TE OGH 1992/2/6 6Ob580/91 (6Ob508/92)

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Veröffentlicht am 06.02.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisions- und Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Redl, Dr. Kellner und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Traute H*****, vertreten durch Dr. Anton Baier, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Annie (auch Anna) H*****, vertreten durch Dr. Johannes Hock sen. und Dr. Johannes Hock jun., Rechtsanwälte in Wien, wegen 700.000 S und Feststellung (Streitwert 1,300.000 S), infolge ao. Revision und Rekurs der beklagten Partei gegen das Teilurteil und den Aufhebungsbeschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 18. März 1991, GZ 14 R 257/90-149, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 27. September 1990, GZ 36 Cg 155/88-144, teils bestätigt und teils aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

I. den Beschluß

gefaßt:

Spruch

1.) Die "Gegenäußerung" der beklagten Partei vom 18. Juni 1991 ON 154 wird zurückgewiesen.

2.) Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

II. zu Recht erkannt:

Der ao. Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Ad I.1.): In der ZPO ist eine Replik zur Rekursbeantwortung des Gegners nicht vorgesehen. Die unzulässige Eingabe der beklagten Partei ON 154 ist daher zurückzuweisen (vgl EFSlg 60.913 zur Revisionsbeantwortung).

Ad I.2. und II.): Die Rechtssache war bereits Gegenstand zweier Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes, sodaß zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungen vom 3. Juli 1986, 6 Ob 703, 704/84 (ON 96) und vom 16. Juni 1988, 6 Ob 594/88 (ON 119), verwiesen wird.

Die Beklagte, eine in New York lebende amerikanische Staatsangehörige und Tante der Klägerin, ist bücherliche Eigentümerin der Liegenschaft EZ***** KG E*****, Grundbuch N*****, mit zwei Parzellen, Grundstücke (GSt) 2.004 Baustelle 32, Garten, und 2.005 Garten. Die Klägerin benützt seit 1946 diese Liegenschaft, auf welcher sich ursprünglich nur ein kleines Wochenendhaus befand. Ungefähr seit 1956 wurde die Liegenschaft mit Zustimmung der Beklagten von Bekannten der Klägerin "auf freundschaftlicher Grundlage" benützt und instandgehalten, ohne daß ein Bestandvertrag abgeschlossen worden wäre. Zwischen den Streitteilen bestanden seit jeher sehr enge familiäre Beziehungen; die Beklagte nahm gegenüber der Klägerin die Rolle der Mutter ein und setzte sie 1964 in einem Testament als Universalerbin ein. Ende 1967 faßte die Klägerin den Entschluß, auf der Liegenschaft ein Haus zu bauen; es kam zwischen den Streitteilen zu einer Übereinstimmung dahingehend, daß die Klägerin auf einer der Parzellen ein Einfamilienhaus baut, damit sie einerseits mit ihrem (damaligen) Gatten dort wohnen und durch Pensionsgäste aus ihrem Bekanntenkreis ein Einkommen erzielen könne und damit von ihrem Gatten finanziell unabhängig sei, und andererseits die Beklagte bei einer allfälligen Rückkehr nach Österreich ein Heim habe. Seit 1968 bewohnt die Klägerin das Haus (R*****-Straße*****). In der Folge wurden die Erwartungen der Klägerin - deren Ehe 1971 geschieden worden war - auf ein Einkommen aus der Zimmervermietung enttäuscht. Da die Klägerin mit immer größeren finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, schlug sie der Beklagten 1977 in einem Brief vor, das Haus zu verkaufen. Die Beklagte war damit einverstanden und sicherte der Klägerin auch zu, ihr einen Teil des Kaufpreises auszufolgen. Es kam jedoch deshalb nicht zum Verkauf, weil sich die Klägerin weigerte, das Haus von Kauflustigen besichtigen zu lassen.

