TE OGH 1954/5/26 3Ob258/54

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Veröffentlicht am 26.05.1954
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Norm

ABGB §46
ABGB §1152
ABGB §1435

Kopf

SZ 27/156

Spruch

Zum Anspruch der Lebensgefährtin auf Entlohnung für die im gemeinsamen Haushalt geleisteten Dienste.

Entscheidung vom 26. Mai 1954, 3 Ob 258/54.

I. Instanz: Kreisgericht Korneuburg; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Die Klägerin lebte mit dem Beklagten, der ihr die Ehe versprochen hatte, vom 1. April 1949 bis 31. Juli 1952 in Gemeinschaft und führte ihm die Wirtschaft. Ende Juli 1952 trat die Klägerin vom Verlöbnis zurück und gab die Lebensgemeinschaft auf, weil der Kläger sie mißhandelt und verlöbniswidrige Beziehungen zu einer anderen Frau angeknüpft hatte.

Die Klägerin begehrt von ihrem früheren Lebensgefährten Zahlung eines Betrages von insgesamt 12.127 S aus dem Titel des Schadenersatzes (Verdienstentgang, Schmerzensgeld und Arztkosten) sowie aus dem Titel eines Entgeltes für den durch die Führung der Hauswirtschaft geleisteten Beistand.

Das Erstgericht hat der Klägerin einen Betrag von 8401.93 S zugesprochen, davon einen Betrag von 2104.93 S aus dem Titel des Schadenersatzes und einen Betrag von 6297.60 S als Entgelt für geleistete Dienste.

Das Erstgericht ist bei dem Zuspruch dieses Betrages von den kollektivvertraglichen Lohnsätzen für Haushälterinnen ausgegangen; es hat der Klägerin für die Zeit, da sie während der Lebensgemeinschaft selbst in Arbeit gestanden ist und ihren Lohn dem gemeinsamen Haushalt beigesteuert hat, Sach- und Geldbezüge im halbem Umfang des kollektivvertraglichen Ansatzes zuerkannt, dies deshalb, weil die Klägerin während der Zeit eigenen Verdienstes nicht ihre ganze Arbeitskraft der Haushaltführung widmen konnte. Für die Zeit, in welcher die Klägerin keinen eigenen Verdienst nachgegangen ist, in der sie ohne eigenen Beitrag im Haushalt verköstigt wurde, hat das Erstgericht der Klägerin nur Geldbezüge nach den kollektivvertraglichen Ansätzen, diese Geldbezüge aber im vollen Umfang, zugesprochen. Es ist so für die Zeit des eigenen Verdienstes der Klägerin, das sind insgesamt 18 Monate, zu einem Betrag von 2997.60 S und für die Zeit, in der die Klägerin selbst nicht einem eigenen Verdienst nachgegangen ist, das sind 22 Monate, zu einem Betrag von 3300 S gekommen.

Das Berufungsgericht hat der Berufung der beklagten Partei teilweise Folge gegeben und hat der Klägerin außer dem Betrag von 2104.93 S aus dem Titel des Schadenersatzes noch einen Betrag von 4650 S als angemessenes Entgelt für die von ihr im Haushalt ihres Lebensgefährten geleisteten Dienste zuerkannt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei Folge und wies das Begehren auf Entlohnung für die Haushaltführung, soweit es den von der beklagten Partei nicht bekämpften Betrag von 2000 S überstieg, ab.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Frage, ob im Fall der Lösung eines Konkubinats die ehemalige Lebensgefährtin für die während der Dauer des Konkubinats geleisteten Dienste eine Entschädigung begehren kann, ist in der österreichischen Judikatur lange strittig gewesen.

Das erstemal hat sich der Oberste Gerichtshof mit diesem Problem in der Entscheidung vom 6. Februar 1885, GlU. 10.423 befaßt. Damals hatten die Streitparteien 115 Tage vor der beabsichtigten Eheschließung die volle Lebensgemeinschaft aufgenommen und hatte die Klägerin während dieser Zeit die einer Hausfrau zukommenden Arbeiten in Haus und Wirtschaft verrichtet. Nach der Eheschließung begehrte die nunmehrige Ehegattin von ihrem Gatten für die vorerwähnte Zeit von 115 Tagen den angemessenen Lohn, den ihr das Revisionsgericht auch zusprach. Daß die Klägerin dann, wenn es nicht zur Eheschließung gekommen wäre, eine Entlohnung verlangen könnte, sei nach der Meinung des Obersten Gerichtshofes nicht zu bezweifeln, weil nach § 1152 ABGB. (alte Fassung) für jede Dienstleistung ein angemessener Lohn verlangt werden könne. Im konkreten Fall meint das Revisionsgericht, daß die Behauptung des Beklagten, daß die Klägerin bei ihrer Dienstleistung mit Rücksicht auf die in Aussicht stehende Verehelichung auf eine Belohnung in Geld überhaupt nicht reflektiert habe, als ganz unentscheidend nicht berücksichtigt werden könne, weil für eine unentgeltliche Dienstleistung im Hinblick auf die Bestimmung des § 1152 ABGB. keine Vermutung spreche, daher bewiesen sein müßte, daß entweder die ausdrückliche Übereinkunft auf eine unentgeltliche Dienstleistung getroffen worden sei oder daß die Klägerin nach der Eheschließung auf den Lohn verzichtet habe. Das habe Beklagter aber gar nicht behauptet. Durch die Verehelichung allein sei aber der Anspruch der Klägerin auf die nach § 1152 ABGB. gebührende Entlohnung nicht erloschen. Die Frage, ob § 1152 ABGB. einen Lohnvertrag voraussetze oder in allen Fällen Anwendung finde, in denen, aus was immer für Gründen, Dienste geleistet werden, wird in GlU. Nr. 10.423 nicht einmal gestreift, geschweige denn erörtert.

Etwas abweichend wird der Zuspruch einer Entschädigung an die ehemalige Lebensgefährtin in der Entscheidung vom 29. Mai 1894, GlU 15.128, begrundet. Hier war die Klägerin über Aufforderung des Beklagten in der Meinung, seine Gattin zu werden, zum Beklagten gezogen, wo sie durch 4 1/2 Jahre haus- und wirtschaftliche Tätigkeit leistete, bis Beklagter das Verhältnis löste. Der Oberste Gerichtshof wertete diesen Tatbestand dahin, daß diese Leistungen der Klägerin somit in der Voraussetzung einer künftigen, möglichen und erlaubten Handlung des Beklagten - nämlich der Eheschließung - stattgefunden hätten. Da aber dieser vermeintliche Erfolg wegen der späteren Weigerung des Beklagten nicht eingetreten sei, so sei das Begehren auf Entschädigung dieser Leistungen gerechtfertigt.

Der Entscheidung vom 4. Mai 1897, GlU. 16.028, lag ein ähnlicher Tatbestand zugrunde wie der Entscheidung GlU. 10.423. Die Klägerin hatte mit dem Beklagten durch neun Jahre vor ihrer Eheschließung ein Liebesverhältnis - geklagt wurde die Verlassenschaft - unterhalten. Sie begehrte den Lohn für die vor der Eheschließung liegenden Zeit, den ihr der Oberste Gerichtshof mit der gleichen Begründung wie GlU.

10.423 zusprach. Dieser Fall lag nur insofern anders, als die Klägerin als Dienstbote beim Beklagten eingetreten war und anscheinend erst während des Dienstverhältnisses in nähere Beziehungen zu ihrem Dienstgeber getreten war. Der Oberste Gerichtshof fügte daher der der GlU. Nr. 10.423 entnommenen Begründung an, daß der Anspruch eines Dienstboten auf den ihm gesetzlich gebührenden Lohn ebensowenig verlorengehe, wenn er seinem Dienstherrn den außerehelichen Beischlaf gestatte, als dadurch, daß der Dienstbote später den Dienstherrn heirate, der Anspruch auf den rückständigen Lohn ipso facto erlösche. Auf den Gesichtspunkt, ob durch die Aufnahme dauernder geschlechtlicher Beziehungen im Zusammenhalt mit der Einstellung der Lohnzahlung die Parteien nicht das Dienstverhältnis in ein Konkubinat umgewandelt haben und ob in diesem Fall ein Anspruch auf Fortzahlung des Lohnes besteht, ist das Revisionsgericht damals nicht eingegangen. Es stellt nur darauf ab, daß dem Beklagten nicht der Beweis gelungen sei, daß die Parteien gleich bei Abschließung des Dienstvertrages bedungen hätten, daß die von der Klägerin zu leistenden Arbeiten mit Rücksicht auf das spätere Ehebundnis unentgeltlich zu verrichten seien, oder daß die Klägerin bei Abschluß der Ehe auf die Ansprüche aus dem Dienstvertrag verzichtet hatte. Wie in GlU. 10.423 hält der Oberste Gerichtshof auch in dieser Entscheidung ein Eingehen auf die Frage für überflüssig, ob ein Beweis auf Abschließung eines Lohnvertrages erbracht sei, da er wie in GlU. 10.423 jede Dienstleistung der Kategorie des Lohnvertrages subsumiert.

