TE OGH 1989/10/19 8Ob605/88

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Veröffentlicht am 19.10.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch, Dr.Huber, Dr.Schwarz, und Dr.Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dkfm.Adolf T***, Beamter in A-6373 Jochberg, Oberhausenweg 339, vertreten durch Dr.Albert Feichtner, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wider die beklagten Parteien

1. Dr.Heino D***, Lehrer, 2. Hilke D***, Private, beide D-8000 München, Ungererstraße 19/801, beide vertreten durch Dr.Herwig Grosch, Dr.Günther Harasser und Dr.Simon Brüggl, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wegen Räumung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 7.April 1988, GZ 1 a R 154/88-27, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Teilund Zwischenurteil des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 25.Jänner 1988, GZ 2 C 1163/86-21, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger und die beiden Beklagten beabsichtigten, die Liegenschaft EZ 340 II KG Jochberg gemeinsam derart zu erwerben, daß der eine Hälfteanteil ihm und der andere Hälfteanteil den beiden Beklagten gemeinsam gehören sollte. Da der Liegenschaftserwerb durch die beiden Beklagten wegen deren deutscher Staatsbürgerschaft nach den grundverkehrsrechtlichen Bestimmungen nicht zulässig war, erwarb der Kläger, der deutscher und österreichischer Staatsbürger ist, im Jahre 1978 gegen Zahlung eines Kaufpreises von DM 320.000,-- die Liegenschaft als bücherlicher Alleineigentümer. Die beiden Beklagten zahlten ihm zunächst einen Betrag von DM 150.000,-- und später eine "Mietzinsvorauszahlung" von DM 35.000,--, nachdem zwischen den Streitteilen am 15.Mai 1978 folgender "Mietvertrag" abgeschlossen worden war:

"§ 1. Herr Doktor D*** und Hilke D*** mieten im Haus Jochberg 399 die untere Wohnung bestehend aus Schlafzimmer, Wohnzimmer, Küche, Toilette, Bad und Flur allein, sowie Nebenräume und Grundstück Bauparzelle 749, Grundparzelle 943/2 und 943/3 je zur Hälfte.

§ 2. Mietbeginn ist Mitte Juli 1978. Mietdauer ist Lebenszeit von Herrn Doktor D*** und Hilke D***. Kündigung ist ausgeschlossen.

§ 3. Der Mietzins wird in Höhe der Hälfte der Grundstücksabgaben sowie der Außenreparaturen am Haus zuzüglich Zins und Abtrag für einen Anteil an einer Hypothek in Höhe von DM 35.000,-- der Frau Z***-K*** vereinbart.

§ 4. Ohne gegenseitige geschäftliche Vereinbarung zwischen Mieter und Vermieter kann eine Veränderung am Grundstück nicht vorgenommen werden.

§ 5. Eine Untervermietung ist möglich für die Oberund Unterwohnung im Einvernehmen mit den jeweiligen Bewohnern der anderen Wohnung im Haus.

§ 6. Stirbt einer der Mieter, so ist das Mietverhältnis mit dem überlebenden Ehepartner des Mieters fortzusetzen."

Am 16.Mai 1978 unterfertigten der Kläger und dessen Ehegattin zugunsten der Beklagten ein schriftliches Schuldanerkenntnis über einen Betrag von DM 150.000,--. Zu diesem Schuldanerkenntnis ist in dem weiteren, am 15.Mai 1978 zwischen dem Kläger und dessen Ehegattin einerseits sowie den Beklagten andererseits abgeschlossenen Vertrag festgelegt worden (Beilage ./B):

"Das von Herrn und Frau T*** abgegebene Schuldanerkenntnis über DM 150.000,-- ist unter folgenden Bedingungen wirksam: Sobald es die Gesetzeslage in Österreich zuläßt, verpflichten sich die Eheleute T***, den Hälfteanteil am Grundstück Jochberg TZ II KG Jochberg, welcher aus der Bauparzelle 749, Wohnhaus Nr. 399 und den Grundparzellen 943/2 und 943/3 besteht, auf Herrn Doktor Heino D*** und Frau Hilke D*** ohne weitere Zahlung dinglich zu übertragen. Damit verfallen auch die Zinsen aus dem Schuldanerkenntnis, die nicht ausbezahlt werden müssen."

Am 21.Dezember 1978 unterschrieben die Streitteile eine von Notar Raimund W*** errichtete "Verpflichtung zum Kaufvertragsabschluß" (Beilage ./C), in der u.a. angeführt wurde:

"I. Herr Doktor Heino D*** und Frau Hilke D*** haben Herrn Adolf T*** einen Betrag von DM 150.000,-- zur Verfügung gestellt. Für diesen Betrag hat Herr Adolf T*** am 16.Mai 1978 zusammen mit seiner Ehefrau Beatrix T*** ein schriftliches Schuldanerkenntnis abgegeben. Dieses Schuldanerkenntnis wird somit von Herrn Adolf T*** ausdrücklich wiederholt. Der Schuldbetrag ist ab 16.Mai 1978 mit jährlich 10 % - 10 vH zu verzinsen. Die Zinsen sind jährlich nachträglich zu bezahlen. Wegen der Kündigung gelten die gesetzlichen Bestimmungen, jedoch ist die Kündigung vor Ablauf von fünf Jahren unzulässig.

II. ........

III. Den unter Abschlitt I der Urkunde erwähnten Betrag hat Herr Adolf T*** dazu mitverwendet, das Grundstück Jochberg in Tirol zu kaufen. Herr Adolf T*** verpflichtet sich, einen Hälfteanteil aus diesem erwähnten Grundbesitz an Herrn Heino D*** und Frau Hilke D*** als Miteigentümer je zu gleichen Teilen, also je 1/4 aus dem Grundbesitz zu übertragen, sobald Herr Doktor Heino D*** und Frau Hilke D*** an ihn das Verlangen stellen. Als Gegenleistung für die Übertragung des Hälfteanteils gilt die Verpflichtung aus dem in Abschnitt I erwähnten Schuldanerkenntnis samt etwaigen aufgelaufenen Zinsen als getilgt.

IV. Herr Adolf T*** verpflichtet sich, an dem erwähnten Grundbesitz ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten des Herrn Doktor Heino D*** und der Frau Hilke D*** eintragen zu lassen.

VII. Die Vertragsteile wurden darauf hingewiesen, daß dieser Vertrag zu seiner Verwirklichung der Eintragung im Grundbuch bedarf. Die damit verbundenen Schwierigkeiten, insbesondere devisenrechtlicher Art, sind den Vertragsteilen bekannt."

Über den Betrag von DM 185.000,-- hinaus sollten die Beklagten keine weiteren Fixzahlungen mehr zu leisten haben, sie sollten aber nach dem Willen der Streitteile sämtliche Kosten, die im Zusammenhang mit der Benützung der Liegenschaft auflaufen, nämlich Betriebskosten, Reparaturkosten, Abgaben, Steuern etc., zur Hälfte übernehmen. Bis zur Einbringung der gegenständlichen Klage im Jahre 1986 war dies auch der Fall.

In der vorliegenden Klage begehrte der Kläger von den Beklagten zunächst ohne Einschränkung die Räumung der Liegenschaft und später mit der Einschränkung Zug um Zug gegen Rückerstattung des Kaufpreises und des von ihnen getätigten Aufwandes. Er brachte vor, die zwischen den Streitteilen geschlossenen Verträge seien nichtig, weil sie in der vollen Absicht der Beteiligten geschlossen worden seien, den Beklagten in Umgehung der grundverkehrsrechtlichen Bestimmungen Eigentum an der Liegenschaftshälfte zu verschaffen. Die Ungültigkeit auch des von den Streitteilen beabsichtigten Umgehungsgeschäftes sei ihnen allerdings bisher nicht bewußt gewesen. Zufolge der Nichtigkeit der Verträge benützten die Beklagten die Liegenschaft seit dem Jahre 1978 titellos und seien daher zu deren Räumung gegen Rückzahlung des Betrages von DM 185.000,-- sowie der Investitionen unter Abzug eines Benützungsentgelts von S 500.000,-- verpflichtet.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens mit der Begründung, sie hätten dem Kläger ein Darlehen in der Höhe von DM 150.000,-- gewährt, eine Option auf den Kauf der Liegenschaftshälfte bei Änderung der grundverkehrsrechtlichen Gesetzeslage erworben und die streitgegenständliche Wohnung vorerst gemietet; das Darlehen und die Mietzinszahlungen seien im Falle des Erwerbes der Liegenschaftshälfte auf den Kaufpreis anzurechnen gewesen. Es liege also weder eine Gesetzesumgehung noch eine Nichtigkeit der Vereinbarung vor. Da der Kläger bei Vertragsabschluß mit der Gesetzeslage vertraut gewesen sei, habe er sie im Falle der Unzulässigkeit der Vereinbarung in Irrtum geführt oder zumindest ihren Irrtum zu seinem unverhältnismäßigen Vorteil ausgenützt, so daß er ihnen im Umfang der vertraglichen Vereinbarung Genugtuung zu leisten habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit Teil- und Zwischenurteil statt und behielt die Festsetzung der vom Kläger den Beklagten rückzuerstatteten Beträge dem Endurteil vor. Es traf folgende weitere Feststellungen:

Der dem Mietvertrag vom 15.Mai 1978 zugrundeliegende Wille der Vertragspartner war nicht auf die Einräumung von Mietrechten zugunsten der Beklagten gerichtet. Da das Tiroler Grundverkehrsgesetz der Realisierung des Ansinnens, Eigentum an der Hälfte der Liegenschaft unter formaler Beachtung der geltenden Gesetzesbestimmungen zu erwerben, entgegenstand, kleideten die Streitteile diesen Willen in die Form einer anderen Rechtsgrundlage, um dadurch auch nach außen hin den Beklagten eine Stellung zu verschaffen, die in Ansehung der Verfügungsmacht über den Hälfteanteil der eines Eigentümers entsprach bzw. zumindest möglichst nahe kam. Diesen Zweck sollte der Mietvertrag vom 15. Mai 1978 erfüllen. Intern gab es ohnedies keinen Zweifel an der Gleichberechtigung und Gleichrangigkeit der Rechte von Kläger und Beklagten, die sich nicht nur in der gleichteiligen Kostentragung, sondern im gesamten Bereich der gemeinsamen Benützung der Liegenschaft dokumentierten. Das Schuldanerkenntnis, das der Kläger und dessen Ehegattin zu Gunsten der Beklagten abgaben, sollte nur der Absicherung des von den Beklagten bezahlten Kaufpreises dienen, der nie den Zweck eines echten Darlehens an die Kläger hatte. Wohl war den Streitteilen die Unmöglichkeit des Liegenschaftserwerbes durch die Beklagten auf Grund der Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes bekannt, das aber auch die im Hinblick darauf gewählte Vertragsform als Umgehungsgeschäft der Nichtigkeit anheimfallen würde, erfuhren sie erst auf Grund einer diesbezüglichen Belehrung durch den Klagevertreter anläßlich einer Besprechung im Jahre 1980.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, daß auf diese Rechtssache gemäß § 42 IPRG österreichisches Recht anzuwenden und der zwischen den Streitteilen geschlossene Mietvertrag als Umgehungsgeschäft zufolge Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot, nämlich des Grundstückserwerbes durch Ausländer im Sinne des § 3 Abs. 1 lit. a iVm § 1 Abs. 1 Z 2 lit. a Tiroler Grundverkehrsgesetz, gemäß § 879 Abs. 1 ABGB nichtig sei. Somit benützten die Beklagten die Liegenschaft ohne Titel und seien gegen Rückzahlung der vom Kläger erlangten Vorteile zur Räumung verpflichtet. Das Berufungsgericht verwarf die in der Berufung der Beklagten erhobene Rüge von Verfahrensmängeln und von unrichtigen Tatsachenfeststellungen sowie unrichtiger Beweiswürdigung, erachtete dagegen die Rechtsrüge für gerechtfertigt. Es wies in Abänderung des erstgerichtlichen Teil- und Zwischenurteiles das Klagebegehren ab und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes den Betrag von S 300.000,-- übersteige. Zur Rechtsrüge führte es aus:

Gemäß § 31 Abs. 1 IPRG, wonach sich der Erwerb und der Verlust dinglicher Rechte an körperlichen Sachen einschließlich des Besitzes nach dem Rechte des Staates richteten, in dem sich die Sache befinde, sowie gemäß § 42 Abs.1 IPRG betreffend Verträge über die Benützung unbeweglicher Sachen, seien diesbezügliche Verträge nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in welchem die Sache gelegen sei. Somit habe das Erstgericht vorliegendenfalls zu Recht österreichisches Recht angewendet. Auch sei es zutreffend davon ausgegangen, daß es sich beim vorliegenden Mietvertrag in Verbindung mit dem Schuldanerkenntnis und der Verpflichtung zum Kaufvertragsabschluß Beilage ./C um einen verdeckten Kaufvertrag verbunden mit einer Benützungsregelung handle. Nach dem wahren Sinn der genannten Vertragswerke sei von den Beklagten in der Absicht, Liegenschafts-Eigentum zu erwerben, eine bestimmte Summe Geldes an den Kläger gegeben, und von diesem dafür der Hälfteanteil an der Liegenschaft überlassen worden. Von einem Mietvertrag könne bei dieser Konstruktion nicht die Rede sein. Dagegen spreche insbesondere der sich aus den Feststellungen ergebende Vertragswille der Parteien in Verbindung mit den den beiden Beklagten eingeräumten, sehr weitgehenden Rechten. Vertragsschließende, die bei ihren Absichten auf rechtliche Schwierigkeiten stießen, könnten ihre Absicht in der Hoffnung, daß sie verborgen bleibe, doch durchführen und, damit sie verborgen bleibe, ein anderes Rec tsgeschäft vortäuschen. Ein solcher mangelnder Rechtsfolgewille liege beim gegenständlichen Mietvertrag vor. In Wahrheit hätten die Parteien gar keinen Mietvertrag, sondern einen Kaufvertrag über die Liegenschaftshälfte mit allen diesbezüglichen Folgen abschließen wollen. Den Beklagten sollte nach außen hin eine Stellung verschafft werden, die jener eines Käufers einer Liegenschaft und eines Eigentümers entsprechen sollte. Demgemäß sei das vorliegende Geschäft samt den anderen damit zusammenhängenden Vertragswerken im Sinne des § 916 Abs. 1 zweiter Satz ABGB nach seiner wahren Beschaffenheit zu beurteilen. Diese wahre Beschaffenheit sei die eines Kaufvertrages. Die Bestimmung des § 3 Abs. 1 lit. a des Tiroler Grundverkehrsgesetzes idgF mache den Eigentumserwerb durch Personen, die dem Kreise des § 1 Abs. 1 Z 2 leg cit angehörten, von der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde abhängig. Eine Befassung dieser mit dem vorliegenden Vertragswerk sei aber bisher nicht erfolgt. Solange dies nicht geschehen ist, sei im Sinne der ständigen Rechtsprechung der Vertrag schwebend wirksam. Ein der Genehmigung bedürfender Vertrag sei nämlich grundsätzlich solange wirksam, bis ihm die Grundverkehrsbehörde die Zustimmung versage; erst durch die Versagung der Zustimmung werde er ex tunc unwirksam. Beide Vertragsteile seien verpflichtet, dem Vertrag die volle Wirksamkeit zu verschaffen. Das gleiche gelte auch für Umgehungsgeschäfte, für welche kennzeichnend sei, daß die Parteien, um den Zweck der Gesetzesumgehung zu erreichen, rechtliche Wirkungen in Kauf nähmen, die ihren wahren wirtschaftlichen Zwecken nicht entsprächen, weil anders der angestrebte Erfolg nicht zu erreichen sei. Parteien, die die Verschaffung von Grundstückseigentum für unerreichbar hielten, wollten eine Vertragsgestaltung vornehmen, die in ihren Wirkungen der Eigentumsverschaffung möglichst nahe komme. Wenn, wie hier, das umgangene Geschäft nicht nichtig, sondern bis zur Versagung der Bewilligung der Grundverkehrsbehörde aufschiebend unwirksam sei, müsse dies auch für das Umgehungsgeschäft gelten. Es unterliege letztlich nur der Rechtsnorm, die auf das in Wahrheit beabsichtigte Rechtsgeschäft anzuwenden sei. Das Umgehungsgeschäft sei daher solange in Schwebe, bis die Genehmigung erteilt oder versagt oder festgestellt werde, daß das Rechtsgeschäft keiner Genehmigung bedürfe. Anders als in Fällen der Treuhandkonstruktion sei im vorliegenden Fall nicht getrachtet worden, formal das Tiroler Grundverkehrsgesetz zu umgehen, indem nach außenhin solche Bedingungen geschaffen worden seien, gemäß denen die zuständige Behörde keine Möglichkeit gesehen habe, dem Vertrag die Zustimmung zu versagen. Im Gegenteil, hier seien die Streitteile davon ausgegangen, daß der Vertrag nicht genehmigt werden könnte. Man habe durch die vorliegenden Konstruktionen die Grundverkehrsbehörde also nicht "hintergehen" und dadurch eine Zustimmung zum Eigentumserwerb erreichen wollen, vielmehr sollte durch den Mietvertrag und die Nebenverträge den Beklagten inhaltlich eine eigentümerähnliche Stellung verschafft werden, ohne daß durch sonstige formelle Vorspiegelungen ein anderer Rechtsschein erweckt werden sollte als er den wahren Verhältnissen entsprach. Letztlich sei auf die Bestimmung des § 1 Abs. 1 lit g Tiroler Grundverkehrsgesetz hinzuweisen, die auch im Zeitpunkt des Abschlusses der Vertragskonstruktionen der Streitteile bereits in Kraft gewesen sei (LGBl 1974/6). Gemäß dieser Bestimmung bedürfe der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde jede Art der Begründung der Dienstbarkeit der Wohnung oder eines Gebrauchsrechtes an Grundstücken sowie die sonstige, nicht unter lit. f fallende Überlassung der Benutzung von Grundstücken zugunsten von Personen, die dem Personenkreis nach § 1 Abs. 1 Z 2 leg cit angehörten, soferne durch die Überlassung dem Benützer eine ähnliche rechtliche und tatsächliche Stellung gegeben werden sollte wie einem Eigentümer oder Dienstbarkeitsberechtigten. Daß eine solche Rechtsstellung den beiden Beklagten verschafft werden sollte, sei unzweifelhaft. Somit erweise es sich auch, daß im Sinne dieser Gesetzesbestimmung ein echter Mietvertrag zwischen den Streitteilen schwebend wirksam wäre, weil eine Befassung der zuständigen Behörde mit dem Vertrag nicht aktenkundig sei. Somit seien die beiden Beklagten nach der derzeitigen Rechtslage berechtigt, das streitgegenständliche Grundstück im dargestellten Umfang zu benützen. Sie könnten diese Benützungsbewilligung herleiten aus dem Mietvertrag im Sinne des § 1096 Abs. 1 ABGB oder aber auch als derzeit außerbücherliche Eigentümer unter Zugrundelegung der vom Ersturteil festgestellten Nutzungsvereinbarung. Sie verfügten deshalb über einen Rechtstitel zur Benützung der Liegenschaft im dargestellten Umfang. Das Räumungsbegehren der klagenden Partei erweise sich demgemäß zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht als gerechtfertigt, denn die Benützung erfolge nicht titellos.

Gegen die berufungsgerichtliche Entscheidung erhebt der Kläger eine auf die Anfechtungsgründe der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision mit dem sinngemäßen Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteiles. Hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag. Die Beklagten haben keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Revisionswerber behauptete wesentliche Aktenwidrigkeit liegt, wie die Überprüfung ergab, nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO). In der Rechtsrüge führt der Revisionswerber aus, die vom Berufungsgericht zur Stützung seiner Rechtsansicht herangezogene Entscheidung SZ 52/35 sei hier unverwertbar, aber jene der Notariatszeitung 1982, 154 entspreche seinem Standpunkt, denn danach beginnen die Rechtswirkungen eines unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossenen Geschäftes erst bei Eintritt des ungewissen Ereignisses, wie dies vom Obersten Gerichtshof auch in der Entscheidung 2 Ob 559/78 ausgesprochen worden sei. Davon abgesehen wären die Beklagten gemäß § 15 Tiroler Grundverkehrsgesetz als Rechtserwerber verpflichtet gewesen, binnen zwei Monaten nach Vertragsabschluß um die Zustimmung der Grundverkehrsbehörde anzusuchen. Der Standpunkt, der Erwerb sei geschützt, so lange das Vertragswerk nicht der Grundverkehrsbehörde vorgelegt werde, sei ebenso unrichtig wie die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, es brauchte über die Vorfrage, ob der gegenständliche Vertrag nach den Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes nichtig sei, nicht zu entscheiden. Die Gerichte seien grundsätzlich zur Erledigung von Vorfragen berufen. Die berufungsgerichtlichen Ausführungen über die Frage der Absicht einer auch formalen Umgehung des Gesetzes erschienen unerheblich, entscheidend sei lediglich, ob durch das Vertragswerk ein vom Gesetz mißbilligter wirtschaftlicher Zweck angestrebt werde. Dies habe das Erstgericht hier zutreffend auch für das Umgehungsgeschäft bejaht. Es bedürfe keiner speziellen Umgehungsabsicht, für die Nichtigkeit des Umgehungsgeschäftes genüge vielmehr die Gesetzesverletzung. Auf diese Nichtigkeit könne sich auch der Vertragspartner berufen. Vorliegendenfalls hätten die Streitteile auch den Abschluß von Treuhandverträgen beabsichtigt, seien aber über deren Folgen rechtzeitig aufgeklärt worden. Bei Vorliegen eines Treuhandvertrages erscheine aber selbst nach Ansicht des Berufungsgerichtes das Klagebegehren gerechtfertigt. Entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichtes seien die Beklagten weder Mieter noch außerbücherliche Eigentümer, denn der Abschluß eines Mietvertrages sei nie beabsichtigt gewesen und Eigentum hätten sie auf Grund der Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes nicht erwerben können. Somit benützten sie die Liegenschaft titellos. Diesen Ausführungen kommt im Ergebnis keine Berechtigung zu. Die kollisionsrechtliche Ansicht des Berufungsgerichtes, daß die hier streitigen Rechtsverhältnisse gemäß den §§ 31 und 42 IPRG nach österreichischem Sachrecht zu beurteilen seien, ist zutreffend; dies wird auch in der Revision nicht mehr bezweifelt.

Die zwischen den Streitteilen geschlossenen Verträge stellen im Sinne der rechtlichen Beurteilung der Vorinstanzen und der grundsätzlich damit übereinstimmenden Ansicht des Revisionswerbers im Hinblick auf die Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes Umgehungsgeschäfte dar. Wie der Oberste Gerichtshof in der ebenfalls einen mit einem Ausländer geschlossenen Kauf- bzw. Mietvertrag über eine Liegenschaft betreffenden Entscheidung EvBl. 1988/10 unter Hinweis auch auf die Entscheidung 7 Ob 552/87 ausgesprochen hat, ist nicht jedes Umgehungsgeschäft schon wegen der rechtswidrigen Umgehungsabsicht nichtig. Es unterliegt nur der Rechtsnorm, die auf das in Wahrheit beabsichtigte Rechtsgeschäft anzuwenden ist. Ist dieses nur genehmigungsbedürftig, dann ist es in seinen rechtlichen Wirkungen solange in Schwebe, bis die Genehmigung erteilt oder versagt wird. Die zuständige Behörde hat zu prüfen, ob ein Umgehungsgeschäft vorliegt und bejahendenfalls, ob es zu genehmigen ist oder nicht oder ob eine Genehmigung nicht erforderlich erscheint, weil es nicht bewilligungspflichtig ist. Solange die Grundverkehrsbehörde mangels Befassung mit der Sache noch nicht über diese entschieden hat, ist die Frage der Nichtigkeit des Umgehungsgeschäftes noch in Schwebe. Aus diesen Gründen wurde die Räumungsklage in jenem Fall als zumindest verfrüht abgewiesen. Einen zur Umgehung der Tiroler grundverkehrsrechtlichen Bestimmungen mit einem Ausländer geschlossenen Mietvertrag über eine Liegenschaft betraf auch der Fall der Entscheidung 5 Ob 672/79, in welchem dieses Umgehungsgeschäft ebenfalls als nicht von vornherein nichtig, sondern wegen seiner Genehmigungsbedürftigkeit als in seiner rechtlichen Wirksamkeit in Schwebe befindlich bezeichnet wurde.

Die Frage, inwieweit auf Grund eines solcherart schwebend wirksamen Vertrages auch bereits Erfüllungshandlungen gefordert werden können - nach überwiegender Rechtsprechung kann z.B. auf Ausstellung einverleibungsfähiger Urkunden, nicht jedoch auf Eigentumseinverleibung geklagt werden; die vollen Rechtswirkungen des Vertrages beginnen im Sinne der Ausführungen des Revisionswerbers jedenfalls erst mit dem Eintritt der aufschiebenden Bedingung - muß hier mangels eines derartigen Begehrens ebensowenig erörtert werden wie die allfällige Rechtswirkung hier bloß beabsichtigter, aber nicht abgeschlossener Treuhandverträge. Es geht vorliegendenfalls vielmehr darum, ob bereits erfolgte einverständliche Erfüllungshandlungen zwischen den Parteien vorerst wirksam bleiben oder ob die Vorausleistungen sogleich, also noch vor dem im § 16 Abs. 1 Tiroler Grundverkehrsgesetz normierten allfälligen Eintritt der Nichtigkeit des Rechtserwerbes zufolge Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung, einseitig zurückgefordert werden können. Dies ist nicht der Fall:

Grundsätzlich ist gemäß § 1434 ABGB die Rückforderung des Geleisteten mangels bisherigen Eintrittes einer gesetzten Bedingung zulässig. Da die Vertragspartner zur Mitwirkung bei der Herbeiführung der Bedingung verpflichtet sind, um dem beiderseitigen Vertragswillen Geltung zu verschaffen, muß sich aber nach der ständigen Rechtsprechung jeder von ihnen um die Genehmigung bemühen. Ein Rückforderungsanspruch des Vorleistenden während des Schwebezustandes wird daher von der überwiegenden Lehre (dagegen Steiner JBl. 1974, 506 ff) und Rechtsprechung ausgeschlossen, weil die Rückforderung dem Grundsatz der Vertragstreue widerspricht (siehe Rummel in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 1434; SZ 30/15). Bei einverständlicher (Teil-)- Erfüllung kann eine Rückabwicklung daher erst gefordert werden, wenn durch Versagung der grundverkehrsbehördlichen Bewilligung der Eintritt der Bedingung vereitelt erscheint. Demgemäß wurde auch in der Entscheidung SZ 42/49 die vor Einholung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung des Vertrages eingebrachte Räumungsklage des Eigentümers abgewiesen. In der einen gleichen Sachverhalt betreffenden Entscheidung MietSlg. 34.045 wurde ebenfalls ausgesprochen, daß während des Schwebezustandes zwar nicht Erfüllung begehrt, bereits Geleistetes - mangels anderer Absprache - aber erst zurückverlangt werden könne, wenn der Grund, die Leistung zu behalten, durch Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung weggefallen sei. Eine Räumungsklage könne daher nicht auf die bisher unterbliebene grundverkehrsbehördliche Genehmigung eines Vertrages gestützt werden. In der genannten Entscheidung, der voll beizutreten ist, wurde im übrigen entgegen dem Standpunkt des Revisionswerbers ausdrücklich wiederum betont, daß die Frage der Genehmigungsfähigkeit eines Vertrages nicht vom Gericht, sondern allein von der Grundverkehrsbehörde zu prüfen ist.

Schließlich versagt auch das Argument des Revisionswerbers, daß gemäß § 15 Tiroler Grundverkehrsgesetz binnen zwei Monaten nach Vertragsabschluß vom Rechtserwerber um Zustimmung der Grundverkehrsbehörde anzusuchen sei, und dies hätten die Beklagten unterlassen. Dieses Gebot steht zwar unter der Strafsanktion des § 19 Abs. 1 lit. a leg cit, seine Nichtbeachtung bewirkt aber entgegen der Ansicht des Revisionswerbers nicht die Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes; die Parteien können die erforderliche Zustimmung auch nachher, selbst nach jahrelanger Dauer des Vertragsverhältnisses, einholen (RZ 1966, 88; SZ 42/49). Der Revision war daher nicht Folge zu geben.

Anmerkung

E18925

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0080OB00605.88.1019.000

Dokumentnummer

JJT_19891019_OGH0002_0080OB00605_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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