TE UVS Burgenland 2006/03/20 166/10/06018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.03.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied Mag Eder über die am 14 03 2006 eingelangte Beschwerde vom 13 03 2006 nach § 82 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl I Nr 100/2005 idF BGBl I Nr 157/2005, des Herrn ***, geboren am 16 05 1980, Staatsangehörigkeit ungeklärt, derzeit aufhältig im Polizeianhaltezentrum des Landespolizeikommandos für Wien, vertreten durch Herrn Stephan Jürgen Mertens, Rechtsanwalt in Wien, wegen behaupteter Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 10 01 2006, Zl 11/6-143030-2006, zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 83 Abs 2 und 4 FPG iVm § 67c Abs 3 AVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen im Zeitpunkt dieser Entscheidung vorliegen.

Gemäß § 79a AVG hat der Beschwerdeführer dem Bund (Bundesministerin für Inneres) Kosten für Vorlageaufwand von 51,50 Euro zu ersetzen.

Text

Aufgrund des Fremdenpolizeiaktes der belangten Behörde zur Zahl 11/6-143030-2006 und des Beschwerdevorbringens ergibt sich folgender Sachverhalt:

 

Die Identität des Beschwerdeführers sowie seine Staatsangehörigkeit stehen nicht mit Sicherheit fest. Er verfügt weder über ein Reisenoch ein sonstiges Identitätsdokument. Der Beschwerdeführer ist allerdings jedenfalls kein österreichischer Staatsbürger. Er gibt an, *** zu heißen und am 16 05 1980 geboren worden zu sein. Er sei staatenlos und Zugehöriger von Palästina. Er habe früher über einen gültigen "palästinensischen" Reisepass, der auf den Familiennamen "***" und Vornamen "***" ausgestellt worden sei, verfügt. Dieser Reisepass sei ihm von einem Schlepper abgenommen worden. Es habe sich dabei um ein Reisedokument für palästinensische Flüchtlinge, welches von libanesischen Behörden ausgestellt worden sei, gehandelt.

 

Nachdem der Beschwerdeführer seinen Heimatort im Gazastreifen verlassen hatte, reiste er mit einem PKW nach Ägypten, wo er am 02 01 2006 oder 03 01 2006 ankam. In Ägypten wurde dem Beschwerdeführer sein Reisepass von einem Schlepper abgenommen. Anschließend fuhr der Beschwerdeführer in Schiffen und LKW weiter durch ihm nicht näher bekannte Länder.

 

Am 10 01 2006, 00 15 Uhr, überschritt der Beschwerdeführer im Gemeindegebiet von Nickelsdorf zwischen den Grenzsteinen A29 und A30 von Ungarn kommend zu Fuß die ungarisch-österreichische Staatsgrenze und reiste nach Österreich ein. Beim Grenzübertritt wurde er durch Soldaten des österreichischen Bundesheeres beobachtet. Gegenüber diesen hat der Beschwerdeführer im Zuge seiner unmittelbar darauf folgenden Anhaltung den Grenzübertritt auch eingestanden.

 

Am 10 01 2006, 00 20 Uhr, wurde der Beschwerdeführer von Soldaten des österreichischen Bundesheeres nach den Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 festgenommen.

Um 11 30 Uhr des 10 01 2006 stellte der Beschwerdeführer gegenüber einem Polizeibeamten einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Eine von Polizeibeamten sog "Eurodac-Anfrage" verlief negativ. Der Abgleich der Fingerabdrücke des Beschwerdeführers mit den im "Eurodac-System" gespeicherten ergab keine Bestätigung dafür, dass der Beschwerdeführer bereits in einem anderen Mitgliedstaat der EU wegen Asylantragstellung oder aus fremdenpolizeilichen Gründen erkennungsdienstlich behandelt worden wäre.

 

Seitens der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland wurde mit Schreiben vom 10 01 2006 unter Anschluss von Erhebungsprotokollen die zuständige ungarische Behörde (Grenzwachdirektion Györ) ersucht, dass die Republik Ungarn die notwendigen Veranlassungen zur Rückübernahme treffen möge, wobei darauf hingewiesen wurde, dass der Termin für die tatsächliche Durchführung der Rückübernahme gesondert bekannt gegeben werden wird.

