TE Vwgh Erkenntnis 1991/6/18 90/08/0128

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Veröffentlicht am 18.06.1991
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
60/01 Arbeitsvertragsrecht;
60/03 Kollektives Arbeitsrecht;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

ABGB §1175;
ABGB §863;
ArbVG §34 Abs1;
BPVG 1971 §2 Abs1 Z1;
BSVG §2 Abs1 Z1;
BSVG §2a Abs1;
BSVG §2a;
BSVG §2b;
LAG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch,

über die Beschwerde der Sozialversicherungsanstalt der Bauern in Wien gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 11. Juni 1990, Zl. 122.301/2-7/90, betreffend Versicherungspflicht nach dem BSVG (mitbeteiligte Partei: Liesl N), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Bescheid vom 15. April 1988 sprach die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt der Bauern aus, daß die Mitbeteiligte seit 11. Mai 1984 in der Pensionsversicherung der Bauern pflichtversichert sei. In der Begründung dieses Bescheides führte die Beschwerdeführerin nach Zitat der §§ 2 Abs. 1 Z. 1, Abs. 2 und 3, 2a BSVG aus, der Ehegatte der Mitbeteiligten, Lois N., sei bis 11. Mai 1984 Alleineigentümer eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes, dessen Einheitswert S 33.000,-- überstiegen habe, gewesen. Auf Grund seiner unselbständigen Beschäftigung habe für ihn zunächst nur Versicherungspflicht in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung bestanden. Nach Inkrafttreten der 2. Novelle zum BSVG sei der Ehegatte der Mitbeteiligten auf seinen Antrag von der Pflichtversicherung in der Bauernpensionsversicherung befreit worden. Auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen gelte diese Befreiung nur für die Dauer des Bestandes der Voraussetzungen für die seinerzeitige Ausnahme von der Pflichtversicherung.

Mit Notariatsakt vom 11. Mai 1984 hätten die Eheleute N. eine auf die Grundstücke Nr. 75, 76 und 77, EZ 123 der KG D beschränkte, bereits zu Lebzeiten wirksame Gütergemeinschaft vereinbart. Durch diese Gütergemeinschaft seien die Mitbeteiligte und ihr Ehegatte je zur Hälfte Eigentümer der vorbezeichneten Liegenschaft geworden. Das Finanzamt habe der Mitbeteiligten gegenüber "auf Grund ihres Miteigentümeranteiles eine Zurechnungsfortschreibung zum 1. Jänner 1985 erstellt". Die Mitbeteiligte habe erklärt, mit der Wirtschaftsführung nichts zu tun zu haben.

Der Abschluß dieser Gütergemeinschaft bedeute vor allem, daß die Mitbeteiligte an einem Teil der Betriebseinheit (Haus, Hof, Wirtschaftsgebäude und Garten) Miteigentümer sei und somit auch diesen Teil des Gesamtbetriebes auf gemeinsame Rechnung und Gefahr führe. Solange daher dieser Ehepakt nicht aufgelöst werde, bewirke auch eine Übergabe bzw. Verpachtung oder eine Abtretung der Wirtschaftsführung an den anderen Ehegatten keine Änderung an der gemeinsamen Betriebsführung. Es sei daher die Pflichtversicherung der Mitbeteiligten in der Pensionsversicherung ab 11. Mai 1984 neu festzustellen gewesen. Die Zuordnung der Pflichtversicherung an die Mitbeteiligte als den älteren Ehegatten sei entsprechend dem § 2a Abs. 2 Z. 2 BSVG deswegen erfolgt, weil innerhalb von sechs Monaten eine Erklärung über die Zuordnung nicht erfolgt sei.

In ihrem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch brachte die Mitbeteiligte vor, sie sei zwar am "Hausgrundstück" zur Hälfte als Miteigentümerin angeschrieben, nicht aber an den Grundstücken, die landwirtschaftlich genutzt würden. Sie falle daher nicht unter die Bestimmungen des BSVG.

