TE Vwgh Erkenntnis 2007/11/13 2006/18/0301

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Veröffentlicht am 13.11.2007
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §35 Abs2;
FrG 1997 §7 Abs4 Z1;
FrPolG 2005 §54 Abs1 Z2;
FrPolG 2005 §54 Abs1;
FrPolG 2005 §55 Abs2;
FrPolG 2005 §66;
MRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs1;
NAG 2005 §11 Abs2 Z1;
NAG 2005 §11 Abs2;
NAG 2005 §11;
NAG 2005 §25;
NAG 2005 §64 Abs3;
NAG 2005 §64;
NAG 2005 §8 Abs1 Z1;
NAG 2005 §8 Abs1 Z2;
NAG 2005 §8 Abs1 Z3;
NAG 2005 §8 Abs1 Z4;
NAG 2005 §8 Abs1 Z5;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des B I in W, geboren 1971, vertreten durch Dr. Robert Gschwandtner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Tuchlauben 8, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 17. Mai 2006, Zl. SD 185/03, betreffend Ausweisung gemäß § 54 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 17. Mai 2006 wurde der Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, gemäß § 54 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer verfüge seit 24. Februar 1995 über Aufenthaltstitel zum Zweck des Studiums der Pharmazie. Anlässlich der Stellung eines Verlängerungsantrages am 23. Oktober 2001 sei er von der Behörde erster Instanz belehrt worden, dass sein bisheriger Studienerfolg mangelhaft sei und er mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme rechnen müsse, wenn er den erfolgreichen Fortgang des Studiums nicht nachweisen könne. Dem bisher letzten Verlängerungsantrag vom 30. Oktober 2002 habe der Beschwerdeführer über Aufforderung zwei Lehrveranstaltungszeugnisse beigelegt. Er habe angegeben, in zwei oder drei Semestern den ersten Abschnitt seines Studiums abzuschließen. Er wäre in den letzten beiden Jahren sehr krank gewesen. Die Lehrveranstaltungen seiner Studienrichtung hätten nicht viele Wochenstunden, die Prüfungen wären sehr schwierig. Nach einem beigelegten Gutachten einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 21. November 2001 leide der Beschwerdeführer unter Spannungskopfschmerzen und "Angststörung mit subjektivem kognitivem Defizit, vor Prüfungen sei er nervös und agitiert, könne sich nicht konzentrieren und sich nichts merken". In der Berufung habe der Beschwerdeführer weitere 12 Zeugnisse, alle jedoch mit negativem Erfolg, vorgelegt. Weiters habe er den Befund einer Universitätsklinik für Psychiatrie vom 24. Dezember 2002 vorgelegt, wonach er an einem paraphrenen Syndrom leide und medikamentös behandelt werde. Nach dem Inhalt dieses Befundes sei zu erwarten, dass der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers bald so weit wiederhergestellt sein werde, dass er das Studium erfolgreich weiterführen könne. Bei der niederschriftlichen Vernehmung vom 14. Mai 2005 habe der Beschwerdeführer angegeben, dass es ihm mittlerweile besser ginge und er nicht mehr in regelmäßiger Behandlung stünde. Er müsste zwar noch Medikamente nehmen, hätte aber wieder zu lernen begonnen und bereitete sich auf Prüfungen vor.

Am 29. September 2004 sei der Beschwerdeführer aufgefordert worden, einen Studienerfolgsnachweis gemäß § 75 Abs. 6 Universitätsgesetz 2002 - UG, BGBl. I Nr. 120, vorzulegen. Der Beschwerdeführer habe lediglich ein Zeugnis über eine (für sein Studium nicht relevante) Vorlesung aus medizinischem Deutsch für Ausländer und über zwei weitere Vorlesungen, von denen lediglich eine positiv absolviert worden sei, vorgelegt.

Es sei nicht erkennbar, dass der Beschwerdeführer bisher zumindest den ersten Studienabschnitt des Pharmaziestudiums absolviert habe. Sowohl nach dem alten als auch nach dem neuen Studienplan betrage die vorgeschriebene Studiendauer neun Semester. Nach beiden Studienplänen sei der zweite Studienabschnitt jedoch weitaus umfangreicher als der erste. Die vom Beschwerdeführer bisher absolvierten Prüfungen gäben nicht einmal annährend Grund für die Annahme, der Beschwerdeführer könnte in absehbarer Zeit den ersten Studienabschnitt erfolgreich beenden. Wer während zehnjähriger Studiendauer nicht einmal im Stande sei, den weitaus kleineren Teil des Studiums zu beenden, lasse auch unter großzügiger Berücksichtigung der geltend gemachten Erkrankung und wohlwollender Betrachtungsweise nicht die Annahme zu, dass das Studium ernsthaft betrieben werde. Seit dem Sommersemester 2003 habe der Beschwerdeführer lediglich zwei Übungen "medizinisches Deutsch für Ausländer" - die für das Studium nicht von Bedeutung seien - sowie zwei weitere Vorlesungen im Ausmaß von je einer Semesterwochenstunde positiv abgeschlossen. Es könne keine Rede vom Vorliegen eines ausreichenden Studienerfolges sein. Von einem Fremden, der sich vorgeblich aus dem hauptsächlichen Grund des Studiums in Österreich aufhalte, müsse ein entsprechender Studienerfolg erwartet werden können. Die vorgebrachte Erkrankung stehe jedenfalls seit zwei Jahren einem Studienerfolg nicht mehr im Weg. Angesichts der strengen Zweckbindung der zu erteilenden Aufenthaltstitel gefährde der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens in erheblichem Ausmaß. Es sei sohin nicht nur der in § 64 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, sondern auch der in § 11 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. normierte Versagungsgrund verwirklicht. Die Voraussetzungen für die Erlassung der Ausweisung im Grund des § 54 Abs. 1 FPG seien gegeben.

Der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Sorgepflichten. Familiäre Bindungen bestünden zu den Eltern, mit denen der Beschwerdeführer jedoch nicht im gemeinsamen Haushalt lebe. Angesichts aller Umstände sei die Ausweisung mit einem Eingriff in das Privat- und Familienleben verbunden. Dieser Eingriff sei jedoch zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten. Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften komme nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses große Interesse verstoße gravierend, wer zum angeblichem Zweck des Studiums aufhältig sei, ohne auch nur annährend einen angemessenen Studienerfolg vorzuweisen. Die Ausweisung sei daher dringend geboten im Grund des § 66 Abs. 1 FPG.

Bei der Interessenabwägung gemäß § 66 Abs. 2 FPG sei zunächst auf die aus der Dauer des inländischen Aufenthalts ableitbare Integration Bedacht zu nehmen gewesen. Diese erweise sich zwar als keinesfalls unerheblich, werde jedoch durch den Mangel eines Studienerfolges entsprechend an Gewicht gemindert. Die Bindung zu den Eltern werde einerseits durch die Volljährigkeit des Beschwerdeführers und andererseits durch die getrennten Haushalte (auch in verschiedenen Bundesländern) relativiert. Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers stehe das große öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens gegenüber. Bei Berücksichtigung dieser Interessenlage wögen die Auswirkungen der Ausweisung auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers keinesfalls schwerer als das öffentliche Interesse am Verlassen des Bundesgebiets durch den Beschwerdeführer.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer verfügte unstrittig bisher ausschließlich über Aufenthaltstitel zum Zweck des Studiums, nach der Aktenlage zuletzt über eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 7 Abs. 4 Z. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, mit einer Gültigkeitsdauer bis 31. Oktober 2002. Diese Aufenthaltserlaubnis würde - stünde sie noch in Geltung - ab dem Inkrafttreten des NAG mit 1. Jänner 2006 gemäß dessen § 81 Abs. 2 iVm § 11 Abs. 1 Abschnitt B Z. 1 der Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 451/2005, als Aufenthaltsbewilligung für Studierende gelten. Das Verfahren über den am 30. Oktober 2002, somit rechtzeitig vor Ablauf des Titels gestellten Verlängerungsantrag war daher gemäß § 82 Abs. 1 NAG ab dem Inkrafttreten dieses Gesetzes als Verfahren auf Verlängerung einer solchen Aufenthaltsbewilligung weiterzuführen.

Da sich der Beschwerdeführer somit während eines Verlängerungsverfahrens im Bundesgebiet befindet, kann er gemäß § 54 Abs. 1 Z. 2 FPG ausgewiesen werden, wenn der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegen steht.

2. Wie der Verwaltungsgerichthof im Erkenntnis vom 14. Juni 2007, Zl. 2006/18/0134, ausgeführt hat, kommt eine Vorgangsweise nach § 25 NAG (Verständigung der Fremdenpolizeibehörde durch die Niederlassungsbehörde in Verfahren zur Verlängerung eines Aufenthaltstitels zur Einleitung eines Aufenthaltsbeendigungsverfahrens) nur bei Fehlen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 11 Abs. 1 oder Abs. 2 NAG in Betracht. Fehlen hingegen besondere Erteilungsvoraussetzungen, wie z. B. ein Studium (§ 64 NAG) für die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für Studierende, so hat die Niederlassungsbehörde den Antrag abzuweisen. Dementsprechend kann es sich bei einem zur Ausweisung gemäß § 54 Abs. 1 Z. 2 FPG führenden "Versagungsgrund" nur um das Fehlen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 11 NAG handeln. Das bloße Fehlen von besonderen Voraussetzungen für einen angestrebten Titel ist hingegen - ohne Hinzutreten von Gründen für die Versagung gemäß § 11 NAG, wie etwa die Beeinträchtigung öffentlicher Interessen durch einen weiteren Inlandsaufenthalt des Antragstellers (§ 11 Abs. 2 Z. 1 leg. cit.) - für sich allein kein Grund für die fremdenpolizeiliche Maßnahme der Ausweisung des Antragstellers.

3. Die belangte Behörde kam zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer die Erteilungsvoraussetzung gemäß § 11 Abs. 2 Z. 1 NAG, wonach der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreiten dürfe, nicht erfülle, weil sich der Beschwerdeführer bereits seit elf Jahren ausschließlich zum Zweck des Studiums im Bundesgebiet befinde, ohne einen ausreichenden Studienerfolg aufzuweisen.

Diese Ansicht kann aus folgenden Gründen nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Der Beschwerdeführer hat nach seinem eigenen Vorbringen in den 21 im folgenden chronologisch aufgelisteten Semestern vom Sommersemester 1996 bis zum Sommersemester 2006 Prüfungen über Lehrveranstaltungen in folgender Anzahl von Wochenstunden positiv abgeschlossen (in Klammern die negativ abgeschlossenen Lehrveranstaltungen im jeweiligen Semester):

1, 4, 4 (4), 3, 0, 4 (2), 0 (7), 4 (3), 3 (1), 3 (2), 0 (3), 5, 0 (7), 0, 0, 4, 0, 1, 4 (1), 0, 1.

Die positiv abgeschlossenen Lehrveranstaltungen, die nach den unstrittigen Feststellungen der belangten Behörde keinen Bezug zum Pharmaziestudium des Beschwerdeführers haben, sind darin enthalten.

Gemäß § 64 Abs. 3 erster Satz NAG ist die Verlängerung eines Aufenthaltstitels zum Zweck des Studiums nur zulässig, wenn der Fremde einen Studienerfolgsnachweis der Universität, Fachhochschule oder akkreditierten Privatuniversität erbringt.

Gemäß § 75 Abs. 6 UG hat die Universität einer oder einem ausländischen Studierenden ab dem zweiten Studienjahr auf Antrag der oder des Studierenden einen Studienerfolgsnachweis auszustellen, sofern sie oder er im vorausgegangenen Studienjahr positiv beurteilte Prüfungen im Umfang von mindestens 16 ECTS-Anrechnungspunkten (acht Semesterstunden) abgelegt hat.

Aus der obigen Aufstellung ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer einen derartigen Studienerfolg nur im Studienjahr 1996/1997, seither jedoch nie wieder erreicht hat. Unstrittig ist nicht absehbar, wann der Beschwerdeführer den ersten Studienabschnitt abgeschlossen haben wird.

Da der Aufenthalt eines Fremden zum ausschließlichen Zweck des Studiums eine Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens darstellt, wenn der Fremde - wie der Beschwerdeführer - trotz mehr als zehnjährigen Aufenthalts nur einen völlig unzureichenden Studienerfolg aufzuweisen hat, kann die Ansicht der belangten Behörde, dass die Erteilungsvoraussetzung gemäß § 11 Abs. 2 Z. 1 NAG fehle, nicht als rechtswidrig erkannt werden (vgl. aus der auch hier maßgeblichen hg. Judikatur zu § 34 Abs. 1 und § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG etwa das Erkenntnis vom 27. September 2005, Zl. 2005/18/0059).

Die vorgebrachte Krankheit des Beschwerdeführers kann daran nichts ändern. Nach dem Beschwerdevorbringen leide der Beschwerdeführer seit Juni 2001 an einem paraphrenen Syndrom. Aus der obigen Aufstellung der vom Beschwerdeführer absolvierten Lehrveranstaltungen ist ersichtlich, dass er schon vor diesem Zeitpunkt keinen ausreichenden Studienerfolg aufgewiesen hat. Eine signifikante Änderung seiner Leistungen ab behauptetem Eintritt der Krankheit kann aus dieser Auflistung nicht entnommen werden. Sollte die Krankheit, wie in der Beschwerde behauptet, tatsächlich noch andauern, würde dies am Fehlen der Voraussetzung gemäß § 11 Abs. 2 Z. 1 NAG nichts ändern. Gemäß § 64 Abs. 3 zweiter Satz NAG kann zwar eine Aufenthaltsbewilligung für Studierende trotz Fehlens eines Studienerfolgsnachweises verlängert werden, wenn Gründe vorliegen, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind. Dies führt aber keineswegs dazu, dass das Fehlen eines ausreichenden Studienerfolges in solchen Fällen unter keinen Umständen eine Beeinträchtigung öffentlicher Interessen darstellen kann. Es kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er mit dieser Bestimmung auch einem Fremden, dessen bisheriges Verhalten über mehrere Jahre gezeigt hat, dass er - aus welchem Grund auch immer - nicht in der Lage ist, einen ausreichenden Studienerfolg zu erbringen und bei dem auch keine konkreten Anhaltspunkte für eine baldige Änderung dieser Situation vorliegen, die Möglichkeit verschaffen wollte, sich weiterhin zum ausschließlichen Zweck des Studiums in Österreich aufzuhalten.

Der Beschwerdeführer zeigt daher mit seinem Vorbringen, die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen zu erheben, ob die Krankheit des Beschwerdeführers noch andauere, keinen relevanten Verfahrensmangel auf.

Die Ansicht der belangten Behörde, dass der Erteilung des begehrten weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegen stehe und der Tatbestand des § 54 Abs. 1 Z. 2 FPG daher erfüllt sei, ist somit unbedenklich.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist in Fällen, in denen - wie vorliegend (siehe unten 4.) - eine Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung gemäß § 66 FPG durchzuführen ist, eine zusätzliche Bedachtnahme auf Art. 8 EMRK im Rahmen der Beurteilung des Vorliegens eines Versagungsgrundes nicht erforderlich (vgl. auch dazu das zu § 34 FrG ergangene hg. Erkenntnis Zl. 2005/18/0059).

4. Bei der Interessenabwägung gemäß § 66 Abs. 1 und Abs. 2 FPG hat die belangte Behörde zu Gunsten des Beschwerdeführers den mehr als elfjährigen inländischen Aufenthalt seit Februar 2005 sowie den inländischen Aufenthalt der Eltern des Beschwerdeführers berücksichtigt. Die aus der Aufenthaltsdauer ableitbaren persönlichen Interessen werden in ihrem Gewicht dadurch entscheidend gemindert, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers bisher ausschließlich zum - vorübergehenden - Zweck des Studiums berechtigt war, er aber nur einen völlig unzureichenden Studienerfolg aufzuweisen hat. Der Behörde ist zuzustimmen, dass die Beziehung zu den Eltern in ihrem Gewicht einerseits durch die Volljährigkeit des Beschwerdeführers und andererseits durch das Fehlen einer Haushaltsgemeinschaft relativiert wird. Die nach dem Beschwerdevorbringen nach wie vor bestehende Krankheit des Beschwerdeführers führt zu keiner relevanten Verstärkung seiner persönlichen Interessen am Verbleib im Bundesgebiet, behauptet er doch nicht, dass eine Behandlung dieser Krankheit nur in Österreich möglich sei.

Den somit trotz der langen Aufenthaltsdauer nicht stark ausgeprägten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet steht die dargestellte gewichtige Beeinträchtigung öffentlicher Interessen durch den weiteren Inlandsaufenthalt des Beschwerdeführers gegenüber. Von daher begegnet die Ansicht der belangte Behörde, dass die Ausweisung zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten sei (§ 66 Abs. 1 FPG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 66 Abs. 2 leg. cit.), keinen Bedenken.

5. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, auf Grund seines mehr als elfjährigen inländischen Aufenthalts sei seine Ausweisung gemäß § 55 Abs. 2 FPG unzulässig, ist Folgendes entgegen zu halten:

Nach der genannten Bestimmung dürfen Fremde, die vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhalts bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen waren, nur ausgewiesen werden, wenn sie von einem inländischen Gericht wegen Begehung einer strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt wurden und ihr weiterer Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden würde.

Wie oben 1. dargestellt, würde der dem Beschwerdeführer zuletzt erteilte Aufenthaltstitel unter dem Regime des NAG als Aufenthaltsbewilligung für Studierende weiter gelten. Eine solche Aufenthaltsbewilligung berechtigt den Fremden gemäß § 8 Abs. 1 Z. 5 NAG zu einem vorübergehenden befristeten Aufenthalt, jedoch - anders als die in den Z. 1 bis 4 dieser Bestimmung geregelten Titel - nicht zur Niederlassung. Fremde, die bisher nur über eine Aufenthaltsbewilligung für Studierende verfügt haben, können daher die Tatbestandsvoraussetzungen des § 55 Abs. 2 FPG schon mangels Niederlassung im Bundesgebiet nicht erfüllen.

Nach § 35 Abs. 2 FrG durften Fremde, die vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet auf Dauer niedergelassen waren, nur mehr ausgewiesen werden, wenn sie von einem inländischen Gericht wegen Begehung einer strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt wurden und ihr weiterer Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährden würde. Diese Bestimmung kam Inhabern einer Aufenthaltserlaubnis für Studierende schon deshalb nicht zu Gute, weil diese nicht auf Dauer, sondern nur vorübergehend zum ausschließlichen Zweck des Studiums (§ 7 Abs. 4 Z. 1 FrG) niedergelassen waren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. April 2000, Zl. 99/18/0301).

Der Umstand, dass solche Fremde nach dem FrG als (vorübergehend) niedergelassen galten, führt keineswegs zur Anwendbarkeit des Ausweisungs-Verbots gemäß § 55 Abs. 2 FPG, kann dem Gesetzgeber doch nicht unterstellt werden, er habe die Ausweisung einer bestimmten Gruppe von langjährig erfolglos studierenden Fremden ausschließen wollen. § 55 Abs. 2 FPG ist daher dahin zu interpretieren, dass im Sinn dieser Bestimmung Fremde, die sich - zu welchem Zeitpunkt auch immer - ausschließlich zu Studienzwecken im Inland aufgehalten haben, nicht als niedergelassen angesehen werden können.

6. Aus den dargestellten Gründen war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 13. November 2007

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006180301.X00

Im RIS seit

13.12.2007

Zuletzt aktualisiert am

30.01.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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