TE Vwgh Erkenntnis 2007/7/26 2005/04/0151

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.07.2007
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
16/02 Rundfunk;

Norm

B-VG Art140;
KOG 2001 §11;
ORF-G 2001 §13 Abs5;
ORF-G 2001 §13 Abs9;
ORF-G 2001 §36 Abs5;
ORF-G 2001 §37 Abs4;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2005/04/0156

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Papst, über die Beschwerden des Österreichischen Rundfunks (ORF) in Wien, vertreten durch Korn Frauenberger Rechtsanwälte OEG in 1040 Wien, Argentinierstraße 20/1/3, gegen die Bescheide des Bundeskommunikationssenates 1.) vom 14. Dezember 2004, Zl. 611.933/0003-BKS/2004 (hg. Zl. 2005/04/0151; mitbeteiligte Partei: Premiere Fernsehen GmbH und Premiere Fernsehen GmbH & Co KG, beide vertreten durch Dr. Egon Engin-Deniz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Ebendorferstraße 3), und 2.) vom 1. Juni 2005, Zl. 611.009/0027-BKS/2005 (hg. Zl. 2005/04/0156), jeweils betreffend Feststellung der Verletzung des ORF-Gesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.1. Mit dem zur Zl. 2005/04/0151 protokollierten Bescheid vom 14. Dezember 2004 stellte die belangte Behörde - soweit hier wesentlich - fest, die beschwerdeführende Partei habe am 11. August 2004 gegen das Verbot der Bewerbung von Fernsehprogrammen in Hörfunkprogrammen des ORF gemäß § 13 Abs. 9 ORF-G verstoßen, indem sie im Rahmen der Sendung "Ö3-Wecker" einen Hinweis auf den im Abendprogramm von ORF 1 ausgestrahlten Film "Traffic-Die Macht des Kartells" verbunden mit der Aussage des Moderators "Es lebe hoch, das österreichische Fernsehen, das öffentlich-rechtliche" gesendet habe. Gemäß § 37 Abs. 4 ORF-G wurde der beschwerdeführenden Partei aufgetragen, diese Entscheidung im Hörfunkprogramm Ö3 in einem näher bezeichneten Zeitraum zu veröffentlichen.

In der Begründung verwies die belangte Behörde zunächst auf die Beschwerde der mitbeteiligten Partei gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 lit. d ORF-G, mit der der gegenständliche Sachverhalt der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht worden sei. In der Sache stellte die belangte Behörde fest:

"Die Beschwerdegegnerin sendete am 11.8.2004 um 8.38 Uhr in Ö3 in der Sendung 'Ö3-Wecker" nachfolgendes Gespräch zwischen den Moderatoren Harry Raithofer (HR), Daniela Zeller (DZ) und Markus Wadsak (MW):

HR

Bitte, heute 20.15 Uhr, ORF 1 'Traffic-

DZ

Toller Film!

HR

-die Macht des Kartells'. Topthriller mit Michael Douglas, Catherine Zeta- Jones,

DZ

Benicio del Torro, der dafür auch einen Oscar bekommen hat!

HR

... und 4 Oscars-

MW

... die spielen alle mit ...

HR

... hat 4 Oscars bekommen, der Film! 'Traffic' 20.15 Uhr, ORF 1.

 

Es lebe hoch das österreichische Fernsehen, das öffentlich-rechtliche. 8 Minuten nach halb 9."

