TE OGH 1981/5/21 13Os3/81

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Veröffentlicht am 21.05.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Mai 1981 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mischer als Schriftführers in der Strafsache gegen Helga A und Liane B wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs 1, 143 StGB. über die von den Angeklagten Helga A und Liane B gegen das Urteil des Geschwornengerichts beim Landesgericht für Strafsachen Graz vom 14. Oktober 1980, GZ. 5 Vr 1548/80-37, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Unterer und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Die am 9.Juni 1957 geborene Helga A und die am 4.August 1960 geborene Liane B wurden des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143, erster Fall, StGB. schuldig erkannt. Die Geschwornen hatten die, getrennt nach den beiden Angeklagten, gestellten Hauptfragen, eingeschränkt auf einen Betrag von 4.000 S, einhellig bejaht. Den Angeklagten liegt darnach zur Last, am 20.Mai 1980 in Gesellschaft dem Karl C durch Gewalt gegen seine Person, nämlich Zufallbringen, Festhalten am Boden und Versetzen von Schlägen, eine Barschaft von 4.000 S und eine Packung Zigaretten mit Bereicherungsvorsatz weggenommen zu haben.

Dieses Urteil bekämpfen beide Angeklagten mit getrennt ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden jweils aus den Z. 6

und 8 des § 345 Abs 1 StPO., Liane B auch aus der Z. 5 leg. cit. Zur Beschwerde der Angeklagten A:

Den Nichtigkeitsgrund der Z. 6 des § 345 Abs 1 StPO. erblickt diese Beschwerdeführerin im Unterbleiben einer Zusatzfrage nach einem ihre Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand sowie, in Ansehung beider Angeklagten, von Eventualfragen in der Richtung einfachen Raubes (§ 142 Abs 1 StGB.) und einer nicht bis zum Gesellschaftsverhältnis gediehenen Beteiligung der jeweils anderen Mitangeklagten daran.

Zunächst liegt eine Nichtigkeit bewirkende Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung (§§ 312 bis 314 StPO.) nicht vor:

Rechtliche Beurteilung

Die Stellung einer Zusatzfrage nach Zurechnungsunfähigkeit der Beschwerdeführerin wegen voller Berauschung (§ 11 StGB.) - worauf (was die Beschwerdeführerin aber nicht vermißt) folgerichtig eine Eventualfrage in der Richtung des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach dem § 287 StGB. (sogenanntes Dreifragenschema) zu stellen gewesen wäre - war in den Verfahrensergebnissen nicht indiziert (§ 313 StPO.). Entgegen dem Beschwerdeeinwand einer völlig mangelnden Erinnerung her Angeklagten A an den Tathergang behauptete diese in der Hauptverhandlung zwar Volltrunkenheit, bekundete jedoch - abgesehen davon, daß sie sogar ausdrücklich eine teilweise Erinnerung einräumte und erklärte, sie hätte sich an Geld oder eine Brieftasche (des Opfers) 'erinnern müssen' - eine Erinnerung an wesentliche Umstände und Vorfälle im Tatzeitraum, wie insbesondere an die Anwesenheit des C im Kaffeehaus sowie an mehrere Fußtritte, die sie später auf der Toilette dem Opfer versetzte (S. 239 ff., 257 f., 263).

Aus dieser Verantwortung geht ein schon nach allgemein forensischer Erfahrung volle Berauschung ausschließendes Erinnerungsvermögen hervor. Das gerichtsmedizinische Gutachten leitet aus der bei der Beschwerdeführerin zur Tatzeit maximal bestehenden Blutalkoholkonzentration zwischen 1,8 und 1,9 %o deren nur mittelschwere Alkoholisierung ab (s. S. 269/270), was ebenfalls der Annahme einer die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden tiefgreifenden Bewußtseinsstärung der Beschwerdeführerin entgegensteht. Darnach würde die reklamierte Zusatzfrage außerhalb des konkret Möglichen und Beweisbaren gelegene Umstände rein hypothetischer Natur betroffen haben. Ihre Stellung sowie jene der sonach folgerichtigen Eventualfrage gemäß § 287 StGB. sind deshalb zu Recht unterblieben.

In ihrer auf eine Verantwortung, es sei kein gemeinsamer Tatentschluß vorgelegen, abstellenden Rüge der Unterlassung von Eventualfragen nach einfachem Raub (§ 142 Abs 1 StGB. sowie gleichermaßen in ihren einschlägigen Ausführungen zum Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z. 8

StPO. (unrichtige Rechtsbelehrung) verkennt die Beschwerdeführerin, daß der sogenannte Gesellschaftsraub gemäß dem ersten Fall des § 143 StGB. keineswegs einen gemeinsamen Tatentschluß nach Art einer Verabredung vor der Tat erfordert. Vielmehr genügt ein spontan und konkludent erst bei der Tatbegehung zustandegekommenes Einverständnis der Mitwirkenden unter der weiteren Voraussetzung, daß zumindest einer von ihnen Ausführungshandlungen setzt, während das Verhalten des oder der übrigen am Tatort selbst oder in dessen Nähe das Verbrechen in irgendeiner Weise, wenn auch nur durch zum Ausdruck gebrachte Bereitschaft zum helfenden Eingreifen, ermöglicht, fördert oder erleichtert (vgl. SSt XLVI/63, EvBl 1978 Nr. 141, LSK 1976/235 u.a.). Diesen Voraussetzungen genügt die in der Beschwerde nur zum Teil richtig wiedergegebene Rechtsbelehrung. Eventualfragen nach dem Tatbestand des Raubes (§ 142 Abs 1 StGB.) bedurfte es nicht, weil die Geschwornen an Hand der Rechtsbelehrung, auf welche Möglichkeit diese eigens verweist, gemäß § 330 Abs 2 StPO. in die Lage versetzt waren, die Hauptfragen unter Ausklammerung der die Qualifikation des Gesellschaftsverhältnisses begründenden Tatumstände und unter Beschränkung auf einfachen Raub zu beantworten (vgl. hiezu EvBl 1965/176, 1970/287; 10 Os 85/78, 9 Os 197/78, 12 Os 84/79, 13 Os 136/79). Deshalb geht auch der aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 8 des § 345 Abs 1 StPO. erhobene Beschwerdevorwurf fehl.

Eventualfragen schließlich in der Richtung der Beteiligung am einfachen Raub (§ 142 Abs 1 StGB.) durch sonstigen, nicht bereits dem Gesellschaftsbegriff entsprechenden entfernten Tatbeitrag im Sinn des § 12 StGB., dritter Fall, waren nach den Verfahrensergebnissen, insbesondere auch nach der Verantwortung der beiden Angeklagten nicht indiziert. Diese bestritten ihr jeweiliges, zumindest phasenweise bestandenes räumliches Naheverhältnis zum Opfer zur Tatzeit, was, wie erwähnt, eine Voraussetzung für das Gesellschaftsverhältnis ist, keineswegs (S. 240 f., 245, 247). Sie wurden daher bei Ablehnung ihrer eine Gewaltanwendung leugnenden Verantwortung von den Geschwornen rechtsrichtig als Raubgenossen (§ 143, erster Fall, StGB.) qualifiziert.

Zur Beschwerde der Angeklagten B:

Aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 345 Abs 1

StPO. rügt diese Angeklagte die Abweisung ihrer in der Hauptverhandlung gestellten Anträge auf Vornahme eines Lokalaugenscheins im Cafe International 'zum Beweise dafür, daß der Vorfall, wie er vom Zeugen C geschildert wurde, auf Grund der örtlichen Verhältnisse sich nicht so zugetragen haben konnte', und auf Vernehmung des Zeugen Gerhard D, 'zur Prüfung, inwieweit die Angaben des C über die mitgeführten Geldbeträge der Wahrheit entsprechen' (S. 273).

Durch das Zwischenerkenntnis des Schwurgerichtshofs (S. 274) sind indes Verteidigungsrechte der Beschwerdeführerin nicht beeinträchtigt worden.

Zunächst ist auf Grund der Lebens- und Gerichtserfahrung (ohne daß es dazu juristischer Überlegungen bedarf) zu sagen, daß die Tatausführung, nämlich das Zufallbringen und Festhalten des C am Boden, das Versetzen von Schlägen und die Abnahme der Barschaft, durch zwei Täter selbst auf engstem Raum, wie etwa - hier - in einer Toilette, durchaus möglich war. Ferner kam im Verfahren kein Beweis hervor, welcher an der Möglichkeit des Verbrechensablaufs auf die von C beschriebene Weise hätte zweifeln lassen (siehe auch die Aussage der Zeugin E, S. 262); vielmehr ergaben sich insbesondere aus der Verantwortung der beiden Angeklagten selbst, die zwar jeweils die eigene Beteiligung am Raub, nicht aber einen am Tatort zumindest zwischen A und dem Opfer stattgefundenen Raufhandel leugneten (S. 240 f., 245, 263), keine die Gewalttat ausschließende räumliche Beengtheit am Tatort. Für die Aufklärung des Widerspruchs in den Angaben des C über die Identität jener Täterin, die ihm den Geldbetrag abnahm, und über den Ort der früheren Verwahrung desselben in seiner Kleidung ist die Beschaffenheit des Tatorts - entgegen den Ausführungen der Verfahrensrüge, die sich im gegebenen Zusammenhang übrigens in einer unzulässigen Bekämpfung der Beweiswürdigung der Geschwornen verliert - naturgemäß ohne jede Bedeutung.

Somit war die Besichtigung des Tatorts durch die Geschwornen entbehrlich.

Gleiches gilt im Ergebnis für die begehrte Vernehmung des Zeugen D. Die bloße Tatsache, daß die Angeklagten die Bemächtigung der Barschaft leugneten und demnach die entgegenstehende Darstellung des C als unwahr bezeichneten, rechtfertigte noch nicht eine Beweisaufnahme zur Überprüfung der Aussage dieses Zeugen über die von ihm damals mitgeführten Geldbeträge. Die Beschwerdebehauptung, 'einziger Grund dafür, daß sich der Zeuge C zu so später Stunde mit

einem Bargeldbetrag ....... in ein derartiges Lokal in einem übel

beleumundeten Viertel ........ begab, sei der gewesen, daß er einem

gewissen Gerhard D die Reparatur eines kaputten PKWs. bezahlen wollte', widerspricht dem Akteninhalt. Der Zeuge C motivierte in der Hauptverhandlung mit seinem Vorhaben, eine Schuld an D bezahlen zu wollen, lediglich das Beisichtragen eines großen Geldbetrags, nicht aber das Aufsuchen des Cafe 'International' zum Zweck der Schuldenzahlung (vgl. S. 248, 256). Mit ihren Ausführungen, die Aussage des Zeugen D würde eine 'weite Entlastung' herbeigeführt haben, wenn er z.B. eine Forderung an C überhaupt bestritten oder deren zur Tatzeit bereits erfolgte Begleichung behauptet hätte, mündet die Beschwerde mangels entsprechender Verfahrensergebnisse in eine ebenso unverhüllte wie unergiebige Spekulation. Schlägt sohin die Verfahrensrüge fehl, so entbehren auch die weiteren Beschwerdeausführungen der Angeklagten B unter den Nichtigkeitsgründen der Z. 6 und 8 des § 345 Abs 1 StPO. der Berechtigung. Sie bemängelt gleich der Angeklagten A die Unterlassung einer Zusatzfrage nach voller Berauschung dieser Angeklagten und das Unterbleiben einer nicht nur auf schweren Raub gemäß § 143, erster Fall, StGB. gerichteten, sondern differenzierend auch den Tatbestand des einfachen Raubes gemäß § 142 Abs 1 StGB. sowie eine entferntere, nicht dem Gesellschaftsbegriff entsprechende Beteiligung am einfachen Raub berücksichtigenden (Haupt- und Eventual-) Fragestellung sowie die Rechtsbelehrung zum Gesellschaftsverhältnis.

Vorerst übersieht die Beschwerdeführerin, daß die volle Berauschung eines von zwei Tätern der Beurteilung von beiden als Raubgenossen keineswegs entgegensteht.