Die Klägerin belangte mit ihrer am 28. April 1978 eingebrachten

Klage die Beklagte, festgestellt werde, daß die Klägerin

Eigentümerin der genannten Liegenschaft sei, sowie die Verurteilung

der Beklagten zur Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin

auf der Liegenschaft, hilfsweise Zahlung von 1,500.000 S; dann

(ON 73) für den Fall, daß "nicht die gesamte Liegenschaft" als

Eigentum der Klägerin angesehen werde, weitere Eventualbegehren,

a) auf Feststellung des Eigentumsrechtes der Klägerin, am GSt 2.004

und auf Verurteilung der Beklagten zur Einwilligung in die

Abschreibung von der EZ ..., die Eröffnung einer neuen Einlage für

dieses GSt und die Einverleibung des Eigentumsrechtes auf dieser

Liegenschaft für die Klägerin, b) auf Feststellung des

Eigentumsrechtes der Klägerin an der für die Benützung des Gebäudes

in ..., R*****-Straße*****, unentbehrlichen und anschließenden

Grundfläche sowie die Verurteilung der Beklagten zur Einwilligung

in die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin an diesen

Grundflächen nach Durchführung der erforderlichen Abschreibungen

unter Teilung und Eröffnung einer neuen Einlage, und c) die

Feststellung, daß der Klägerin ein lebenslanges Wohnrecht an

sämtlichen Räumlichkeiten des Gebäudes in E***** ... sowie "das

Recht der lebenslänglichen Fruchtnutzung" an der

Liegenschaft EZ ... zustehe, der dem Fruchtgenuß inhaltsgleichen

lebenslänglichen Nutzung an der Liegenschaft zustehe, und die Verurteilung der Beklagten zur Einwilligung in die Einverleibung der beschriebenen Dienstbarkeit und dieses Fruchtgenußrechtes auf der Liegenschaft. Die Beklagte widerrief das zugunsten der Klägerin errichtete Testament und teilte dies der Klägerin erstmals am 17. Dezember 1982 mit.

Nach der Rechtsauffassung des Obersten Gerichtshofes im zweiten Rechtsgang (Teilurteil und Aufhebungsbeschluß ON 119) ist österr. Recht anzuwenden. Im übrigen haben danach die Parteien eine wirksame und umfassende Vereinbarung über die Gestaltung und die Folgen des Hausbaues getroffen. Es ist ein dem Fruchtgenuß (§ 509 ABGB) an der Liegenschaft inhaltsgleiches obligatorisches und - im Wege ergänzender Vertragsauslegung dem Versorgungszweck entsprechend - lebenslanges Nutzungsrecht der Klägerin sowie der Vorbehalt des Eigentums der Beklagten als vereinbart anzusehen. Die Erbseinsetzung der Klägerin kann nur als der in Rede stehenden Vereinbarung konkludent zugrunde gelegte, durch die Testamentsänderung der Beklagten weggefallene Geschäftsgrundlage aufgefaßt werden. Darauf kann sich die Klägerin schon jetzt berufen, weil die Beklagte die Änderung des Testaments eindeutig zum Ausdruck brachte. Die Klägerin hat demnach einen aus § 1435 ABGB ableitbaren Kondiktionsanspruch und kann daher die geleistete Sache (das Haus) schon jetzt kondizieren. Da aber die Rückgabe nicht möglich, jedenfalls nicht tunlich ist, hat die Beklagte analog § 1323 ABGB ein angemessenes Entgelt zu leisten, dessen Höhe sich iS des § 1431 ABGB nach dem verschafften Nutzen richtet, und damit Wertersatz in Höhe des erlangten Vorteiles zu leisten. Die Beklagte muß der Klägerin deren Aufwendungen auf die Sache ersetzen, soweit damit eine auf den Zeitpunkt der Entstehung des Kondiktionsanspruches (Bekanntgabe des Testamentswiderrufes) abzustellende Werterhöhung der Liegenschaft bewirkt wurde. Auch das der Klägerin durch die Vereinbarung eingeräumte lebenslange fruchtgenußähnliche Benützungsrecht an der Liegenschaft ist in Ansatz zu bringen, weil die Werterhöhung der Liegenschaft der Beklagten nur nach Maßgabe dieses Rechtes zum Vorteil gereichen kann.

Prozeßgegenstand sind im dritten Rechtsgang nach rechtskräftiger Teilabweisung von Begehren und teilweiser Klagsrückziehung zwei Hauptbegehren, a) auf Zahlung von 1,500.000 S sA als Ersatz der von der Klägerin auf die Sache (Liegenschaft) bis zum Zeitpunkt der Entstehung des Kondiktionsanspruches (Bekanntgabe des Testamentswiderrufes) vorgenommenen werterhöhenden Aufwendungen auf die Liegenschaft abzüglich des Wertes des der Klägerin zustehenden Benützungsrechtes, und b) das auf Bestand des Wohnungs- und Fruchtgenußrechtes der Klägerin gerichtete Feststellungsbegehren.

