TE OGH 1979/2/26 9Os197/78

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Veröffentlicht am 26.02.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Februar 1979

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Faseth, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schmelcher als Schriftführer in der Strafsache gegen Dimitar A wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach § 142 Abs. 1, 143 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 16. Oktober 1978, GZ. 20 r Vr 10152/77-62, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Krenn und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Karollus, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 7. September 1951 geborene beschäftigungslose bulgarische Staatsbürger Dimitar A auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen, welche die ihnen gestellten bezüglichen Hauptfragen jeweils (mit fünf Stimmen ja und drei Stimmen nein) mehrheitlich bejaht hatten, im zweiten Rechtsgang des Verbrechens des schweren Raubes nach den § 142 Abs. 1, 143 StGB und des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs. 1 und 3 StGB schuldig erkannt, weil er am 1. November 1977

1.) auf der Fahrt von Wien über die Südautobahn nach Leobersdorf und auf den Bundesstraßen Nr. 19 und Nr. 11 bis Neuhaus/Triesting dem Gerhard B durch Ansetzen einer Faustfeuerwaffe, somit durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Waffe, eine fremde bewegliche Sache, nämlich eine Brieftasche mit ca. 1.000 Schilling, mit dem Vorsatz weggenommen hat, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;

2.) in Neuhaus/Triesting ein Fahrzeug, das zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet ist, nämlich den PKW Marke Ford Granada des Gerhard B, ohne Einwilligung des Berechtigten in Gebrauch genommen hat, wobei der durch die Tat verursachte Schaden am Fahrzeug 5.000 Schilling übersteigt.

Im ersten Rechtsgang war es, nachdem die Geschwornen die ihnen gestellten Fragen stimmeneinhellig verneint hatten, zu einer Aussetzung der Entscheidung nach § 334 StPO gekommen, worauf die Strafsache vom Obersten Gerichtshof mit Beschluß vom 3. August 1978, GZ. 12 Nds 101/78-6, gemäß § 334 Abs. 2 StPO vor ein anderes Geschwornengericht beim Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen wurde.

Den nunmehr im zweiten Rechtsgang erfolgten Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit seiner auf die Nichtigkeitsgründe der Ziffern 5, 6 und 8 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Als Verfahrensmangel im Sinne des erstangeführten Nichtigkeitsgrundes rügt der Beschwerdeführer die Abweisung des von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Einvernahme der Zeugen Clako C und Svetoslav D zum Beweis dafür, daß Aleksander E ihnen gegenüber zugegeben habe, den Angeklagten wider besseres Wissen bei der Polizei verleumdet zu haben (S. 248 d. A). Dieser Beweisantrag wurde vom Schwurgerichtshof mit der Begründung abgewiesen, daß er am Beweisthema vorbeiginge, da auch aus einer allfälligen Fehlinformation der Polizei durch E für das Verfahren nichts gewonnen werden könnte und es lediglich von der Beweiswürdigung abhänge, zwischen zwei Versionen zu entscheiden (S. 250 d. A).

Dagegen wendet der Beschwerdeführer unter Anführung verschiedener für seine Unschuld sprechender - oder doch zumindest eine andere Lösung der Schuldfrage zulassender - Indizien ein, daß er schon im ersten Rechtsgang vorgebracht habe, von einem ihm damals noch Unbekannten der Tat bezichtigt worden zu sein, doch hätten die Kriminalbeamten F und G unter Berufung auf das Amtsgeheimnis von ihrem Entschlagungsrecht Gebrauch gemacht.

Nunmehr habe er auf Grund privater Ermittlungen seines Verteidigers den Verleumder in der Person des Zeugen Aleksander E namhaft machen können, der eine sehr merkwürdige Aussage gemacht und auf die gezielte Frage des Gerichtes, ob er den Angeklagten verleumdet habe, unter Berufung auf § 153 StPO die Aussage verweigert habe. C(a)lako C und Svetoslav D hätten bestätigen können, daß Aleksander E den Angeklagten verleumdet und dies ihnen gegenüber auch zugegeben habe.

Rechtliche Beurteilung

Die Verfahrensrüge hält einer Überprüfung nicht stand. Die von der Verteidigung beantragten Zeugen könnten selbst nach dem Beschwerdevorbringen nur bestätigen, daß Aleksander E den Angeklagten als Täter namhaft gemacht und später C(a)lako C und Svetoslav D gegenüber erklärt habe, den Angeklagten wider besseres Wissen angezeigt zu haben. Darauf kommt es aber vorliegend gar nicht an; denn es wurde der Angeklagte Dimitar A vom Tatzeugen Gerhard B mit voller Bestimmtheit (vgl. Seite 237 d. A) als Täter bezeichnet, wobei B eine Einflußnahme des Aleksander E auf seine den Angeklagten belastenden Angaben bei seiner gerichtlichen Einvernahme mehrfach ausschloß (S. 245, 249 d. A). Solcherart hatten sich die Geschwornen tatsächlich nur für eine der beiden einander widersprechenden Versionen der allein am inkriminierten Geschehen beteiligten Personen, nämlich des Angeklagten und des Zeugen B zu entscheiden.

Durch die Abweisung des in Rede stehenden Beweisantrages, in dem eine Beeinflussung des Zeugen B durch den Zeugen E nicht einmal behauptet wird, sind daher Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht beeinträchtigt worden.

Einen Mangel der Fragestellung im Sinne des § 345 Abs. 1 Z 6 StPO erblickt der Beschwerdeführer im Unterbleiben der Stellung einer Zusatzfrage in Richtung des (einfachen) Raubes nach § 142 (Abs. 1) StGB Diesbezüglich macht er geltend, daß nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 24. März 1977, 13 Os 41/77 (ÖJZ-LSK 1977/

166 = RZ 1977/55), eine ungeladene Schußwaffe nur dann im Sinn des § 143 StGB als 'Waffe' zu beurteilen sei, wenn sie sofort schußbereit gemacht werden kann, was der Fragestellung nicht zu entnehmen sei. Diese Rüge muß schon deshalb versagen, weil der Oberste Gerichtshof in der Zwischenzeit in der Entscheidung des verstärkten Senates vom 11. September 1978, 12 Os 59/78

(ÖJZ-LSK 1978/293 = RZ 1978/101) klargestellt hat, daß auch die Drohung mit einer ungeladenen (Schuß-)Waffe bei Begehung eines Raubes die 'Verwendung einer Waffe' im Sinne des § 143 StGB darstellt. Im übrigen hätte es der Stellung der vom Beschwerdeführer vermißten Eventualfrage auch darum nicht bedurft, weil die Geschwornen schon in der Allgemeinen Rechtsbelehrung (StPOForm. RMB 1) ausdrücklich darauf hingewiesen wurden, daß es ihnen gestattet ist, eine Frage nur teilweise zu bejahen und in diesem Fall die Beschränkung (z.B. 'ja, aber ohne Ansetzen einer Waffe') kurz beizufügen (§ 330 StPO; Beilage B zu ON 61).

Was schließlich die vom Angeklagten gerügte Unvollständigkeit der Rechtsbelehrung anlangt, so können Gegenstand der schriftlichen Rechtsbelehrung nur rechtliche, nicht aber tatsächliche Umstände sein, die nur für die Beweiswürdigung in Betracht kommen (EvBl. 1952/100 und die weiteren bei Gebert-Pallin-Pfeiffer-Mayerhofer III/3 unter Nummer 8 zu § 345 Z 8 StPO angeführten Entscheidungen). Die Rechtsbelehrung muß - für jede Frage gesondert - eine Darlegung der gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung, auf die die Haupt- oder Eventualfrage gerichtet ist, sowie eine Auslegung der in den einzelnen Fragen vorkommenden Ausdrücke des Gesetzes enthalten und das Verhältnis der einzelnen Fragen zueinander sowie die Folgen der Bejahung oder Verneinung jeder Frage klarlegen (§ 321 Abs. 2 StPO). Eine Behandlung der Beweisergebnisse kann nur im Rahmen der im Anschluß an die Rechtsbelehrung stattfindenden Besprechung (§ 323 Abs. 2 StPO) erfolgen (SSt. 23/

91; EvBl. 1974/259).

Eine Anleitung in dem Sinn, daß im Zweifelsfall mit einem Freispruch vorzugehen sei, hat die Rechtsbelehrung daher nicht zu enthalten (EvBl. 1963/240 und die anderen bei Gebert-Pallin-Pfeiffer-Mayerhofer III/3 unter Nr. 16

zu § 345 Z 8 StPO zitierten Entscheidungen); ebensowenig waren die Geschwornen in ihr auf die 'Bedeutung der Entschlagung eines Zeugen unter Berufung auf § 153 StPO' (in beweismäßiger Hinsicht) besonders aufmerksam zu machen.

Da sich somit auch die auf den Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs. 1 Z 8 StPO gestützte Rüge als nicht zielführend erweist, war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Dimitar A zu verwerfen. Die angemeldete Berufung war zurückzuweisen, weil der Angeklagte weder bei deren Anmeldung noch in einer Berufungsausführung ausdrücklich erklärte, durch welche Punkte des Erkenntnisses er sich beschwert erachtet (§ 294 Abs. 2, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01773

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0090OS00197.78.0226.000

Dokumentnummer

JJT_19790226_OGH0002_0090OS00197_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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