In der rechtlichen Beurteilung verwies die belangte Behörde auf § 13 Abs. 9 ORF-G, der ein Verbot der sog. "cross promotion" enthalte, also ein Verbot der Bewerbung von Hörfunkprogrammen des ORF in Fernsehprogrammen des ORF und umgekehrt. Dieses Verbot beruhe nach den Gesetzesmaterialien darauf, dass dem ORF auf Grund seiner Möglichkeit, mehrere Fernseh- und Hörfunkprogramme zu gestalten, gegenüber privaten Rundfunkveranstaltern ein unvergleichbar starker Wettbewerbsvorteil zukomme. § 13 Abs. 9 ORF-G solle daher einseitige Wettbewerbsverzerrungen hintanhalten. Vom genannten Verbot seien aber neutral gehaltene Informationen über einzelne Sendeinhalte nicht erfasst. Die in Rede stehende Gesetzesbestimmung, die der Verfassungsgerichtshof als verfassungskonform angesehen habe (Hinweis auf das Erkenntnis vom 8. Oktober 2003, B 1540/02) verbiete daher "Imagekampagnen" des ORF für Hörfunkprogramme in Fernsehprogrammen und umgekehrt. Zulässige Hinweise auf einzelne Sendungen im Sinne des § 13 Abs. 9 letzter Satz ORF-G seien nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann zulässig, wenn nicht der bewerbende, sondern der informative, redaktionelle Inhalt im Vordergrund stehe. Letzteres sei gegenständlich nicht der Fall, weil der in ORF 1 ausgestrahlte Film von den Radiomoderatoren nicht nur besonders gelobt worden sei, sondern weil der Kommentar der Radiomoderatoren, das öffentlich-rechtliche Fernsehen solle hoch leben, die Grenze zwischen einem bloß neutralen Hinweis und einer Imagewerbung überschritten habe. Die Äußerungen der Radiomoderatoren seien ohne Zweifel Werbung für das Fernsehprogramm ORF 1 und als solche geeignet, noch unentschlossene Seher zu gewinnen und damit die Zuschauerquote des Programms ORF 1 zu Lasten aller konkurrierenden Fernsehveranstalter zu erhöhen.

I.2. Auch mit dem zur Zl. 2005/04/0156 protokollierten Bescheid vom 1. Juni 2005 stellte die belangte Behörde eine Verletzung des § 13 Abs. 9 ORF-G durch die beschwerdeführende Partei fest (Spruchpunkt I.) und verpflichtete die beschwerdeführende Partei einerseits gemäß § 37 Abs. 4 ORF-G zur Veröffentlichung dieser Entscheidung und andererseits gemäß § 36 Abs. 5 leg. cit. zur Übermittlung von Aufzeichnungen über diese Veröffentlichung (Spruchpunkt II.). Die beschwerdeführende Partei habe am 3. Februar 2005 im Hörfunkprogramm Ö2 (Tirol) zunächst folgende an ein Gespräch mit einem Elternpaar anknüpfende Bemerkungen des Radiomoderators gesendet:

"Mariala. Das Fleckerl. Eine gefürchtete Figur beim Wiener Walzer. Schauen Sie zu. Sie haben Logenplätze beim Opernball, beim Ball der Bälle. Heute ab 20 Uhr 15 in ORF 2. Die Moderatoren Alfons Haider und Arabella Kiesbauer freuen sich schon."

Danach sei folgender Dialog der (Fernseh-)Moderatoren

"Arabella Kiesbauer:

'Alles Glanz, alles Glamour.'

Alfons Haider:

'Machen Sie sich bereit für das Society-Event der Saison.'

Arabella Kiesbauer:

'Promis, Stars und große Auftritte heute Nacht. Und alles ist bereit für die magischen Worte:'"

und schließlich die Worte 'Alles Walzer' sowie der Kommentar:

'Bei uns ist Ihnen Ihr Logenplatz sicher' gesendet worden.

In der rechtlichen Begründung verwies die belangte Behörde auf ihre Ausführungen zu § 13 Abs. 9 ORF-G im bereits dargestellten Bescheid vom 14. Dezember 2004 und vertrat bezüglich der Gestaltung der gegenständlichen Hörfunkeinschaltung die Rechtsauffassung, die neutral gehaltenen Informationen zur Übertragung des Opernballes beschränkten sich auf den Hinweis zur Sendezeit und zum Programmplatz. Hingegen zeige die Art der Gestaltung dieser Hörfunkeinschaltung, dass eindeutig der bewerbende Charakter im Vordergrund stehe. Insbesondere der Dialog der beiden Fernsehmoderatoren, die einem breiten Publikum bekannt seien, im Zusammenhalt mit den bewerbenden Worten des Radiomoderators überschreite die Grenze der neutral gehaltenen Information.