Die Beklagte wendet dazu im dritten Rechtsgang im wesentlichen ein:

Zum Zahlungsbegehren, daß vom Kondiktionsanspruch der Klägerin noch folgende Beträge abzuziehen seien: 300.000 S (im Rechtsmittelverfahren mit 286.188,80 S angegeben) als zweckgewidmete Eigenleistungen der Beklagten für das Haus (ON 120); 600.000 S als Aufwendungen des geschiedenen Gatten der Klägerin (ON 142); "mindestens" 132.625 S für die Lukrierung von Zinsenvorteilen für die Klägerin aus deren unredlicher Inanspruchnahme der Liegenschaft der Beklagten als Sachhaftung für zwei Darlehen; bei Inanspruchnahme von Darlehen nur aufgrund persönlicher Haftung der Klägerin wäre die Verzinsung entsprechend höher gewesen (ON 126, 131); 90.000 S als Wertminderung der Liegenschaft durch Eintragung eines Veräußerungsverbotes zu Gunsten des Landes N***** aufgrund eines von der Klägerin gegen den Willen der Beklagten - die der Klägerin 4.000 US-Dollar zur Verfügung gestellt habe, damit kein Darlehen aufgenommen

werde - aufgenommenen geförderten N***** Landesdarlehens (ON 126, 131); 223.700 S und 76.685 S als am Stichtag 17. Dezember 1982 zu Lasten der Liegenschaft offene aushaftende - von der Klägerin aufgenommene bzw verlängerte - Hypothekardarlehen bei der C***** und der N***** Landesregierung (ON 131) sowie 8.851,15 S, weil die Klägerin als Nutzungsberechtigte die Wasserhausleitung samt Wassermesser und Anschluß zum Haus nicht bezahlt habe (ON 131).

Zum Feststellungsbegehren wurde, nachdem in der Tagsatzung vom 16. Jänner 1990 (ON 133) von der Beklagten in Anspruch genommen wurde, den Kondiktionstatbestand in Form eines Widerrufes des eingeräumten "quasi Nutzungsrechtes" zu bekämpfen, im Schriftsatz ON 136 ausdrücklich der Widerruf des der Klägerin "vom Obersten Gerichtshof unentgeltlich eingeräumten obligatorischen Nutzungsrechtes" als Dauerschuldverhältnis, allenfalls dessen Aufkündigung aus wichtigen Gründen, erklärt. Die wichtigen Gründe seien insbesondere der grobe Undank der Klägerin (Einleitung und Fortsetzung des vorliegenden Verfahrens), die versuchte Arrogierung des Eigentumsrechtes an dem der Klägerin familiär zur Nutzung überlassenen Grund in der Klage durch Ersitzung, der Mißbrauch der unter dem Prätext der Vertretung in Steuersachen und bei der N***** mit Schreiben vom 20. Juli 1967 eingeholten beglaubigten Vollmacht der Beklagten, welche die Klägerin ohne Wissen der Beklagten und im Falle des Hypothekardarlehens der N***** Landesregierung gegen den Willen der Beklagten zu Lasten der Liegenschaft verwendet habe. Wenn Schenkungen unter Lebenden wegen groben Undanks widerrufen werden könnten, dann umso mehr letztwillige Verfügungen, die - wie ihr Testament - im rein rechtsgeschäftlichen Konnex zu einer Gegenleistung gestanden seien. Bis zur Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ON 119 habe die Beklagte mit einer Klärung der Verhältnisse durch Abweisung der Klage ihrer Nichte gerechnet und sei davon ausgegangen, daß das Nutzungsrecht familiär prekaristisch eingeräumt gewesen sei; sie habe das Verfahren durch rechtsgeschäftlich erklärten Widerruf des Nutzungsrechtes nicht zusätzlich komplizieren wollen.

Die Klägerin repliziert im wesentlichen, daß die Sachhaftung der Liegenschaft im ausdrücklichen oder konkludenten Einverständnis der Beklagten erfolgt sei. Die aufgenommenen Darlehen seien ausschließlich für die Werterhöhung der Liegenschaft verwendet worden, die Rückzahlung dieser Darlehen sei nur durch die Klägerin erfolgt. Das zu Gunsten des Landes N***** eingetragene Veräußerungsverbot könne nach Darlehensrückzahlung keine Rolle mehr spielen, eine Veräußerung der Liegenschaft sei mit Zustimmung des Landes N***** trotzdem möglich. Der geschiedene Gatte der Klägerin habe seine Ansprüche (aus den auf die Liegenschaft gemachten Aufwendungen) auf die Klägerin übertragen. Die Klägerin habe aufgrund des Testamentes die Vereinigung von Personal- und Realschuldner erwarten können. Seit Klagseinbringung hätten sich die tatsächlichen und persönlichen Verhältnisse nicht geändert. Es könne nicht ein schon mehr als ein Jahrzehnt zurückliegender "Grund" für den rechtlich gar nicht möglichen Widerruf bzw die Kündigung herangezogen werden. Eine Berücksichtigung der nur temporär belastenden Hypothekardarlehen würde die Klägerin zweifach belasten, bei Rückzahlung derselben und bei Berechnung des Nutzens der Beklagten; diese Liegenschaftsbelastungen fielen in den Bereich der eingeräumten Nutzungsrechte.

