TE OGH 1988/4/7 12Os24/88-5 (12Os25/88)

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Veröffentlicht am 07.04.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.April 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Legradi als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Ernst Alois B*** wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223, 224 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 22. Juni 1987, GZ 11 E Vr 350/87-9, und des Oberlandesgerichtes Linz vom 8.September 1987, AZ 7 Bs 265/87 nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Stöger, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Es verletzen das Gesetz

1. das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 22.Juni 1987, GZ 11 E Vr 350/87-9, in der Bestimmung des § 224 StGB,

2. das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 8.September 1987, AZ 7 Bs 265/87, in den Bestimmungen der §§ 477 Abs 1, 489 Abs 1 StPO in Verbindung mit § 281 Abs 1 Z 10 StPO. Das erstbezeichnete Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird im Ausspruch über die Qualifikation der gebrauchten Urkunde als öffentliche und demmach in der rechtlichen Beurteilung der Tat als Vergehen nach § 224 StGB sowie in dem im Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 8.September 1987, AZ 7 Bs 265/87; enthaltenen Strafausspruch aufgehoben, und gemäß §§ 288 Abs 2 Z 3, 292 StPO in der Sache selbst erkannt:

Ernst Alois B*** hat durch die ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruchs weiterhin zur Last liegende Tat das Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB begangen und wird hiefür nach dieser Gesetzesstelle gemäß §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 22. Oktober 1986, GZ 11 E Vr 1393/86, abgeändert durch Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 3.März 1988, GZ 13 Os 24/88, unter Anwendung des § 37 Abs 1 StGB zu einer Zusatzgeldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 100 S verurteilt. Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe wird die Ersatzfreiheitsstrafe mit 25 Tagen festgesetzt.

Text

Gründe:

Der am 30.Juli 1949 geborene Tischler Ernst Alois B*** wurde mit dem Urteil des Einzelrichters des Kreisgerichtes Wels vom 22. Juni 1987, GZ 11 E Vr 350/87-9, des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach § 224 (§ 223 Abs 2) StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von 6 Wochen verurteilt, weil er verfälschte - nach Ansicht des Erstgerichtes öffentliche - Urkunden im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache, nämlich der vollständigen Abdeckung einer gegenüber dem Finanzamt Vöcklabruck bestandenen Schuld dadurch gebrauchte, daß er am 27.Oktober 1986 und am 20.Jänner 1987 in Frankenmarkt postamtlich bestätigte Empfangscheine der Ö***

P***, auf denen er den jeweils tatsächlich eingezahlten Betrag von 609,50 S auf 37.609,50 S sowie von 8.772,30 S auf 48.772,30 S abgeändert hatte, dem Gerichtsvollzieher des Bezirksgerichtes Frankenmarkt Johann H*** vorlegte.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil steht im Ausspruch, der Angeklagte habe eine "öffentliche Urkunde" gebraucht und demgemäß in der rechtlichen Unterstellung der Tat unter die Bestimmung des § 224 StGB mit dem Gesetz nicht im Einklang: Nach nunmehr herrschender oberstgerichtlicher Rechtsprechung stellt eine postamtliche Beurkundung der Geldeinzahlung auf einem Erlagscheinabschnitt (Empfangschein) der Ö*** P*** keine öffentliche

Urkunde im Sinn des § 224 StGB dar (vgl EvBl 1986/124). Das beschriebene Tatverhalten des Ernst Alois B*** war daher nur als Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB zu beurteilen. Mit Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 8.September 1987, 7 Bs 265/87 (ON 15 im Akt 11 E Vr 350/87 des Kreisgerichtes Wels), wurde der von Ernst Alois B*** gegen das oben angeführte Urteil des Kreisgerichtes Wels eingebrachten Berufung wegen Strafe Folge gegeben und an Stelle der in erster Instanz ausgesprochenen Freiheitsstrafe unter zusätzlicher Anwendung des § 37 Abs 1 StGB eine Geldstrafe in der Höhe von 84 Tagessätzen, im Nichteinbringungsfall 42 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, ausgesprochen; die Höhe des einzelnen Tagessatzes wurde mit 100 S bestimmt. Die rechtliche Unterstellung des in Rede stehenden Tatverhaltens (auch) unter die Bestimmung des § 224 StGB blieb unberührt. Auch durch diese Entscheidung wurde das Gesetz verletzt. Rechtsrichtig hätte das Oberlandesgericht Linz das angefochtene Urteil im oben erwähnten Ausspruch, daß der Angeklagte eine öffentliche Urkunde gebraucht hat, in der rechtlichen Beurteilung der Tat als Vergehen nach § 224 StGB sowie im Strafausspruch in amtswegiger Wahrnehmung des Nichtigkeitsgrundes der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gemäß §§ 477 Abs 1, 489 Abs 1 StPO aufheben und das erstgerichtliche Erkenntnis entsprechend abändern müssen.

Diese Urteilsnichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) war auf Grund der gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Beschwerde der Generalprokuratur zu beheben und gemäß § 288 Abs 2, Z 3, § 292 StPO spruchgemäß zu erkennen.

Bei der notwendig gewordenen Neubemessung der Strafe war erschwerend die Begehung von zwei strafbaren Handlungen derselben Art, daß der Angeklagte wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Taten verurteilt worden ist und der rasche Rückfall; mildernd hingegen das Geständnis und der Umstand, daß er durch eine nicht auf Arbeitsscheu zurückzuführende drückende Notlage zur Tat bestimmt worden ist.

Es war weiters zu berücksichtigen, daß der Angeklagte inzwischen im Strafverfahren AZ 11 E Vr 1393/86 des Kreisgerichtes Wels mit dem (gleichfalls auf Grund einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes ergangenen) Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 3. März 1988, GZ 13 Os 24/88-5, - mit dem das im bezeichneten Verfahren vom Kreisgericht Wels gefällte Urteil vom 22.Oktober 1986 aufgehoben und die Strafe neu bemessen wurde - wegen Vergehens nach § 223 Abs 2 StGB zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen (und einer Ersatzfreiheitsstrafe von 35 Tagen) verurteilt worden ist. Da § 31 StGB auch bei einer durch den Obersten Gerichtshof gemäß § 292 StPO - nach Aufhebung des rechtskräftigen

Ersturteils - erfolgenden Neubemessung der Strafe hinsichtlich solcher (rechtskräftiger) Vor-Urteile gilt, die zwar nach dem aufgehobenen Urteil, jedoch vor dem Erkenntnis des Obersten Gerichtshofes ergangen sind, war nunmehr auf dieses Urteil gemäß der eingangs zitierten Vorschrift Bedacht zu nehmen (12 Os 41/78 ua). Das hatte zur Folge, daß im vorliegenden Verfahren nach § 223 Abs 2 StGB unter Heranziehung des schon vom Oberlandesgericht Linz angewendeten § 37 StGB und des von diesem Gericht bestimmten Tagessatzes in der Höhe von S 100,-- unter Bedachtnahme auf die allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung (§ 32 StGB) die aus dem Spruch ersichtliche Zusatzgeldstrafe zu verhängen war. Infolge der Kassierung des Ersturteils sind alle darauf beruhenden Beschlüsse und Verfügungen ipso iure wirkungslos geworden (EvBl 1984 Nr 147, 1987, Nr 114 ua).

Anmerkung

E13687

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0120OS00024.88.0407.000

Dokumentnummer

JJT_19880407_OGH0002_0120OS00024_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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