Erst 20 Jahre nach GlU. 16.028 hat sich der Oberste Gerichtshof wieder mit dem Problem der Entlohnung der im Konkubinat geleisteten Dienste befaßt (E. v. 26. Februar 1918, ZBl. 1918 Nr. 237 = JBl. 1918, S. 260). Die allfällige Inaussichtstellung der Ehe könne höchstens als Beweggrund für die Übernahme eines Postens angesehen werden. Deswegen allein, weil Beklagter die Heirat in Aussicht gestellt habe, lasse sich beim Abgang anderer Beweise noch nicht behaupten, daß die Klägerin mit der unentgeltlichen Wirtschaftsführung und Erziehung der Kinder des Beklagten auch für den Fall einverstanden war, als es dem Beklagten später einfallen sollte, die Ehe mit ihr nicht einzugehen. Der Fall lag auch tatsächlich insofern anders als die anderen bisher vom Obersten Gerichtshof entschiedenen Fälle, als die Klägerin den Beklagten wiederholt während der Dauer des Verhältnisses gedrängt hatte, sie zu heiraten oder ihr Lohn zu bezahlen. Auch hatte ihr der Beklagte bei Lösung des Verhältnisses im Dienstbotenbuch bestätigt, daß sie bei ihm als Wirtschafterin tätig gewesen sei.

Eine Wendung in der Judikatur bringt die Entscheidung vom 30. Juli 1930, SZ. XIII/209, die den Ausführungen des Berufungsgerichtes, das ein Dienstverhältnis mangels der für ein solches charakterisierendes Merkmal der Über- und Unterordnung verneint hatte, mit der Begründung beitrat, daß grundsätzlich ein Anspruch der Lebensgefährtin aus dem Titel der Wirtschaftsführung nicht bestehe. Diesen Rechtssatz hat die Entscheidung vom 5. Juli 1932, GH. 1932, S. 190, wiederholt und damit näher begrundet, daß aus der bloßen Tatsache der außerehelichen Lebensgemeinschaft weder ein Anspruch auf Entlohnung der Dienste, die die Klägerin als Lebensgefährtin geleistet habe, noch ein Versorgungsanspruch abgeleitet werden könne. Die Lebensgefährtin finde die Entschädigung für die geleisteten Dienste darin, daß sie in den Haushalt aufgenommen werde, Verpflegung und Bekleidung erhalte, also den Unterhalt wie eine Ehegattin genieße. Bei dem Umstand, daß es sich hier um ein familienähnliches Verhältnis handle, das die Gesetzgebung nicht allgemein, sondern nur in einzelnen Beziehungen, so auf dem Gebiete der Sozialversicherung und des Mietengesetzes anerkannt habe, gehe es nicht an, die Lebensgefährtin hinsichtlich der dem Manne, mit dem sie eine außereheliche Gemeinschaft einging, geleisteten Dienst rechtlich besser zu stellen als die Gattin, der auch nicht ein Anspruch auf ein besonderes Entgelt für die Dienstleistungen im Haushalt zustehe.

Daran hat der Oberste Gerichtshof seither in ständiger Praxis festgehalten (E. v. 17. August 1934, ZBl. 1935, Nr. 11; 18. September 1934, ZBl. 1935, Nr. 10; 7. November 1937, SZ. XIX/302 und 7. September 1949, SZ. XXII/122). Nur darüber verblieben in der Judikatur zunächst noch Zweifel, inwieweit von diesem Grundsatz Ausnahmen zuzulassen sind.

Obwohl SZ. XIII/209 sich der Auffassung des Berufungsgerichtes angeschlossen hat, daß die Lebensgefährtin aus ihrer Wirtschaftsführung keinen Entgeltanspruch erheben könne, weil das Konkubinat kein Dienstverhältnis sei, folgert sie aus dem nach den vorangegangenen Ausführungen gar nicht anwendbaren Rechtsgrundsatz, daß Dienstleistungen im Zweifel als entgeltlich anzusehen sind, doch, daß auch die Dienste der Lebensgefährtin nur dann nicht zu entlohnen seien, wenn die Unentgeltlichkeit ausdrücklich vereinbart wurde oder nach den Umständen des Falles als gewollt anzusehen sei, worunter aber der Fall nicht gehöre, daß Dienste unentgeltlich lediglich im Hinblick auf eine in Aussicht gestellte Ehe oder letztwillige Bedenkung erwartet werden konnte, falls diese Voraussetzung dann wegfiel. Der Oberste Gerichtshof folgerte daraus, daß es nicht entscheidend sei, wer Schuld daran getragen habe, daß das Ehevorhaben nicht zur Durchführung gelangt sei. Es handle sich darum, daß der Beklagte wußte, daß die Klägerin ihm Dienste unentgeltlich nur unter einer Bedingung geleistet habe, die nicht eingetreten sei, und daß er daher diese Leistungen lukrieren würde. Der Oberste Gerichtshof lehnte damals infolgedessen die Auffassung ab, daß es Sache der Klägerin gewesen wäre, keinen Zweifel darüber entstehen zu lassen, daß sie im Falle des Unterbleibens der Eheschließung eine Entlohnung begehren werde und daß daher ihr, weil sie dies nicht getan habe, eine Entlohnung abgesprochen werden müsse; es sei vielmehr nicht so sehr Sache der Klägerin gewesen, hier eine klare Sach- und Rechtslage zu schaffen, als Pflicht des Beklagten, der wissen mußte, daß die Klägerin nach ihrer persönlichen Stellung, ihrer gewöhnlichen Handlungsweise, der Verkehrssitte lediglich gegen Vergütung arbeiten werde und er daher ihre Dienste nicht jahrelang umsonst in Anspruch nehmen dürfe.

Der Widerspruch in SZ. XIII/209, daß die Arbeit der Lebensgefährtin einerseits grundsätzlich nicht zu entlohnen sei, weil kein Dienstverhältnis vorliege, anderseits aber doch wieder der Grundsatz des Dienstvertragsrechtes für anwendbar erklärt wird, daß Dienste im Zweifel zu entlohnen sind, und daher dem Lebensgefährten die Beweislast auferlegt wird, daß die Dienste ausnahmsweise nicht zu entlohnen sind und er zum Nachweis verhalten wird, daß die Unentgeltlichkeit auch dann statthabe, wenn es aus welchen Gründen immer nicht zur Eheschließung kommt, wird in der bereits angeführten Entscheidung vom 5. Juli 1932, GH. 1932, S. 190, vermieden, die ausführt, daß eine Ausnahme von dem Grundsatz, daß die Arbeit der Lebensgefährtin nicht zu entlohnen sei, nur dann zu machen ist, wenn nach den Verhältnissen des einzelnen Falles die Annahme, die Lebensgefährtin habe eine besondere Entlohnung nicht verlangen und der Mann habe eine solche nicht gewähren wollen, nicht gerechtfertigt ist. Ein solcher Ausnahmsfall könne insbesondere vorliegen, wenn die Dienste im Hinblick auf die in Aussicht genommene Ehe oder eine letztwillige Zuwendung geleistet werden.

An dem im GH. 1932, S. 190 aufgestellten Grundsatz, daß die Beweislast der Entgeltlichkeit die Lebensgefährtin trifft, die eine Entschädigung verlangt, hält auch die Entscheidung vom 17. August 1934, ZBl. 1934, Nr. 11, fest, die ausführt, "wenn aber im einzelnen Fall, insbesondere mit Rücksicht auf die Unmöglichkeit der Eheschließung, die Lebensgefährten ausdrücklich oder stillschweigend Entgeltlichkeit in welcher Form immer vereinbaren, so verändere sich die Rechtslage dahin, daß die Vermutung der Unentgeltlichkeit dem übereinstimmenden Willen der Parteien weiche".

Die letztgenannte Entscheidung bringt einen weiteren in der bisherigen Rechtsprechung nicht beachteten Gesichtspunkt. Auch wenn im einzelnen Fall dann vom Regelrecht abweichend anzunehmen sei, daß die Lebensgefährten vereinbart haben, daß die Lebensgefährtin die Arbeiten nicht unentgeltlich in der Wirtschaft ihres Lebensgefährten zu leisten habe, so könne sie doch nicht schlechthin den angemessenen Lohn verlangen, sondern in sinngemäßer Anwendung des Rechtsgedankens des § 1435 ABGB. nur den Wert dieser Leistungen fordern, wobei auf die Größe der Wirtschaft des Beklagten, ihre Ertragsfähigkeit und die Befähigung des Mannes zur Entlohnung der von der Lebensgefährtin geleisteten Dienste Bedacht zu nehmen sei.

Die Entwicklung bringt endlich die Entscheidung vom 18. November 1934, ZBl. 1935 Nr. 10, zum Abschluß. Sie läßt eine Ausnahme vom Grundsatz, daß Arbeiten der Lebensgefährtin grundsätzlich nicht zu entlohnen sind, nur in dem Fall zu, wenn andere besondere Vereinbarungen bestehen oder wenn nach den Umständen des Falles unzweideutig anzunehmen ist, daß die Dienste nur im Hinblick auf eine in Aussicht gestellte Eheschließung oder dauernde Versorgung unentgeltlich geleistet und entgegengenommen wurden, derart, daß beide Teile sich darüber im Klaren waren, es erfolge nur unter dieser Bedingung eine unentgeltliche Dienstleistung. ... Diesem Erfordernis für die Annahme einer unter Umständen zu vermutenden Entgeltlichkeit der Dienstleistung entspreche aber nicht schon die in den meisten Fällen einer Lebensgemeinschaft gegebene Tatsache, daß die Frau, die mit einem Manne eine Lebensgemeinschaft eingeht, dies in der stillen Erwartung tue, es könne einmal zu einer Eheschließung kommen oder sie sonst auf diese Weise eine dauernde Versorgung erlangen. Es müsse eine Lebensgemeinschaft vorliegen, bei der nach dem Willen beider Teile ein Anspruch auf Entgeltlichkeit ausbedungen oder vorbehalten wurde.

Die Entscheidung ZBl. 1935, Nr. 10, geht auch, und darin liegt ihre Bedeutung für die Fortentwicklung des Konkubinatsrechtes, insofern von der Entscheidung SZ. XIII/209 ab, als sie die Entschädigung im Falle der Lösung der Lebensgemeinschaft nicht mehr ohne Rücksicht darauf zuspricht, wer an der Lösung des Konkubinates Schuld trägt, sondern erklärt, daß auch der ausbedungene Anspruch auf Entgeltlichkeit erlösche, wenn die Lebensgefährtin selbst Schuld daran trage, daß es zu der erwarteten Eheschließung oder dauernden Versorgung nicht gekommen sei. Die gegenteilige Auffassung würde zu dem unmöglichen Ergebnis führen, daß die an der Auflösung der Lebensgemeinschaft schuldtragende Lebensgefährtin besser behandelt würde als die Ehegattin, die für die Zeit während der Ehe überhaupt nicht einen Lohnanspruch erheben und im Falle der Scheidung aus ihrem Verschulden auch nicht einen Unterhalt für die Zukunft erhalten könne.

Der hier wiedergegebene Inhalt der Entscheidung ZBl. 1935 Nr. 10 ist in der Überschrift der Veröffentlichung im Zentralblatt ungenau wiedergegeben. Es heißt dort: "Die Lebensgefährtin hat nur dann Anspruch auf ein Entgelt für geleistete Dienste, wenn eine Entlohnung oder die Ehe oder eine dauernde Versorgung in Aussicht genommen war und die Lebensgemeinschaft ohne ihr Verschulden geendet hat." Diese Überschrift ist insofern unrichtig, als die Entscheidung nicht den Fall der Vereinbarung einer Entlohnung dem Fall des Unterbleibens der Eheschließung oder einer dauernden Versorgung gleichstellt, sondern vielmehr vermeint, daß eine Entlohnung für den Fall vereinbart worden ist, daß eine Eheschließung unterbleibt, und diese Vertragsklausel dahin einschränkt, daß sie nur gelten solle, wenn die Frau an der Auflösung des Konkubinats schuldlos ist. Dieser an der Spitze der Entscheidung ZBl. 1934 Nr. 10 unrichtig wiedergegebene Rechtssatz wird erst in der Entscheidung SZ. XXII/122 aufgegriffen und als herrschende Rechtsprechung zitiert, war aber, wie die obige Darstellung beweist, nicht zutreffend, doch war im konkreten Fall dieses unrichtige "obiter dictum" freilich ohne nachteilige Formen für die Entscheidung, weil der Oberste Gerichtshof damals annahm, daß die Klägerin als schuldiger Teil jeden Entlohnungsanspruch verloren habe. Eine Entscheidung, in der die in SZ. XXII/122 zitierte Rechtsauffassung die Entscheidung trägt, ist dagegen nicht bekanntgeworden. In 1 Ob 801/53 ist wohl der geltend gemachte Entschädigungsanspruch auch darauf gestützt worden, daß die Klägerin für ihre Arbeitsleistungen in der Landwirtschaft des Beklagten nur Unterkunft und Verpflegung erhalten habe, aber keinen Lohn, doch hat der Oberste Gerichtshof die Richtigkeit dieser Erwägung nicht weiter überprüft, da er den Klagsanspruch bereits aus anderen Erwägungen für begrundet erachtet hat.

Der Oberste Gerichtshof hält an den Grundsätzen, die von der Rechtsprechung in einer 70jährigen Entwicklung herausgearbeitet worden sind, fest, dies in folgender Erwägung:

Das Konkubinat ist ein jederzeit lösbares familienrechtliches Verhältnis, das der Ehe nachgebildet ist, aber von geringer Festigkeit ist und in der öffentlichen Meinung der Ehe nicht gleichgestellt werden kann. Aus der Qualifikation der Lebensgemeinschaft als eines Familienverhältnisses minderer Art folgt, daß die Rechte der Lebensgefährtin niemals weiter gehen können als die einer Ehegattin. Da die Ehegattin keinen Anspruch auf Entlohnung für die Zeit der Ehe besitzt, es sei denn, es wäre ihr ausnahmsweise in gültiger Weise eine solche Entschädigung zugesichert worden, so kann auch die Lebensgefährtin für ihre wirtschaftliche Mitarbeit in der Hauswirtschaft und im Betriebe des Mannes keine Entlohnung verlangen; wenn sie sich nicht eine solche ausbedungen hat. Sie muß die ausdrückliche oder stillschweigende Zusicherung einer Entlohnung beweisen. § 1152 ABGB. findet, da es sich nicht um einen Dienstvertrag handelt, keine Anwendung.

Ob im Einzelfall die Zusicherung einer Entlohnung anzunehmen ist, kann nur nach den Umständen des besonderen Falles entschieden werden. Der bloße Wegfall der Erwartung des Eheschlusses kann eine Entlohnung nicht rechtfertigen, wenn keine konkrete Vereinbarung vorliegt. Auf § 46 ABGB. kann sie nicht gegrundet werden, da diese Gesetzesstelle nur den wirklichen Schaden im Auge hat. Dazu gehört wohl der durch den Verlust der Arbeitsstelle infolge der Verlobung herbeigeführte Schaden (SZ. XXIII/216), aber nicht eine Entschädigung für Arbeiten während der Dauer der Lebensgemeinschaft oder für Ersparnisse, die der verlassene Verlobte hätte machen können.

Auch auf § 1435 ABGB. kann sich die Klägerin nicht stützen, weil die Dienstleistung nicht ohne Rechtsgrund, sondern auf Grund der bestehenden Lebensgemeinschaft erfolgt ist. Auch die Ehegattin kann nicht auf Grund des § 1435 ABGB. Ansprüche stellen. Der Gedanke des § 1435 ABGB. kann vielmehr nur einschränkend in dem Sinn herangezogen werden, daß auch die ehemalige Lebensgefährtin, der eine Entlohnung vertragsmäßig gebührt, nicht mehr verlangen kann, als den Betrag, um den der Beklagte bereichert ist. § 1435 ABGB. gewährt also keinen Anspruch dem Gründe nach, sondern bietet nur ein Hilfsmittel zur Berechnung des Anspruches, wenn einer besteht.

Da im vorliegenden Fall gar nicht behauptet wurde, daß der Klägerin für den Fall der Auflösung des Konkubinats eine Entschädigung zugesichert worden ist, so bleibt es beim Regelrecht, daß sie keine Entschädigung verlangen kann. Das Klagebegehren hätte daher richtigerweise zur Gänze abgewiesen werden müssen. Nun hat aber Beklagter den Teilzuspruch in Rechtskraft erwachsen lassen, daher muß es dabei verbleiben, wohl aber kann die Klägerin über den ihr rechtskräftig zugesprochenen Betrag hinaus nichts verlangen.

Anmerkung

Z27156

Schlagworte

Dienstvertrag Lebensgemeinschaft, Entgeltlichkeit, Lebensgemeinschaft, Entlohnungsanspruch der Lebensgefährtin, Haushalt Lebensgemeinschaft, Dienstleistungen, Entlohnung, Konkubinat, Entlohnungsanspruch für Dienstleistungen, Lebensgefährtin, Entlohnungsanspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1954:0030OB00258.54.0526.000

Dokumentnummer

JJT_19540526_OGH0002_0030OB00258_5400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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