Mit Bescheid vom 13. Dezember 1988 behob der Landeshauptmann den Bescheid der Beschwerdeführerin und stellte fest, daß die Mitbeteiligte nicht der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung der Bauern unterliege. In der Begründung dieses Bescheides wird nach Darlegung des Verfahrensganges unter Hinweis auf das durchgeführte Ermittlungsverfahren ausgeführt, der Ehegatte der Mitbeteiligten sei zunächst Alleineigentümer eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes im Ausmaß von 5,1783 ha mit einem S 33.000,-- übersteigenden Einheitswert gewesen. Mit dem Ehevertrag vom 11. Mai 1984 hätten die Ehegatten N. eine auf die EZ 123 KG D mit den Grundstücken Nr. 75 Haus samt Hof und Wirtschaftsgebäude mit 1.184 m2, Nr. 76 Garten mit 292 m2 und Nr. 77 Garten mit 1.021 m2 beschränkte, bereits zu Lebzeiten wirksame Gütergemeinschaft abgeschlossen. Dadurch seien die Ehegatten je zur Hälfte Eigentümer der vorbezeichneten Liegenschaft geworden. Nach dem Inhalt des Ehevertrages sollten ab dem Zeitpunkt der Begründung der Gütergemeinschaft die Ehegatten für alle Lasten gemeinsam haften, die sich auf das der Gütergemeinschaft unterzogene Vermögen beziehen oder beziehen werden. Ansonsten habe aber jeder Ehegatte das freie Eigentum des ihm gegenwärtig sonst gehörigen Vermögens sowie desjenigen Vermögens, welches er in Zukunft erben oder erwerben werde, behalten.

Im gemeinsamen Haus befänden sich landwirtschaftliche Maschinen, wie z.B. Traktor, Pflug und Anhänger, sowie ein Keller mit Tank. Die Maschinen seien dem Ehegatten der Mitbeteiligten von seinen Eltern ins Eigentum übergeben worden. Ein Zukauf von Grundstücken sei nach dem Abschluß des Ehevertrages weder von einem Ehegatten allein noch von den Ehegatten gemeinsam erfolgt.

Strittig sei, ob mit der ab 11. Mai 1984 erfolgten Übertragung des Hälfteanteiles an der Liegenschaft, bestehend aus Haus, Hof, Wirtschaftsgebäude, zwei Gartengrundstücken sowie Anteilen an agrargemeinschaftlichen Grundstücken an die Mitbeteiligte diese mit ihrem Ehegatten einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb mit einem S 33.000,-- übersteigenden Einheitswert auf gemeinsame Rechnung und Gefahr geführt habe. Dafür sei entscheidend, wer auf Grund der nach außen in Erscheinung tretenden Rechtsbeziehungen aus der Führung des Betriebes berechtigt und verpflichtet werde. Dies sei eine Rechtsfrage, die letztlich nur auf Grund rechtlicher Gegebenheiten beantwortet werden könne. Als solche Rechtstatsachen kämen dingliche und obligatorische Rechtsverhältnisse in Betracht.

Infolge der beschränkten Gütergemeinschaft sei neben dem im Alleineigentum des Ehegatten der Mitbeteiligten stehenden land(forst)wirtschaftlichen Betrieb ein davon verschiedener land(forst)wirtschaftlicher Betrieb entstanden, an dem beide Ehegatten infolge Eigentums zur Betriebsführung berechtigt und verpflichtet seien. Der Auffassung, daß die im Alleineigentum des Ehegatten der Mitbeteiligten und die im gemeinsamen Eigentum der Ehegatten stehenden Liegenschaften einen auf gemeinsame Rechnung und Gefahr der Ehegatten geführten Betrieb bildeten, werde allein schon dadurch jede Grundlage entzogen, daß im Notariatsakt ausdrücklich das übrige Vermögen des jeweiligen Ehegatten von der Haftung ausgeschlossen bzw. der Verfügungsberechtigung des anderen Ehegatten weiterhin entzogen werde. Die Gütergemeinschaft erstrecke sich auch nicht auf Maschinen und Geräte, sondern auf Haus, Hof, Wirtschaftsgebäude usw. Der in der Gütergemeinschaft auf gemeinsame Rechnung und Gefahr geführte Betrieb übersteige offensichtlich den Einheitswert von S 33.000,-- nicht, zumal das Grundstück Nr. 75 der EZ 123 (Haus samt Hof und Wirtschaftsgebäude) nicht als landwirtschaftliches Vermögen, sondern als Grundvermögen bewertet sei.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung vertrat die Beschwerdeführerin die Auffassung, die "gemeinsame Vermögensmasse und die alleinigen Flächen des Gatten" seien zu einem wirtschaftlich einheitlich geführten Betrieb zusammengefaßt. Davon sei im Sinne des § 2 BewG auch das Finanzamt bei der Erlassung des Einheitswertbescheides ausgegangen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes lägen zwei Betriebe (nur) vor, wenn Merkmale wie getrennte Buchführung, getrennter Verkauf und getrennte Bewirtschaftung gegeben seien. Im gemeinsamen Betrieb könne die Mitbeteiligte "mit ihrem Massenanteil rechtlich verfügen" und hafte daher mit ihrem Gesamtvermögen für diesen Anteil nach außen hin. Der gemeinsame Betrieb werde daher auf gemeinsame Rechnung und Gefahr der Ehegatten geführt.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird nach Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage ausgeführt, es sei unbestritten, daß die Ehegatten gemeinsam Eigentümer einer Liegenschaft seien, auf der der Hof und ein Wirtschaftsgebäude stehe und die einen Garten umfasse, und daß der Ehegatte der Mitbeteiligten Alleineigentümer eines Ackers und eines Weingartens sei. Nach den Angaben der Mitbeteiligten werde die gemeinsame Liegenschaft nicht landwirtschaftlich genutzt. Nach den Angaben beider Ehegatten gehörten die wesentlichen Geräte, die Lois N. zur Bewirtschaftung seiner Grundstücke verwende und die im Wirtschaftsgebäude auf dem gemeinsamen Grundstück untergebracht seien, ihm allein; die Erlöse aus der Landwirtschaft kämen Lois N. allein zu. Es bestehe kein Anhaltspunkt für die Unrichtigkeit dieser Angaben.

