TE Vwgh Erkenntnis 2004/12/20 2001/12/0265

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Veröffentlicht am 20.12.2004
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

AVG §56;
AVG §68 Abs1;
PG 1965 §54 Abs3 idF 1988/288;
PG 1965 §54 Abs4;
PG 1965 §56;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Schick, Dr. Hinterwirth und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein dem Schriftführer Mag. Lamprecht, über die Beschwerden des Mag. Z in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 30. Oktober 2001, Zl. 8201/56-II/4/01, betreffend I. die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (hg. Zl. 2001/12/0265) und II. die Bewilligung der Wiederaufnahme des Verfahrens über die Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten (hg. Zl. 2001/12/0269),

zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 763,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1970 geborene Beschwerdeführer steht seit 1. März 1999 als Inspektor (Verwendung E2b/Grundlaufbahn) in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Neben wiederholten Präsenzdienstleistungen im Bereich des Militärkommandos Tirol ab dem 3. Oktober 1988 absolvierte er zwischen 1989 und 1995 das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien. Im Jahr 1996 absolvierte er, von einer Präsenzdienstleistung unterbrochen, das Rechtspraktikum im Bereich des Sprengels des Oberlandesgerichtes Wien. Danach war er, (wiederum) von einer Präsenzdienstleistung unterbrochen, als Angestellter bzw. Vertragsbediensteter der Stadt Wien tätig.

Dies legte er am 1. Mai 1999 in einem Fragebogen für die Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten gegenüber der Dienstbehörde detailliert dar und schloss dabei (nach Punkt 8 dieses Formulars) keine Ruhegenussvordienstzeiten gemäß § 54 Abs. 3 des Pensionsgesetzes 1965 (PG 1965) von der Anrechnung aus.

Mit Bescheid vom 4. August 2000 rechnete das Landesgendarmeriekommando für Niederösterreich (kurz: LGK) dem Beschwerdeführer nach § 53 Abs. 2 PG 1965 in 28 Positionen näher bezeichnete Vordienstzeiten, "für welche ein Überweisungsbetrag nach den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften geleistet wird", darunter für das genannte Studium der Rechtswissenschaften (im Ausmaß von insgesamt fünf Jahren), als Ruhegenussvordienstzeiten an. Nach der auf die §§ 53 Abs. 2 Z. 1 und Abs. 3 lit. a und b sowie § 55 Abs. 1 PG 1965 gestützten Begründung und einer Rechtsmittelbelehrung enthält der Bescheid folgenden Zusatz:

"SONSTIGER HINWEIS

Ob und inwieweit Sie für die Anrechnung Ihrer Ruhegenussvordienstzeiten einen besonderen Pensionsbeitrag zu entrichten haben, kann erst entschieden werden, wenn feststeht, für welche der angerechneten Ruhegenussvordienstzeiten der Bund einen Überweisungsbetrag nach den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen erhält (§ 56 PG 1965). Gegebenenfalls werden Sie über die Verpflichtung zur Entrichtung eines gesonderten Pensionsbeitrages einen Bescheid erhalten."

Der dem Beschwerdeführer am 8. August 2000 zugestellte Bescheid ist unangefochten in Rechtskraft erwachsen.

Nach entsprechender Antragstellung durch das LGK und bescheidmäßiger Festlegung des Überweisungsbetrages gemäß §§ 308 ff ASVG durch die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten erließ das LGK am 31. Jänner 2001 folgenden

"BESCHEID

SPRUCH

Es wird festgestellt, dass Sie für die mit Bescheid des Landesgendarmeriekommandos für Niederösterreich vom 4. August 2000 ... erfolgte Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten gemäß § 56 Abs 1 bis 3 des Pensionsgesetzes 1965 (PG 1965) einen besonderen Pensionsbeitrag von S 99.564,-- zu leisten haben. ..."

Die Begründung lautet dahin, dass dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 4. August 2000 Ruhegenussvordienstzeiten im Ausmaß von 5 Jahren (Studium der Rechtswissenschaften) angerechnet worden seien, für die der Bund keinen Überweisungsbetrag nach den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen erhalten habe. Da auch keine Befreiung von der Leistung des besonderen Pensionsbeitrages bestehe, sei dieser gemäß § 56 Abs. 1 und 2 PG 1965 zu entrichten. Die Ruhegenussvordienstzeiten und die Berechnung werden inhaltlich detailliert aufgeschlüsselt dargestellt.

Gegen diesen ihm am 5. Februar 2001 zugestellten Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 19. Februar 2001 Berufung; ferner beantragte er (unter Anschluss der Berufung) die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gegen den Bescheid vom 4. August 2000 (Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten) und die Wiederaufnahme des mit diesem Bescheid abgeschlossenen Verfahrens.

In der Berufung gegen die Vorschreibung des besonderen Pensionsbeitrages machte der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, er hätte - entgegen § 54 Abs. 3 PG 1965 - nie die Möglichkeit gehabt, die Anrechnung jener Ruhegenussvordienstzeiten auszuschließen, für die ein besonderer Pensionsbeitrag zu entrichten sei. Der Berufungsantrag lautet dahin, die Anrechnung all jener (näher dargestellten) Ruhegenussvordienstzeiten auszuschließen, für die er einen besonderen Pensionsbeitrag zu leisten hätte.

Diese Berufung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 18. Mai 2001 zurückgewiesen, weil sich der Berufungsantrag nicht auf den Bescheid vom 31. Jänner 2001, sondern auf den bereits rechtskräftigen Bescheid vom 4. August 2000 beziehe. Dieser Bescheid wurde beim Verwaltungsgerichtshof nicht angefochten. A. Zu dem mit dem erstangefochtenen Bescheid abgeschlossenen Verfahren:

Im Wiedereinsetzungsantrag vom 19. Februar 2001 bringt der Beschwerdeführer vor, durch die Ausführungen im Abschnitt "Sonstiger Hinweis" im Anrechnungsbescheid vom 4. August 2000 habe das LGK zum Ausdruck gebracht, dass von seiner Seite (damals) nicht habe beurteilt werden können, ob im Zusammenhang mit der Anrechnung ein besonderer Pensionsbeitrag zu entrichten wäre. Er habe daher davon ausgehen müssen, dass dies zum damaligen Zeitpunkt (objektiv) nicht beurteilt werden konnte. Es sei für ihn also nicht möglich gewesen und wenig sinnvoll erschienen, dies selbst zu beurteilen, was aber § 54 Abs. 3 PG 1965 voraussehe. Als Wiedereinsetzungsgrund kämen auch "psychische Vorgänge wie ein Irrtum oder eine unrichtige Beurteilung der Rechtslage als allenfalls relevantes Ereignis" in Frage. Dass es sich "schlechterstenfalls um einen minderen Grad des Versehens" seinerseits handle, folge aus dem Umstand, dass er dem unter dem Punkt "Sonstiger Hinweis" zum Ausdruck Gebrachten haben Glauben schenken dürfen. Es handle sich nämlich um eine Wissenskundgabe in einem Verfahren, das die Behörde bereits hunderte Male durchgeführt habe. Da nach § 54 Abs. 3 leg. cit. die Erklärung des Ausschlusses nur dann möglich sei, wenn bekannt sei, ob ein besonderer Beitrag zu entrichten wäre, habe der Ausschluss der Anrechnung seinerzeit in Ermangelung der Kenntnis dieses Umstandes nicht erfolgen können. Der Wiedereinsetzungsantrag sei rechtzeitig, weil er von den die Wiedereinsetzung begründenden Umständen erst mit der Zustellung des Bescheides betreffend die Vorschreibung des besonderen Pensionsbeitrages vom 31. Jänner 2001 (die - näher begründet - am 6. und nicht am 5. Februar 2001 erfolgt sei) Kenntnis erlangt habe.

