TE OGH 1983/10/4 9Os62/83

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Veröffentlicht am 04.10.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. Oktober 1983 unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Kirchbacher als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann A wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 13. Jänner 1983, GZ 11 b Vr 335/82-20, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.

Prof. Dr. Steininger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Winischhofer und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Kodek, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 17. Juli 1950 geborene Weinhändler Johann A des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 (2. Fall) StGB schuldig erkannt. Darnach hat er in der Zeit vom 2. Juli 1980 bis 23. Jänner 1981 in Niederrußbach mit Bereicherungsvorsatz und - wie zwar nicht dem Urteilsspruch, wohl aber den Entscheidungsgründen eindeutig zu entnehmen ist (S 147 unten/ II; vgl 11 Os 4/82; 10 Os 17/83) - in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, unter Benützung falscher und verfälschter Urkunden, nämlich veränderter Ursprungszeugnisse der Handelskammer für Niederösterreich mit nachgemachten Zollbestätigungen, in 23 Fällen Weingroßhändler durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die Beschaffenheit des gelieferten Weines, zur Zahlung von insgesamt 2,579.200 S (im Urteil irrig: 2,579.000 S) verleitet, wodurch diese Unternehmer oder deren (Abnehmer und letztlich die) Konsumenten (des Weines) am Vermögen (insgesamt um diesen Betrag) geschädigt wurden.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Als Verfahrensmangel (Z 4) rügt der Beschwerdeführer die Abweisung seines in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Einholung des Gutachtens eines Sachverständigen aus dem Weinfach zum Beweis dafür, 'daß der Marktwert der von ihm an die in der Anklageschrift genannten Weinhändler in der Bundesrepublik Deutschland gelieferten Weine am jeweiligen Lieferort den angegebenen Preisen entsprach, sohin ein Schaden nicht eingetreten ist' (S 133/II), womit der Sache nach dargetan werden sollte, der Wert des gelieferten Normalweines habe dem in Rechnung gestellten Preis für Auslesewein entsprochen. Das Gericht hat diesen Antrag mit der Begründung abgewiesen, daß der Angeklagte tatsächlich nicht Qualitätsweine, sondern verfälschte Weine geliefert und der (verrechnete) Preis für Qualitätswein dem Preis (solcher Weine) in der Bundesrepublik Deutschland entsprochen habe; der richtige (also dem Marktwert entsprechende) Preis für die vom Angeklagten gelieferten Weine habe 7 bis 9 S pro Liter betragen, auch wenn der Angeklagte behauptet, dies sei (in Wahrheit nur) der von ihm bezahlte Einkaufspreis gewesen; bei Zutreffen dieser Verantwortung hätte nämlich der Angeklagte in seinem Bestreben, größtmögliche Gewinne zu erzielen, die Gegenmanipulation sicher anders durchgeführt (S 135/II).

Demgegenüber bringt der Beschwerdeführer vor, daß die Prädikatsbezeichnung eines Weines als 'Spätlese', 'Auslese' und 'Beerenauslese' (§ 19 Abs 4 WeinG) zwar nur unter den im Weingesetz bezeichneten Voraussetzungen verwendet werden dürfe, wozu auch die Meldepflicht an die Gemeinde (§ 19 Abs 6 WeinG) zähle, aber nichts über die tatsächliche Qualität und damit den Wert des Weines aussage, der im gegebenen Fall seinem Vorbringen nach die Qualität eines Ausleseweines gehabt habe, auch wenn die Prädikatsbezeichnung nicht hätte verwendet werden dürfen.

Tatsächlich hätten die Firmen B, C und D die (von ihm gelieferten) Prädikatsweine zu Dumpingpreisen veräußert. Daraus folge, daß auch die Einkaufspreise dieser Firmen weit unter dem (für Prädikatswein) üblichen Preis gelegen sein müßten. Durch das beantragte Sachverständigengutachten hätte erwiesen werden können, daß ein Schaden überhaupt nicht eingetreten sei.

Damit setzt sich der Beschwerdeführer aber in Widerspruch zu seiner eigenen Verantwortung, wonach er für den von ihm gelieferten 'normalen' Wein den (höheren) Preis für 'Beerenauslese' in Rechnung gestellt (S 129/II) und nach Aufdeckung des wahren Sachverhalts insgesamt ca eine Million S (durch Weinlieferungen) als Schadensgutmachung geleistet habe (S 130 unten/II). Auf Grund dieser Verantwortung des Angeklagten, die im ersten Teil mit den sichergestellten Urkunden übereinstimmt, konnte das Erstgericht die überzeugung gewinnen, daß der in Rechnung gestellte Preis des Weines auf der Vorgabe, es handle sich um Auslesewein, beruhte und jedenfalls über dem der Marktlage entsprechenden Verkaufspreis des tatsächlich gelieferten Normalweines lag, zumal es, als notorisch, davon ausgehen konnte, daß die durch behördliche Zeugnisse nachgewiesene (scheinbare) Qualität von Wein ein wesentlicher Faktor der Preisgestaltung ist und der Marktwert sich nicht ausschließlich an der wahren, letztlich nur von besonderen Kennern zu beurteilenden Qualität des Weines orientiert. Angesichts der Gesamtmenge des unter falscher Bezeichnung zu überhöhten Preisen gelieferten Weines und der eigenen, sich aus der geleisteten Schadensgutmachung schlüssig ergebenden Berechnung des Angeklagten über die Höhe des von ihm herbeigeführten Schadens war die Einholung des beantragten Sachverständigengutachtens sowohl für die Entscheidung über die Schuld als auch über den anzuwendenden Strafsatz (§ 147 Abs 3 StGB) ohne entscheidende Bedeutung. Die Aufnahme des begehrten Beweises konnte mithin ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten unterbleiben, sodaß die Verfahrensrüge versagt.

In der Mängelrüge (Z 5) wendet sich der Beschwerdeführer zunächst gegen die erstgerichtliche Feststellung der Schadenshöhe. Für die vom Erstgericht angenommene Gesamtschadenssumme von 2,579.200 S fehle es an einer hinreichenden Grundlage, weil der Preis des Weines von der Qualität abhänge und nicht vom Prädikat;

zum wahren Wert des verhandelten Weines habe das Erstgericht aber keine Feststellungen getroffen. Dieses Vorbringen geht jedoch am Kern des Problems vorbei: Das Erstgericht stützte seine Schadensberechnung auf die vom Beschwerdeführer unbestrittene Tatsache, daß er unter Verwendung verfälschter Ursprungszeugnisse Normalwein zu entsprechend höheren Preisen als Qualitäts wein verkaufte.

Als Grundlage der Schadensberechnung ist somit der in Rechnung gestellte Preis, für den kein entsprechendes öquivalent geliefert wurde, heranzuziehen. Ob dieser Preis der Marktlage in der Bundesrepublik Deutschland für Qualitätsweine der behaupteten Sorte entsprach oder nicht, ist dabei irrelevant. Von diesem von den Abnehmern bezahlten Kaufpreis ist sodann im Sinne der in ständiger Rechtsprechung angewendeten sogenannten Differenztheorie (vgl Kienapfel, BT II, § 146 RN 160) der Wert des vom Beschwerdeführer tatsächlich gelieferten Normalweines abzuziehen, wie es das Schöffengericht getan hat (S 150/II). Das Beschwerdevorbringen kann sich daher nur auf eine zu geringe Bewertung des gelieferten Normalweines beziehen, die den Differenzschaden größer erscheinen ließe als er tatsächlich war. Darauf läuft es auch hinaus, wenn der Angeklagte in der Hauptverhandlung vorbrachte, er habe den gelieferten Normalwein (in den dann nicht verwendeten, zum Schein angefertigten Fakturen) mit dessen Einkaufspreis (7 bis 9 S) in Rechnung gestellt (S 130/II), und wenn er nun in der Beschwerde davon ausgeht, vom kassierten Preis müßte zur Berechnung des Differenzschadens jedenfalls der Verkaufspreis des tatsächlich gelieferten Weines abgezogen werden. Eben dies hat das Erstgericht aber getan, wobei es den (bei der Schadensberechnung abgezogenen) Literpreis des Normalweines den vom Angeklagten hiefür (zunächst) den Zollbehörden vorgelegten Rechnungen entnahm; zur Begründung dieser Feststellung des Wertes des tatsächlich gelieferten Weines verwies es (denkrichtig und durchaus lebensnah) darauf, daß der mit den Marktpreisen vertraute Angeklagte in den Behörden vorzulegenden, fingierten Rechnungen realistische, dem Marktwert entsprechende Preise einsetzte abermals (S 150/II). Daß eine Rechnung nicht Einkaufs-, sondern Verkaufspreise enthält, bedurfte als selbstverständlich keiner näheren Begründung. Die Feststellung des (abzuziehenden) Wertes des gelieferten Normalweines wurde somit mängelfrei begründet. Im übrigen übersteigt der vom Beschwerdeführer zu vertretende (Differenz-)Schaden selbst dann, wenn der Wert des Normalweines in Wahrheit höher läge als vom Erstgericht angenommen, jedenfalls die (maßgebende) Wertgrenze des Par 147 Abs 3 StGB um ein Vielfaches, besteht doch, wie allgemein bekannt und daher nicht weiter begründungsbedürftig, ein deutlicher Unterschied in den Preisen für Normal- und Qualitätswein, was vom Angeklagten, der eine Schädigung seiner Abnehmer im erstinstanzlichen Verfahren ja nie in Abrede stellte, auch nicht bestritten wurde. Die Rüge gegen die Feststellung der Gesamthöhe des Schadens betrifft demnach im Ergebnis keine entscheidende Tatsache im Sinne des behaupteten Nichtigkeitsgrundes, da sie die strafrechtlich maßgebende Wertgrenze (§ 147 Abs 3 StGB - 100.000 S) nicht in Zweifel zu ziehen geeignet ist (vgl EvBl 1980/57).

Wenn der Beschwerdeführer gegen die Schadensberechnung weiter einwendet, sie lasse unberücksichtigt, daß die Vertragspartner des Angeklagten den von ihm angekauften Wein weiterveräußert hätten und zwar nach den erstgerichtlichen Feststellungen fast zur Gänze, so ist dem zu entgegnen, daß es hierauf nicht ankommt. Einerseits hat das Erstgericht als geschädigt nicht nur die vom Angeklagten unmittelbar getäuschten Unternehmer (Weingroßhändler) festgestellt, sondern alternativ dazu auch die 'Konsumenten', gemeint ersichtlich sowohl die Detailhändler, die von den belieferten Großhändlern ankauften, als auch die Letztverbraucher des Weines, was für die Zurechnung als Betrug genügt, weil der Betrugsschaden keineswegs bei dem Getäuschten selbst eintreten muß, sondern auch im Vermögen eines anderen eintreten kann, sofern nur hiefür das Verhalten des Getäuschten ursächlich gewesen ist (§ 146 StGB; / Leukauf-Steininger, Kommentar 2 RN 23 hiezu ) und der Schaden dem Täter - wie vorliegend - nur einmal zugerechnet wird (ÖJZ-LSK 1979/53). Gegen die Schädigung der Konsumenten kann im gegebenen Fall - anders als in dem der Entscheidung EvBl 1981/203 zugrundeliegenden Fall - auch nicht mit Erfolg eingewendet werden, daß die Käufer qualitativ ihren Erwartungen entsprechenden Wein erhalten hätten: Während nämlich in dem zitierten Verfahren der gelieferte Wein geschmacklich einem Beerenauslesewein entsprach und das Gütesiegel hiefür auch tatsächlich erhalten hatte, trifft dies vorliegend, mag es sich auch um einen Normalwein besserer Qualität gehandelt haben, nicht zu. Andererseits trat der Schaden zunächst jedenfalls bei den vom Angeklagten belieferten Großhändlern ein, die für den von ihnen bezahlten, einem Qualitätswein entsprechenden Preis nur Normalwein erhielten, sodaß sie (zumindest vorübergehend) einen effektiven Verlust an Vermögenssubstanz erlitten, hätten sie den Normalwein als redliche Kaufleute doch nicht unter der falschen Vorgabe eines Qualitätsweines weitergeben dürfen (vgl SSt 51/19;

Leukauf-Steininger, aaO RN 33;

Kienapfel BT II RN 145, 160-164, jeweils zu § 146 StGB). Die durch den vom Erstgericht festgestellten Weiterverkauf des Weines eingetretene überwälzung des Schadens auf weitere Abnehmer des Weines ändert nichts daran, daß in dem strafrechtlich relevanten Zeitpunkt der Vollendung des Betruges der Schaden die Vertragspartner des Angeklagten traf. Feststellungen, zu welchem Preis diese den Wein in der Folge weiterverkauften, waren daher entbehrlich, sodaß auch dieser Einwand der Mängelrüge gegen die Schadensberechnung fehlschlägt.

Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Konstatierung wendet, bei einer Kontrolle im Betrieb des Angeklagten am 6. Mai 1981 sei die 'Minderwertigkeit' des Weines festgestellt worden, geht die Beschwerde ins Leere:

Das Erstgericht hat keine Verfälschung des Weines durch unzulässige Aufzuckerung angenommen, wie der Beschwerdeführer unterstellt, es qualifiziert den gelieferten Wein auch nicht als schlechthin minderwertig, sondern nur - insoweit zutreffend - in Relation zu der ihm gegebenen Bezeichnung als 'Prädikatswein', womit ihm eine Qualität zugemessen wurde, die er jedenfalls nicht hatte. Als mangelhaft begründet bekämpft der Beschwerdeführer schließlich die Urteilsannahme, er habe zumindest billigend in Kauf genommen und sich damit abgefunden, daß der jeweilige Kunde des Abnehmers geschädigt wurde. Da objektiv eine Schädigung der Letztverbraucher nicht habe festgestellt werden können, fehle es für die Annahme eines Schädigungsvorsatzes an der Grundlage. Der Beschwerdeführer verkennt dabei zunächst, daß die Konstatierungen zum objektiven und zum subjektiven Tatbestand voneinander zu trennen sind und die Annahme eines Schädigungsvorsatzes, logisch betrachtet, nicht den tatsächlichen Eintritt eines Schadens zur Voraussetzung hat. Eine nähere Begründung der bekämpften Feststellung zur subjektiven Tatseite war aber vorliegend deshalb entbehrlich, weil sich der Angeklagte im Sinne der wider ihn erhobenen Betrugsanklage, mithin auch zur subjektiven Tatseite, schuldig bekannte (S 129/II) und selbst in der Hauptverhandlung einräumte, 'den Schaden werden letztlich schon irgendwelche Konsumenten gehabt haben' (S 134 oben/II). Damit brachte er zum Ausdruck, damit gerechnet (und sich auch abgefunden) zu haben, daß der von ihm gelieferte Wein von seinen Abnehmern unter der falschen Vorgabe eines Qualitätsweines in Flaschen abgefüllt und (zu entsprechend überhöhten Preisen) in den Handel gebracht werden würde, sodaß letztlich Konsumenten für 'Auslesewein' bezahlten, ohne solchen zu erhalten. Daß auch in objektiver Beziehung im Gegensatz zum Beschwerdevorbringen die Annahme einer Schädigung der Konsumenten begründet ist, ergibt sich aus dem Vorgesagten. Eine ziffernmäßig exakte Feststellung dieses Schadens war dabei entbehrlich, weil dem Angeklagten strafrechtlich ohnedies nur der niedrigere (als der im Detailhandel den Letztverbrauchern entstandene) Schaden seiner unmittelbaren Geschäftspartner angelastet wurde.

Auch die Mängelrüge erweist sich somit als unbegründet. In der Rechtsrüge (Z 9 lit a) bekämpft der Beschwerdeführer lediglich den Schuldspruch in den Fakten 1, 4 und 5 des Urteilstenors, weil es in diesen Fällen an einer tatbestandsmäßigen Täuschung fehle: Der Inhaber der Firma C habe vielmehr nach den Urteilsfeststellungen die wahre Qualität des ihm gelieferten Weines gekannt, worüber sich das Erstgericht zu Unrecht mit dem Argument hinwegsetze, daß auch in diesen Fakten jedenfalls eine Schädigung der Konsumenten eingetreten sei; da aber nicht festgestellt sei, ob durch die Weiterverwendung des vom Beschwerdeführer gelieferten Weines überhaupt Konsumenten getäuscht und geschädigt wurden, der Vorsatz des Angeklagten sich vielmehr nicht auf die Tätigkeit seiner Vertragspartner erstreckt habe, sei der Schuldspruch in diesen Fakten rechtsirrig erfolgt.

Der Beschwerdeführer verkennt dabei allerdings die Rechtslage in den in Rede stehenden Fakten und setzt sich teilweise auch über den bezüglichen Urteilssachverhalt hinweg. Nach diesem einigten sich der Angeklagte und Willy C dahin, daß Ersterer dem Letzteren unter der falschen Deklaration als Qualitätswein Normalwein liefert, weil C dringend 'Beerenauslese' benötigte (S 147/II).

Dabei lag es auf der Hand (und wurde vom Angeklagten auch nie bestritten; vgl S 129/II), daß die Firma C den Wein als 'Beerenauslese' zum Weiterverkauf (an Detailabnehmer bzw Konsumenten) benötigte. So gesehen hat aber der Angeklagte in den Fakten 1, 4 und 5 mit Willy C zur betrügerischen, von seinem Vorsatz umfaßten Schädigung der Abnehmer dieses Großhändlers zusammengespielt, sodaß ihn auch hier - unbeschadet einer Mithaftung des C - der Vorwurf des Betruges zu Recht trifft. Die insoweit nicht differenzierende Fassung des erstinstanzlichen Urteilsspruches vermag daran nichts zu ändern, weil Urteilsspruch und Entscheidungsgründe eine Einheit bilden (vgl Mayerhofer-Rieder, StPO, Nr 2 a zu Par 260).

Nur der Vollständigkeit halber sei zu der - von der Nichtigkeitsbeschwerde gar nicht mehr aufgegriffenen - Verantwortung des Angeklagten im erstinstanzlichen Verfahren in Richtung tätiger Reue bemerkt, daß diese zu Recht nicht angenommen worden ist:

Zwar schlägt das Argument des Erstgerichtes, daß zur Zeit, als der Bundeskellereiinspektor als öffentliches Sicherheitsorgan (§ 151 Abs 3 StGB) von der strafbaren Handlung erfuhr, Schadensgutmachung noch nicht geleistet war, nicht durch. Denn die Wahrnehmung des Bundeskellereiinspektors, die am 11. Mai 1981 der Staatsanwaltschaft mitgeteilt wurde (ON 2), bezog sich nur auf den Verdacht der Urkundenfälschung nach § 223 ff StGB und der Verwaltungsübertretung nach § 51 Abs 1 lit c WeinG durch die Belieferung der Fa E am 16. Oktober 1980 (Faktum 6). Zutreffend verweist das Erstgericht jedoch auch darauf, daß in der Folge nicht der gesamte, aus allen strafbaren Handlungen des Angeklagten entspringende Schaden gutgemacht wurde. Tätige Reue kommt einem Straftäter nämlich nur zustatten, wenn er den ganzen aus seiner Tat entstandenen Schaden gutmacht oder sich vertraglich verpflichtet, dem Verletzten binnen einer bestimmten Zeit solche Schadensgutmachung zu leisten (Par 167 Abs 2 StGB). Vorliegend handelt es sich, wenn schon nicht um ein durch die Gleichartigkeit der einzelnen Tathandlungen und des angegriffenen Rechtsgutes, den nahen zeitlichen Zusammenhang und einen Gesamtvorsatz des Täters gekennzeichnetes 'fortgesetztes Verbrechen' (Leukauf-Steininger, aaO § 28 RN 29-41), so doch jedenfalls um eine einheitliche, aus dem gleichen Willensentschluß entsprungene Tat. Nach den Urteilsfeststellungen handelte der Angeklagte bei sämtlichen Einzelfakten in der Absicht, sich durch die fortgesetzte Begehung der inkriminierten Exportbetrügereien eine zusätzliche Einnahmequelle zur Abdeckung seiner Schulden zu verschaffen (S 147/II). Liegt aber ein solcher einheitlicher Willensentschluß vor, so kommt strafaufhebende tätige Reue nur in Betracht, wenn der gesamte Schaden (also aus sämtlichen Angriffen) gutgemacht wird (Leukauf-Steininger, aaO § 167 RN 21; SSt 50/18). Von einer Gutmachung des gesamten Schadens kann aber hier schon nach dem Vorbringen des Angeklagten (vgl ON 16) nicht einmal gegenüber seinen unmittelbaren Vertragspartnern die Rede sein; gegenüber den überwiegend unbekannten, vor allem den in den Fakten 1, 4 und 6

unmittelbar durch das betrügerische Vorgehen geschädigten Weinkonsumenten wurde eine Schadensgutmachung nicht einmal versucht. Mangelt es somit schon an der Vollständigkeit der Schadensgutmachung, so braucht auf deren - ebenfalls nicht gegebene - Rechtzeitigkeit nicht weiter eingegangen werden. Dem Erstgericht ist somit auch insoferne keine Verletzung des Gesetzes unterlaufen, sodaß zu einem Vorgehen nach § 290 Abs 1 StPO in Ansehung des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO kein Grund besteht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 (zwei) Jahren. Dabei wertete es als erschwerend die mehrfachen Qualifikationen, die mehrfachen Angriffe, die Schädigung des Ansehens österreichischer Weine im Ausland und die den Qualifikationsbetrag von 100.000 S weit übersteigende Schadenssumme, als mildernd hingegen das noch als reumütig anzusehende Geständnis, den bisherigen ordentlichen Lebenswandel, die teilweise Schadensgutmachung sowie eine gewisse geschäftliche Zwangslage bezüglich der Gefahr des Verlustes des Kundenkreises. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe (auf das gesetzliche Mindestmaß) und die Gewährung bedingter Strafnachsicht an.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Auch wenn die vielfache Tatwiederholung bei gewerbsmäßig handelnden Tätern keinen besonderen Erschwerungsgrund darstellt, so gehört sie doch nicht zu den begrifflichen Voraussetzungen der Gewerbsmäßigkeit;

sie kann daher bei der Gewichtung der Strafzumessungsgründe innerhalb des aktuellen Strafrahmens - entgegen der Meinung des Berufungswerbers - nicht außer Betracht bleiben (ÖJZLSK 1983/120), sodaß das Erstgericht im Ergebnis zu Recht die mehrfachen Angriffe bei der Ausmessung der vom Berufungswerber verwirkten Strafe zu dessen Lasten gewertet hat. Daß die 'Schädigung des Ansehens österreichischer Weine im Ausland' keinen eigenen besonderen Erschwerungsgrund in der Bedeutung des § 33

StGB darstellt, mag dem Berufungswerber zugegeben sein, und zwar auch dann, wenn man die bezüglichen Ausführungen des Erstgerichtes dahin deutet, daß damit die Schädigung des Ansehens der österreichischen Weinhändler, die Weine ins Ausland, vor allem in die Bundesrepublik Deutschland als einem der Hauptabnehmerländer österreichischer Weine, exportieren und solcherart die Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Existenz als Weinexporteure gemeint ist. Bei der Ausmessung der Strafe kann aber eine derartige, vom Täter verschuldete Folge seiner Tat(en) durchaus (gemäß § 32 Abs 3 StGB) zu seinen Lasten ins Gewicht fallen.

So gesehen ist daher durch die vom Berufungswerber angestrebte Korrektur der Erschwerungsgründe im Ergebnis für ihn nichts gewonnen.

Was die Milderungsgründe betrifft, so hat sie das Erstgericht richtig und vollständig festgestellt, ihnen aber auch das entsprechende Gewicht im Rahmen der Strafbemessung eingeräumt. Angesichts der Schwere der personalen Täterschuld und des verschuldeten beträchtlichen Schadens ist das vom Erstgericht gefundene Strafmaß nicht überhöht, weshalb eine Reduzierung der Strafe nicht in Betracht gezogen werden konnte.

Aber auch dem Begehren um Gewährung bedingter Strafnachsicht vermag der Oberste Gerichtshof nicht beizutreten. Gegen eine solche, vorliegend nur unter den Voraussetzungen des § 43 Abs 2 StGB zulässige Nachsicht sprechen sowohl die Art der Tat und deren Folgen - die ja nicht nur in dem dem Beschwerdeführer zuzurechnenden hohen Vermögensschaden (von mehr als 2 1/2 Millionen S), sondern auch in der beträchtlichen Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz der österreichischen Weinexporteure, auf die bereits hingewiesen wurde, bestehen - als auch die (daraus resultierende) Schwere der Schuld des Berufungswerbers, die es geboten erscheinen lassen, die verhängte Strafe auch tatsächlich zu vollziehen. Darüber hinaus erfordern aber auch gerade in einem Fall wie dem vorliegenden generalpräventive Erwägungen den Vollzug der Strafe, dessen es bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen (gleicher oder ähnlicher Art) durch andere entgegenzuwirken.

Damit erweist sich auch die Berufung als zur Gänze unbegründet, sodaß ihr kein Erfolg beschieden sein konnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E04447

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0090OS00062.83.1004.000

Dokumentnummer

JJT_19831004_OGH0002_0090OS00062_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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