Das Erstgericht gab dem Zahlungsbegehren mit 700.000 S sA sowie dem Feststellungsbegehren statt und wies das Zahlungsmehrbegehren von 800.000 S sA rechtskräftig ab. Es stellte fest, daß die Klägerin bis zum Stichtag 17. Dezember 1982 durch die Bauführung auf der Liegenschaft der Beklagten wertvermehrende - mangels einer ordentlichen und überprüfbaren Bauabrechnung nur

geschätzte - Aufwendungen von 1,347.535,59 S getätigt habe. Von der durch die Bauführung mit (gerundet) 1,350.000 S eingetretenen Werterhöhung der Liegenschaft sei das der Klägerin eingeräumte lebenslange und zum Stichtag 17. Dezember 1982 mit 650.000 S bewertete Nutzungsrecht der Klägerin an der Liegenschaft in Abzug zu bringen. Rechtlich folgerte der Erstrichter im wesentlichen, unbeachtlich sei das Vorbringen der Beklagten, die Klägerin sei durch die Sachhaftung der Liegenschaft begünstigt und der Wert der Liegenschaft durch ein Veräußerungsverbot vermindert worden, weil der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung ON 119 bindend festgelegt habe, daß nach Ermittlung der durch Aufwendungen der Klägerin bewirkten Erhöhung des Wertes der Liegenschaft nur der Wert des der Klägerin zustehenden Nutzungsrechtes abzuziehen sei. Keinesfalls könnten deshalb alle erdenklichen außerhalb des Nutzungsrechtes und der durch Bauführung bewirkten Werterhöhung liegenden, durch den Besitz der Liegenschaft der Klägerin entstandenen Vorteile oder eine durch sie bewirkte Wertminderung berücksichtigt werden. Die dazu von der Beklagten vorgebrachten Tatsachen seien zum Zeitpunkt der höchstgerichtlichen Entscheidung ON 119 bereits Akteninhalt gewesen. Deshalb sei auch das Vorbringen der Beklagten in Ansehung des Widerrufs des Nutzungsrechtes aus wichtigem Grund rechtlich unbeachtlich. Die als Widerrufsgrund geltend gemachten Tatsachen seien zum Zeitpunkt der Entscheidung ON 119 bereits Akteninhalt gewesen. Da der Oberste Gerichtshof dennoch bindend das Bestehen des Nutzungsrechtes ausgesprochen habe, müsse davon ausgegangen werden, daß mit diesen Tatsachen kein Widerrufsgrund geltend gemacht werden könne. Die versuchte Durchsetzung eines vermeintlichen Rechtsanspruches sei, abgesehen vom Fall eines Schikaneprozesses, kein Widerrufsgrund. Vom Obersten Gerichtshof sei lediglich und erst die Testamentsänderung als Wegfall der Geschäftsgrundlage bezeichnet worden; dem vorangegangenen Verhalten der Klägerin sei keine Bedeutung beigemessen worden.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes in Ansehung des Feststellungsbegehrens als Teilurteil und hob es in Ansehung des noch offenen Zahlungsbegehrens auf. In Ansehung des Teilurteiles übersteige der Wert des Streitgegenstandes 50.000 S, die ordentliche Revision sei nicht zulässig; in Ansehung des Aufhebungsbeschlusses sei der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig. In rechtlicher Hinsicht verneinte die zweite Instanz zum Feststellungsbegehren im wesentlichen einen tauglichen Grund für einen Schenkungswiderruf - der sich als Versuch der Beklagten darstelle, durch Heranziehung von wirklichen oder angeblichen, der Beklagten seit vielen Jahren bekannten Fakten, die rechtliche Konsequenz der Entscheidung ON 119 zu torpedieren - iS des § 948 ABGB, weil es schon nach dem Vorbringen der Beklagten an einer Straftat der im zweiten Satz dieser Bestimmung bezeichneten Art sowie an einem konkreten Sachvorbringen in Bezug auf eine bei der Klägerin vorhandene Schädigungsabsicht fehle. Das Fehlen eines tauglichen Widerrufsgrundes könne aber auch nicht durch eine Aufkündigung des der Klägerin lebenslang eingeräumten Rechtes umgangen werden.

Bei Feststellung der Höhe des klägerischen Kondiktions(zahlungs)anspruches seien jene Vorteile, die die Klägerin bei Darlehensaufnahme durch die hypothekarische (Mit)Sicherung der Liegenschaft und Erzielung einer geringeren Verzinsung der Darlehen erlangt habe, nicht zu berücksichtigen, weil es nicht um den Vorteil des Aufwendenden, sondern um den Nutzen desjenigen, dem die Aufwendungen zum Vorteil gereichten, gehe. Die Belastung der Liegenschaft mit Hypotheken und einem Veräußerungsverbot mindere nicht den Kondiktionsanspruch, weil die Klägerin für die diesen Belastungen zugrunde liegenden Darlehen die persönliche Haftung übernommen und die Darlehensgeber (jedenfalls bis jetzt) die Sachhaftung nicht in Anspruch genommen hätten. Hingegen habe das Erstgericht die Behauptung der Beklagten, daß sie auf den Hausbau zweckgewidmete Eigenleistungen von 286.188,80 S erbracht habe, zu Unrecht ungeprüft gelassen. Soweit solche Leistungen erbracht worden sein sollten, könne die Beklagte nicht bereichert sein, weil es sich eben um keine Aufwendungen der Klägerin handeln würde. Gleichfalls sei zu prüfen, ob die Beklagte Zahlungen geleistet habe, zu deren Tragung die Klägerin als Nutzungsberechtigte verpflichtet gewesen wäre (Hauswasserleitung). Relevant sei auch das Vorbringen der Beklagten, der geschiedene Gatte der Klägerin (und seine Familie) hätten zu den Aufwendungen für den Hausbau mit rund 600.000 S beigetragen und dieser habe nicht nur gegenüber der Klägerin, sondern auch gegenüber der Beklagten auf alle bezüglichen Forderungen verzichtet. Soweit es sich um nicht von der Klägerin getätigte Aufwendungen handle, wäre sie zu ihrer Geltendmachung hier (durch Kondiktion) nur insoweit berechtigt, als ihr geschiedener Gatte zu ihren Gunsten, nicht aber zugunsten der Beklagten, auf den Ersatz dieser Aufwendungen verzichtet habe. Ein nur zu Gunsten der Klägerin ausgesprochener Verzicht käme einer Abtretung dieses Anspruchs an die Klägerin gleich, die damit zu dessen Geltendmachung berechtigt sei. Es müsse daher auch festgestellt werden, ob und in welcher Höhe der geschiedene Gatte der Klägerin Aufwendungen auf die Liegenschaft gemacht und ob er auf diesen Anspruch nur zu Gunsten der Klägerin verzichtet habe. Ein wirksamer Verzicht auch gegenüber der Beklagten würde voraussetzen, daß diese in die Vereinbarung eingebunden worden wäre oder den Verzicht angenommen habe. Ein Anspruch auf Zinsen komme erst ab dem Stichtag in Betracht.

Rechtliche Beurteilung

Die ao. Revision der Beklagten, die die Abweisung des Feststellungsbegehren anstrebt, ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Nach seiner ihn auch selbst bindenden (EFSlg 41.812; RZ 1977/15 ua; Fasching, Lehrbuch2 Rz 1957 mwN) Rechtsauffassung des Obersten Gerichtshofes im Aufhebungsbeschluß ON 119 des zweiten Rechtsganges steht der Klägerin ein dem Fruchtgenuß inhaltsgleiches obligatorisches lebenslanges Fruchtgenußrecht an der Liegenschaft der Beklagten zu. Soweit die Beklagte in ihrem Rechtsmittel gegen diese Rechtsauffassung Bedenken vorträgt, kann darauf schon wegen der bindenden Wirkung nicht eingegangen werden. Darauf, daß die Beklagte das der Klägerin zustehende obgenannte Recht wegen groben Undanks widerrufen könnte, kommt die ao. Revision nicht mehr zurück, sodaß auf die eingehenden Ausführungen der zweiten Instanz verwiesen werden kann.