Der Mangel der Diskretions- oder (und) Dispositionsfähigkeit infolge voller Berauschung bedeutet ja noch nicht die gänzliche Aufhebung des Bewußtseins und damit der Willensfunktion und auch nicht die Unfähigkeit zu einer dem deliktstypischen Willensentschluß, welcher entgegen der Beschwerdeauffassung auch einem Volltrunkenen möglich ist, entsprechenden Mitwirkung an der Tatausführung. Es kommt daher auch bei der Beteiligung eines Volltrunkenen, wie überhaupt von sonst Zurechnungsunfähigen oder von Strafunmündigen, wenn sie sich an der Tat in Kenntnis, daß ein Raub (Diebstahl) verübt wird, beteiligen und nicht bloß als 'Werkzeug' wirken, die Qualifikation der Gesellschaft beim Raub (Diebstahl) in Betracht (Leukauf-Steininger, Komm. zum StGB.2, RN. 27, 28 zu § 11 StGB., RN. 80 zu § 127 StGB., RN. 8, 10 zu § 287 StGB.;

LSK 1981/21 u.a.).

Davon abgesehen war eine Zusatzfrage nach Volltrunkenheit der Angeklagten A nicht indiziert.

Dazu kann auf die Erledigung der Besahwerde der Erstangeklagten verwiesen werden; desgleichen betreffend die von der Angeklagten B monierte differenzierende Fragestellung in der Richtung des Gesellschaftsverhältnisses, des einfachen Raubes sowie der entfernten, nicht der Qualifikation des § 143 StGB. entsprechenden Beteiligung am einfachen Raub, ferner betreffend die Rüge der Rechtsbelehrung wegen der darin (§ 330 Abs 2 StPO.) aufgezeigten Möglichkeit der Bejahung der Hauptfrage unter Ausklammerung der Gesellschaftsqualifikation sowie wegen des Gesellschaftsbegriffs, insbesondere des hiefür ausreichenden spontanen und konkludenten Einverständnisses der Raubgenossen bei der Tatausführung. Entgegen dem weiteren, auf die Z. 8 des § 345 Abs 1 StPO. gestützten Einwand der Zweitangeklagten, welche in ihrer Beschwerde eine einschlägige Passage der Rechtsbelehrung andererseits sogar wiedergibt, wird in dieser die für die Raubenossen wesentliche Förderung der Tat in deren Ausführungsphase am Tatort oder in dessen unmittelbaren Nähe ebenso zutreffend und unmißverständlich zum Ausdruck gebracht wie die Unterscheidung und Abgrenzung des Tatbestands des § 142 Abs 1 StGB. von der Qualifikation der Gesellschaft gemäß § 143 StGB. Soweit die Beschwerde eine Erärterung der entfernteren Tatbeteiligung (§§ 12, 142

Abs 1 StGB.) in der Rechtsbelehrung vermißt, geht sie schon deshalb ins Leere, weil der behauptete Mangel argumento § 321 Abs 2 StPO. nur dann relevant sein könnte, wenn eine Eventualfrage in einer solchen Richtung gestellt worden wäre.

Auf die handschriftliche Eingabe der Angeklagten A vom 4.März 1981 war nicht einzugehen, weil es nur eine Ausführung der Nichtigkeitsgeschwerde gibt (§ 285 Abs 1 StPO.) und diese vom Verteidiger eingebracht worden ist (RiZ. 1973 S. 69 u.a.).

Zu den Berufungen:

Das Geschwornengericht verurteilte die Angeklagte Helga A nach dem eruten Strafsatz des § 143 StGB.

zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Jahren und die Angeklagte Liane B nach der gleichen Gesetzesstelle unter Anwendung des § 41 StGB. zu einer solchen von drei Jahren.

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht bei beiden Angeklagten als erschwerend die mit dem Raub verbundene leichte Verletzung des Opfers, bei A überdies die auf gleicher schädlicher Neigung beruhenden, sogar den Erfordernissen des § 39 StGB. entsprechenden Vorstrafen in Verbindung mit dem raschen Rückfall; hingegen wurden bei A die vernachlässigte Erziehung und die herabgesetzte Intelligenz, bei B das Alter (zwar über 18, jedoch) unter 21 Jahren zur Zeit der Tat und der bisherige ordentliche Lebenswandel als mildernd berücksichtigt. Das Geschwornengericht führte dazu aus, Liane B habe sich in letzter Zeit aus dem Prostituiertenmilieu gelöst.

