TE OGH 1979/1/9 2Ob559/78

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Veröffentlicht am 09.01.1979
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Norm

ABGB §696
ABGB §897
ABGB §1062

Kopf

SZ 52/1

Spruch

Der bedingte Vertrag zeigt Vorwirkungen, die jedoch bei Vorliegen einer aufschiebenden Bedingung nicht so weit gehen, daß auch solche Erfüllungshandlungen verlangt werden können, die zur Beendigung des Schwebezustandes nicht erforderlich sind. Bei Kaufverträgen dieser Art kommt daher eine Zahlung des (Rest-)Kaufpreises vor Bedingungseintritt (hier: Genehmigung der Grundverkehrskommission) nicht in Betracht

OGH 9. Jänner 1979, 2 Ob 559/78 (OLG Wien 4 R 69/78; LG Eisenstadt 3 Cg 335/77)

Text

Die Klägerin ist zu zwei Dritteln und ihre Schwester Anna P zu einem Drittel bücherliche Eigentümerin des Grundstückes Nr. 1401 Acker KG H. Die Erstbeklagte, deren persönlich haftende Gesellschafter der Zweitbeklagte und die Drittbeklagte sind, betreibt in H ein Betonwerk.

Die Klägerin begehrte Zahlung von 100 301.90 S samt Anhang mit der Begründung, der Erstbeklagten einen Acker in H um einen Kaufpreis von 180 000 S verkauft und übergeben zu haben. Der nach Verrechnung mit Baumateriallieferungen der Erstbeklagten im Betrage von 79 698.10 S verbleibende Restkaufpreis sei am 1. November 1976 zur Zahlung fällig geworden.

Die Beklagten beantragten Abweisung der Klage und wendeten ein, daß der Zweitbeklagte in Irrtum geführt worden sei, weil sich erst nach Abschluß des Kaufvertrages herausgestellt habe, daß die Klägerin nur zu zwei Dritteln Eigentümerin des Ackers sei und die weitere Miteigentümerin den Verkauf ablehne. Die Erfüllung des gegenständlichen Vertrages sei unmöglich, da das Grundstück wegen landesgesetzlicher Teilungsbeschränkungen nicht geteilt und daher der Kaufvertrag nicht verbüchert werden könne. Überdies sei das Rechtsgeschäft, das ein der Landwirtschaft gewidmetes Grundstück betreffe, nichtig, weil die Grundverkehrsbehörde die nach dem Burgenländischen Grundverkehrsgesetz (Bgld. GVG) erforderliche Genehmigung nicht erteilen werde. Die übrigen Einwendungen der Beklagten, insbesondere auch die erhobenen Aufrechnungseinreden sind für das Revisionsverfahren nicht mehr von Bedeutung.

Das Erstgericht stellte die Forderung der Klägerin als zu Recht bestehend und die Gegenforderung der Beklagten als nicht zu Recht bestehend fest und gab sohin dem Klagebegehren - abgesehen von der Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens - statt.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten Folge. Das angefochtene Urteil wurde im Sinn einer Klagsabweisung abgeändert.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Feststellungen der Untergerichte lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Das Grundstück Nr. 1401 hat eine Größe von 6079 m2. Es liegt im Grünland und wird landwirtschaftlich genutzt. Es ist in der Natur in zwei voneinander getrennte Flächen geteilt. Eine bewirtschaftete im Frühjahr 1976 die Klägerin, die andere ihre Schwester. Damals wurde der Ehegatte und der Sohn der Klägerin (Paul K sen. und jun.) vom Zweitbeklagten wegen eines Verkaufes des Grundstückes angesprochen. Der Zweitbeklagte sagte, daß er das Grundstück für eine Erweiterung des gegenüberliegenden Betonwerkes benötige. Der Ehegatte und der Sohn der Klägerin stellten einen Verkauf in Aussicht, sobald mit einem beabsichtigten Hausbau begonnen würde. Bereits bei dieser Gelegenheit wurde erörtert, daß der Preis für das Grundstück durch Lieferung von Baumaterialien bezahlt werden könne. Dem Zweitbeklagten wurde auch mitgeteilt, daß die Klägerin Liegenschaftseigentümerin sei, aber nicht beide Teilflächen ihr gehörten, sondern nur die Teilfläche bis zur Höhe einer Furche, die dadurch deutlich zu erkennen war, daß auf der Teilfläche der Klägerin Klee, auf der ihrer Schwester aber Getreide angebaut war. Außerdem wurde dem Zweitbeklagten in der Höhe der Furche ein Baum mit dem Bemerken gezeigt, daß zumindest bis dorthin die Teilfläche reiche, die von der Klägerin entsprechend ihrem Miteigentumsanteil bewirtschaftet werde. Der Ehegatte der Klägerin erwähnte noch, daß der Klägerin wegen des Miteigentumsanteiles noch ein weiteres Stück in der Breite von 2 bis 3 m zustehen würde.