Der Umstand, daß die Geräte, die zur Gewinnung und Verarbeitung der Früchte der Liegenschaft des Lois N. verwendet würden, auf dem gemeinsamen Grundstück abgestellt seien, ändere nichts daran, daß die gewonnenen Früchte im Alleineigentum des Lois N. stünden. Da kein Anhaltspunkt dafür bestehe, daß zwischen den Ehegatten ein dingliches oder obligatorisches Rechtsgeschäft wirksam sei, auf Grund dessen auch die Mitbeteiligte Eigentum an den Erträgen erlange, werde auch aus einer Veräußerung der Erträge nur Lois N. berechtigt und verpflichtet. Der landwirtschaftliche Betrieb, der der Gewinnung und Verwertung dieser Erträge diene, werde somit allein auf Rechnung und Gefahr des Lois N. geführt.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin vertritt im wesentlichen die Auffassung, bezüglich einer allgemeinen zwischen Ehegatten bestehenden Gütergemeinschaft, zu der ein landwirtschaftlicher Betrieb gehöre, stehe unzweifelhaft fest, daß dieser Betrieb als von beiden Ehegatten gemeinsam betrieben anzusehen sei. Die Besonderheit im vorliegenden Fall liege darin, daß sich die Gütergemeinschaft nicht auf das gesamte derzeitige Vermögen der Ehegatten beziehe, sondern nur auf eine Liegenschaft, nämlich Haus und Hof des landwirtschaftlichen Betriebes, die aber auch zwei Gärten und insgesamt sechs Anteile an agrargemeinschaftlichen Grundstücken umfasse. Das Wesen der ehelichen Gütergemeinschaft bestehe unter anderem darin, daß die wirtschaftliche Verflechtung wesentlich enger als bei schlichtem Miteigentum sei. Dies führe unter anderem dazu, daß jegliche wirtschaftliche Aktivität im Zusammenhang mit dem Objekt der Gütergemeinschaft grundsätzlich beiden Ehegatten zur ungeteilten Hand zuzurechnen sei. Im vorliegenden Fall umfasse das Objekt der Gütergemeinschaft einen nicht unwesentlichen Bestandteil des landwirtschaftlichen Betriebes des Lois N.. Dieser sei hinsichtlich der gemeinsamen Liegenschaft nicht in der Lage, in irgendeiner Form selbständig zu verfügen, ohne daß damit nicht automatisch auch für die Mitbeteiligte Rechte und Pflichten entstünden. Dies sei von den Ehegatten offenbar auch so gewollt gewesen; wäre lediglich beabsichtigt gewesen, der Mitbeteiligten aus Anlaß der Eheschließung Miteigentum am gemeinsamen Haus und Hof einzuräumen, hätte dies auch im Wege eines Schenkungsvertrages bewirkt werden können. In rechtlicher Hinsicht stehe somit fest, daß die Gütergemeinschaft einerseits eine Trennung der wirtschaftlichen Aktivitäten der Ehegatten nicht zulasse, daß aber die Einheitlichkeit des landwirtschaftlichen Betriebes des Lois N. unter Einschluß des in Gütergemeinschaft stehenden Teiles ebenfalls eine Teilung nicht zulasse. Die Mitbeteiligte führe daher gemeinsam mit Lois N. den landwirtschaftlichen Betrieb.

