TE OGH 1983/9/21 11Os119/83

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Veröffentlicht am 21.09.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. September 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Schneider, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Borotschnik als Schriftführers in der Strafsache gegen Wolfgang A wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3 sowie 15 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Schöffengerichtes vom 11. Mai 1983, GZ 11 Vr 714/82-22, erhobene Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, der Ausführungen der Verteidigerin Dr. Mühl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

I. Gemäß dem § 290 Abs 1 StPO wird das erstgerichtliche Urteil im Schuldspruch zu Punkt B des Urteilssatzes und demzufolge im Strafausspruch sowie im Adhäsionserkenntnis aufgehoben und es wird im Umfang dieser Aufhebung gemäß dem § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Wolfgang A ist schuldig, im Dezember 1979 in Krems an der Donau durch Vorlage einer mit einem Stempelaufdruck 'BEZAHLT 15. Oktober 1979' und einer nachgemachten Unterschrift auf diesem Stempelaufdruck verfälschten Rechnung der Firma Karl B (Inhaber Ing. Herbert C) vom 8. Oktober 1979 an Maria D, eine verfälschte Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache, nämlich der Bezahlung des Rechnungsbetrages, gebraucht zu haben.

Wolfgang A hat hiedurch das Vergehen der Urkundenfälschung nach dem § 223 Abs 2 StGB begangen.

II. Wolfgang A wird hiefür und für das Verbrechen des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 3 StGB (Faktengruppe A des erstgerichtlichen Urteilssatzes) unter Anwendung des § 28 StGB nach dem § 147 Abs 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 (achtzehn) Monaten verurteilt.

Die Aussprüche gemäß den §§ 389 und 369 StPO werden aus dem erstgerichtlichen Urteil übernommen.

III. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die zu I. getroffene Entscheidung verwiesen.

IV. Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 26. Dezember 1960 geborene Kellner Wolfgang A des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3 sowie 15 StGB schuldig erkannt und nach dem § 147 Abs 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil erhob der Angeklagte Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung.

Im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung vor dem Obersten Gerichtshof wurde nach dem Vortrag des Berichterstatters (§ 287 Abs 2 StPO) die Erklärung abgegeben, daß die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgezogen werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof überzeugte sich aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde, deren prozeßordnungsgemäße Behandlung bereits Gegenstand des eröffneten Gerichtstages geworden war, davon, daß dem erstgerichtlichen Urteil im Schuldspruchfaktum B eine materiellrechtliche Nichtigkeit anhaftet. Die Tatsache, daß die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, in der im übrigen diese Nichtigkeit nicht geltend gemacht ist, während des Ganges des Gerichtstages zur öffentlichen Verhandlung zurückgezogen wurde, hindert den Obersten Gerichtshof nicht, eine ihm notwendig erscheinende Maßnahme nach dem § 290 Abs 1 StPO zu ergreifen. Im Punkt B des erstgerichtlichen Urteils wurde der Angeklagte des versuchten (Urkunden-)Betruges schuldig erkannt. Nach den diesem Teil des Schuldspruchs zugrundeliegenden Urteilsfeststellungen überließ der Angeklagte im September 1979 (richtig: Dezember 1979; vgl S 53, 147 und 166 d.A) in Krems an der Donau seiner damaligen Quartiergeberin Maria D (anläßlich der Aufgabe seines Quartiers) eine in dem vom ihm gemieteten Zimmer installierte Abwäsche, die er im September 1979 der Firma Karl B betrügerisch herausgelockt hatte und die ua den Gegenstand seines Schuldspruches zu Punkt A I wegen Betruges bildete, zur Abgeltung einer offenen Stromrechnung in der Höhe von 3.200 S. Die vom Erstgericht im Urteilssatz enthaltene und aus der Anklageschrift /vgl S 186 d.A/ übernommene Formulierung des Schuldspruches zu Punkt B, wonach der Angeklagte die Maria D betrügerisch zur Bezahlung einer Ablöse verleiten wollte (vgl S 256 d.A), findet weder in der vorerwähnten, vom Erstgericht auf die für glaubwürdig erachtete Aussage der Zeugin Maria D in der Hauptverhandlung (am 1. Dezember 1982;

vgl S 210 und 211 in Verbindung mit S 241 d.A) gestützten Urteilsannahme noch sonst in den Akten Deckung. In den Entscheidungsgründen des erstgerichtlichen Urteils wird hingegen - der Aktenlage entsprechend - konstatiert, daß die Hingabe der Abwäsche eine 'Abgeltung' für verbrauchten Strom darstellte (S 262 d. A). Die Rechnung der Firma Karl B (Inhaber Ing. Herbert C) vom 8. Oktober 1979, in welcher ua die hier in Rede stehende Abwäsche (zum Preis von 2.700 S) aufscheint, hatte der Angeklagte nach den weiteren Urteilsfeststellungen mit dem von ihm auf dieser Rechnung angebrachten Stempelaufdruck 'BEZAHLT 15. Oktober 1979' (sowie durch eine unleserliche Unterschrift auf diesem Stempelaufdruck) verfälscht (vgl S 43 d.A) und sie sodann seiner Quartiergeberin Maria D zum Nachweis der (angeblichen) Bezahlung des Rechnungsbetrages vorgewiesen.

Mit der rechtlichen Beurteilung dieser der Sache nach einem überlassen der (vom Angeklagten betrügerisch herausgelockten) Abwäsche an Zahlungsstatt (zur Abdeckung einer offenen Verbindlichkeit gegenüber seiner Quartiergeberin) gleichkommenden Verhaltensweise als ein durch die Qualifikation nach dem § 147 Abs 1 Z 1 StGB (infolge Benützung einer verfälschten Urkunde bei der Tatbegehung) beschwerter Betrugsversuch unterlief dem Erstgericht ein Rechtsirrtum:

Der Tatbestand des Betruges nach dem § 146 StGB erfordert ua, daß der Getäuschte zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung verleitet wird, die ihn oder einen anderen am Vermögen schädigt. Eine solche zu einer unmittelbaren Schädigung am Vermögen führende Vermögensverfügung der im vorliegenden Fall vom Angeklagten (durch Vorlage einer durch Anbringung eines Vermerkes über die angeblich erfolgte Bezahlung des Rechnungsbetrages verfälschten Rechnung) getäuschten Maria D war aber im Urteilsfaktum B von vornherein nicht anzunehmen, ging es doch bei der (in der überlassung einer vom Angeklagten betrügerisch herausgelockten Abwäsche an Zahlungsstatt zur Abdeckung einer der Getäuschten gegenüber dem Angeklagten zustehenden Forderung gelegenen) Tathandlung des Angeklagten nur darum, ob auf diese Weise eine rechtswirksame Tilgung seiner bereits bestehenden Verbindlichkeit gegenüber seiner Quartiergeberin eintrat oder ob diese Verbindlichkeit weiterhin aufrecht blieb. Insoweit konnte daher bei Maria D als unmittelbare Folge der Annahme der Abwäsche an Zahlungsstatt kein weiterer Vermögensschaden eintreten, dies unbeschadet des Umstandes, daß sie an der ihr überlassenen Abwäsche gemäß dem § 367 ABGB kein Eigentum erwerben konnte, handelte es sich doch hiebei um eine vom Angeklagten betrügerisch herausgelockte Sache, bei der ein gutgläubiger Eigentumserwerb nach der vorzitierten Gesetzesstelle nicht in Betracht kommt (vgl Kapfer-Dittrich-Tades, ABGB31, E Nr 22 zu § 367 ABGB).

Zwar wäre für den Fall, daß das unredliche Vorhaben des Täters letztlich auf die Erlangung eines Zahlungsaufschubes gerichtet sein sollte, der Eintritt eines allfälligen, zur Höhe der ursprünglichen Forderung hinzutretenden (vermögensrechtlich erfaßbaren) Verzögerungsschadens (der sich aus einer verspäteten Geltendmachung der Forderung durch den Gläubiger ergeben könnte) denkbar (vgl ÖJZ-LSK 1978/378). Ein solcher - in der unredlich erwirkten Prolongation gelegenen und als Betrug selbständig erfaßbarer - zusätzlicher Vermögensschaden käme aber (in objektiver Beziehung) nur in Betracht, wenn sich als Folge des betrügerisch erwirkten Zahlungsaufschubes die Lage des Gläubigers bezüglich der Einbringlichkeit seiner Forderung konkret verschlechtert (dh eine im Zeitpunkt der Prolongation noch einbringliche Forderung in der Folge beim Täter ganz oder zum Teil uneinbringlich wird); setzt doch ein Schaden am Vermögen im Sinn des § 146 StGB voraus, daß die gesamte Vermögenslage des Opfers nach der Tat ungünstiger ist als vorher (Leukauf-Steininger, Komm zum StGB2, RN 33 zu § 146 StGB und die dort zitierte Judikatur). Diese objektive Voraussetzung für den Eintritt eines Verzögerungsschadens ist hier angesichts des nach den Urteilskonstatierungen (vgl Fakten A I bis III) schon im Zeitpunkt der überlassung der Abwäsche an Maria D zahlungsunfähigen (und auch in der weiteren Folge zahlungsunfähig gebliebenen) Angeklagten zu verneinen, ganz abgesehen davon, daß nach Lage des Falles ein zur Verwirklichung der subjektiven Tatseite des Betruges erforderlicher, auf Herbeiführung eines solchen (Verzögerungs-)Schadens gerichteter Vorsatz des Angeklagten gar nicht festgestellt werden könnte (vgl hiezu auch EvBl 1975/249).

Der Schuldspruch des Angeklagten Wolfgang A wegen Betruges im Urteilsfaktum B ist daher rechtlich verfehlt.

Es verbleibt in diesem Faktum als strafrechtlich erhebliches Substrat der Gebrauch einer verfälschten Urkunde durch den Angeklagten. Da der Angeklagte diese von ihm verfälschte Rechnung im Rechtsverkehr zum Beweis der (von ihm behaupteten) Tatsache der Bezahlung des Rechnungsbetrages verwendete, verantwortet er (nur) den Vergehenstatbestand nach dem § 223 Abs 2 StGB (JBl 1982/215). Es war daher der erstgerichtliche Schuldspruch im Urteilsfaktum B aufzuheben und in der Sache selbst wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.

Bei der demnach erforderlichen Neubemessung der Strafe wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten, die Wiederholung der Betrügereien und das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen, als mildernd ein weitgehendes Geständnis des Angeklagten und sein Alter unter 21 Jahren bei einem Teil der Tathandlungen.

Zwar fällt gegenüber dem erstgerichtlichen Urteil die Qualifikation des Betruges als Urkundenbetrug (und damit ein vom Erstgericht als solcher gar nicht beachteter Erschwerungsumstand) weg, doch steht dem das Hinzutreten des Erschwerungsgrundes der Verübung zweier strafbarer Handlungen und der Wegfall des Milderungsgrundes, daß es in einem Fall beim Versuch geblieben wäre, gegenüber. Zudem fällt, von der geänderten rechtlichen Beurteilung ganz abgesehen, die Urkundenfälschung gegenüber den Betrugsdelikten kaum ins Gewicht. Im Ergebnis traf das Erstgericht mit einem Strafausmaß von achtzehn Monaten Freiheitsstrafe ein dem Schuldgehalt der Taten und der Täterpersönlichkeit adäquates Ausmaß. Der Oberste Gerichtshof bestimmte erneut dieses Strafausmaß, insbesondere auch im Hinblick darauf, daß über den Angeklagten bisher wegen Vermögensdelikten zweimal bedingt nachgesehene Freiheitsstrafen verhängt wurden und der Großteil der nunmehr abgeurteilten Betrügereien nach der zweiten Verurteilung liegt, bei der dem Angeklagten erneut bedingte Strafnachsicht gewährt worden war. Im Hinblick auf das manifest gewordene hartnäckige Verharren des Angeklagten in der Vermögenskriminalität erscheint eine Reduzierung gegenüber dem vom Erstgericht verhängten Strafausmaß nicht angebracht. Die Kostenentscheidung ist in der im Spruch genannten Gesetzesstelle verankert.

Anmerkung

E04354

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0110OS00119.83.0921.000

Dokumentnummer

JJT_19830921_OGH0002_0110OS00119_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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