RS OGH 1990/9/4 15Os82/90, 12Os71/91, 16Os51/91, 13Os34/93, 12Os149/00 (12Os150/00), 11Os95/02

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 04.09.1990
beobachten
merken

Norm

StGB §1 Abs1

Rechtssatz

Zur Strafverhängung im Sinne § 1 Abs 1 StGB gehören auch alle den Täter beschwerenden richterlichen Beschlüsse im Zusammenhang mit einer bedingten Strafnachsicht oder bedingten Entlassung (§§ 43, 43 a, 46 StGB), sohin nicht nur deren Widerruf, sondern auch eine Verlängerung der Probezeit, die Erteilung neuer Weisungen und die nachträgliche Bestellung eines Bewährungshelfers (§§ 53, 55 StGB). Solche Anordnungen dürfen mithin ebenfalls nur dann getroffen werden, wenn die (bereits rechtskräftig abgeurteilte) verfahrensgegenständliche Tat zur Zeit der betreffenden Entscheidung nach wie vor unter eine gesetzliche Strafdrohung fällt. (Hier: Nach dem Inkrafttreten des StRÄG 1987 ist die Verlängerung einer Probezeit zur bedingten Nachsicht einer Freiheitsstrafe, die vor diesem Stichtag wegen eines gemäß § 108 Abs 2 StGB nF nicht mehr strafbedrohten Verhaltens nach § 108 Abs 1 StGB aF verhängt worden war, unzulässig.)

Entscheidungstexte

  • 15 Os 82/90
    Entscheidungstext OGH 04.09.1990 15 Os 82/90
    Veröff: JBl 1991,325
  • 12 Os 71/91
    Entscheidungstext OGH 20.06.1991 12 Os 71/91
    Vgl auch; Beisatz: Auch die richterlichen Beschlüsse im Zusammenhang mit der bedingten Strafnachsicht oder der bedingten Entlassung gehören im weiteren Sinn zum Strafausspruch und damit zum Strafurteil. (T1) Veröff: EvBl 1991/176 S 743 = JBl 1992,466 = RZ 1992/65 S 187
  • 16 Os 51/91
    Entscheidungstext OGH 20.09.1991 16 Os 51/91
    Beisatz: Hier: § 210 StGB nach Inkrafttreten von BGBl 1989/243. (T2)
  • 13 Os 34/93
    Entscheidungstext OGH 10.03.1993 13 Os 34/93
  • 12 Os 149/00
    Entscheidungstext OGH 18.01.2001 12 Os 149/00
    Vgl auch; Beisatz: Hier: § 159 StGB nach dem Inkrafttreten von BGBl I Nr 58/2000. (T3); Beisatz: Mit dem Außerkrafttreten des (hier:) dem rechtskräftigen Schuldspruch zugrunde liegenden Deliktstatbestandes entfällt auch die Grundlage für jedwede Effektuierung des darauf beruhenden Strafausspruchs, umso mehr eine materiellrechtlich tragfähige Basis für einen nachträglichen Sanktionsausspruch. (T4)
  • 11 Os 95/02
    Entscheidungstext OGH 27.05.2003 11 Os 95/02
    Verstärkter Senat; Gegenteilig; Beisatz: Die Beurteilung, ob eine Tat (§1 StGB) eine gerichtlich strafbare Handlung (§17 StGB) darstellt, also die Subsumtion eines Sachverhalts unter ein im StGB oder einem strafrechtlichen Nebengesetz bezeichnetes Vergehen oder Verbrechen, findet bei der urteilsmäßigen Entscheidung über die Schuldfrage (§260 Abs1 Z1 und 2 StPO), nicht aber erneut bei allen den Strafausspruch und dessen Effektuierung betreffenden Entscheidungen statt. Ein rechtmäßig zustande gekommener und rechtskräftiger Schuldspruch ist nicht bei Entscheidungen über die Strafe und deren Effektuierung neu zu prüfen. Ob die vom (hier: wegen § 159 aF StGB) durch Urteil schuldig Gesprochenen begangene Tat zu einem späteren Zeitpunkt einer Entscheidung über die Strafe auch noch unter (eine andere) gesetzliche Strafdrohung fällt (zB §159 nF StGB), kann nicht beurteilt werden. Dies wäre nur nach einer- in der Prozessordung jedoch nur in bestimmten taxativ aufgezählten Fällen, nämlich nach Aufhebung eines Schuldspruchs infolge Nichtigkeitsbeschwerde, Berufung, Wiederaufnahme oder Erneuerung des Strafverfahrens oder infolge eines Einspruchs, nicht aber infolge einer nachträglichen Gesetzesänderung vorgesehenen - Neudurchführung des zum Schuldspruch führenden Verfahrens möglich. (T5); Beisatz: §1 Abs1 StGB stellt (ebenso wie §61 StGB) nur auf den Zeitpunkt des Schuldspruchs und nicht auf jenen der eine "Effektuierung" des dadurch festgelegten Strafanspruchs dienenden Ermessensentscheidungen ab. (T6); Beisatz: Die Verlängerung der Probezeit einer bedingten Strafnachsicht ist ungeachtet des zwischenzeitigen Außerkrafttretens der dem Schuldspruch zugrunde liegenden Gesetzesstelle grundsätzlich zulässig. Hier: § 159 aF StGB. (T7)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:RS0088971

Dokumentnummer

JJR_19900904_OGH0002_0150OS00082_9000000_001
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten