TE OGH 1987/6/30 5Ob560/87

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Veröffentlicht am 30.06.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***-B*** Gesellschaft mbH, Wien 1., Operngasse 2, vertreten durch Dr. Horst Reitböck, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ernst Z***, Autohändler, Mauerbach, Groißaustraße 14, vertreten durch Dr. Georg Kahlig, Rechtsanwalt in Wien, wegen 92.888 S samt Anhang infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 17. Februar 1987, GZ 11 R 278/86-23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 23. Juli 1986, GZ 9 Cg 54/85-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 4.243,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 385,80 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Im Juni 1981 beantragte der beklagte Autohändler bei der klagenden Bank einen Kredit an den Käufer seines Gebrauchtwagens BMW 520 i, Roland S***, in der Höhe von 78.728,40 S. Der zwischen dem Beklagten und Roland S*** vereinbarte Kaufpreis betrug 60.000 S, der restliche Darlehensbetrag setzte sich aus verschiedenen Gebühren zusammen. Der in 36 gleichen, aufeinanderfolgenden Monatsraten von je 2.186,90 S zurückzuzahlende Kredit wurde gewährt, der Kaufpreis von 60.000 S dem Beklagten überwiesen. Die Kaufpreisforderung des Beklagten wurde von der klagenden Partei eingelöst (§§ 1422 und 1423 ABGB) bzw. vom Beklagten der klagenden Partei abgetreten, der Eigentumsvorbehalt des Beklagten wurde der klagenden Partei übertragen. In der Rechnung über den Autokauf vom 2. Juni 1981 (Beilage A) schienen Bruno R***, von dem der Beklagte den Wagen im Jahre 1979 erworben hatte, als Verkäufer und Roland S*** als Käufer auf; der Kaufpreis war mit 75.000 S angegeben, 15.000 S wurden als Anzahlung angeführt. Der Kreditantrag an die klagende Partei vom 2. Juni 1981 (Beilage B), in dem gleichfalls als Verkäufer Bruno R***, als Kaufpreis 75.000 S und eine Anzahlung von 15.000 S genannt wurden, wurde von Roland und Erika S*** gestellt. Das an die klagende Partei gerichtete Anbot vom 2. Juni 1981 (Beilage C), dem Autokäufer Roland S*** zur Finanzierung des Autokaufes (Kaufpreis 75.000 S, Anzahlung 15.000 S) einen Kredit von 60.000 S zu gewähren, wurde von Bruno R*** unterfertigt, der sich verpflichtete, der klagenden Partei für jeden Schaden zu haften, der unter anderem aus der Nichtzulassung des Fahrzeuges oder aus vom Kreditvertrag abweichenden mündlichen Zusagen entstehen sollte. Sowohl im Kreditantrag Beilage B als auch im Anbot Beilage C ist das Baujahr des BMW 520 i mit 1975 angegeben. Der Beklagte, der gegenüber der klagenden Partei als mit Vorkaufsrecht ausgestatteter Machthaber des Bruno R*** auftrat, verpflichtete sich der klagenden Partei gegenüber in einer undatierten Erklärung (Beilage D), sie für jeden Schaden schad- und klaglos zu halten, der sich durch Nichtzutreffen der von ihm bestätigten Angaben ergeben sollte.

Roland S*** wollte das Kraftfahrzeug schon im Juli 1981 wieder verkaufen, weil es ihm zuviel Benzin verbrauchte. Er wendete sich an die Firma H***, wo er erfuhr, daß der Wagen Baujahr 1972 war und nicht, wie der Beklagte ihm gegenüber angegeben hatte, Baujahr 1977. S*** wendete sich daraufhin an den Ö***, der am 1. September 1981 in einer Gesamtüberprüfung (Beilage E) feststellte, daß das Fahrzeug wegen verschiedener gravierender Mängel nicht dem § 57 a KFG entspreche. Mit Schreiben vom 8. Jänner 1982 teilte Dr. L*** von der Rechtsabteilung des Ö*** den Sachverhalt der klagenden Partei mit, nachdem er bereits am 29. Oktober 1981 Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Wien erstattet hatte. Mit Schreiben vom 9. April 1982 (Beilage F) ersuchte Dr. L*** die klagende Partei unter Hinweis darauf, daß Roland S*** wegen der bisher erfolglosen Geltendmachung seiner Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Beklagten aufgrund der Bestimmungen des Konsumentenschutzgesetzes berechtigt sei, bis zur Erfüllung seiner Ansprüche die fälligen Ratenzahlungen offen zu lassen, zur möglichst raschen Erledigung dieser Angelegenheit gegebenenfalls auch mit dem Beklagten Kontakt aufzunehmen, damit von dieser Seite die Angelegenheit erledigt werde; Roland S*** sei selbstverständlich bereit, Raten zu zahlen, jedoch nicht für ein Fahrzeug, das weder verkehrs- noch betriebssicher sei noch den sonstigen Zusagen des Beklagten entspreche.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 22. November 1982, 4 b E Vr 4143/82-19, wurde der Beklagte schuldig erkannt, am 2. Juni 1981 in Wien mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Roland S*** durch die Behauptungen, der PKW Marke BMW Type 520 i Fahrgestell- und Motornummer 3851315 sei ein Erstbesitz und habe das Baujahr 1977, sohin durch Täuschung über Tatsachen, zu einer Handlung, nämlich zum Kauf des Autos um 60.000 S, verleitet zu haben, durch die er wegen des in Wahrheit geringeren Wertes des Fahrzeuges um 22.000 S am Vermögen geschädigt wurde. Der Beklagte wurde wegen des dadurch begangenen Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB zu einer Geldstrafe von 240 Tagessätzen zu je 200 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe jedoch zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Tagen, und zum Ersatz von 22.000 S an den Privatbeteiligten Roland S*** verurteilt. Das Landesgericht für Strafsachen Wien ging davon aus, daß der Wagen mehrere Vorbesitzer hatte, erstmals am 6. Dezember 1972 in der Bundesrepublik Deutschland zum Verkehr zugelassen worden war und im Juni 1981 einen maximalen Händlerverkaufswert von 38.000 S aufwies. Mit Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 10. Mai 1983, 25 Bs 141/83-26, wurde der Berufung des Beklagten wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe nicht Folge gegeben; der Privatbeteiligte Roland S*** wurde jedoch mit seinen Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Nach dem im gegenständlichen Rechtsstreit eingeholten Sachverständigengutachten vom 17. Februar 1986, das auf einer Untersuchung des seit Oktober 1981 auf einem Abstellplatz des Ö*** abgestellten Wagens im Dezember 1985 und Jänner 1986 beruht, betrug der Marktwert des Wagens im Juni 1981 unter Berücksichtigung seines Zustandes und der notwendigen Reparaturaufwendungen 21.000 S. Der Wagen war im Verkaufszeitpunkt mit schweren und unbehebbaren Mängeln behaftet.

Roland S*** zahlte an die klagende Partei zunächst

Kreditraten von zusammen 11.414,50 S (Beilage G) und stellte dann seine Zahlungen ein, als er von den falschen Angaben des Beklagten erfuhr.

Mit der am 25. Februar 1985 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt die klagende Partei die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines Betrages von 92.888 S samt 5 % Zinsen seit 1. Februar 1985. Sie brachte zusammengefaßt vor:

Der von ihr Roland S*** gewährte Kredit hafte per 31. Jänner 1985 mit dem Klagebetrag aus. Roland S*** verweigere im Hinblick auf seine Schadenersatzansprüche aus dem gegenständlichen Kaufvertrag gegen den Beklagten sowie darauf, daß er von diesem Kaufvertrag zurückgetreten sei, weil der Beklagte trotz Aufforderung die an dem Wagen bestehenden Mängel nicht behoben habe, die weitere Kreditrückzahlung. Der Vertragsrücktritt werde vorsichtshalber auch auf § 934 ABGB gestützt. Der Beklagte habe sie durch Täuschung über Tatsachen, nämlich darüber, daß ein Privatverkauf vorliege und daß sie in Form der Abtretung der Kaufpreisrestforderung sowie der Übertragung des Eigentumsvorbehaltes Sicherheiten erhalte, zur Gewährung des gegenständlichen Kredites verleitet. Bei Kenntnis des Baujahres und des Wertes des Fahrzeuges hätte sie den Kredit nie gewährt. Der Beklagte hafte ihr aufgrund seines deliktischen Verhaltens für den daraus entstandenen Schaden. Sie gründe ihre Schadenersatzansprüche aber auch auf ihre vertraglichen Beziehungen zum Beklagten (Kreditgewährung auf Antrag des Beklagten, Abtretung der Kaufpreisrestforderung durch den Beklagten), in eventu auf die Verpflichtungserklärung des Beklagten Beilage D.

Der Beklagte beantragt Klageabweisung. Es bestreitet die Klageforderung dem Grunde und der Höhe nach und wendet in eventu aufrechnungsweise Gegenforderungen von 30.000 S und 35.000 S ein. Das Vorbringen der klagenden Partei, sie habe den Kreditbetrag im Vertrauen darauf zugezählt, daß es sich um einen Privatverkauf handle, entbehre mit Rücksicht auf die Gepflogenheiten und Usancen der Autobranche jeder Grundlage. Zwischen der Täuschung des Käufers Roland S*** über Erstbesitz und Baujahr und der von der klagenden Partei in Anspruch genommenen Haftung des Beklagten bestehe kein Rechtswidrigkeitszusammenhang. Auch wenn Erstbesitz und Baujahr den Tatsachen entsprochen hätten, hätte der Wert des Wagens niemals ausgereicht, die Kreditvaluta von 78.728,40 S zur Gänze zu besichern. Der Schaden der klagenden Partei sie für den Beklagten, der von einer ordnungsgemäßen Erfüllung der Ratenverpflichtungen durch Roland S*** ausgegangen sei, nicht vorhersehbar gewesen. Die Verletzung über die Hälfte sei erstmals am 5. Juli 1985, also nach Eintritt der Verjährung, geltend gemacht worden. Nach dem Kreditvertrag sei die letzte Rate am 22. Juni 1984 fällig gewesen. Innerhalb dieser Zeit habe niemand Gewährleistungsansprüche an ihn gestellt. Die Schadenersatzansprüche seien überdies, soweit sie über jenen Schaden hinausgingen, der sich aus der Baujahrdifferenz ergebe, verjährt. Die Klägerin habe dadurch, daß sie den Wagen nicht Ende 1982 verwertet habe, gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen. Der Wagen hätte damals um mindestens 30.000 S verwertet werden können. Da Roland S*** den Wagen vom 2. Juni 1981 bis zum 1. September 1981 benützt und damit mindestens 1000 km zurückgelegt habe, ohne Ratenzahlungen an die klagende Partei zu leisten, habe er der klagenden Partei ein Mietwagenentgelt von 35.000 S zu entrichten. Die klagende Partei wäre verpflichtet gewesen, Roland S*** gegenüber diesen Betrag geltend zu machen.

Das Erstgericht gab der Klage mit Ausnahme eines Zinsenmehrbegehrens von 1 % aus folgenden rechtlichen Erwägungen statt:

Zwischen dem Käufer einer Sache und dem Drittfinanzierer kämen die Bestimmungen des Konsumentenschutzgesetzes zur Anwendung. Es sei daher richtig, wie der Beklagte meine, daß das Konsumentenschutzgesetz in jedem Fall zur Anwendung gekommen wäre. Dies ändere aber nichts an der Tatsache, daß der Beklagte die klagende Partei über den Eigentümer des Wagens getäuscht habe, was jedoch für die rechtliche Beurteilung keine Rolle spiele. Gemäß § 18 KSchG könne der Verbraucher, wenn die Verträge mit dem Unternehmer und dem Geldgeber für diese eine wirtschaftliche Einheit bilden, die Befriedigung des Geldgebers verweigern, soweit ihm Einwendungen aus seinem Rechtsverhältnius zum Unternehmer gegen diesen zustehen. Daß derartige Einwendungen, und zwar aus dem Titel der Gewährleistung, Roland S*** gegenüber dem Beklagten zustanden, sei durch den Sachverhalt hinreichend erwiesen. Erhebe also der Verbraucher berechtigte Einwendungen aus dem Kaufvertrag, dann dürfe er weitere Zahlungen an den Geldgeber einstellen. Geltend gemacht würden diese Einwendungen gegenüber dem Geldgeber, nicht gegenüber dem Verkäufer, wobei eine gerichtliche Geltendmachung nicht erforderlich sei (Krejci in Rummel, ABGB, Rz 26 zu §§ 18, 19 KSchG). Die Geltendmachung gegenüber der klagenden Partei sei am 9. April 1982 durch den Rechtsvertreter des Ö*** Dr. L*** erfolgt. Die Ratenzahlungen seien eingestellt worden, woraus der klagenden Partei der aus dem Spruch ersichtliche Schaden erwachsen sei. Die Meinung des Beklagten, daß zwischen diesem Schaden und seinem deliktischen Verhalten Roland S*** gegenüber kein Rechtswidrigkeitszusammenhang bestehe, sei verfehlt. Gerade dieses Verhalten, nämlich die falschen Angaben über das Fahrzeug, für das der Beklagte auch verurteilt worden sei, sei es ja gewesen, das Roland S*** bewogen habe, seine Ratenzahlungen einzustellen. Der Beklagte könne nicht "von einer ordnungsgemäßen Erfüllung der Pflichten des S*** als Darlehensschuldners ausgehen", wenn er selbst gerade das Verhalten setze, das es S*** ermögliche, seine Ratenzahlungen einzustellen.

Der Beklagte hafte aber auch aufgrund der Erklärung Beilage D der klagenden Partei gegenüber, daß er sie für den Fall unrichtiger Angaben und (Beilage C) insbesondere auch für den Fall, daß das Fahrzeug nicht zum Verkehr zugelassen würde, schad- und klaglos halten werde.

Das Argument des Beklagten, der Wert des Wagens habe nicht ausgereicht, um die Kreditvaluta zu besichern, entbehre jeder Grundlage, weil sich die Höhe des Kredits ja nach dem damals angenommenen Wert von 60.000 S gerichtet habe.

Eine Schadensminderungspflicht der klagenden Partei habe nicht bestanden, weil bei deliktischem Verhalten des Schädigers den Geschädigten grundsätzlich keine besonderen Pflichten gegenüber dem Schädiger träfen (Koziol, Haftpflichtrecht2 I 259 f). Die Forderung, die der Beklagte aufrechnungsweise eingewendet habe, bestehe daher nicht zu Recht.

Verjährung sei nicht eingetreten, weil der klagenden Partei der ihr entstandene Schaden erst habe bekannt werden können, als ihr die Einstellung der Ratenzahlungen und der Grund dafür angezeigt worden seien; das sei am 9. April 1982 gewesen. Die Klage sei im Februar 1985 bei Gericht eingelangt.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil mit der Maßgabe, daß es dem Spruch die im § 545 Abs. 3 Geo vorgeschriebene dreigliedrige Form gab, und erklärte die Revision nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO für zulässig. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen mit Ausnahme jener, daß das Schreiben des Ö*** vom 8. Jänner 1982 an den Beklagten gerichtet worden sei, als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens sowie einer unbedenklichen Beweiswürdigung und führte zur Rechtsrüge des Beklagten aus:

Bei Beurteilung der Ansprüche der klagenden Partei sei von der Bestimmung des § 18 KSchG auszugehen. Danach könne der Verbraucher (bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 18 Satz 1 KSchG) die Befriedigung des Geldgebers auch verweigern, soweit ihm Einwendungen aus seinem Rechtsverhältnis zum Unternehmer gegen diesen zustehen. Ein zentrales Problem des hier vorliegenden drittfinanzierten Kaufes sei die Frage, ob und inwieweit der Käufer dem Geldgeber Einwendungen aus dem Kaufvertrag entgegenhalten könne. Die Rechtsprechung habe unter anderem Nichterfüllung, Schlechterfüllung, laesio enormis, Nichteintritt einer Bedingung, Irrtum und Irreführung als geeignete Einwendungen des Käufers gegenüber dem Geldgeber anerkannt (Krejci in Rummel, ABGB, Rz 24 zu §§ 18, 19 KSchG mwN). Im vorliegenden Fall sei Roland S*** gleich aus mehreren Gründen berechtigt gewesen, die Zahlungen an die klagende Partei einzustellen. Der Beklagte habe ihn durch einen im Strafverfahren rechtskräftig festgestellten Betrug, also durch List im Sinne des § 870 ABGB, zum Abschluß des Kaufvertrages veranlaßt, sodaß er schon nach der Bestimmung des § 870 ABGB zur Einhaltung dieses Vertrages nicht verpflichtet gewesen sei. Darüber hinaus hätten dem verkauften Wagen schwere und unbehebbare Mängel angehaftet, die S*** zur Zurückhaltung des Kaufpreises und darüber hinaus auch zur Wandlung im Sinne des § 932 ABGB berechtigt hätten. Wenn der Beklagte vermeine, daß die Gewährleistungsansprüche des Roland S*** gegenüber dem Beklagten verjährt seien, so übersehe er, daß S*** den Mangel jedenfalls innerhalb der Sechsmonatsfrist nach Abschluß des Kaufvertrages geltend gemacht und daher im Sinne des § 933 Abs. 2 ABGB perpetuiert habe. Zutreffend verweise das Erstgericht in diesem Zusammenhang darauf, daß auch die Erhebung der entsprechenden Einwendungen gegenüber dem Geldgeber ausreiche (Krejci in Rummel, ABGB, Rz 26 zu §§ 18, 19 KSchG). Ob S*** auch aufgrund der laesio enormis zur Aufhebung des Kaufvertrages berechtigt gewesen wäre, könne daher ungeprüft bleiben. Wenn aber der Kreditnehmer aufgrund seiner Einwendungen gegenüber dem Unternehmer berechtigt sei, die Zahlungen an den Drittfinanzierer einzustellen, so sei zu prüfen, von wem der Drittfinanzierer das gewährte Darlehen zurückfordern könne. Das Berufungsgericht schließe sich diesbezüglich Krejci in Rummel, ABGB, Rz 28 zu §§ 18, 19 KSchG an, der dem Geldgeber einen direkten Rückforderungsanspruch gegenüber dem Unternehmer zubillige. Dies bedeute, daß die klagende Partei schon aufgrund des § 18 KSchG zur Rückforderung der Darlehensvaluta gegenüber dem Beklagten berechtigt sei.

Zum gleichen Ergebnis komme man aber auch nach schadenersatzrechtlichen Grundsätzen. Dem Beklagten könne nämlich nicht gefolgt werden, wenn er meine, daß sein strafrechtlich verpöntes Verhalten zur Haftung nur gegenüber Roland S*** und nicht auch gegenüber der klagenden Partei führe. Durch die betrügerischen Irreführungshandlungen des Beklagten sei sehr wohl ein Schaden im Vermögen der klagenden Partei eingetreten, die von ihrem Darlehensnehmer nunmehr die vertraglich zugesicherte Rückzahlung nicht erhalte. Der Beklagte habe daher für den von ihm schuldhaft der klagenden Partei verursachten Schaden einzustehen, ganz abgesehen davon, daß er sich dazu in seiner Erklärung Beilage D auch ausdrücklich verpflichtet habe. Wenn der Beklagte den Standpunkt vertrete, daß dieser Schadenersatzanspruch der klagenden Partei verjährt sei, so sei ihm entgegenzuhalten, daß nach § 1489 Satz 2 ABGB der Schadenersatzanspruch erst nach 30 Jahren verjähre. Die Voraussetzungen der längeren Verjährungsfrist, daß der Schaden aus einer strafbaren Handlung entstanden sei, die nur vorsätzlich begangen werden könne und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sei, lägen hier infolge der Verurteilung des Beklagten wegen Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB vor. Die 30jährige Verjährungsfrist beginne immer schon mit dem schädigenden Ereignis zu laufen, sodaß die Frage auf sich beruhen könne, wann die klagende Partei erstmals vom Schaden und der Person des Schädigers Kenntnis erlangt habe (Schubert in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 1489).

Es bleibe daher nur mehr die Prüfung der Gegenforderungen des Beklagten aus der angeblichen Verletzung ihrer Schadensminderungspflicht durch die klagende Partei. Bereits das Erstgericht habe richtig darauf hingewiesen, daß bei deliktischem Verhalten des Schädigers den Geschädigten mangels irgendwelcher gesetzlicher Anhaltspunkte grundsätzlich keine Pflichten gegenüber dem Schädiger träfen (Koziol, Haftpflichtrecht2 I 259 f). Darüber hinaus werde von Lehre und Rechtsprechung ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht nur dann angenommen, wenn der Geschädigte Handlungen unterlassen habe, die geeignet gewesen wären, den Schaden abzuwehren oder zu verringern, und die von einem verständigen Durchschnittemenschen gesetzt worden wären, um eine nachteilige Veränderung des eigenen Vermögens hintanzuhalten (ZVR 1979/304). Einen eigenmächtigen Verkauf des strittigen Fahrzeuges durch den Vorbehaltseigentümer ohne Zustimmung des Käufers hätte aber ein durchschnittlich sorgfältiger Mensch, schon um möglichen rechtlichen Verwicklungen aus dem Weg zu gehen, zweifellos nicht vorgenommen. Von einer Verletzung der Schadensminderungspflicht könnte daher selbst ohne Vorliegen eines strafrechtlichen Deliktes nicht gesprochen werden. Ob der klagenden Partei ein Anspruch auf Mietwagenentgelt gegenüber Roland S*** zustehe, erscheine, ganz abgesehen davon, daß er kaum anders als im Prozeßweg durchzusetzen gewesen wäre, mehr als zweifelhaft. Im übrigen wäre nicht einzusehen, warum ein der klagenden Partei neben der Darlehensforderung zustehender Mietzins- oder Verwendungsanspruch erstere mindern könnte. Die Unterlassung einer solchen Forderung gegenüber Roland S*** könnte daher auch keinesfalls eine Verletzung einer Schadensminderungspflicht darstellen. Die Revision sei nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig, weil, soweit ersichtlich, zur Frage der Rückabwicklung des Geschäftes bei Verweigerung der Zahlung durch den Verbraucher nach § 18 KSchG eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht vorliege. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf den Revisionsgrund des § 503 Abs. 1 Z 4 in Verbindung mit Abs. 2 ZPO gestützte Revision des Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der gänzlichen Klageabweisung abzuändern. Die klagende Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Zunächst wendet sich der Beklagte gegen die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß Roland S*** die Mängel des Kraftfahrzeuges innerhalb der Sechsmonatsfrist nach Abschluß des Kaufvertrages (der Ablieferung des Kaufgegenstandes) geltend gemacht und daher im Sinne des § 933 Abs. 2 ABGB perpetuiert habe; die Mängelanzeige habe gegenüber dem Verkäufer und nicht gegenüber dem Drittfinanzierer zu erfolgen. Dazu ist auszuführen:

Gemäß § 18 Satz 2 KSchG kann der Verbraucher unter den im § 18 Satz 1 KSchG genannten Voraussetzungen die Befriedigung des Geldgebers verweigern, soweit ihm Einwendungen aus seinem Rechtsverhältnis zum Unternehmer gegen diesen zustehen. Gemäß § 23 KSchG kann der Anspruch auf Gewährleistung wegen Sachmängeln, solange der Kaufpreis noch nicht vollständig gezahlt ist, über die im § 933 ABGB dafür vorgesehenen Fristen hinaus bis zur Fälligkeit der letzten Teilzahlung durch Klage geltend gemacht werden; die Geltendmachung durch Einrede bleibt dem Käufer darüber hinaus vorbehalten, wenn er bis dahin dem Verkäufer den Mangel angezeigt hat. Diese Vorschrift gilt gemäß § 18 Satz 1 KSchG unter den dort genannten Voraussetzungen auch für das Verhältnis des Verbrauchers zum Geldgeber (Krejci in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 23 KSchG). Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Konsumentenschutzgesetzes (744 BlgNR 14. GP 38 f) reicht es nicht aus, daß der Käufer es dabei bewenden läßt, seine Zahlungen an den Drittfinanzierer "wortlos" einzustellen; er muß vielmehr diejenigen Ansprüche, auf die er seine "Einwendungen" gegenüber seinem Geldgeber stützt, gegenüber dem Verkäufer auch geltend machen, wobei freilich deren außergerichtliche Geltendmachung genügt; kraft Größenschlusses ergibt sich, daß der Verbraucher Handlungen, die er zur Erhaltung seiner Einwendungen gegenüber dem Verkäufer zu setzen hat (etwa die Erhebung einer Mängelrüge), umso mehr gegenüber dem Geldgeber setzen muß, um sich diesem gegenüber das Recht zu erhalten, seine Zahlungen einzustellen.

Kosesnik-Wehrle, KSchG2, 96 f, Anm. 3 zu § 18, führt aus, daß Gewährleistungsmängel wegen der wirtschaftlichen Einheit der beiden Verträge nicht nur dem Unternehmer, sondern auch dem Geldgeber gegenüber eingewendet werden müssen; die rechtzeitige Mängelrüge gegenüber Unternehmer und Geldgeber ist Voraussetzung für die Erhaltung der Einwendungen, wenn der Verbraucher die geschuldeten Zahlungen berechtigt zurückhalten will.

Im gegenständlichen Fall war die letzte Teilzahlung (Kreditrate) nach dem Vorbringen des Beklagten am 22. Juni 1984 fällig. Bis dahin waren die Mängel aber, wie sich aus dem Schreiben des Ö*** an die klagende Partei vom 9. April 1982 (Beilage F) und aus dem Anschluß des Roland S*** als Privatbeteiligter an das gegen den Beklagten geführte Strafverfahren (AS 84 des Strafaktes) ergibt, sowohl dem Verkäufer (Beklagten) als auch dem Drittfinanzierer (der klagenden Partei) gegenüber angezeigt und damit perpetuiert worden. Die Frage, ob die Erhebung der Einwendungen bzw. die Mängelanzeige gegenüber dem Geldgeber ausreicht, um die Befriedigung des Geldgebers verweigern zu können, kann daher hier auf sich beruhen. Da Roland S*** seine Ratenzahlungen an die klagende Partei wegen seiner gegenüber dem Beklagten bestehenden und noch nicht erfüllten Gewährleistungsansprüche berechtigterweise eingestellt hat, kommt es darauf, daß er den Kaufvertrag nicht wegen listiger Irreführung angefochten hat, nicht an.

Sodann bekämpft der Beklagte die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß die (gesamten) Schadenersatzansprüche der klagenden Partei gegen den Beklagten gemäß § 1489 Satz 2 ABGB der 30jährigen Verjährung unterliegen. Die 30jährige Verjährungsfrist gelte nur im Verhältnis zu Roland S*** und nur hinsichtlich der Ansprüche aus dem Minderwert eines Fahrzeuges, das nicht das Baujahr 1977, sondern das Baujahr 1975 aufweise. Dem ist zu erwidern:

Ist der Schade aus einer oder mehreren gerichtlich strafbaren Handlungen entstanden, die nur vorsätzlich begangen werden können und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind, so erlischt das Klagerecht gemäß § 1489 Satz 2 ABGB erst nach 30 Jahren, ohne daß hiezu eine strafgerichtliche Verurteilung erforderlich wäre (Koziol, Haftpflichtrecht2 I 321). Die gerichtlich strafbare Handlung des Betruges verantwortet, wer mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, jemanden durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung verleitet, die diesen oder einen anderen am Vermögen schädigt (§ 146 StGB). Der Beklagte hat nun mit Bereicherungs- und Schädigungsvorsatz nicht nur Roland S*** durch die unrichtigen Tatsachenbehauptungen, der Wagen sei Erstbesitz und habe das Baujahr 1977, zum Kauf des einen Marktwert von nur 21.000 S besitzenden Wagens um 60.000 S, sondern auch die klagende Partei durch die unrichtigen Tatsachenbehauptungen, Roland S*** den Wagen mit dem Baujahr 1975 namens Bruno R*** gegen eine Anzahlung von 15.000 S und einen Kaufpreisrest von 60.000 S verkauft zu haben, zur Gewährung eines Darlehens von 60.000 S zuzüglich Gebühren von 18.728,40 S verleitet. Es war vom bedingten Vorsatz des Beklagten umfaßt, daß die klagende Partei den Kredit bei wahrheitsgemäßer Information wegen der zu erwartenden Zahlungseinstellung durch den Käufer und des geringeren Fahrzeugwertes nicht gewährt hätte - das Anbot Beilage C enthält die Erklärung, dem Verkäufer sei bekannt, daß die Höhe des Kaufpreises und der geleisteten Anzahlung für die klagende Partei von wesentlicher Bedeutung für die allfällige Kreditvereinbarung sei - und durch die berechtigte Einstellung der Ratenzahlungen seitens Roland S*** einen nach § 147 Abs. 2 StGB qualifizierten Schaden erleidet. Roland S*** hat den ihm durch den Beklagten betrügerisch zugefügten Schaden durch die Einstellung der Ratenzahlungen teilweise auf die klagende Partei überwälzt. Die klagende Partei vermag daher ihre Schadenersatzansprüche, wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, zur Gänze aus einer gerichtlich strafbaren Handlung des Beklagten abzuleiten, die unter § 1489 Satz 2 ABGB fällt.

Da die Klageforderung aus dem Titel des Schadenersatzes berechtigt ist, kann es dahingestellt bleiben, ob sie auch auf den Titel der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung gestützt werden könnte (vgl. dazu Krejci in Rummel, ABGB, Rz 28 zu §§ 18, 19 KSchG mwN; Schilcher in Krejci HBzKSchG 308; Rummel in Krejci, HBzKSchG 330; Koziol-Welser7 I 303; Reidinger, JBl. 1984, 190 ff; RZ 1979/68; JBl. 1984, 200; JBl. 1985, 354).

Auf die Revisionsausführungen des Beklagten zu den beiden Gegenforderungen von 30.000 S (Nichtverwertung des Fahrzeuges) und 35.000 S (Mietwagenentgelt), deren Zurechtbestehen die Vorinstanzen übereinstimmend verneint haben, ist schon deshalb nicht einzugehen, weil diese Gegenforderungen unter der Revisionsgrenze des § 502 Abs. 3 ZPO liegen (Prinzip einer nach Gründen gespaltenen Prüfung der Revisionszulässigkeit: 6 Ob 1532/86, 6 Ob 683/86, 5 Ob 563/87). Es war daher der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E11409

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0050OB00560.87.0630.000

Dokumentnummer

JJT_19870630_OGH0002_0050OB00560_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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