Die Beklagte hat aber in ihrem Schriftsatz ON 136 nicht nur den Widerruf, sondern in eventu auch die außerordentliche Kündigung des dem Fruchtgenuß inhaltsgleichen obligatorischen lebenslangen Fruchtgenußrechtes der Klägerin an der Liegenschaft erklärt. Die Aufhebungserklärung nach §§ 1117 f ABGB ist einredeweise gegen eine Klage auf Zuhaltung (MietSlg 40.166, 23.183; Würth in Rummel20, § 1118 ABGB Rz 6; Klang in Klang2 V 119) oder Feststellung eines Bestandverhältnisses (6 Ob 589/91) zulässig. Gleiches hat zu gelten, wenn sie einredeweise gegen eine Klage auf Feststellung des Bestehens eines obligatorischen lebenslangen Fruchtgenußrechtes erhoben wird. Nach herrschender Auffassung können in analoger Anwendung der §§ 1117 f ABGB Dauerschuldverhältnisse grundsätzlich aus wichtigen Gründen in Ausübung eines Gestaltungsrechtes durch einseitige, empfangsbedürftige und mit dem Zugang an den Vertragspartner wirksame Aufhebungserklärung (MietSlg 40.166;

SZ 59/127 = JBl 1987, 180 = MietSlg 38/31 ua; Würth aaO, Rz 6 mwN;

Binder in Schwimann, § 1118 ABGB Rz 30) aufgelöst werden (außerordentliche Kündigung). Als wichtige Gründe kommen dabei insbesondere Vertragsverletzungen, der Verlust des Vertrauens in der Person des Schuldners - bei Dienstbarkeiten oder ähnlichen Verhältnissen, die nicht auf den Fortbestand des gegenseitigen Vertrauens beruhen, nur als "äußerstes Notventil" (MietSlg 31.223;

4 Ob 532/91, 3 Ob 550/89 ua) - oder schwerwiegende Änderungen der Verhältnisse in Betracht, welche die Fortsetzung der vertraglichen Bindung nicht zumutbar erscheinen lassen (SZ 61/281, SZ 60/218 uva;

Rummel in Rummel2, § 859 ABGB Rz 27 mwN). Diese Grundsätze gelten auch für sonstige Dauerrechtsverhältnisse wie Dienstbarkeiten und ähnliche Gebrauchsrechte (SZ 59/165 = MietSlg 38/40, MietSlg 35.222 f, 31.049 f; JBl 1974, 618 = EvBl 1974/50 = MietSlg 25/24; 4 Ob 532/91, 3 Ob 550/89 ua; Petrasch in Rummel2, § 524 ABGB Rz 2 mwN; Pimmer in Schwimann, § 524 ABGB Rz 4 mwN; Mayrhofer, Abstehen vom Vertrag aus wichtigem Grund bei Dienstbarkeiten ? in JBl 1974, 593 ff; gegenteilig SZ 38/56) einschließlich von auf Lebenszeit eingeräumten obligatorischen Wohnungsrechten (MietSlg 26.039). Ob im vorliegenden Fall die Beklagte die außerordentliche Kündigung des dem Fruchtgenuß inhaltsgleichen obligatorischen lebenslangen Fruchtgenußrechtes der Klägerin an der Liegenschaft verlangen kann und ob durch das maßgebliche Gesamtverhalten der Klägerin im Einzelfall die von der Beklagten ins Treffen geführten Gründe (versuchte Arrogierung des Eigentumsrechtes durch die Klägerin durch Behauptung der Ersitzung, Einholen einer Vollmacht der Beklagten unter dem Vorwand der Vertretung in Steuersachen und bei der N***** mit Schreiben vom 20. Juli 1967 und Verwendung dieser Vollmacht zur Begründung von zur Darlehensbesicherung eingeräumten Pfandrechten auf der Liegenschaft der Beklagten gegen deren Willen) - Feststellungen fehlen dazu - eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen können, braucht hier nicht geprüft zu werden.

Denn die Aufhebungsgründe nach § 1117 f ABGB gehen nach herrschender Auffassung durch grundlose Nichtausübung während einiger Zeit infolge schlüssigen Verzichts (§ 863 ABGB) verloren (Rummel aaO, § 863 ABGB Rz 22; Würth aaO, Rz 8; Binder aaO, Rz 23, jeweils mwN). Darauf hat sich die Klägerin auch berufen. Im vorliegenden, bereits seit 1978 anhängigen Rechtsstreit hat die Beklagte bereits im ersten Rechtsgang (vgl etwa ihre Äußerung vom 11. Juli 1978 ON 8/1. Band und ihren Beweisantrag vom 11. Juli 1980 ON 44/1. Band) diese nun für die außerordentliche Aufkündigung behaupteten Gründe im einzelnen behauptet und auch nach der ihrem Rechtsbeistand am 1. September 1988 zugestellten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ON 119, womit der Bestand eines obligatorischen Fruchtgenußrechtes klargestellt war, erst nach zwei Tagsatzungen mit Schriftsatz vom 16. Februar 1990, ON 136, diese außerordentliche Kündigung ausgesprochen. Angesichts der maßgeblichen besonderen Umstände dieses Einzelfalles, im besonderen des Versorgungszwecks des der Klägerin zustehenden obligatorischen Fruchtgenußrechts, aber auch der Tatsache, daß die inkriminierten Vorfälle bereits viele Jahre zurückliegen und bei der Prüfung eines wichtigen Grundes für die Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses auf den Zeitpunkt der Abgabe der Auflösungserklärung abzustellen ist (EvBl 1987/176; 1 Ob 538/90 ua; Rummel aaO, § 901 ABGB Rz 6), muß daher auch unter Anlegung eines gebotenen strengen Maßstabes und Zugrundelegung des maßgeblichen objektiven Erklärungswertes der Willensäußerung, gemessen am Empfängerhorizont des redlichen Erklärungsempfängers (JBl 1987, 171; JBl 1986, 46 uva; Rummel aaO, § 914 ABGB Rz 4), ein konkludenter Verzicht der Beklagten auf Geltendmachung des Rechts zur außerordentlichen Kündigung angenommen werden.

Der ao. Revision ist daher nicht Folge zu geben.

Der Rekurs der Beklagten gegen den Aufhebungsbeschluß der zweiten Instanz, womit eine gänzliche Abweisung des Zahlungsbegehrens, zumindest aber im Rahmen der Pfandbelastung von 300.385 S und der Eigenleistungen der Beklagten von 286.188,80 S angestrebt wird, ist inhaltlich zum Teil berechtigt, obgleich es bei der von der zweiten Instanz beschlossenen gänzlichen Aufhebung dieses Teils des Ersturteils zu verbleiben hat.

Nach der auch zur Höhe des klägerischen Kondiktionsanspruches bindenden Rechtsauffassung des Obersten Gerichtshofes richtet sich diese nach dem der Beklagten verschafften Nutzen (JBl 1987, 390; SZ 53/71 = JBl 1981, 153 = EFSlg 36.265 mwN uva). Das Erstgericht hat, dem Aufhebungsbeschluß ON 119 folgend, nur das dem Fruchtgenuß an der Liegenschaft inhaltsgleiche obligatorische, lebenslange Nutzungsrecht der Klägerin vom ermittelten Wert der Liegenschaft zum Stichtag 17. Dezember 1982 in Abzug gebracht und ist auf das weitere Vorbringen der Beklagten zur Höhe des Nutzens im übrigen nicht eingegangen. Das Berufungsgericht vertrat, von der Klägerin umbekämpft, die Auffassung, bei der Berechnung des der Beklagten durch den Hausbau der Klägerin verschafften Nutzens müßten auch die (in erster Instanz mit 300.000 S und im Rechtsmittelverfahren mit 286.188,80 S bewerteten) zweckgewidmeten Eigenleistungen der Beklagten für das Haus, von der Klägerin trotz ihrer Stellung als Nutzungsberechtigte nicht bezahlte Kosten der Wasser-Hausleitung samt Wassermesser und Anschluß zum Haus von 8.851,15 S Eingang finden und im übrigen geprüft werden, ob wertsteigernde Aufwendungen nicht auch vom Gatten der Klägerin erbracht worden seien. Der Oberste Gerichtshof als reine Rechtsinstanz kann dieser von Seiten der dadurch allein beschwerten Klägerin unangefochten gebliebenen rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichtes, der Sachverhalt sei in diesen beiden Richtungen noch nicht genügend geklärt, dazu bedürfte es noch weiterer Feststellungen, nicht entgegentreten (SZ 51/141, SZ 40/109; RZ 1967, 74 ua; Fasching IV 414).