Die belangte Behörde legte die Akten des Berufungsverfahrens vor; die Mitbeteiligte erstattete keine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 BSVG sind in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung natürliche Personen, die auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287 (in der Stammfassung - vor der 9. Novelle zum BSVG, BGBl. Nr. 113/1986: des Landarbeitsgesetzes vom 2. Juni 1948, BGBl. Nr. 140) führen oder auf deren Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird, pflichtversichert. Nach § 2 Abs. 2 BSVG besteht die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung für die genannten Personen nur, wenn der nach dem Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148, in der jeweils geltenden Fassung festgestellte Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes den Betrag von S 13.000,-- übersteigt. Handelt es sich jedoch um einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb, dessen Einheitswert den Betrag von S 13.000,-- nicht übersteigt oder für den von den Finanzbehörden ein Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Vermögens gemäß den §§ 29 bis 50 des Bewertungsgesetzes nicht festgestellt wird, so besteht die Pflichtversicherung für die betreffenden Personen, vorausgesetzt, daß sie aus dem Ertrag des Betriebes überwiegend ihren Lebensunterhalt bestreiten.

§ 23 Abs. 3 und 5 ist entsprechend anzuwenden. Nach § 2 Abs. 3 BSVG gilt Abs. 2 für die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung mit der Maßgabe, daß anstelle des Einheitswertes von S 13.000,-- ein Einheitswert von S 33.000,-- tritt.

Die Mitbeteiligte unterliegt nach § 2 Abs. 1 Z. 1, Abs. 2 und 3 und § 2a BSVG somit dann der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem BSVG, wenn sie auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 5 des Landarbeitsgesetzes (LAG) 1948 bzw. 1984 führt, sofern der nach dem Bewertungsgesetz unter Bedachtnahme auf § 23 Abs. 3 und 5 BSVG festgestellte Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes S 33.000,-- übersteigt; handelt es sich um einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb, dessen Einheitswert den Betrag von S 33.000,-- nicht übersteigt oder für den von den Finanzbehörden ein Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Vermögens gemäß den §§ 29 bis 50 BewG nicht festgestellt wird, hängt die Pflichtversicherung davon ab, daß sie aus dem Ertrag des (auf ihre Rechnung und Gefahr geführten) Betriebes ihren Lebensunterhalt bestreitet.

Es ist daher zunächst zu untersuchen, ob die Mitbeteiligte einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 5 LAG auf ihre Rechnung und Gefahr führt. Erst nach Bejahung dieser Frage wäre zu prüfen, ob die im § 2 Abs. 2 und 3 BSVG genannten Voraussetzungen der Versicherungspflicht vorliegen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 11. Oktober 1961, Slg. Nr. 5644/A, vom 27. März 1981, Zl. 08/0558/79, vom 4. Juni 1982, Zl. 81/08/0051, vom 20. Oktober 1988, Zl. 87/08/0119, und vom 3.Juli 1990, Zl. 89/08/0164) kommt es bei der Frage, auf wessen Rechnung und Gefahr ein Betrieb im Sinne des Sozialversicherungsrechtes der Bauern geführt wird, darauf an, ob jene Person, deren Versicherungs- und Beitragspflicht zu beurteilen ist, aus der Betriebsführung im Außenverhältnis (also im Verhältnis zu Dritten) berechtigt und verpflichtet wird. Wer aus der Betriebsführung berechtigt und verpflichtet wird, ist eine Rechtsfrage, die letztlich nur auf Grund rechtlicher Gegebenheiten beantwortet werden kann. Das Eigentum bzw. Miteigentum am Betrieb ist eine solche rechtliche Gegebenheit. Ob eine Person, die einen Betrieb auf ihre Rechnung und Gefahr (im oben dargelegten Sinn) führt, im Betrieb persönlich mitarbeitet oder die erforderlichen Arbeiten durch Bevollmächtigte, Familienmitglieder oder Dienstnehmer verrichtet läßt, ist für die Versicherungspflicht irrelevant (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1988, Zl. 87/08/0119). Demgemäß ist auch die bloße Einräumung der Verwaltung des Betriebes durch einen Miteigentümer an den anderen (die tatsächliche Betriebsführung durch einen Miteigentümer) ohne sozialversicherungsrechtliche Bedeutung (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 9. November 1979, Slg. 9958/A, vom 20. Oktober 1988, Zl. 87/08/0119, und vom 3. Juli 1990, Zl. 88/08/0248).

Daher muß nicht jede Person, die Eigentümer (Miteigentümer) eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes ist, allein schon auf Grund dieser Tatsache als diejenige Person angesehen werden, die diesen Betrieb auf ihre Rechnung und Gefahr führt; rechtswirksame dingliche (z.B. durch Einräumung eines Fruchtgenußrechtes) oder obligatorische Rechtsakte (z.B. durch Abschluß eines Pachtvertrages oder einer besonderen, einem Pachtvertrag nahekommenden Vereinbarung zwischen Miteigentümern) mit der Wirkung, daß statt des Eigentümers (der Miteigentümer) ein Nichteigentümer bzw. bei Vereinbarungen zwischen Miteigentümern einer der Miteigentümer allein aus der Führung des Betriebes berechtigt und verpflichtet wird ("Abtretung des Rechtes auf die Wirtschaftsführung"), bedeuten eine sozialversicherungsrechtlich relevante Änderung der sich aus den Eigentumsverhältnissen ergebenden Zurechnung von Rechten und Pflichten (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 27. März 1981, Zl. 08/0558/79, vom 20. Oktober 1988, Zl. 87/08/0119, und vom 3. Juli 1990, Zl. 88/08/0248).

Besteht eine allgemeine bzw. eine den land(forst)wirtschaftlichen Betrieb zur Gänze umfassende beschränkte Gütergemeinschaft, so wird der Betrieb auf Rechnung und Gefahr beider Ehegatten geführt, auch wenn einer der Ehegatten nicht persönlich mitarbeitet, es sei denn, die Ehegatten hätten hievon abweichende Abreden getroffen, die jedoch ebenfalls der für Ehepakte vorgeschriebenen Form bedürfen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. März 1981, Zl. 08/0558/79, und vom 22. September 1983, Zl. 81/08/0081).

Ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft im Sinne des § 5 Abs. 1 LAG (in Verbindung mit der Umschreibung des Betriebsbegriffes im Arbeitsverfassungsrecht) ist dann gegeben, wenn innerhalb einer organisatorischen Einheit eine physische oder juristische Person oder eine Personengemeinschaft allein oder mit Arbeitskräften mit Hilfe von technischen oder immateriellen Mitteln die Erzielung bestimmter Arbeitsergebnisse in der land- und forstwirtschaftlichen Produktion fortgesetzt verfolgt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Juni 1982, Zl. 81/08/0051). Zur land- und forstwirtschaftlichen Produktion zählen nach § 5 Abs. 1 LAG letzter Satz die Hervorbringung und Gewinnung pflanzlicher Erzeugnisse mit Hilfe der Naturkräfte einschließlich des Wein- und Obstbaues, des Gartenbaues und der Baumschulen, das Halten von Nutztieren zur Zucht, Mästung oder Gewinnung tierischer Erzeugnisse sowie die Jagd und Fischerei.

Auch im vorliegenden Zusammenhang kommt es für die Frage, ob eine Person (mehrere Personen) land- und forstwirtschaftliche Tätigkeiten in einem Betrieb oder in mehreren Betrieben ausübt (ausüben), in erster Linie darauf an, ob die Tätigkeiten in einer organisatorischen Einheit zusammengefaßt sind oder nicht (vgl. hiezu das Erkenntnis vom 11. Juni 1981, Slg. 10480/A).