Nach weiteren Verkaufsgesprächen kam es am 7. Juli 1976 zwischen dem Zweitbeklagten und Paul K jun., der von seiner Mutter bevollmächtigt worden war, für sie die Kaufvertragsverhandlungen zu führen und eine Vereinbarung über den Verkauf zu schließen, zu einer Einigung. Als Preis für die Übertragung des Eigentums wurde ein Betrag von 180 000 S festgelegt und vereinbart, daß die Beklagten in Anrechnung auf diesen Kaufpreis das gesamte Baumaterial für den Hausbau des Sohnes der Klägerin liefern sollten.

Der Zweitbeklagte erklärte, die Grundfläche für den Betrieb des Betonwerkes der Erstbeklagten zu erwerben. Es wurde auch wiederholt, daß die Klägerin und nicht ihr Sohn Eigentümer des Kaufgrundstückes sei. Über den Inhalt der Einigung wurden die Urkunden verfaßt, die der Zweitbeklagte firmenmäßig fertigte. Der Sohn der Klägerin fertigte nicht, was er damit begrundete, daß er nicht der Verkäufer sei. Er erklärte sich bereit, die Unterschrift seiner Mutter als Eigentümerin beizubringen. Der Zweitbeklagte erklärte, daß dies nicht nötig sei. Schließlich wurde vereinbart, daß die Übernahme des Grundstückes gegen Barzahlung des Restkaufpreises am 1. November 1976 erfolgen sollte. Die Beklagten haben auch tatsächlich in der Folge wenigstens einen Teil der Liegenschaft in der Natur übernommen.

Als der Sohn der Klägerin die Restzahlung urgierte, verlangte der Zweitbeklagte die Errichtung eines Teilungsplanes auf Kosten der Klägerin. Der Sohn der Klägerin lehnte dies als neue Forderung ab und stellte sich auf den Standpunkt, daß seine Mutter immer mit der Grenze in der Natur einverstanden gewesen wäre. Wenn der Zweitbeklagte nicht damit einverstanden sei, so solle er auf seine Kosten das Grundstück vermessen lassen.

Das Erstgericht war der Ansicht, daß Unmöglichkeit der Leistung nicht vorliege, weil die Möglichkeit einer Abänderung des Flächenwidmungsplanes bestehe, so daß eine Teilung des Grundstückes noch vorgenommen und die Übertragung des Eigentums an die Beklagten erfolgen könne.

Das Berufungsgericht hielt die Beweisrüge der Beklagten nicht für berechtigt. Dem Zweitbeklagten habe klar sein müssen, daß Anna P Miteigentümerin des Gesamtgrundstückes sei, weil anders die näheren Erläuterungen der Verkäufer über die Benützung eines Teiles des Grundstückes durch einen Grundnachbarn nicht verständlich wären. Daraus folge aber, daß nicht die gesamte Liegenschaft, sondern der Miteigentumsanteil der Klägerin Kaufgegenstand gewesen sei, über den ebenso wie über den Kaufpreis Einigung erzielt worden sei. Wenn ein Vertrag der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bedürfe, bestehe bis zu deren Entscheidung ein Schwebezustand, während dessen die Parteien an den Vertrag gebunden seien. Es könne daher schon vor der Bewilligung auf Zuhaltung des Vertrages geklagt werden. Das Erstgericht habe es daher mit Recht unterlassen, Beweise darüber aufzunehmen, ob die Bewilligung des Rechtsgeschäftes nach dem Bgld. GVG erteilt worden wäre. Ebenso unwesentlich sei die Frage, ob landesgesetzliche Teilungsbeschränkungen eine Teilung des Grundstückes 1401 zuließen, da kein Anhaltspunkt dafür bestehe, daß eine solche Teilung überhaupt notwendig sei. Die Beklagten hätten nichts vorgebracht, woraus zu entnehmen sei, daß sich Anna P gegenüber dem Beklagten an die bestehende Benützungsvereinbarung nicht für gebunden erachte. Damit seien aber auch über die Frage, ob landesgesetzliche Vorschriften eine Teilung des Grundstückes verhinderten, keine Beweise aufzunehmen gewesen.

Mit dem Vorbringen, eine Firma "L OHG" gebe es nicht, weil diese richtig "Michael L OHG" heiße, machen die Revisionswerber keinen Mangel der Passivlegitimation der Erstbeklagten, sondern lediglich eine unrichtige Bezeichnung des schon bisher als Erstbeklagte betrachteten und behandelten Rechtssubjektes geltend, die in jeder Lage des Verfahrens - auch im Rechtsmittelverfahren - berichtigt werden kann (Fasching II, 127, III 112; SZ 23/7; SZ 46/27; EvBl. 1975/209 u. v. a.), was vom Revisionsgericht nach Einholung einer Auskunft des Handelsregisters veranlaßt wurde (vgl. ÖBl. 1975, 61).

Unter dem Revisionsgrund des § 503 Z. 4 ZPO bringen die Revisionswerber u. a. vor, daß zur Übertragung des Eigentums am klagsgegenständlichen Grundstück die Zustimmung der Grundverkehrsbezirkskommission erforderlich sei. Da die Beklagten Kaufleute seien, würde diese Behörde die Genehmigung nicht erteilen. Es liege daher "Unmöglichkeit der Leistung" vor.

Diese Ausführungen sind - wenn auch nur im Ergebnis - berechtigt. Gemäß § 1 des bgld. Gesetzes vom 18. Feber 1955, LGBl. 11, über den Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken (Landesgrundverkehrsgesetz) in der geltenden Fassung ist die Übertragung des Eigentums an einem ganz oder teilweise dem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb gewidmeten Grundstück durch Rechtsgeschäft unter Lebenden nur mit Zustimmung der zuständigen Grundverkehrskommission (§ 11) zulässig. Wird diese Zustimmung versagt, ist das Rechtsgeschäft ungültig (§ 1 Abs. 2 des Gesetzes).

Das gegenständliche Rechtsgeschäft, das ein der Landwirtschaft gewidmetes Grundstück betrifft, gilt daher als unter einer sogenannten "Rechtsbedingung" abgeschlossen, bei der der Grund, der einer sofortigen Rechtswirksamkeit des Geschäftes entgegensteht, nicht im Willen der Parteien, sondern im Willen des Gesetzes liegt (Gschnitzer in Klang[2] III, 659 f., derselbe, Lehrbuch Allgemeiner Teil, 194; vgl. auch Mayer - Maly in Klang[2] IV/2, 223 f.).

Der OGH hat unter Berufung auf das Schrifttum (Klang[2] II, 145) wiederholt ausgesprochen, daß ein nach den Grundverkehrsgesetzen genehmigungspflichtiges Rechtsgeschäft die Parteien so lange bindet, als ihm nicht von der Grundverkehrskommission die Genehmigung versagt wird (SZ 2/28; SZ 28/204; SZ 42/21; SZ 44/19 und 87; JBl. 1974, 525 und 1975, 652 u. v. a.); die ältere Rechtsprechung nahm das Vorliegen einer resolutiven Bedingung (z. B. SZ 3/61; EvBl. 1958/30 u. a.; vgl. auch EvBl. 1961/279) an, während spätere Entscheidungen diese Frage dahingestellt ließen (EvBl. 1956/232; SZ 42/21); nach nunmehr ständiger Rechtsprechung gilt ein Vertrag, der von einer Grundverkehrskommission genehmigt werden muß, als aufschiebend bedingt. Wird die Genehmigung in der Folge versagt, so ist er ex tunc unwirksam. Da beide Teile verpflichtet sind, dem Vertrag volle Wirksamkeit zu verschaffen, kann schon vor der Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung auf Zuhaltung des Vertrages (SZ 5/57; SZ 43/171 u. a.), insbesondere auf Ausstellung einer einverleibungsfähigen Urkunde geklagt werden (SZ 42/21; JBl. 1974, 525 und 1975, 652; EvBl. 1977/265 u. a.).