Bereicherungsansprüche sind zu mindern, wenn unter anderem dem Empfänger durch die Leistung nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile entstanden sind (sogenannter Nachteilsausgleich; Koziol-Welser aaO, 403). Im vorliegenden Fall war die Liegenschaft der (bereicherten) Beklagten zum Stichtag unbestritten mit Pfandrechten und einem Veräußerungsverbot belastet und ist es offenbar immer noch. Grund für diese Belastungen sind von der Klägerin aufgenommene Darlehen, um den Hausbau auf der Liegenschaft der Beklagten zu finanzieren; sie stehen somit in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der - sonst wohl in diesem Ausmaß unmöglichen - Wertsteigerung der Liegenschaft durch den Hausbau und betreffen somit ausschließlich die Höhe des der Beklagten zugekommenen Vorteils, sodaß nach Auffassung des erkennenden Senates in einem solchen Fall diese "Nachteile" des Empfängers der Leistung auf jeden Fall zu berücksichtigen sind. Strittig ist nur, ob die Aufnahme der Darlehen und die Belastung der Liegenschaft mit oder ohne Zustimmung der beklagten Liegenschaftseigentümerin erfolgte, ob somit die Klägerin unredlich war. Der Sachverständige führte in seinem Gutachten aus, daß zu TZ 1381/1969 das Veräußerungsverbot gemäß WBFG 1968 für das Bundesland N***** angemerkt sei und im Lastenblatt vier Pfandrechte aufschienen, diese Eintragungen jedoch für die Beantwortung der vom Gericht gestellten Fragen (Werterhöhung der Liegenschaft durch Aufwendungen der Klägerin für diese Liegenschaft) ohne Bedeutung seien. Dem kann nicht beigepflichtet werden; sowohl das durch Inanspruchnahme eines Darlehens des Landes N***** einverleibte Veräußerungsverbot zu Gunsten des Landes als auch die einverleibten Pfandrechte, die nach dem Vorbringen der Beklagten zum Stichtag für Beträge von 223.700 S und 76.685 S (insgesamt gerundet 300.385 S) zu Gunsten der bei der C***** und der N***** Landesregierung offen aushafteten, müssen bei Ermittlung des Nutzens der Beklagten angemessen berücksichtigt werden. Dazu wird das Erstgericht das Sachverständigen-Gutachten über den Wert der wertsteigernden Aufwendungen in diesem Sinn zu ergänzen haben, daß durch einen Vergleich in der Bewertung der Liegenschaft mit und ohne Veräußerungsverbot (unter Berücksichtigung der Bestimmungen des WBFG 1968) sowie mit und ohne die Pfandrechte ein sachgerechter Betrag der Wertsteigerung unter Bezugnahme auf das beiderseitige Vorbringen, allenfalls unter Anwendung des § 273 ZPO (JBl 1956, 473; Rummel aaO, § 1437 ABGB Rz 10; Honsell aaO, § 1431 ABGB Rz 9) ermittelt wird. Dabei wird das in Geld zu bewertende Risiko der beklagten Liegenschaftseigentümerin für die Übernahme der Sachhaftung zu berücksichtigen sein.

Der von der Beklagten mit 132.625 S bezifferte Abzug von der Kondiktionsforderung der Klägerin für die behauptete Lukrierung von Zinsenvorteilen der Klägerin aus deren behaupteten unredlichen Inanspruchnahme der Liegenschaft als Sachhaftung betrifft keinen Umstand, der von einem Einfluß auf den allein maßgeblichen der Beklagten verschafften Nutzen (SZ 55/37 ua; Rummel aaO, § 1431 ABGB Rz 9; Apathy in Schwimann, § 1041 ABGB Rz 9) wäre, sondern kann nur einen der Klägerin verschafften Vorteil betreffen. Die Beklagte könnte dafür gegen die Klägerin nur einen Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB bei ungerechtfertigter (Rummel aaO, § 1041 ABGB Rz 4) Verwendung einer fremden Sache (Liegenschaft) - ungeachtet eines Schadens der Beklagten (SZ 58/104, SZ 55/37 ua; Rummel aaO, § 1041 ABGB Rz 5) - zum Nutzen der Klägerin, der auch in der Ersparnis von Aufwendungen liegen kann (JBl 1990, 453; SZ 52/9; SZ 47/130 ua; Rummel aaO, § 1041 ABGB Rz 14), geltend machen, doch wurde ein solcher vom Nutzen der Beklagten unabhängiger Kondiktionsanspruch compensando nicht eingewendet. Ein Eingehen darauf ist daher dem Rekursgericht versagt. Auch dem Rekurs ist demnach nicht Folge zu geben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E29319

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0060OB00580.91.0206.000

Dokumentnummer

JJT_19920206_OGH0002_0060OB00580_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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