TE OGH 1953/10/8 1Ob801/53

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Veröffentlicht am 08.10.1953
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Norm

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §46
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1431
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1435

Kopf

SZ 26/246

Spruch

Ersatzanspruch einer Verlobten, die als Lebensgefährtin Geld zum Aufbau eines Hausstandes beisteuerte und nach Auflösung der Lebensgemeinschaft die hingegebenen Beträge zurückverlangt.

Entscheidung vom 8. Oktober 1953, 1 Ob 801/53.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

Die Klägerin lebte mit dem Beklagten vom 7. Mai 1950 bis 15. Juli 1952 auf dem von ihm gepachteten landwirtschaftlichen Besitze seiner Eltern in einer eheähnlichen Gemeinschaft. Am 28. Oktober 1950 hat sie einen Sohn geboren, zu dem der Beklagte die Vaterschaft anerkannt hat. Die Klägerin ist nicht verheiratet gewesen. Die Scheidung der Ehe des Beklagten wurde im März 1950 ausgesprochen. Die Klägerin hat die Lebensgemeinschaft wegen des Verhaltens des Beklagten und deshalb aufgegeben, weil der Beklagte erklärte, sie nicht zu heiraten. Sie begehrt die Zahlung eines Betrages von 12.000 S mit der Begründung, daß sie, was unbestritten ist, Arbeiterin in einer Zundholzfabrik war und in ihrer freien Zeit regelmäßig in der vom Beklagten gepachteten Landwirtschaft (18 Joch, 8 Stück Vieh) arbeitete und auf Wunsch des Beklagten ihre Stellung in der Fabrik nicht aufgegeben hat, weil der Beklagte ihr wiederholt erklärte, daß dadurch, daß sie weiter arbeiten gehe, es ihnen später in der Ehe besser gehen werde, da aus ihrem Fabrikslohn Anschaffungen für Haus und Wirtschaft gemacht werden können. Der Beklagte habe sie "mit der Heirat immer vertröstet." Die Lebensgemeinschaft war so lange gut gewesen, als sie dem Beklagten fast ihren gesamten Verdienst aushändigte. Als sie jedoch am 1. Dezember 1951 im Hinblick darauf, daß sie eigentlich als Bäuerin anzusehen sei, gekundigt wurde und als schließlich im April 1952 die Arbeitslosenunterstützung eingestellt wurde, sei das Verhältnis zum Beklagten immer schlechter geworden und dieser habe schließlich grundlos erklärt, er heirate die Klägerin nicht. Sie habe dem Beklagten von insgesamt 15.279 S (Lohn aus der Fabrik einschließlich Arbeitslosenunterstützung) mindestens 12.000 S ausgehändigt, die sie jetzt zurückbegehre.

Das Erstgericht nahm zwar den vorstehenden Sachverhalt als erwiesen an, sprach aber der Klägerin nur 2475 S samt Zinsen und einen Teil der Prozeßkosten unter Verneinung der Gegenforderung des Beklagten von 1400 S zu, dies mit der Begründung, der Lebensgemeinschaft liege eine "Erwerbsgesellschaft nach bürgerlichem Rechte" mit der Vereinbarung zugrunde, daß die Streitteile für den Fall des Aufgebens der Lebensgemeinschaft die aus gemeinsamem Gelde angeschafften Gegenstände ihrem Werte nach zu teilen haben. Auf Grund der im Beweisverfahren ermittelten Werte belaufe sich der der Klägerin zukommende Betrag in der zugesprochenen Höhe.

Das Berufungsgericht hat zufolge Berufung beider Teile und nach Wiederholung des Beweisverfahrens nur der Berufung der Klägerin Folge gegeben und unter gleichzeitiger Bestätigung des Ausspruches des Erstgerichtes, daß die Gegenforderung der beklagten Partei in der Höhe von 1400 S nicht zu Recht bestehe, in Abänderung des erstrichterlichen Urteiles der Klägerin den Klagsbetrag von 12.000 S samt Zinsen und Kosten zuerkannt. Es nahm weder die erwähnte Vereinbarung als erwiesen an, noch teilte es die Rechtsansicht des Erstgerichtes über die "Erwerbsgesellschaft" der Streitteile, sondern sprach der Klägerin deshalb den Klagsbetrag zu, weil es als erwiesen annahm, daß die Klägerin nur im Hinblick darauf, daß ihr der Beklagte wiederholt und ausdrücklich die Heirat versprochen habe, die Geldbeträge dein Beklagtenausgehändigt habe, statt sie für sich zu verwenden. Das Berufungsgericht nahm auch als erwiesen an, daß der Beklagte ausdrücklich wollte, daß die Klägerin weiter in die Fabrik gehe, daß er auch damit rechnete, daß sie den größten Teil ihres Verdienstes an ihn abliefere. In rechtlicher Beziehung vertrat das Berufungsgericht den Standpunkt, daß die Klage auf die §§ 46 und 1431 ABGB. gestützt werde und daß der Anspruch nach beiden Gesetzesstellen gerechtfertigt sei.

Die Revision des Beklagten, die auf Z. 4 des § 503 ZPO. gestützt wird, ist nicht begrundet.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen des Obersten Gerichtshofes:

Im vorliegenden Falle kann es zunächst dahingestellt bleiben, ob aus der Klage ein Anspruch im Sinne des § 46 ABGB. entnommen werden kann, oder ob die Klage einen der Fälle der Bereicherung geltend macht. Aus dem letztgenannten Klagsgrunde ist der Klagsanspruch nicht nur schon auf Grund des Inhaltes der Klage, sondern auch auf Grund der Feststellungen des Berufungsgerichtes gerechtfertigt. Bei der Bereicherung bedarf es keiner Vereinbarung der Beteiligten, die einen Rückforderungsanspruch bei Ausbleiben der Gegenleistung vorsieht. Wilburg führt in Klangs Kommentar, 2. Aufl., aus: "In der Regel läßt der Leistende seine auf Gegenleistung gerichtete Absicht klar erkennen." Daß dies im vorliegenden Falle zutraf, hat das Berufungsgericht nach Beweiswiederholung ausdrücklich festgestellt. Nimmt nun der Empfänger eine solche Leistung an, so genügt dies "ohne eine bedingende Vereinbarung des Zweckes, um bei Ausfall der Gegenleistung eine condictio zu rechtfertigen". Auf diese Ausführungen Wilburgs (ebendort, Vorbemerkungen zu den §§ 1431 bis 1437 ABGB., S. 469) hat sich die Klage ausdrücklich gestützt. Der Revisionswerber nimmt daher zu Unrecht an, er sei durch das ihm von der Klägerin ausgehändigte Geld nicht bereichert worden. Ob der Beklagte auch dadurch, daß er der Klägerin für ihre Arbeitsleistungen in der Landwirtschaft nur Unterkunft und Verpflegung gewährt habe, bereichert worden sei, ist im vorliegenden Falle nicht zu prüfen, weil sie mit der vorliegenden Klage nur den Geldbetrag zurückverlangt, den sie dem Beklagten lediglich deshalb gegeben hat, weil er wollte, daß sie dieses Geld verdiene und ihm gebe, wobei er immer wieder in Aussicht stellte, er werde sie heiraten und beide würden sich durch die sofortige Verwendung des Geldes für Anschaffungen in Haus und Hof ihr späteres Fortkommen erleichtern. Daß der Beklagte in der Wirtschaft fremde Arbeitskräfte beschäftigen mußte, ist bedeutungslos, da er dies, wenn die Klägerin überhaupt nicht zu ihm gezogen wäre und sich in der Wirtschaft betätigt hätte, zumindest in gleichem, eher noch in größerem Umfange hätte tun müssen und er kein Recht darauf hatte, daß die Klägerin ihre volle Arbeitskraft ihm zur Verfügung stellt.

Aus dem Klagsinhalte kann aber auch der Klagsgrund nach § 46 ABGB. entnommen werden, zu dem zu sagen ist, daß nach Lenhoff (in Klangs Kommentar, 1. Aufl., zu § 46, S. 397) Schaden schon jede Vermögensminderung ist, die ohne Verlöbnis nicht eingetreten wäre. Daß die Klägerin zufolge des Verlöbnisses mit dem Beklagten über einen Betrag von insgesamt 12.000 S nicht für sich verfügt hat, bedarf keiner weiteren Erörterung mehr.

Anmerkung

Z26246

Schlagworte

Aufwendungen der Lebensgefährtin, Ersatzanspruch der Lebensgefährtin, Hausstand, Aufwendungen der Lebensgefährtin, Lebensgefährtin, Ersatzanspruch der -, Verlöbnis, Auflösung eines -, Ersatzanspruch, Verlobte, Aufwendungen der -

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1953:0010OB00801.53.1008.000

Dokumentnummer

JJT_19531008_OGH0002_0010OB00801_5300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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