 

Mit Bescheid vom 10 01 2006, Zl 11/6-143030-2006, ordnete die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See gemäß § 76 Abs 2 FPG die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 sowie - ab deren Durchsetzbarkeit - zur Sicherung der Abschiebung an. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 10 01 2006 um 16 45 Uhr durch persönliche Übergabe zugestellt und sogleich in Vollzug gesetzt. Der Beschwerdeführer wird seit dieser Zeit in Schubhaft angehalten.

 

In weiterer Folge teilte das Bundesasylamt - Erstaufnahmestelle Ost mit Schreiben vom 24 01 2006, Zl 06 00 440, der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See mit, dass seitens des Bundesasylamtes beabsichtigt war, den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zurückzuweisen, und dass seit 24 01 2006 "Dublin-Konsultationen" mit Ungarn, dh ein Schriftverkehr zwischen dem Bundesasylamt und der zuständigen ungarischen Behörde zur Klärung der Zuständigkeit zur Führung des den Beschwerdeführer betreffenden Asylverfahren innerhalb der Europäischen Union, geführt wurden. Gleichzeitig wurde seitens des Bundesasylamtes darauf hingewiesen, dass diese Mitteilung, die auch dem Beschwerdeführer zukam, nach § 29 Abs 3 Z 4 AsylG auch als eingeleitendes Ausweisungsverfahren gilt.

 

Am 15 02 2006, 07 00 Uhr, begann der Beschwerdeführer während seiner Anhaltung in Schubhaft einen Hungerstreik. Diesen beendete er am 08 03 2006 wieder. Haftunfähigkeit lag weder in der Zeit seines Hungerstreikes vor noch liegt eine solche derzeit vor.

 

Im Zuge seiner am 16 02 2006 vor der Bundespolizeidirektion Wien (infolge Rechtshilfe für die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See) erfolgten Einvernahme bestritt der Beschwerdeführer in Ungarn gewesen zu sein.

 

Am 22 02 2006 langte beim Bundesasylamt die Zustimmung der zuständigen ungarischen Behörde zur Rückübernahme des Beschwerdeführers ein. Gleichzeitig wurde damit auch die Bestätigung der ungarischen Behörde verbunden, dass Ungarn für die Führung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers zuständig ist.

 

In seiner Einvernahme vom 24 02 2006, die vor dem Bundesasylamt stattfand, gab der Beschwerdeführer an, dass er auf keinen Fall nach Ungarn zurück möchte. Weiters gab er an, dass er seinen Asylantrag zurückziehen möchte und freiwillig nach Hause zurückkehren wolle. Sein Bruder, der in Dänemark lebe, würde ihm sein Reisedokument bringen. Dieses werde er dann "der Caritas" vorzeigen, damit die Caritas die freiwillige Rückkehr einleiten könne.

 

Am 02 03 2006 wurde dem Beschwerdeführer der Bescheid des Bundesasylamtes zugestellt, womit sein Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 AsylG 2005 zurückgewiesen und er gleichzeitig nach Ungarn ausgewiesen wurde. Dieser Bescheid ist noch nicht rechtskräftig, weil der Beschwerdeführer am 07 03 2006 dagegen Berufung an den Unabhängigen Bundesasylsenat erhob. Eine Mitteilung des Bundesasylamtes darüber, ob der Berufung aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde bzw ob die vom Bundesasylamt erlassene Ausweisung mittlerweile durchführbar ist, liegt derzeit nicht vor.

 

Mit Schreiben vom 06 03 2006 ersuchte die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See die Bundespolizeidirektion Wien dem Beschwerdeführer zur Kenntnis zu bringen, dass seine Schubhaft über zwei Monate hinaus aufrechterhalten wird. Am 07 03 2006 wurde der Beschwerdeführer unter gleichzeitiger Anfertigung einer Niederschrift darüber in Kenntnis gesetzt, dass die erforderliche Einreisebewilligung eines anderen Staates noch nicht vorliegen würde und das "Dublinverfahren" mit Ungarn noch laufen würde sowie dass die Zustimmung der ungarischen Asylbehörden für die Übernahme seiner Person noch nicht vorliegen würde. Daher werde die Schubhaft gemäß § 80 Abs 4 Z 2 FPG auf sechs Monate ausgedehnt. Er werde aus der Haft nicht entlassen, weil laut Auskunft der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See die Aussicht bestehe, dass er in absehbarer Zeit im Rahmen des Dubliner Übereinkommens nach Ungarn rückgestellt werde sowie die Gefahr bestehe, dass er sich im Fall einer Entlassung dem Verfahren entziehen werde und untertauchen werde.

 

Der Beschwerdeführer verfügte weder zur Zeit seiner Einreise noch im gegenwärtigen Zeitpunkt über ein Reisedokument, einen Aufenthaltstitel, einen Einreisetitel oder eine sonstige Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet. Er hat keine Angehörigen in Österreich und verfügt im Bundesgebiet auch nicht über eine Unterkunft oder Mittel zur Bestreitung seines Unterhaltes.

 

Diese Feststellungen beruhten auf den unbedenklichen im Fremdenakt der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See erliegenden Urkunden im Zusammenhalt mit den Angaben des Beschwerdeführers. Im Wesentlichen handelte es sich bei den Feststellungen um die Wiedergabe der bisherigen Verfahrensabläufe der Verfahren vor dem Bundesasylamt und der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See. Der Reiseweg des Beschwerdeführers nach Österreich wurde anhand seiner eigenen Angaben festgestellt. Dass er - entgegen seinen Ausführungen vor der Bundespolizeidirektion Wien - tatsächlich von Ungarn nach Österreich einreiste, ergab sich aus den im Akt verzeichneten Wahrnehmungen der unmittelbar an der Grenze postierten Soldaten des österreichischen Bundesheeres, die den Beschwerdeführer beim Grenzübertritt der ungarisch-österreichischen Grenze beobachteten. Dass der Beschwerdeführer seinen Hungerstreik bereits am 08 03 2006 beendet hatte und aus medizinischer Sicht keine Auffälligkeiten vorhanden waren bzw sind, ergab sich aus der unbedenklichen Mitteilung der Sanitätsstelle des Polizeianhaltezentrums der Bundespolizeidirektion Wien, Landespolizeikommando für Wien.

 

In der gegenständlichen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft mit folgender Begründung behauptet:

 

Der Beschwerdeführer richtet sich in seiner Beschwerde ausdrücklich lediglich gegen die Rechtmäßigkeit des Schubhaftbescheides und beantragte diesen als rechtswidrig zu erklären. Als Begründung dafür führt er aus, dass die Voraussetzungen des § 76 Abs 2 FPG im vorliegenden Fall nicht vorgelegen wären. Er habe gegen den zurückweisenden Bescheid des Bundesasylamtes mit aufschiebender Wirkung Berufung erhoben. Er gestand in seiner Beschwerde zwar zu, dass es zutreffend sei, aus Ungarn nach Österreich eingereist zu sein; jedoch bedeute dies nicht, dass Ungarn, das zwar von der Dublin II-Verordnung erfasst sei, automatisch für die Führung seines Asylverfahrens zuständig sei und er nach Ungarn überstellt werden müsse. Dies wäre nämlich nur dann der Fall, wenn Ungarn ein sicherer Drittstaat sei. Wenn Ungarn nicht als sicherer Drittstaat einzustufen wäre, dürfe er nicht dorthin überstellt werden; vielmehr müsse Österreich seinen Asylantrag behandeln. Ungarn erfülle die Mindestvoraussetzungen der Genfer Flüchtlingskonvention, um als sicherer Drittstaat zu gelten, nicht. Es bestünden nämlich in Ungarn erhebliche Rechtsschutzlücken im Asylverfahren. Darüber hinaus gebe es keinen Schutz vor Kettenabschiebungen. Daher drohe dem Beschwerdeführer in Ungarn die Abschiebung in sein Heimatland. Da aus diesem Grund Österreich zur Behandlung seines Asylantrages berufen sei, dürfe  er nicht  nach Ungarn überstellt werden. Somit seien auch die Voraussetzungen des § 76 Abs 2 Z 4 FPG für die Verhängung der Schubhaft nicht gegeben. Die Schubhaft dürfe nur dann verhängt werden, wenn sein Antrag wegen Unzuständigkeit Österreichs zurückzuweisen sei. Dies sei aber nicht der Fall, weshalb die Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft nicht vorgelegen seien und der Bescheid, mit dem die Anhaltung in Schubhaft angeordnet wurde, rechtswidrig sei.

 

Weiters dürfe der Beschwerdeführer nicht länger in Schubhaft angehalten werden, weil er sich seit 22 Tagen in Hungerstreik befinde. Er sei dadurch sehr stark geschwächt. Sein allgemeiner Gesundheitszustand sei besorgniserregend. Seit einiger Zeit habe er Blut im Stuhl. Am 22 Tag seines Hungerstreikes sei er kollabiert, worauf ihm versprochen worden sei, er würde sofort ärztlich behandelt werden. Dies sei allerdings nicht geschehen. Der Beschwerdeführer werde zwar von Zeit zu Zeit routinemäßig untersucht. Es sei aber dringend geboten, dass er einer ärztlichen Kontrolle bezüglich der Auswirkungen des Hungerstreiks und der Folterungen in seiner Heimat, weshalb er auch traumatisiert sei, auf seinen geistigen und körperlichen Zustand unterzogen werde. Er dürfe daher infolge Eintritts der Haftunfähigkeit nicht mehr länger angehalten werden.

 

Die belangte Behörde hat auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet und die Abweisung der Beschwerde samt Zuspruch von Kosten beantragt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat erwogen:

 

§ 31 Abs 1, § 46 Abs 1, § 76 Abs 2 Z 4, Abs 3, Abs 5 und Abs 7, § 82 Abs 1, § 83, § 80 FPG, § 5, § 10 Abs 1 Z 1 und Abs 2 bis Abs 4, § 27 Abs 1 Z 1, § 29 Abs 1, Abs 2, Abs 3 Z 4 und § 36 Abs 1 und Abs 4 AsylG 2005 lauten:

 

§ 31 FPG:

"(1) Fremde halten sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz  oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;

5. soweit sie nicht auf Grund eines Rückübernahmeabkommens (§ 19 Abs 4) oder internationaler Gepflogenheiten rückgenommen werden mussten oder nicht auf Grund einer Durchbeförderungserklärung, sonstiger zwischenstaatlicher Abkommen oder auf Ersuchen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union um Durchbeförderung (§ 48 Abs 1) oder aufgrund einer Durchlieferungsbewilligung gemäß § 67 ARHG eingereist sind;

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

(2) [...]"

 

§ 46 FPG:

"(1) Fremde, gegen die ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung (§§ 53, 54 und § 10 AsylG 2005) durchsetzbar ist, können von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag der Behörde zur Ausreise verhalten werden (Abschiebung), wenn

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint oder

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise (§ 67, § 10 AsylG 2005) nicht zeitgerecht nachgekommen sind oder

3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen oder

4. sie dem Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

(2) [...]."

 

§ 76 FPG:

"(1) [...].

(2) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde kann über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1.

[...];

4.

auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

(3) Die Schubhaft ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(4) [...].

(5) Wird ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) [...].

(7) Die Anordnung der Schubhaft kann mit Beschwerde gemäß § 82 angefochten werden."

 

§ 82 FPG:

"(1) Der Fremde hat das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.

wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.

wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder

 3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

(2) [...]."

 

§ 83 FPG:

"(1) Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde.

(2) Über die Beschwerde entscheidet der unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder. Im übrigen gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, dass

1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, und

2. die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.

(3) Hat der unabhängige Verwaltungssenat dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist des Abs 2 Z 2 bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(4) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden."

 

 

§ 80 FPG:

"(1) Die Behörde ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert.

(2) Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer in den Fällen des Abs 3 und 4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann oder darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden,

1. weil die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht möglich ist oder

2. weil die für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt oder

3. weil er die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden, es sei denn, die Nichtvornahme der Abschiebung ist dem Verhalten des Fremden zuzurechnen. In diesen Fällen darf der Fremde wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren nicht länger als zehn Monate in Schubhaft angehalten werden. Ebenso kann die Schubhaft, die gemäß § 76 Abs 2 verhängt wurde, länger als sechs Monate in zwei Jahren, aber nicht länger als zehn Monate in zwei Jahren aufrechterhalten werden.

(5) In Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs 2 verhängt wurde, kann diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge auch ein Fall des Abs 4 Z 1 bis 3 vor. Wird der Berufung gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zu Entscheidung des unabhängigen Bundesasylsenates aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrechterhalten werden, wenn der unabhängige Bundesasylsenat eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt.

(6) Soll der Fremde länger als sechs Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das sechste Monat überschritten wurde, und danach alle acht Wochen vom örtlich zuständigen unabhängigen Verwaltungssenat von Amts wegen zu überprüfen. Die Behörde hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass den unabhängigen Verwaltungssenaten eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Der unabhängige Verwaltungssenat hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

(7) Die Behörde hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen."

§ 5 AsylG 2005:

"(1) Ein nicht gemäß § 4 erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin - Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Behörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.

(2) Gemäß Abs 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin - Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder bei der Behörde offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs 1 Schutz vor Verfolgung findet."

 

§ 10 AsylG 2005:

"(1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn

1.

der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird;

2.

[...];

(2) Ausweisungen nach Abs 1 sind unzulässig, wenn

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder

2. diese eine Verletzung von Art 8 EMRK darstellen würden.

(3) Wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

(4) Eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs 1 Z 1 verbunden ist, gilt stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen."

 

§ 27 AsylG 2005:

"(1) Ein Ausweisungsverfahren nach diesem Bundesgesetz gilt als eingeleitet, wenn

1. im Zulassungsverfahren eine Bekanntgabe nach § 29 Abs 3 Z 4 oder 5 erfolgt und

2. [...].

(2) [...]."

 

§ 29 AsylG 2005:

"(1) Zulassungsverfahren sind mit Einbringen von Anträgen auf internationalen Schutz zu beginnen und in einer Erstaufnahmestelle des Bundesasylamtes zu führen, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt. § 17 Abs 3 und 6 gilt. Unverzüglich nach Einbringung des Antrages ist dem Asylwerber eine Orientierungsinformation und eine Erstinformation über das Asylverfahren in einer ihm verständlichen Sprache zu geben.

(2) Nach Einbringung des Antrags auf internationalen Schutz hat binnen 48 - längstens jedoch nach 72 - Stunden eine Befragung des Asylwerbers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (§ 19 Abs 1) zu erfolgen, soweit eine solche Befragung im ausreichenden Umfang nicht bereits im Rahmen der Vorführung erfolgt ist. Samstage, Sonntage und gesetzliche Feiertage hemmen die Frist gemäß Satz 1.

(3) Nach Durchführung der notwendigen Ermittlungen hat die Behörde je nach Stand des Ermittlungsverfahrens

1.

[...];

4.

dem Asylwerber mit Verfahrensanordnung (§ 63 Abs 2 AVG) mitzuteilen, dass beabsichtigt ist, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen (§§ 4, 5 und § 68 Abs 1 AVG) oder

 5. [...]

(4) [...]."

 

§ 36 AsylG 2005:

"(1) Einer Berufung gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag zurückgewiesen wird, kommt eine aufschiebende Wirkung nicht zu. Einer Berufung gegen eine mit einer solchen Entscheidung verbundenen Ausweisung kommt die aufschiebende Wirkung nur zu, wenn sie vom unabhängigen Bundesasylsenat zuerkannt wird.

(2) [...].

(4) Kommt einer Berufung gegen eine Ausweisung die aufschiebende Wirkung nicht zu, ist die Ausweisung durchsetzbar. Mit der Durchführung der diese Ausweisung umsetzenden Abschiebung oder Zurückschiebung ist bis zum Ende der Rechtsmittelfrist, wird ein Rechtsmittel ergriffen bis zum Ablauf des siebenten Tages ab Berufungsvorlage zuzuwarten. Der unabhängige Bundesasylsenat hat das Bundesasylamt unverzüglich vom Einlangen der Berufungsvorlage und von der Gewährung der aufschiebenden Wirkung in Kenntnis zu setzen.

(5) [...]."

 

Gemäß § 83 Abs 2 zweiter Satz FPG gelten die §§ 67c bis 67g sowie § 79a AVG mit der Maßgabe, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Dies ist im Anlassfall gegeben, weshalb keine Verhandlung anberaumt wurde.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat die behauptete Rechtswidrigkeit der Schubhaft für die Vergangenheit nur unter jenem Blickwinkel (im Rahmen jener Gründe) zu prüfen, aus welchem dies geltend gemacht wird (§ 83 Abs 4 letzter Satz FPG).

 

Im Falle der andauernden Haft hat der Verwaltungssenat jedenfalls (also unabhängig vom Beschwerdevorbringen) auszusprechen (festzustellen), ob die Voraussetzungen für die Fortdauer der Haft im Zeitpunkt seiner Entscheidung vorliegen (§ 83 Abs 4 erster Satz FPG), wobei diese Entscheidung grundsätzlich völlig unabhängig davon, ob zu einem früheren Zeitpunkt eine Rechtswidrigkeit vorgelegen ist, zu erfolgen hat (vgl ErlBem zur RV zu § 83 FPG, 952 dB, XXII GP).

 

Wie aus den Feststellungen hervorgeht, beruht die beschwerdegegenständliche Haft auf einem vollstreckbaren Schubhaftbescheid (Mandatsbescheid gemäß § 76 Abs 3 FPG) der belangten Behörde. Damit ist ein formell gültiger Rechtstitel für die Anhaltung gegeben. Dieser Bescheid wurde vom Beschwerdeführer in formeller Hinsicht auch nicht bemängelt. Die formellen Schubhaftvoraussetzungen sind also vorhanden. Es liegt eine Anhaltung in Schubhaft vor, die mit gegenständlicher Beschwerde zulässigerweise angefochten werden konnte.

 

Zur bisherigen Schubhaft:

 

Der Beschwerdeführer richtet sich in seiner Beschwerde ausdrücklich nur gegen die Rechtmäßigkeit des Schubhaftbescheides. Entgegen seiner Ansicht lagen aber im Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides ausreichend Hinweise dafür vor, dass Österreich zur Führung des Asylverfahrens nicht zuständig sein wird und gegen den Beschwerdeführer eine Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 erlassen werden wird. Der Beschwerdeführer wurde beobachtet, als er außerhalb einer Grenzkontrollstelle von Ungarn kommend die Staatsgrenze überschritt und nach Österreich einreiste. Somit konnte zweifelsfrei aufgrund der Wahrnehmungen von mit der Grenzüberwachung betrauten Soldaten des österreichischen Bundesheeres festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aus Ungarn nach Österreich einreiste. Somit ergab sich für die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung auch der nahe liegende Schluss, dass Österreich zur Führung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers nicht zuständig sein wird. Wenn der Beschwerdeführer auf Judikatur hinsichtlich der Qualifizierung der Republik Ungarn als "nicht sicherer Drittstaat" hinweist, so ist dem entgegenzuhalten, dass es sich dabei um Entscheidungen handelt, die einerseits zu einer nicht mehr geltenden Rechtslage getroffen wurden andererseits es sich dabei um Entscheidungen handelt, deren Entscheidungszeitpunkte noch vor dem Beitritt Ungarns zur Europäischen Union handelte. Da sich somit die Rechts- und Sachlage maßgeblich änderte, konnte nicht mehr von der Gültigkeit der älteren Judikatur für die neue Rechtslage ausgegangen werden. Ungarn wird darüber hinaus auch - wenn auch in einem anderen Zusammenhang - in § 39 Abs 1 Z 22 AsylG 2005 ausdrücklich als sicherer Herkunftsstaat bezeichnet. Die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See durfte mit gutem Grund davon ausgehen, dass dem Beschwerdeführer in der Republik Ungarn, für die nicht nur die sog. "Dublin II-Verordnung" (VO 2003/343/EG), sondern auch alle anderen EU-Rechtsakte, die Mindestgarantien für Asylverfahren (wi e etwa die RL 2004/83/EG) vorsehen, verbindlich ist, die Abwicklung eines ordnungsgemäßen Asylverfahrens zu teil werden wird. Ein Grund dafür, dass im Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides bereits mit Sicherheit festgestanden wäre, dass eine Ausweisung des Beschwerdeführers nach Ungarn zu unterbleiben hätte, war letztlich nicht erkennbar. Zur Zulässigkeit der Verhängung der Schubhaft als verfahrenssichernde Maßnahme ist es aber bereits ausreichend, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Vornahme der Ausweisung vorliegt. Dies war hier gegeben. Absolute Gewissheit, wie das Verfahren letztlich beendet werden wird, muss im Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft nicht vorliegen.

 

Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Grund, wonach sich der Bescheid vom 10 01 2006 als rechtswidrig erwiesen hätte, lag somit nicht vor.

 

Zur Fortsetzung der Schubhaft aus heutiger Sicht:

 

Der Beschwerdeführer, der keine Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich besitzt, verfügt im Bundesgebiet über keine soziale Bindungen, keine Unterkunft und keine Barmittel, womit er seinen Unterhalt bestreiten könnte. Im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt gab er ausdrücklich an, nicht nach Ungarn zurück zu wollen, sondern seinen Asylantrag zurückziehen zu wollen. Aus rechtlichen Gründen (vgl § 25 Abs 2 AsylG 2005) ist dies aber nicht möglich (die Ausnahme, wonach dies nur möglich wäre, wenn der Asylwerber in Österreich rechtmäßig niedergelassen wäre, liegt hier nicht vor). Das Anbringen des Beschwerdeführers, dass er seinen Asylantrag zurückziehen wolle, war gemäß § 25 Abs 2 AsylG 2005 von der Asylbehörde als gegenstandslos abzulegen.

 

Die Anhaltung des Beschwerdeführers dient seit Erlassung der Ausweisung des Bundesasylamtes, die zwar durchsetzbar ist, jedoch noch nicht abschließend bekannt ist, ob sie auch im Sinne des § 36 Abs 4 AsylG 2005 durchführbar ist, der Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers. Der Ansicht des Beschwerdeführers, er habe mit aufschiebender Wirkung Berufung gegen den Ausweisungsbescheid erhoben, steht die Anordnung des § 36 Abs 1 AsylG 2005, wonach seiner Berufung aufschiebende Wirkung nicht zukommt, entgegen. Eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung liegt bislang nicht vor.

 

Die Abschiebung des Beschwerdeführers erweist sich nach § 46 Abs 1 Z 3 FPG auch als zulässig, weil aufgrund der eigenen Angaben des Beschwerdeführers zu befürchten ist, dass er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen werde. Der Beschwerdeführer sagte der Behörde zwar zu, dass sein Bruder für ihn ein Reisedokument bringen werde. Ein solches wurde allerdings der Behörde bislang nicht vorgelegt. Darüber hinaus gab er ausdrücklich an, nicht nach Ungarn zurückkehren zu wollen. Es besteht daher die begründete Befürchtung, dass der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen werden wird, weshalb es zulässig ist, die Abschiebung des Beschwerdeführers vorzunehmen.

 

Da der Beschwerdeführer weder über die erforderlichen Barmittel zum Bestreiten seines Unterhalts noch über eine Unterkunft oder soziale Bindungen im Bundesgebiet verfügt, und der Anordnung der Behörde, ihn nach Ungarn ausweisen zu wollen, nicht nachkommen möchte, der Beschwerdeführer andererseits aber auch keine Möglichkeit hat, freiwillig rechtmäßig in ein anderes Land auszureisen, zumal er über kein Reisedokument verfügt, war es zwecks erfolgreicher Realisierung der Abschiebung auch erforderlich, sich seiner Person durch Anhaltung in Schubhaft zu versichern. Aus seinem Beschwerdevorbringen geht auch hervor, dass er einen Hungerstreik begann, der dazu dienen sollte, seine Haftunfähigkeit herbeizuführen. Dies ergab sich insbesondere daraus, dass der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde geltend machte, dass die Behörde auf seinen Gesundheitszustand infolge des Hungerstreikes nicht Rücksicht nehmen würde und nunmehr eben wegen des Hungerstreikes seine Haftunfähigkeit eingetreten sei. Demgegenüber konnte aufgrund einer Mitteilung der Bundespolizeidirektion Wien an die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See und an den Unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland festgestellt werden, dass sich der Beschwerdeführer seit 08 03 2006 nicht mehr im Hungerstreik befindet und "medizinisch unauffällig" ist. Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers lag somit nicht vor.

 

Dem Beschwerdeführer wurde am 07 03 2006 zur Kenntnis gebracht, dass seine Schubhaft auf sechs Monate ausgedehnt werde und dies mit § 80 Abs 4 Z 2 FPG begründet, weil eine Bewilligung Ungarns zu seiner Rückübernahme noch nicht vorliege. Diese Information erwies sich zwar als unrichtig, weil zu dieser Zeit bereits die Zustimmung Ungarns zur Rückübernahme des Beschwerdeführers vorlag und darüber hinaus das Bundesasylamt bereits den zurückweisenden Asylbescheid bzw den Ausweisungsbescheid erlassen hatte, der die Zustimmung Ungarns zur Rücknahme des Beschwerdeführers ja voraussetzte. Jedoch war dies im gegenständlichen Fall nicht weiter relevant, weil nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, die infolge der diesbezüglich gleichgelagerten neuen Rechtslage nach dem FPG auch weiterhin Gültigkeit beanspruchen kann, die Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland einen neuen Titelbescheid zur Anhaltung in Schubhaft darstellt. Gemäß § 80 Abs 5 FPG darf in Fällen, in denen Schubhaft gemäß § 76 Abs 2 FPG verhängt wurde, was hier vorliegt, die Schubhaft bis zum Ablauf der 4. Woche nach Rechtskraft der negativen Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrechterhalten werden, es sei denn, es läge auch ein Fall des § 76 Abs 4 Z 1 bis 3 FPG vor. Aus § 80 Abs 4 letzter Satz FPG ergibt sich, dass die Schubhaft, die gemäß § 76 Abs 2 FPG verhängt wurde, länger als sechs Monate in zwei Jahren, aber nicht länger als zehn Monate in zwei Jahren, aufrechterhalten werden darf. Im gegenständlichen Fall liegen nun die Voraussetzungen dieser Bestimmungen vor. Der Beschwerdeführer hat einen Antrag auf internationalen Schutz eingebracht, der negativ entschieden wurde, und wird derzeit aufgrund des § 76 Abs 2 FPG in Schubhaft angehalten. Eine rechtskräftige Entscheidung über seinen Antrag auf internationalen Schutz liegt bislang nicht vor. Die Schubhaft darf gemäß § 80 Abs 4 FPG insgesamt bis zu zehn Monaten (innerhalb von zwei Jahren) aufrechterhalten werden. Somit war auch un

ter diesem Blickwinkel die Aufrechterhaltung der Schubhaft zulässig.

 

Hingegen war nicht ersichtlich, dass der Zweck der Schubhaft durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden hätte können. Der Beschwerdeführer möchte seinen eigenen Angaben zufolge nicht nach Ungarn zurückkehren. Es droht ihm allerdings aufgrund der gegen ihn erlassenen Ausweisung die (zulässige) Abschiebung nach Ungarn. Da der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland die Befürchtung hegt, dass der Beschwerdeführer aus diesem Grund an der Abschiebung nicht mitwirken würde, falls er sich auf freiem Fuß befinden würde, war die Erreichung des Schubhaftzweckes nicht durch die Anwendung eines gelinderen Mittels im Sinne des § 77 FPG zu erreichen. Es konnte daher nicht mit der Anwendung eines gelinderen Mittels das Auslangen gefunden werden.

 

Den bisherigen Verfahrensgängen war zu entnehmen, dass die jeweiligen Verfahren ungesäumt und zielstrebig vorangetrieben wurden. Im Hinblick darauf kann auch nicht davon gesprochen werden, dass die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers unverhältnismäßig wäre. Auch sonst kamen im Verfahren keine Gründe hervor, die die (weitere) Anhaltung des Beschwerdeführers als unverhältnismäßig hätten ansehen lassen.

 

Gemäß § 79a AVG steht der Partei, die in Fällen einer Beschwerde obsiegt, der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu. Die §§ 52 bis 54 VwGG gelten auch für diesen Aufwandersatz. Die Entscheidung betreffend die Zuerkennung der Kosten für Vorlageaufwand gründet sich auf den diesbezüglichen Antrag der obsiegenden Partei, auf die angeführte Gesetzesstelle sowie auf die Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl II Nr 334/2003.

Schlagworte
Eurodac, Schubhaft, schwebendes Ausweisungsverfahren, Ausweisungsverfahren, Asylverfahren, Sicherungszweck, keine Verfassungswidrigkeit,
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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