II. Gegen den Bescheid vom 14. Dezember 2004 erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese mit Erkenntnis vom 13. Juni 2005, B 160/05-8, abwies und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erstatteten zur ergänzten Beschwerde betreffend den Bescheid vom 14. Dezember 2004 je eine Gegenschrift, die belangte Behörde legte zu dieser Beschwerde und zur Beschwerde gegen den Bescheid vom 1. Juni 2005 die Verwaltungsakten vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges verbundenen Beschwerden erwogen:

II.1. Die beschwerdeführende Partei vertritt in ihren beiden im Wesentlichen wortgleichen Beschwerden zusammengefasst den Rechtsstandpunkt, dass ein Hinweis des ORF auf einzelne Sendungsinhalte gemäß § 13 Abs. 9 ORF-G zulässig sei, ohne dass es dabei auf zusätzliche Inhalte dieses Hinweises oder die Art der Gestaltung des Hinweises ankäme. Dem Gesetz lasse sich nämlich kein zusätzliches Zulässigkeitskriterium, etwa eine bestimmte Form des Hinweises, entnehmen. Der Sinn eines Hinweises im Sinne des § 13 Abs. 9 ORF-G könne nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei nur darin liegen, für bestimmte Sendungsinhalte "zu werben", weil die Information über eigene Sendungsinhalte kein Selbstzweck sein könne, sondern immer nur der Zielsetzung dienen könne, die betroffenen Sendungen dem Publik "schmackhaft" zu machen. Konstitutiver Bestandteil jedes Hinweises auf eigene Sendungsinhalte sei daher ein "werbliches" Element. Der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 8. Oktober 2003, B 1540/02, offen gelassen, ob § 13 Abs. 9 ORF-G verfassungskonform dahin interpretiert werden könne, dass er "jede werbliche Gestaltung" verbiete. Hingegen scheine der Oberste Gerichtshof in seinem Beschluss vom 20. Mai 2003, 4 Ob 8/03k, die Meinung der beschwerdeführenden Partei, dass Hinweise im Sinne des § 13 Abs. 9 leg. cit. auch ein werbliches Element beinhalten können, zu teilen. Eine "sterile" Information über Sendungsinhalte wäre nämlich völlig werbeunwirksam. Die Interpretation, § 13 Abs. 9 ORF-G lasse nur "neutrale" Hinweise auf Sendungsinhalte zu, stünde mit dem Abs. 5 dieser Bestimmung, der die Eigenwerbung des ORF grundsätzlich zulasse, ebenso in Widerspruch, wie mit Art. 10 EMRK, weil die letztgenannte Bestimmung den Schutz der Meinungsfreiheit nicht davon abhängig mache, wie der Hinweis auf Sendungsinhalte gestaltet sei. § 13 Abs. 9 ORF-G müsse daher verfassungskonform dahin interpretiert werden, dass nur "Imagewerbung", also Werbung zur Förderung des jeweiligen Programmes, unzulässig sei. Eine solche Imagewerbung liege nicht vor, wenn, wie in den gegenständlichen Fällen, die konkrete Sendung und deren Inhalt im Vordergrund stehe. Es komme also darauf an, ob im Einzelfall der Zweck der Imagewerbung oder der Zweck der Information über einen Sendungsinhalt im Vordergrund stehe. Was dabei konkret den Hinweis im Ö3-Wecker vom 11. August 2004 auf einen im Abendprogramm ausgestrahlten Film betreffe, so habe es sich dabei nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei jedenfalls nicht um eine Imagekampagne gehandelt. Der Umstand, dass dieser Hinweis mit einer werblichen Aufmachung verbunden gewesen sei, verstoße nach der dargestellten Beschwerdemeinung nicht gegen § 13 Abs. 9 ORF-G, sondern sei nach dem letzten Satz dieser Bestimmung zulässig. Die werbliche Aufmachung sei gegenständlich nämlich nicht geeignet gewesen, der beschwerdeführenden Partei Wettbewerbsvorteile gegenüber privaten Mitbewerbern am Rundfunkmarkt zu verschaffen, weil nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei auszuschließen sei, dass irgendein Hörer des Ö3-Weckers nur wegen des gegenständlichen Hörfunkspots den angekündigten Film ansehen und deshalb künftig die Fernsehprogramme des ORF bevorzugen werde.

Gleiches gelte für die Einschaltung vom 3. Februar 2005 betreffend die Fernsehübertragung des Opernballs. Auch dabei habe es sich lediglich um Hinweise betreffend den konkreten Sendungsinhalt gehandelt, wobei es zulässig sein müsse, die Moderatoren der Opernballübertragung in einer solchen Einschaltung zu Wort kommen zu lassen.

III. Das ORF-G, BGBl. Nr. 379/1984 in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 97/2004 lautet (auszugsweise):

"3. Abschnitt

Werbung und Patronanzsendungen

Definition der Werbung und Werbezeiten

§ 13. (1) Der Österreichische Rundfunk kann im Rahmen seiner Hörfunk- und Fernsehprogramme Sendezeiten gegen Bezahlung für kommerzielle Werbung vergeben. Kommerzielle Werbung ist jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs, die gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung gesendet wird, mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, gegen Entgelt zu fördern.

(2) Die Vergabe von Sendezeiten für direkte Angebote an die Öffentlichkeit für den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen gegen Entgelt (Teleshopping), ist dem Österreichischen Rundfunk untersagt.

(3) Werbung muss klar als solche erkennbar sein. Sie ist durch optische oder akustische Mittel eindeutig von anderen Programmteilen zu trennen.

(4) Unter der Wahrnehmungsgrenze liegende Werbesendungen sowie jede Form der Werbung für Spirituosen und Tabakwaren sind untersagt. Der Stiftungsrat kann auf Vorschlag des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen weitere im Interesse der Volksgesundheit notwendige Beschränkungen hinsichtlich der kommerziellen Werbung festlegen.

(5) Soweit nach diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, setzt der Stiftungsrat auf Vorschlag des Generaldirektors den Umfang der Werbesendungen in den Programmen des Österreichischen Rundfunks fest. Sendezeiten für kommerzielle Werbung dürfen am Karfreitag sowie am 1. November und am 24. Dezember nicht vergeben werden. Für die Berechnung der höchstzulässigen Werbezeit nach diesem Bundesgesetz gelten Hinweise des Österreichischen Rundfunks auf eigene Programme und Sendungen sowie auf Begleitmaterialien, die direkt von diesen abgeleitet sind, sowie Beiträge im Dienste der Allgemeinheit und kostenlose Spendenaufrufe zu wohltätigen Zwecken nicht als Werbung.

(6) Eines der österreichweiten Programme des Hörfunks gemäß § 3 hat von Werbesendungen frei zu bleiben. In österreichweit verbreiteten Hörfunkprogrammen sind Werbesendungen nur österreichweit zulässig. Hörfunkwerbesendungen dürfen im Jahresdurchschnitt die tägliche Dauer von insgesamt 172 Minuten nicht überschreiten, wobei Abweichungen von höchstens 20 vH pro Tag zulässig sind. In einem Programm dürfen Werbesendungen im Jahresdurchschnitt 8 vH der täglichen Sendezeit nicht überschreiten. Hörfunkwerbesendungen, die in bundeslandweiten Programmen gesendet werden, sind nur einmal zu zählen und dürfen im Jahresdurchschnitt die tägliche Dauer von fünf Minuten nicht überschreiten, wobei Abweichungen von höchstens 20 vH pro Tag zulässig sind. Die Dauer von Werbesendungen, die zeitgleich in mehr als einem bundeslandweiten Programm ausgestrahlt werden (Ringwerbesendungen), ist jeweils in die fünfminütige Werbedauer des betreffenden bundeslandweiten Programms einzurechnen.

(7) In Programmen des Fernsehens sind Werbesendungen nur österreichweit zulässig. Fernsehwerbesendungen dürfen im Jahresdurchschnitt die Dauer von 5 vH der täglichen Sendezeit pro Programm nicht überschreiten, wobei Abweichungen von höchstens 20 vH pro Tag zulässig sind. Für die Ermittlung der Dauer der zulässigen Fernsehwerbung ist eine tägliche Sendezeit unabhängig vom tatsächlichen Ausmaß mit höchstens 14 Stunden pro Tag und Programm zu Grunde zu legen. Innerhalb einer vollen Stunde darf der Sendezeitanteil der Fernsehwerbung nicht 20 vH überschreiten. Unter Stunden sind die 24 gleichen Teile eines Kalendertages zu verstehen.

(8) Werbung im Fernsehen für periodische Druckwerke darf auf den Titel (Namen des Druckwerks) und die Blattlinie, nicht aber auf deren Inhalte hinweisen. Die dafür eingeräumte Sendezeit darf nicht mehr als zwei Minuten der gesamten wöchentlichen Werbezeit betragen. Die Vergabe dieser Sendezeiten und der Tarife hat gegenüber allen Medieninhabern dieser Druckwerke zu gleichen und nichtdiskriminierenden Bedingungen zu erfolgen. Näheres regelt das Tarifwerk des Werbefunks (§ 21 Abs. 1 Z 7).

(9) Die Bewerbung von Hörfunkprogrammen des Österreichischen Rundfunks in Fernsehprogrammen des Österreichischen Rundfunks (§ 3 Abs. 1) und umgekehrt ist, sofern es sich nicht um Hinweise auf einzelne Sendungsinhalte handelt, unzulässig.

Beschwerden und Anträge

§ 36. (1) Der Bundeskommunikationssenat entscheidet neben den in § 11a KOG genannten Fällen gemäß § 35 Abs. 1 - soweit dafür nicht eine andere Verwaltungsbehörde oder ein Gericht zuständig ist - über die Verletzung von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes

1. auf Grund von Beschwerden

...

d) eines Unternehmens, dessen rechtliche oder wirtschaftliche Interessen durch die behauptete Verletzung berührt werden. ..."

III.1. In den Beschwerdefällen geht es im Kern um die Frage, ob die Einschaltungen vom 11. August 2004 im Ö3-Wecker und vom 3. Februar 2005 im Radioprogramm Ö2, in denen sich die Moderatoren jeweils mit Sendungen im Fernsehprogramm der beschwerdeführenden Partei beschäftigten, unzulässige Bewerbungen eines Fernsehprogramms oder zulässige Hinweise auf einzelne Sendungsinhalte im Sinne des § 13 Abs. 9 ORF-G darstellen.

Der Verfassungsgerichtshof hatte im Erkenntnis vom 8. Oktober 2003, B 1540/02, VfSlg. 17.006, unter dem Blickwinkel des Art. 10 EMRK keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 13 Abs. 9 ORF-G, weil das dort normierte Verbot nicht auch "reine Information" betrifft, sondern lediglich die "Bewerbung" der Hörfunk- und Fernsehprogramme des ORF durch das jeweilige andere Medium. Reine Information sei vom Anwendungsbereich des § 13 Abs. 9 ORF-G daher nicht betroffen (siehe Punkt 3.1.1.3. des zitierten Erkenntnisses). Gleichzeitig hat der Verfassungsgerichtshof dahingestellt gelassen, ob § 13 Abs. 9 ORF-G "jede werbliche Gestaltung des Sendungsinhaltshinweises" verbietet (Punkt 4.2. des Erkenntnisses). Die sachliche Rechtfertigung dafür, dass dem ORF im Unterschied zu privaten Veranstaltern eine gegenseitige Bewerbung seiner Fernseh- und Hörfunkprogramme generell verboten ist, hat der Verfassungsgerichtshof in der besonderen Stellung des ORF gesehen, der in einem Markt tätig sei, in dem ihm als langjährigen Monopolisten nach wie vor eine marktbeherrschende Stellung zukomme.

Unter Bezugnahme darauf hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 20. Oktober 2004, Zl. 2003/04/0179, wie folgt ausgeführt:

"Aus der Begriffswahl des Gesetzgebers, der von 'Hinweisen' auf 'Sendungsinhalte' spricht, ist abzuleiten, dass bei diesem Ausnahmetatbestand nicht der bewerbende, sondern der informative, redaktionelle Inhalt im Vordergrund zu stehen hat (vgl. auch Kogler/Kramler/Traimer, Österreichische Rundfunkgesetze (2002), S. 45).

...

Der Beschwerde ist auch darin nicht zu folgen, wenn sie im Ergebnis vorbringt, dass es im Hinblick auf § 13 Abs. 9 ORF-G keinen Unterschied mache, wie der Hinweis auf den Sendungsinhalt gestaltet sei. Eine solche extensive Auslegung des Ausnahmetatbestandes verkennt die grundsätzliche Zielsetzung des in § 13 Abs. 9 ORF-G normierten Werbeverbotes, welches nach den Materialien (RV 634 BlgNR XXI. GP) Wettbewerbsverzerrungen durch die gegenseitige Bewerbung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen des ORF verhindern soll."

Der Verwaltungsgerichtshof hat somit die - auch in den gegenständlichen Beschwerden vertretene - Auffassung, es komme bei der Beurteilung gemäß § 13 Abs. 9 ORF-G nicht darauf an, wie der Hinweis auf den Sendungsinhalt gestaltet sei, als unzutreffend erkannt. Die beschwerdeführende Partei irrt weiters, wenn sie meint, sie könne aus § 13 Abs. 5 letzter Satz ORF-G die grundsätzliche Zulässigkeit der Eigenwerbung des ORF ableiten und § 13 Abs. 9 ORF-G stelle dazu bloß eine Ausnahmebestimmung dar. Die beschwerdeführende Partei verkennt dabei, dass § 13 Abs. 5 letzter Satz ORF-G keine Regelung über die Zulässigkeit der Eigenwerbung beinhaltet, sondern lediglich vorschreibt, dass Hinweise des ORF auf eigene Programme und Sendungen nicht auf die Berechnung der höchstzulässigen Werbezeit anzurechnen sind. Während § 13 Abs. 9 ORF-G  also die Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Hinweisen auf eigene Programme und Sendungen regelt, bestimmt § 13 Abs. 5 ORF-G die Rechtsfolge eines zulässigen Hinweises.

Die beschwerdeführende Partei kann sich auch nicht mit Erfolg auf den zitierten Beschluss des Obersten Gerichtshofes, 4 Ob 8/03k, berufen, weil dort im Rahmen des § 1 UWG lediglich die Vertretbarkeit der Meinung des ORF über die Voraussetzungen des § 13 Abs. 9 ORF-G beurteilt wurde.

Im zitierten Erkenntnis, Zl. 2003/04/0179, hat der Verwaltungsgerichtshof bei der Lösung der Frage, ob ein Verstoß gegen das Verbot des § 13 Abs. 9 ORF-G vorliegt, darauf abgestellt, ob die fragliche Einschaltung des ORF über einen reinen Hinweis auf den Sendungsinhalt hinausgeht und ob somit der bewerbende Inhalt im Vordergrund steht. Diese Frage hat der Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich des Sachverhaltes, der dem letztzitierten Erkenntnis zu Grunde lag, bejaht, weil der dort zu beurteilende Werbespot - wegen seiner originellen audio-visuellen Gestaltung - eine typische "Imagewerbung" darstellte. In Anwendung dieser Kriterien ist der Verwaltungsgerichtshof auch im Erkenntnis vom 27. Jänner 2006, Zl. 2004/04/0114, zu dem Ergebnis gelangt, bei der dort zu beurteilenden Fernseheinschaltung sei nicht der informative, redaktionelle Inhalt im Vordergrund gestanden, sondern sie habe der Imagewerbung für das ORF-Programm gedient. Der Verwaltungsgerichtshof hat im letztzitierten Erkenntnis nicht nur auf die originelle Darstellung und Handlung, sondern auch auf das Auftreten von prominenten Moderatoren abgestellt.

Nach den genannten Kriterien sind auch die vorliegenden Beschwerdefälle zu beurteilen:

III.2.: Zu Zl. 2005/04/0151:

Die belangte Behörde hat den Hinweis vom 11. August 2004 im Ö3-Wecker auf den am Abend dieses Tages gesendeten Fernsehfilm vor allem deshalb als verbotene "cross promotion" im Sinne des § 13 Abs. 9 ORF-G angesehen, weil der Moderator nach der Hervorhebung der besonderen Auszeichnungen dieses Films den Kommentar anschloss, "Es lebe hoch das österreichische Fernsehen, das öffentlich-rechtliche". Zu diesem Fall hat der Verfassungsgerichtshof im obzitierten Erkenntnis, B 160/05, ausgeführt, dass die genannten Äußerungen aus der Zusammenschau des Kommentars und der vorangegangenen Anpreisung des Films geeignet gewesen seien, noch unentschlossene Hörer als Zuseher zu gewinnen, die Zuschauerquote des Fernsehprogrammes ORF 1 zu Lasten aller konkurrierenden Fernsehveranstalter zu erhöhen und damit die Dienstleistungen des ORF zu fördern. Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes sei daher die Rechtsauffassung der belangten Behörde, die Äußerung des Radiomoderators sei über einen neutralen Hinweis auf einen Sendungsinhalt hinausgegangen und es sei dabei eine Imagekampagne für das Abendprogramm von ORF 1 im Vordergrund gestanden, aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Unter Berücksichtigung der in der dargestellten Rechtsprechung aufgestellten Kriterien gelangt der Verwaltungsgerichtshof auf einfachgesetzlicher Ebene zum selben Ergebnis: Lässt ein Radiomoderator im Rahmen einer Radiosendung das öffentlich-rechtliche Fernsehen, weil in diesem ein interessanter Film gezeigt wird, "hoch leben", so stellt dies zweifelsfrei den Fall des unzulässigen Bewerbens eines Fernsehprogramms des ORF in seinem Hörfunkprogramm im Sinne des § 13 Abs. 9 ORF-G dar.

III.3.: Zu Zl. 2005/04/0165:

Auch die Beurteilung der Einschaltung vom 3. Februar 2005 im Radioprogramm Ö2 betreffend eine damals bevorstehende Fernsehübertragung vom Opernball führt zum Ergebnis, dass dabei nicht der informative, redaktionelle Inhalt im Vordergrund stand. Vielmehr zeigen auch die Merkmale dieser Einschaltung, dass die Äußerungen der Kommentatoren darauf abzielten, noch unentschlossene Hörer als Zuseher der Opernballübertragung zu gewinnen, damit die Zuschauerquote des Fernsehprogramms ORF zu erhöhen und so die Marktposition des ORF zu Lasten aller konkurrierenden Fernsehveranstalter auszubauen. Diese Zielsetzung ergibt sich nicht nur aus den ausschmückenden Worten der Ankündigung der Fernsehübertragung, sondern vor allem aus der damit im Zusammenhalt stehenden Einladung, der Radiohörer möge sich die Fernsehübertragung ansehen, ein "Logenplatz" sei ihm dabei "sicher". Dazu kommt, dass der in Rede stehende Dialog im Hörfunk gerade von jenen - dem Publikum allgemein bekannten (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 2004/04/0114) - Moderatoren geführt wurde, die auch die Moderation der Fernsehübertragung vornahmen. Auch die gegenständliche Radioeinschaltung vom 3. Februar 2005 stellt somit eine gemäß § 13 Abs. 9 ORF-G unzulässige Bewerbung des Fernsehprogramms des ORF im Hörfunk dar.

III.4. Was die Verpflichtung des ORF, Feststellungen der belangten Behörde zu veröffentlichen und Nachweise hierüber vorzulegen, betrifft, so hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 23. Mai 2007, Zl. 2006/04/0204, ausgesprochen, dass er diese Anordnung nicht für rechtswidrig erachtet.

Nach dem Gesagten waren die Beschwerden somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht darauf, dass lediglich im Verfahren zur hg. Zl. 2005/04/0151 Kosten beantragt wurden, und gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 26. Juli 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2005040151.X00

Im RIS seit

30.08.2007

Zuletzt aktualisiert am

31.03.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten