TE OGH 1981/4/9 11Os47/81

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Veröffentlicht am 09.04.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.April 1981 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Robl als Schriftführers in der Strafsache gegen Josef A wegen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach dem § 302 Abs. 1 StGB. und anderer Delikte über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Schöffengerichtes vom 30.Oktober 1980, GZ. 11 b Vr 283/80-11, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Knob und der Ausführungen des Verteidigers Dr. Steingassner zu Recht erkannt:

Spruch

Das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg vom 30.Oktober 1980, GZ. 11 b Vr 283/80-11, verletzt insoweit, als Josef A damit (zu Punkt I des Urteilssatzes) des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach dem § 302 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt wurde, das Gesetz in dieser Bestimmung.

Dieses Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird im Schuldspruch wegen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach dem § 302 Abs. 1 StGB.

(Punkt I des Urteilssatzes) und demgemäß auch im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs nach dem § 43 Abs. 1 StGB.) sowie im Privatbeteiligtenzuspruch aufgehoben und es wird die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg vom 30.Oktober 1980, GZ. 11 b Vr 283/80-11, wurde der am 28.August 1941 geborene Postoberoffizial Josef A des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach dem § 302 Abs. 1 StGB., des Vergehens der Urkundenfälschung nach dem § 223 Abs. 1 StGB. sowie des Vergehens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt und nach dem § 302 Abs. 1 StGB. unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB. zu einer - mit dreijähriger Probezeit bedingt nachgesehenen - Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr verurteilt. Als Amtsmißbrauch wurde ihm angelastet, in der Zeit vom 26.März 1979 bis zum 14.März 1980 in Mistelbach als Postzusteller, sohin als Beamter, in zwölf Angriffen mit dem Vorsatz, dadurch den Staat sowie verschiedene (namentlich genannte) Empfänger von Geldüberweisungen in ihren Rechten zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mißbraucht zu haben, indem er Geldüberweisungen im Betrag von insgesamt 40.280,34 S nicht durchführte, sondern das Geld für sich verwendete.

Der Angeklagte verzichtete auf Rechtsmittel gegen dieses Urteil. Über eine von der Staatsanwaltschaft ergriffene Berufung wurde noch nicht entschieden.

Rechtliche Beurteilung

Das erwähnte Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg, soweit es Josef A des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt schuldig erkennt (Punkt I des Urteilssatzes), steht mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Das Kreisgericht Korneuburg vertritt im Zusammenhang mit diesem Schuldspruch in der Urteilsbegründung (allgemein) die Ansicht, daß es sich bei der Tätigkeit der Postzustellung um Hoheitsverwaltung handle. Demgemäß enthält das Urteil keine Feststellungen darüber, ob Josef A im jeweiligen Einzelfall im Rahmen der Hoheits- oder im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung tätig wurde. Nach Lage des Falles durften jedoch derartige Feststellungen nicht unterbleiben. Denn wenn es auch zutrifft, daß die Beförderung von Sendungen durch die Post der Hoheitsverwaltung zuzurechnen ist (vgl. Art. 23 Abs. 1

und 5 B-VG.) und daß auch der sogenannte 'Geldverkehr der Post', nämlich die Berechtigung der Post, Geldbeträge zur Übermittlung anzunehmen (Einzahlung mittels Postanweisung), auf Grund von solchen Postanweisungen auszuzahlen oder über Auftrag einzuziehen (§ 13 PostG.), grundsätzlich zur Hoheitsverwaltung gehört, so kann die Tätigkeit der Post unter Umständen doch auch dem Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung zuzuzählen sein. Letzteres gilt insbesondere dann, wenn die Post bei den Geschäften der §sterreichischen Postsparkasse, also im Postscheck und Postsparverkehr mitwirkt (§ 2 PostSpG.).

Insoweit wird sie nämlich bloß als Erfüllungsgehilfe im Bereich der rein privatwirtschaftlichen Aktivitäten der §sterreichischen Postsparkasse herangezogen und daher auch selbst nur im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung tätig (vgl. Steininger, Die Amtsdelikte im Strafgesetzbuch, ÖJZ. 1980, 482, 483; Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB.2, RN. 18 zu § 302).

Da aber Subjekt eines Mißbrauchs der Amtsgewalt im Sinn des § 302 StGB. nur ein Organwalter der Hoheitsverwaltung sein kann, ist es von entscheidender Bedeutung, ob der Angeklagte bei den ihm zum Punkt I des Urteilssatzes angelasteten Taten im Rahmen der Hoheitsverwaltung oder im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung handelte.

Nach den im Akt AZ. 11 b Vr 283/80 des Kreisgerichtes Korneuburg befindlichen Unterlagen (vgl. S. 11 - 43 sowie 57) scheint nur ein einziger Fall (Nachnahmepostanweisung über 1.072 S an die Fa. B, auszuzahlender Betrag 1.057 S) eine Angelegenheit des Geldverkehrs der Post im Rahmen der Hoheitsverwaltung betroffen zu haben. Alle anderen (zu Punkt I des Urteilssatzes abgeurteilten) Fälle dürften mit Geschäften der §sterreichischen Postsparkasse zusammenhängen und daher in den Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung gehören.

Der Mangel von (nach den Verfahrensergebnissen indizierten) Feststellungen in dieser Richtung wirkt sich insofern zum Nachteil des Angeklagten aus, als dieser, sollte er mit Strafe bedrohte vorsätzliche Handlungen im Rahmen des zur Privatwirtschaftsverwaltung gehörigen Postscheck- und Postsparverkehrs begangen haben, nicht (strenger strafbaren) Mißbrauch der Amtsgewalt, sondern nur den jeweils in Frage kommenden allgemeinen Straftatbestand (vorliegend wohl § 133 Abs. 1 und 2, 1. Fall, StGB.), allerdings in Verbindung mit dem § 313 StGB. (vgl. JBl. 1980, 664), verantworten müßte. Dieser Nachteil überwiegt den Vorteil, der allenfalls darin erblickt werden könnte, daß die in Rede stehenden Taten bisher einheitlich nach dem § 302 Abs. 1 StGB. beurteilt wurden, wogegen im nächsten Rechtsgang zu der (voraussichtlich auf ein einziges Faktum beschränkten) Verurteilung nach dem § 302 Abs. 1 StGB. die Verurteilung wegen weiterer (allgemeiner) Straftatbestände treten kann, zumal zu erwarten ist, daß es sich hiebei lediglich um das Vergehen der Veruntreuung handeln wird, das dem Angeklagten (zu Punkt III des Urteilssatzes) in geringerem Umfang ohnedies auch schon im Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg vom 30.Oktober 1980 angelastet wurde. Der von der Generalprokuratur gemäß dem § 33 Abs. 2 StPO. erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher stattzugeben und gemäß dem § 292 StPO. wie eingangs zu erkennen.

Anmerkung

E03118

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0110OS00047.81.0409.000

Dokumentnummer

JJT_19810409_OGH0002_0110OS00047_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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