TE OGH 1990/3/7 1Ob538/90

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Veröffentlicht am 07.03.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Richter des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred W*** Gesellschaft mbH & Co KG, Wien 8, Trautsohngasse 1, vertreten durch Dr. Gerhard Eckert, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Gerhard H***, Galeriebesitzer, 2.) Annemarie H***, Geschäftsfrau, beide Wien 1, Köllnerhofgasse 1 und Wien 8, Auerspergstraße 1, beide vertreten durch Dr. Peter Pewny, Rechtsanwälte in Wien, wegen Räumung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 23. November 1989, GZ 48 R 639/89-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 18. August 1989, GZ 41 C 293/89z-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 6.789,42 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.131,57 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile schlossen am 14. Dezember 1979, somit vor Inkrafttreten des MRG, einen Mietvertrag über Räumlichkeiten, bezeichnet als Orangerie und Gartenhaus, in dem der Klägerin gehörigen Palais A*** in Wien. Nach Punkt III.d) dieses Vertrages kann das Mietverhältnis vom Vermieter ohne Einhaltung einer Frist aufgelöst werden, wenn dieser das Palais A*** als Ganzes verkauft und den Mietern eine Ablöse für ihre Investitionen bezahlt.

Die Klägerin begehrt von den Beklagten die Räumung der Bestandräumlichkeiten, weil sie das Palais A*** an die Resident Realbesitz AG veräußern werde.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil das Bestandobjekt den Bestimmungen des MRG unterliege und daher für eine sofortige Auflösung nur die in § 29 Abs 1 Z 5 MRG enthaltenen Auflösungsgründe in Frage kämen. Der herangezogene, im Mietvertrag vereinbarte Auflösungsgrund (Verkauf des Palais A***) falle nicht unter diese Auflösungsgründe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge; es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstands 300.000 S übersteige.

Das Berufungsgericht billigte die Rechtsansicht der ersten Instanz und führte ergänzend aus, daß der Mietvertrag vor Inkrafttreten des MRG abgeschlossen worden sei, sei unerheblich, weil sich der zur Stützung des geltend gemachten Auflösungsgrundes maßgebliche Sachverhalt erst nach dem Inkrafttreten des MRG erfüllt habe (§ 43 Abs 1 MRG).

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist nicht gerechtfertigt. Die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, daß § 29 Abs 1 Z 5 MRG als Auflösungsgründe nur in den beiden aufgezählten, im wesentlichen den §§ 30 Abs 2 Z 1 und 3 MRG entsprechenden Gründen (erheblich nachteiliger Gebrauch des Mietgegenstandes oder qualifizierter Mietzinsrückstand) anerkenne, wird in der Revision nicht mehr in Zweifel gezogen und entspricht auch der herrschenden Auffassung (MietSlg 37.395; RZ 1983/70 = MietSlg 35.344 mwN; Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19, § 29 MRG Anm 24).

Die Klägerin geht zwar in der Revision selbst davon aus, daß sich der zur Stützung des geltend gemachten Auflösungsgrundes herangezogene Sachverhalt (geplanter oder bereits durchgeführter Verkauf des Palais A***) erst nach dem Inkrafttreten des MRG erfüllt habe, daß aber die Vereinbarung des Auflösungsgrundes schon vor Inkrafttreten des MRG erfolgt sei. Dem Zeitpunkt der Vereinbarung kommt aber keine Bedeutung zu. Gemäß § 43 Abs 1 MRG gilt das I. Hauptstück des MRG (und damit auch § 29 MRG), insoweit nichts anderes bestimmt ist, auch für Mietverträge, die - wie hier - vor dem Inkrafttreten des MRG geschlossen worden sind. Darin kommt der schon im § 5 ABGB verankerte Grundsatz zum Ausdruck, daß das neue Recht auf bestehende Mietverhältnisse als Dauerschuldverhältnisse im Rahmen seines zeitlichen Geltungsbereiches ohne weiteres anzuwenden ist. Vor Inkrafttreten des MRG endgültig und abschließend verwirklichte Sachverhalte, sind nicht nach dem MRG zu beurteilen, sondern der früheren Rechtslage zu unterstellen (JBl 1988, 525; MietSlg XXXIX/19;

JBl 1986, 390 = MietSlg 38.287/5, jeweils mwN). Nach dem Inkrafttreten des MRG verwirklichte Sachverhalte, wozu der Eintritt eines im Mietvertrag vereinbarten Auflösungsgrundes, wie hier Verkauf des Bestandobjektes zählt, sind demgemäß nach den Vorschriften des MRG zu beurteilen (MietSlg 37.395; RZ 1983/70; 8 Ob 580/87; Würth in Rummel2 § 1118 ABGB Rz 9; Würth-Zingher aaO). Dem entspricht auch, daß die Prüfung eines wichtigen Grundes für die Auflösung eines Dauerschuldverhätnisses auf den Zeitpunkt der Abgabe der Auflösungserklärung abzustellen ist (MietSlg 37.179; JBl 1967, 209 ua; Fasching III 661).

Der Revision ist somit der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E19947

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0010OB00538.9.0307.000

Dokumentnummer

JJT_19900307_OGH0002_0010OB00538_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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