber unerheblich, ob eine kontradiktorische Verhandlung oder nur eine Vernehmung erforderlich ist (vgl. etwa VwGH 14.3.2001, 2000/08/0200; zum Begriff "mündliche Verhandlung" im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG siehe VwGH 21.11.2002, 2000/20/0084).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnissen vom 21. November 2002, Zl. 2002/20/0315 und Zl. 2000/20/0084, grundsätzliche Ausführungen zur Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG im Asylverfahren im Allgemeinen und durch den Unabhängigen Bundesasylsenat im Besonderen getätigt. Dabei hat er im letztgenannten Erkenntnis insbesondere ausgeführt:

 

"Bei der Abwägung der für und gegen eine Entscheidung gemäß § 66 Abs. 2 AVG sprechenden Gesichtspunkte muss nämlich auch berücksichtigt werden, dass das Asylverfahren nicht nur möglichst kurz sein soll. Zur Sicherung seiner Qualität hat der Gesetzgeber einen Instanzenzug vorgesehen, der zur belangten Behörde und somit zu einer gerichtsähnlichen, unparteilichen und unabhängigen Instanz als besonderem Garanten eines fairen Asylverfahrens führt (vgl. bereits das Erkenntnis vom 16. April 2002, Zl. 99/20/0430). Die der belangten Behörde in dieser Funktion schon nach der Verfassung zukommende Rolle einer ¿obersten Berufungsbehörde' (Art. 129c 1 B-VG) wird aber ausgehöhlt und die Einräumung eines Instanzenzuges zur bloßen Formsache degradiert, wenn sich das Asylverfahren einem eininstanzlichen Verfahren vor der Berufungsbehörde nähert, weil es das Bundesasylamt ablehnt, auf das Vorbringen sachgerecht einzugehen und brauchbare Ermittlungsergebnisse in Bezug auf die Verhältnisse im Herkunftsstaat in das Verfahren einzuführen."

 

II.2.9. Die Beschwerdeführerin rügt durch ihren Vertreter im Beschwerdeschriftsatz, dass die belangte Behörde die von der Beschwerdeführerin behaupteten Verfolgungshandlungen als Straftaten qualifiziert habe, die in allen Staaten der Erde passieren können. Obwohl die Beschwerdeführerin ausdrücklich betonte, dass sie aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu der Minderheit der Rer Hamar verfolgt werde, habe die Erstbehörde dies nicht in gehöriger Weise berücksichtigt und ermittelt, ob die gegen die Beschwerdeführerin gerichteten Handlungen ethnisch motiviert waren sowie ob Angehörige von Minderheitenclans in solchen Situationen eine Möglichkeiten haben, sich zur Wehr zu setzen.

 

Die Erstbehörde hat den ethnischen Konnex der behaupteten Verfolgung weder durch eingehende Befragung zu hinterfragen versucht noch irgendwelche geeigneten individuellen Feststellungen dazu getroffen - obwohl die Beschwerdeführerin bei der Erstbefragung am 7.1.2008, sowie auch in den folgenden Einvernahmen am 15.2.2008 sowie am 12.8.2008 ausdrücklich darauf verwiesen hat, Angehörige einer Minderheit zu sein und ethnischer Verfolgung ausgesetzt zu sein.

 

Da die Zugehörigkeit der Beschwerdeführerin zur Volksgruppe der Rer Hamar nicht widerlegt werden konnte, wären umfassende Feststellungen - bereits die belangte Behörde ging davon aus, dass es sich bei den Rer Hamar um eine Minderheitengruppe handle und Minderheiten einer sehr schlechten Sicherheitslage ausgesetzt seien und sich in einer schlechten sozialen, politischen und ökonomischen Situation befinden und zahlreichen Formen der Diskriminierung ausgesetzt seien - sowie eine eingehende Auseinandersetzung mit der Lage dieser Volksgruppe, unter besonderer Berücksichtigung der Situation von Frauen, erforderlich gewesen.

 

II.2.10. Das erstinstanzliche Verfahren erweist sich daher insgesamt als mangelhaft, so dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, wobei es für die Frage der Unvermeidlichkeit einer mündlichen Verhandlung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG unerheblich ist, ob eine kontradiktorische Verhandlung oder nur eine bloße Einvernahme erfolgt (VwGH 21.11.2002, 2000/20/0084 mwN; 21.11.2002, 2002/20/0315; VwGH 11.12.2003, 2003/07/0079).

 

Im Rahmen einer solchen Verhandlung bzw. Einvernahme wäre zur vollständigen Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes auch die Erörterung der Ermittlungsergebnisse mit der Beschwerdeführerin notwendig, um dieser auch das in § 43 Abs. 4 AVG verbürgte Recht zur Stellungnahme zu gewährleisten.

 

II.2.11. Ausgehend von diesen Überlegungen war im vorliegenden Fall dem diesbezüglichen Antrag in der Beschwerde Rechnung zu tragen und das dem Asylgerichtshof gemäß § 66 Abs. 2und 3 AVG eingeräumte Ermessen im Sinne einer kassatorischen Entscheidung zu üben. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass im Fall eines gemäß § 66 Abs. 2 AVG ergangenen aufhebenden Bescheides (hier: Erkenntnisses) die Verwaltungsbehörden (lediglich) an die die Aufhebung tragenden Gründe und die für die Behebung maßgebliche Rechtsansicht gebunden sind (vgl. z.B. VwGH 22.12.2005, Zl. 2004/07/0010, VwGH 08.07.2004, Zl. 2003/07/0141); durch eine Zurückverweisung nach § 66 Abs. 2 AVG tritt das Verfahren aber in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung des aufgehobenen Bescheides befand (VwGH 22.05.1984, Zl. 84/07/0012), sodass das Bundesasylamt das im Rahmen des Beschwerdeverfahrens erstattete weitere Parteivorbringen zu berücksichtigen und gemäß § 18 Abs. 1 AsylG gegebenenfalls darauf hinzuwirken haben wird, dass dieses ergänzt bzw. vervollständigt wird.

Schlagworte
ethnische Verfolgung, Identität, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung, Minderheiten-Zugehörigkeit, politischer Charakter
Zuletzt aktualisiert am
03.02.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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