Mit Bescheid vom 12. Juni 2001 wies das LGK den als fristgerecht eingebracht beurteilten Wiedereinsetzungsantrag ab. Es führte dazu begründend aus, der Beschwerdeführer habe bei Ausfüllung des dem Anrechnungsbescheid vom 4. August 2000 zu Grunde liegenden Fragebogens für die Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten die Studienzeiten nicht ausgeschlossen. Die im § 71 Abs. 1 AVG normierten - inhaltlich näher dargestellten - Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien nicht gegeben.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der dagegen erhobenen, mit Begründungsmängeln argumentierenden Berufung des Beschwerdeführers nicht Folge.

Nach Darstellung des Verwaltungsverfahrens und Wiedergabe des § 71 Abs. 1 AVG führte die belangte Behörde aus, gemäß § 58 Abs. 1 AVG habe jeder Bescheid einen Spruch zu enthalten. Dieser Spruch gebe den Inhalt der mit dem Bescheid erlassenen Norm wieder. Nur der Spruch erlange rechtliche Geltung (Verbindlichkeit), nur er könne rechtsverletzend sein. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, Rechtsbelehrungen, sonstige Hinweise und dgl. seien keine verbindlichen Erledigungen und könnten nicht als Spruch im Sinn des § 58 Abs. 1 AVG gewertet werden. Bei den unter "Sonstiger Hinweis" getätigten Ausführungen handle es sich nicht um einen Teil des Spruches, sondern um eine ausdrücklich als solche gekennzeichnete Mitteilung der Ansicht der Dienstbehörde. Da der Beschwerdeführer keine glaubhaften Gründe zur Wiedereinsetzung geltend gemacht habe, sei wie im Spruch zu entscheiden gewesen.

Dagegen richtet sich die zur hg. Zl. 2001/12/0265 protokollierte Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

B. Zu dem mit dem zweitangefochtenen Bescheid abgeschlossenen Verfahren:

In seinem Antrag auf Wiederaufnahme des mit dem Anrechnungsbescheid vom 4. August 2000 abgeschlossenen Verfahrens vom 19. Februar 2001 macht der Beschwerdeführer geltend:

"Die eine Wiederaufnahme ermöglichende Tatsache ist der Umstand, dass ich nunmehr definitiv weiß, dass ich für einen bestimmten Zeitraum, welcher im Anrechnungsbescheid genannt ist, einen besonderen Pensionsbeitrag zu leisten hätte. Die Tatsache ist insoferne neu, als auch die bescheiderlassende Behörde mit Zustellung des Anrechnungsbescheides zur Kenntnis gebracht hat, dass sie selbst nicht beurteilen kann, ob von mir ein besonderer Pensionsbeitrag zu leisten wäre."

Danach wiederholt er das zu seinem Wiedereinsetzungsantrag erstattete Vorbringen und beantragt auf Grund der nunmehr hervorgekommenen Tatsache im wieder aufgenommenen Verfahren, jene Zeiten von der Anrechnung auszuschließen, für die er einen besonderen Pensionsbeitrag zu entrichten hätte. Auch dieser Antrag sei rechtzeitig, weil er von den die Wiederaufnahme begründenden Umständen erst am 6. Februar 2001 Kenntnis erlangt habe.

Mit Bescheid vom 8. Juni 2001 wies das LGK den als fristgerecht eingebracht beurteilten Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ab. Nach Darstellung des Verwaltungsverfahrens und Wiedergabe des § 69 Abs. 1 AVG führte das LGK aus, keiner der darin normierten Wiederaufnahmegründe sei verwirklicht, sodass sich der Antrag als unberechtigt erweise.

Der dagegen erhobenen neuerlich mit Begründungsmängeln argumentierenden Berufung vom 25. Juni 2001 gab die belangte Behörde mit dem zweitangefochtenen Bescheid nicht Folge. Nach Darstellung des Verwaltungsverfahrens und der Rechtslage teilte sie die Ansicht des LGK, der Beschwerdeführer habe "keine glaubhaften Gründe zur Wiederaufnahme des Verfahrens" namhaft machen können.

Dagegen wendet sich die zur hg. Zl. 2001/12/0269 protokollierte Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Die belangte Behörde hat jeweils die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden und darüber erwogen:

Nach § 53 Abs. 2 lit. j des Pensionsgesetzes 1965 (PG 1965), BGBl. Nr. 340, sind als Ruhegenussvordienstzeiten anzurechnen: die Zeit eines mindestens zwei Jahre dauernden abgeschlossenen inländischen ... Studiums an einer Hochschule ..., das für den Beamten nicht Anstellungs- oder Definitivstellungserfordernis gewesen ist, bis zum Höchstausmaß von fünf Jahren.

§ 54 des Pensionsgesetzes 1965 (PG 1965), BGBl. Nr. 340, Abs. 1, der Einleitungssatz des Abs. 2 und Abs. 4 in der Stammfassung, Abs. 3 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 288/1988, lautet auszugsweise:

"Ausschluss der Anrechnung und Verzicht

§ 54. (1) Die Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten ist ausgeschlossen, wenn der Beamte auf die Anwartschaft auf Pensionsversorgung verzichtet hat.

(2) Von der Anrechnung sind folgende Ruhegenussvordienstzeiten ausgeschlossen:

...

(3) Der Beamte kann die Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten in jenen Fällen, in denen er einen besonderen Pensionsbeitrag zu entrichten hätte, durch schriftliche Erklärung ganz oder teilweise ausschließen. Dasselbe können seine Hinterbliebenen, wenn er vor der Anrechnung der Ruhegenussvordienstzeiten gestorben ist.

(4) Auf das aus dem Anrechnungsbescheid erwachsene Recht kann nicht verzichtet werden."

§ 56 Abs. 1 leg. cit. in der Stammfassung lautet:

"Besonderer Pensionsbeitrag

§ 56. (1) Soweit der Bund für die angerechneten Ruhegenussvordienstzeiten keinen Überweisungsbetrag nach den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen erhält, hat der Beamte einen besonderen Pensionsbeitrag zu leisten. Stirbt der Beamte, so geht diese Verpflichtung auf seine Hinterbliebenen über. Wenn der Beamte abgängig wird, so fällt diese Verpflichtung so lange auf seine Angehörigen, als sie Anspruch auf Versorgungsgeld haben."

Zeiten nach § 53 Abs. 2 lit. j fallen nicht unter die in § 56 Abs. 2 PG 1965 aufgezählten Fälle, in denen kein besonderer Pensionsbeitrag zu entrichten ist, obwohl der Bund keinen Überweisungsbetrag nach den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften erhält.

Die §§ 69 und 71 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), die auch gemäß § 1 DVG im Dienstrechtsverfahren mit hier nicht relevanten Abweichungen (siehe §§ 14 und 15 DVG) gelten, lauten auszugsweise:

"Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 69. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde. ..."

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 71. (1) Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

2. die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

..."

Vorauszuschicken ist, dass die §§ 54 und 56 PG 1965 klar zwischen dem Anrechnungsbescheid und dem u.a. auf der erfolgten Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten basierenden Bemessungsbescheid unterscheiden. Die den Bemessungsbescheid (Vorschreibung des besonderen Pensionsbeitrages) erlassende Behörde ist an den rechtskräftigen Anerkennungsbescheid gebunden und dürfte daher selbst in diesem Verfahren unterlaufene Mängel nicht mehr wahrnehmen.

Von der durch § 54 Abs. 3 leg. cit. dem Beamten eingeräumten Berechtigung zum Ausschluss von Ruhegenussvordienstzeiten von der Anrechnung muss, wie sich sowohl aus dem 2. Satz des § 54 Abs. 3 als auch aus § 54 Abs. 4 leg. cit. eindeutig ergibt, vor der Rechtskraft des Anrechnungsbescheides Gebrauch gemacht werden. Allfällige Beeinträchtigungen dieser Berechtigung können nur im Zusammenhang mit Rechtsbehelfen geltend gemacht werden, die den Anrechnungsbescheid betreffen. Solange der rechtskräftige Anrechnungsbescheid Bestandskraft hat, hat die den Bemessungsbescheid erlassende Behörde von ihm auszugehen.

Das in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren und auch in seiner Beschwerde aufgeworfene Problem (Gebrauch des Rechts nach § 54 Abs. 3 PG 1965 erst ab Kenntnis, ob und in welchem Ausmaß ein besonderer Pensionsbeitrag zu leisten sei) wurde schon in den Erläuterungen der Regierungsvorlage zur Änderung des PG 1965, BGBl. Nr. 288/1988, mit dem § 54 Abs. 3 die nunmehrige Fassung erhielt (551 BlgNR XVII. GP), bedacht und dahingehend gelöst, dass sich der Bedienstete gegen die Vorschreibung eines aus seiner Sicht zu hohen Pensionsbeitrages dadurch absichern könne, dass er (alle oder bestimmte) Zeiträume für den Fall, dass er einen besonderen Pensionsbeitrag zu bezahlen hätte, von der Anrechnung als Ruhegenussvordienstzeiten ausschließt. Bei Abgabe einer derartigen (zulässigerweise bedingten) Parteienerklärung trifft die den Anrechnungsbescheid erlassende Behörde die Verpflichtung, den Spruch des Anrechnungsbescheides entsprechend zu fassen, mit der Konsequenz, dass dann in dem Fall, dass die Bedingung eintritt (d.h. der Bund für die angerechneten Ruhegenussvordienstzeiten keinen Überweisungsbetrag nach den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen erhält), die bedingte Anrechnung ihre Wirksamkeit verliert und der Beamte dementsprechend keinen besonderen Pensionsbeitrag zu leisten hat (so zu diesem Einwand bereits das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1991, Zlen. 90/12/0142, 90/12/0182).

Da der Anrechnungsbescheid vom 4. August 2000 nach seinem Spruch keine bedingte Anrechnung enthält und zu den angerechneten Zeiten auch die Studienzeiten des Beschwerdeführers gehören, sind in dem darauf aufbauenden Verwaltungsverfahren (Vorschreibung des besonderen Pensionsbeitrages) die Studienzeiten von insgesamt 5 Jahren zu Recht als angerechnete Ruhegenussvordienstzeiten behandelt worden. Eine Möglichkeit, noch zu einem späteren Zeitpunkt einen Verzicht auf die Anrechnung abzugeben, ist nach der dargestellten Rechtslage ausgeschlossen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 13. März 1969, Zl. 1646/68 = Slg. Nr. 7.531/A; vom 27. Mai 1991, Zl. 90/12/0142, und vom 25. Februar 2004, Zl. 2003/12/0021).

I. Zum erstangefochtenen Bescheid (Wiedereinsetzung):

In der zur hg. Zl. 2001/12/0265 protokollierten Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Konsequenz einer stattgebenden Sachentscheidung dahin gehend, dass angerechnete Ruhegenussvordienstzeiten, für welche er einen besonderen Pensionsbeitrag zu entrichten habe, von der Anrechnung ausgenommen werden, durch unrichtige Anwendung des § 71 AVG sowie der Vorschriften über die Bescheidbegründung verletzt.

Er habe den (eingangs dargestellten) sonstigen Hinweis im Bescheid vom 4. August 2000 dahin verstanden, dass objektiv noch nicht beurteilt werden könnte, inwieweit ein Überweisungsbetrag geleistet würde bzw. von ihm ein besonderer Pensionsbeitrag zu leisten wäre, sodass durch ihn diesbezüglich keine weiter gehenden Überlegungen anzustellen gewesen wären. In Verbindung mit § 54 Abs. 3 PG 1965 sei er davon ausgegangen, dass er später, sobald Klarheit "puncto Überweisungsbetrag bzw. Erfordernis eines besonderen Pensionsbeitrages bestünde", noch Gelegenheit hätte, "durch Erklärung der Anrechnung jener Vordienstzeiten auszuschließen, für die der besondere Pensionsbeitrag anfallen würde". Dieser Erwartung habe der Bescheid vom 31. Jänner 2001 nicht entsprochen. Es stelle einen minderen Grad des Versehens dar, den Anrechnungsbescheid im zuvor bezeichneten Sinn zu interpretieren.

Dem ist zu entgegnen, dass eine - vom Gesetz, den Materialien zu § 54 Abs. 3 PG 1965 und der dazu ergangenen eingangs dargestellten ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweichende - Aussage, wonach ein Ausschluss der Anrechnung von Vordienstzeiten auch nach Rechtskraft des Bescheides vom 4. August 2000 möglich wäre, weder diesem Bescheid noch der in seinem Anhang abgegebenen Erklärung entnommen werden kann. Die als "sonstiger Hinweis" ergangene Mitteilung ist vielmehr objektiv richtig.

Dazu kommt, dass der Beschwerdeführer laut Gegenschrift trotz Belehrung im Verfahren betreffend die Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten die Zeiten seines Studiums nicht ausgeschlossen hat. Der Beschwerdeführer ist diesen Ausführungen in der Gegenschrift nicht entgegengetreten. Aus einer den Verwaltungsakten angeschlossenen Ablichtung eines Informationsblattes geht jedenfalls die Belehrung hervor, dass eine Ausschließung endgültig und unwiderruflich sei. Der Beamte könne nach Erhalt des Bescheides über die Anrechnung keine Ausschließungserklärung mehr abgeben. Bei Unklarheiten betreffend Anrechnung oder Ausschließung von Vordienstzeiten könne der zuständige Sachbearbeiter beim LGK (es folgt eine Telefonnummer) kontaktiert werden.

Sollten aber dessen ungeachtet Unklarheiten über die Folgen des Bescheides vom 4. August 2000 (insbesondere über die Verbindlichkeit der unbedingt angeordneten Anrechnungen) bestanden haben, wie sie dem Wiedereinsetzungsantrag andeutungsweise entnommen werden können, wäre es grob fahrlässig gewesen, nicht innerhalb der Berufungsfrist nähere Erkundigungen, etwa bei einem Rechtsbeistand, einzuholen. Gerade Rechtsunsicherheit steht weder einem derartigen Vorgehen noch der Möglichkeit - hier im Sinn der Erhebung einer Berufung bereits gegen diesen Bescheid - zu handeln, entgegen.

Aus diesen Erwägungen hat die belangte Behörde das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes jedenfalls im Ergebnis zutreffend verneint, sodass die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war. II. Zum zweitangefochtenen Bescheid (Wiederaufnahme):

In der zur hg. Zl. 2001/12/0269 protokollierten Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens mit der Konsequenz einer stattgebenden Sachentscheidung dahin, dass angerechnete Ruhegenussvordienstzeiten, für die ein besonderer Pensionsbeitrag zu entrichten sei, gemäß § 54 Abs. 3 PG 1965 von der Anrechnung ausgenommen werden, durch unrichtige Anwendung des § 69 AVG sowie der Vorschriften über die Bescheidbegründung verletzt.

Er habe als Wiederaufnahmegrund geltend gemacht, dass insoweit neue Tatsachen hervorgekommen seien, als entsprechend dem Bescheid vom 31. Jänner 2001 nunmehr feststehe, für welche Vordienstzeiten ein besonderer Pensionsbeitrag anfalle. Aus dem "sonstigen Hinweis" im Anrechnungsbescheid vom 4. August 2000 ergebe sich, dass bei Erlassung dieses Bescheides auch für die Behörde noch nicht festgestanden sei, für welche Vordienstzeiten der besondere Pensionsbeitrag zu entrichten sein würde. Die Begründung des angefochtenen Bescheides enthalte "keinerlei sinnvolle Auseinandersetzung" mit diesem Vorbringen (wird näher ausgeführt). Bei entsprechender Auseinandersetzung mit seinem Vorbringen wäre festzustellen gewesen, dass seine Behauptung über das Hervorkommen einer neuen Tatsache betreffend den Anfall eines besonderen Pensionsbeitrages für bestimmte Vordienstzeiten zutreffe.

Die eine Wiederaufnahme ermöglichende Tatsache sei der Umstand, dass er nunmehr definitiv wisse, dass er für einen bestimmten Zeitraum, der im Anrechnungsbescheid genannt sei, einen besonderen Pensionsbeitrag zu leisten hätte. Die Tatsache sei insofern neu, als auch die bescheiderlassende Behörde mit Zustellung des Anrechnungsbescheides zur Kenntnis gebracht habe, dass sie selbst nicht beurteilen könne, ob von ihm ein besonderer Pensionsbeitrag zu leisten wäre. Eine Ausübung des Rechtes nach § 54 Abs. 3 PG 1965 setze die Kenntnis der Zeiten voraus, für die ein besonderer Pensionsbeitrag zu entrichten sei. Wegen der Änderung seines Kenntnisstandes stünde die Rechtskraft des Anrechnungsbescheides der nunmehrigen Ausübung des genannten Rechtes nach § 54 Abs. 3 PG 1965 nicht entgegen.

Dazu ist vorerst auszuführen, dass es dahingestellt bleiben kann, ob der Anrechnungsbescheid - im Gegensatz zum Verständnis des Beschwerdeführers - als Folge der Bezugnahme auf Zeiten, "für welche ein Überweisungsbetrag nach den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften geleistet wird" im Spruch nicht bereits den vom ihm im Ergebnis gewünschten Inhalt (einer bedingten, seine Studienzeiten - für die ein solcher Überweisungsbetrag nicht vorgesehen ist - nicht umfassenden Anrechnung) aufweist.

Wäre dies nämlich zu bejahen, dann hätte der Beschwerdeführer sein im Beschwerdeverfahren verfolgtes Ziel schon erreicht. Die Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch die Abweisung der Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Wiederaufnahme des Verfahrens wäre somit ausgeschlossen. Spätere Nachteile wären durch eine taugliche, also mit der Unrichtigkeit der Auslegung des Anrechnungsbescheides argumentierenden Anfechtung des - darauf aufbauenden - Vorschreibungsbescheides auszuschließen gewesen.

Käme hingegen eine Auslegung des Anrechnungsbescheides im dargestellten Sinn nicht in Betracht, dann ist dem Beschwerdeführer - über den Vorwurf einer Unterlassung seiner tauglichen Anfechtung trotz Ungereimtheiten zwischen Spruch und Begründung hinaus (zur Auswirkung einer solchen Unterlassung auf einen dieses Verfahren betreffenden Wiederaufnahmeantrag siehe das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2002, Zl. 2000/12/0017) - zu entgegnen, dass dieser Bescheid ausschließlich über die Anrechnung verschiedener Ruhegenussvordienstzeiten abgesprochen hat. Für diese Entscheidung ist die Pflicht zur Entrichtung eines besonderen Pensionsbeitrages, die die Anrechnung nicht ausgeschlossen hätte, keinesfalls entscheidungswesentlich. Es fehlt daher zudem die abstrakte Möglichkeit im Sinn des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG, dass der genannte neu hervorgekommene Umstand bei richtiger rechtlicher Beurteilung voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, bei E 19 zu § 69 AVG wiedergegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

In der Beschwerde wird darüber hinaus damit argumentiert, die dargestellte Konstellation könnte auch dahin gehend verstanden werden, dass eine Vorfragenentscheidung anders getroffen worden wäre als "der seinerzeitigen Entscheidung zu Grunde gelegt worden" sei (§ 69 Abs. 1 Z. 3 AVG). Die Vorfrage über die Festlegung der Zeiten, für die ein besonderer Pensionsbeitrag zu leisten sei, sei im Vorschreibungsbescheid "anders" entschieden worden, weil der Anrechnungsbescheid selbst dazu noch überhaupt keine bestimmte Festlegung enthalten und schon gar nicht inkludiert habe, dass bestimmte Zeiten trotz Anfallens eines besonderen Pensionsbeitrages anzurechnen seien.

Dem ist zu entgegnen, dass im Verwaltungsverfahren kein den Tatbestand des § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG inkludierendes Vorbringen erstattet wurde, sodass sich die dargestellten Beschwerdeausführungen als unzulässige Neuerungen erweisen. Dazu kommt, dass auch inhaltlich kein Vorfragentatbestand, wie er in der Beschwerde im Ergebnis behauptet wird, ersichtlich ist.

Aus diesen Gründen war auch die Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem § 3 Abs. 2 anzuwendenden VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 20. Dezember 2004

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Maßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung des Abspruches und der Rechtskraft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001120265.X00

Im RIS seit

03.02.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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