Dieser Rechtsprechung hat Bydlinski (in der Besprechung der Entscheidung JBl. 1975, 652; s. hiezu auch EvBl. 1977/265) entgegengehalten, daß es logisch schlechthin undenkbar sei, daß aus einem aufschiebend bedingten Kaufvertrag schon vor dem Eintritt der Bedingung ein Übereignungsanspruch in der Gestalt des Anspruches auf Einwilligung in die Eigentumseinverleibung des Käufers geltend gemacht werde.

In den von dieser Kritik betroffenen Entscheidungen geht es jedoch nicht darum, den Vertragsparteien schon vor dem Eintritt der aufschiebenden Bedingung einen Anspruch auf gänzliche Erfüllung des Kaufvertrages zuzugestehen. Es soll vielmehr dort, wo die Beendigung des Schwebezustandes der Vorwegnahme einzelner Erfüllungshandlungen bedarf, um der Grundverkehrsbehörde das Zustandekommen eines strittig gewordenen Vertrages über einen genehmigungspflichtigen Vorgang darzutun, dem zum Vertrag stehenden Teil ein Anspruch auf Erwirkung der hiezu erforderlichen Willenserklärungen gegebenwerden. Dieser Anspruch beruht auf dem Gedanken, daß ein Rechtsgeschäft während des Schwebezustandes nicht wirkungslos ist und der bedingt Verpflichtete alles tun und vorkehren muß, was notwendig ist, um bei Eintritt der Bedingung erfüllen zu können, und alles unterlassen muß, was die Erfüllung hindern würde (Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 321; SZ 42/21; SZ 43/171; JBl. 1974, 525 und 1975, 652). Es handelt sich sohin um Vorwirkungen bedingter Verträge, die notwendig sind, damit es zur Beendigung des Schwebezustandes kommen kann.

Diese Vorwirkungen bedingter Verträge können jedoch bei Vorliegen einer aufschiebenden Bedingung nicht so weit gehen, daß auch solche Erfüllungshandlungen verlangt werden können, die zur Beendigung des Schwebezustandes nicht erforderlich sind. Ist ein Vertrag aufschiebend bedingt, so bedeutet dies, daß seine Wirkungen vom Eintritt der Bedingung abhängen, d. h. daß diese Wirkungen erst eintreten, wenn die Bedingung verwirklicht ist (§§ 696 Satz 3, 897 ABGB). Die Wirkung eines Kaufvertrages besteht nun u. a. in der Entstehung des Anspruches auf Kaufpreiszahlung (§ 1062 ABGB), der somit aus einem aufschiebend bedingten Vertrag vor Eintritt der Bedingung nicht geltend gemacht werden kann (Bydlinski, JBl. 1975, 653; vgl. auch Steiner, Grundverkehrsbehördliche Genehmigung und Bedingungslehre, JBl. 1974, 506 ff.). Der vom OGH wiederholt ausgesprochene Rechtssatz, daß schon vor der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung auf Zuhaltung des Vertrages geklagt werden könne, wurde denn auch, soweit ersichtlich, kein einziges Mal auf das Begehren des Verkäufers auf Kaufpreiszahlung angewendet. Die Rechtswirkungen des gegenständlichen Vertrages, der bis zur Erteilung der erforderlichen behördlichen Genehmigung als "schwebend unwirksam" (Gschnitzer, Lehrbuch Allgemeiner Teil, 194) anzusehen ist, treten daher grundsätzlich erst mit der Erteilung der behördlichen Genehmigung ein. Dem steht nicht entgegen, daß die Parteien Zahlung des Restkaufpreises zu einem bestimmten Termin (1. November 1976) vereinbarten, weil der bestehende Schwebezustand nicht auf dem Parteiwillen, sondern auf dem Gesetz beruht (Gschnitzer in Klang[2] III, 659 f.). Da das zugedachte Recht erst nach Erfüllung der aufschiebenden Bedingung zu seiner Kraft gelangt (§ 696 Satz 3 ABGB), kann derzeit Zahlung des Restkaufpreises nicht verlangt werden.

Der Revision war daher im Ergebnis Folge zu geben, ohne daß es eines Eingehens auf die übrigen von den Revisionswerbern geltend gemachten Revisionsgrunde bedurfte.

Anmerkung

Z52001

Schlagworte

bedingter Vertrag, Vorwirkungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0020OB00559.78.0109.000

Dokumentnummer

JJT_19790109_OGH0002_0020OB00559_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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