Mit ihren Berufungen streben beide Angeklagten die Herabsetzung der Freiheitsstrafen an. Auch diesen Rechtsmitteln kommt keine Berechtigung zu:

Das Geschwornengericht stellte nämlich die Strafzumessungsgründe richtig und vollständig fest und unterzog sie einer zutreffenden Würdigung. Auf der Basis der allgemeinen, für die Strafbemessung geltenden Normen (§ 32 StGB.) verhängte es - bei B unter Gewährung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 41 StGB. - angemessene Freiheitsstrafen. Hiebei erkannte das Erstgericht zutreffend, daß bei der Angeklagten A die Voraussetzungen des § 41 StGB. nicht gegeben sind. Entgegen der Meinung dieser Berufungswerberin beruhen - neben der Diebstahlsvorstrafe - auch die (sieben) auf Gewalttätigkeit zurückzuführenden Vorstrafen auf der gleichen schädlichen Neigung wie Raub. Dieser stellt sich nämlich nicht als bloßes Eigentumsdelikt dar, sein Tatbild erfaßt auch die Anwendung von Gewalt.

Der in der Berufungsschrift angeführte Umstand, daß A im Prostituiertenmilieu verkehrt, begründet keinen Milderungsgrund. Es kann jedoch bemerkt werden, daß die durch eine vernachlässigte Erziehung und verminderte Intelligenz gekennzeichnete Persönlichkeit der Angeklagten A ohnehin als Milderungsgrund Berücksichtigung fand; dies, obwohl nach herrschender Auffassung Erziehungsmängel nur dann mildernd wirken können, wenn sie mit der Tat in unmittelbarem Zusammenhang stehen (Leukauf-Steininger2 S. 333 und die dort zitierte Judikatur), d.h. in einem Zusammenhang, der durch wiederholte Vorstrafen regelmäßig unterbrochen sein wird. Zudem wird mit jeder neuen Verurteilung dem Übeltäter die mangelhafte Ausbildung seiner rechtstreuen Gesinnung vor Augen geführt, weshalb sich die stets wiederkehrende Entschuldigung mit einem solchen Mangel, psychologisch gesehen, als Ausflucht vor der rechtlichen und sittlichen Verantwortung erweist. Schließlich kommt auch die - wie schon erwähnt, vom Sachverständigen mit 1,8 bis 1,9 %o errechnete - Alkoholisierung der zuletzt genannten Angeklagten zur Tatzeit (siehe abermals Seite 269/270) nicht als Milderungsumstand in Betracht, weil die Voraussetzungen des § 34 Z. 1 StGB. nicht vorliegen. Wie nämlich das Erstgericht zutreffend verwies, beging Helga A schon zu wiederholten Malen im Zustand der Alkoholisierung strafbare Handlungen (siehe dazu u.a. S. 84 in 6 E Vr 3628/75; S. 60 in 7 E Vr 2883/76 und S. 57 in 5 Vr 984/79 je des Landesgerichts für Strafsachen Graz), sodaß die durch Berauschung herabgesetzte Zurechnungsfähigkeit durch den Vorwurf des Alkoholgenusses aufgewogen wird.

Aber auch sämtliche, von der Angeklagten B reklamierten zusätzlichen Milderungsgründe sind nicht gegeben:

Die minimale Alkoholisierung führte nicht zur Herabsetzung der Zurechnungsfähigkeit (siehe dazu die Ausführungen des Sachverständigen Dozent Dr. Richard F, S. 269), sodaß schon aus diesem Grunde der Milderungsumstand der Berauschung nicht gegeben ist. Die Annahme von verlockender Gelegenheit (§ 34 Z. 9 StGB.) und Unbesonnenheit (Z. 7 leg. cit.) sind nach dem Akteninhalt und dem die Tatsachenfeststellungen enthaltenden Wahrspruch der Geschwornen nicht indiziert.

Schließlich beurteilte das Geschwornengericht die beim Raubopfer eingetretene leichte Körperverletzung rechtsrichtig als erschwerend; eine solche leichte Verletzung wird nämlich - entgegen der Meinung der Berufungswerberin B - weder tatbestandlich noch qualifikatorisch gesondert erfaßt, erhöht aber die Unwertbedeutung der Gewaltat augenscheinlich und fällt darum notwendig straferschwerend ins Gewicht.

Anmerkung

E03165

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0130OS00003.81.0521.000

Dokumentnummer

JJT_19810521_OGH0002_0130OS00003_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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