Bei der Lösung der Frage, ob eine Person einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb auf ihre Rechnung und Gefahr führt, ist somit die durch die vorliegenden rechtlichen Gegebenheiten bestimmte Zurechnung von Rechten und Pflichten in bezug auf einen bestimmten, durch den Umfang der organisatorischen (wirtschaftlichen) Einheit im oben dargelegten Sinn abgegrenzten Betrieb ausschlaggebend. Im Beschwerdefall ist nicht strittig, daß die organisatorische Einheit des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes (auch) jene land(forst)wirtschaftlich genutzten Flächen (Acker und Weingarten) umfaßt, die im Alleineigentum des Ehegatten der Mitbeteiligten stehen. Ebensowenig ist zweifelhaft, daß Gebäude bzw. Flächen, die zur Lagerung landwirtschaftlicher Geräte und Maschinen sowie der landwirtschaftlichen Produkte dienen, sowie die Wohnung des Betriebsinhabers (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Oktober 1969, Zl. 243/69) betrieblichen Zwecken dienen und somit bei der Abgrenzung der organisatorischen Einheit in diese einzubeziehen sind. Dafür, daß - ausgehend von den im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen organisatorischen Gesichtspunkten - zwei Betriebe vorliegen, nämlich ein gemeinsamer Betrieb der Ehegatten und ein davon gesondert geführter Betrieb des Ehemannes, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.

Für die Versicherungspflicht der Mitbeteiligten ist somit maßgeblich, ob sie aus der Führung des einheitlichen land(forst)wirtschaftlichen Betriebes, der sowohl die im Alleineigentum ihres Ehegatten stehenden land(forst)wirtschaftlich genutzten Flächen (Acker und Weingarten) umfaßt als auch die im Miteigentum der Ehegatten stehenden Vermögensgegenstände mit dem Wohn- und Wirtschaftsgebäude, Gartenflächen und Anteilen an agrargemeinschaftlichen Grundstücken berechtigt und verpflichtet wird.

Die Lösung dieser Frage ist im vorliegenden Fall weder (der Auffassung der belangten Behörde folgend) am Eigentum an den landwirtschaftlichen Geräten und der tatsächlichen Vereinnahmung der Erträge zu orientieren noch (im Sinne des Standpunktes der Beschwerdeführerin) ausschließlich an den durch den "Ehevertrag" begründeten Rechtsverhältnissen.

Eine Zurechnung der Rechte und Pflichten aus der Führung des in seinem Umfang oben umschriebenen Betriebes ergäbe sich aus einer ehegüterrechtlichen Regelung dann ohne weiteres, wenn die damit begründete Gütergemeinschaft alle Vermögensgegenstände, die den Betrieb ausmachen, umfaßte. Der vorliegenden, bereits zu Lebzeiten der Ehegatten wirksamen Gütergemeinschaft sind nach der Vereinbarung der Vertragsteile aber ausschließlich die oben bezeichneten, nur einen Teil des Betriebes darstellenden Vermögensgegenstände unterworfen. Ebenso erstreckt sich die gemeinsame Haftung der Ehegatten nur auf Lasten, die sich auf das der Gütergemeinschaft unterzogene Vermögen beziehen oder in Zukunft beziehen werden. Ansonsten soll nach der Vereinbarung jeder Ehegatte das freie Eigentum des ihm gegenwärtig sonst gehörigen Vermögens sowie desjenigen Vermögens, welches er in Zukunft erben oder erwerben wird, behalten. Dieser Regelung zufolge haftet die Mitbeteiligte für von ihrem Ehemann eingegangene Verbindlichkeiten nur dann, wenn sich diese auf das Gesamtgut beziehen; "Betriebsschulden" sind jedoch nicht ohne weiteres Schulden, die sich auf das Gesamtgut beziehen, weil der Umfang des Betriebsvermögens und der Umfang des Gesamtgutes voneinander wesentlich abweichen. Ebensowenig wird die Mitbeteiligte ohne weiteres schon im Hinblick auf den ehelichen Güterstand aus den von ihrem Ehemann bei der Führung des Betriebes abgeschlossenen Rechtsgeschäften berechtigt. Bei der vorliegenden vertraglichen Gestaltung der Gütergemeinschaft ist diese im hier relevanten Zusammenhang nicht anders zu behandeln als schlichtes Miteigentum; die Beschränkung der Verfügungsrechte der Ehegatten den jeweiligen Anteil am Gemeinschaftsgut betreffend ist für die an Hand der Regelung des Außenverhältnisses zu lösenden Fragen der Zurechnung von Rechten und Pflichten aus der Betriebsführung nicht von ausschlaggebender Bedeutung.

Im Hinblick darauf, daß sich die Miteigentumsgemeinschaft nicht auf den "Betrieb" (im Umfang der organisatorischen Einheit), sondern nur auf einzelne zum Betrieb gehörende Vermögensgegenstände erstreckt, kann die auf Grund der rechtlichen Gegebenheiten vorzunehmende Zurechnung der Rechte und Pflichten aus der Betriebsführung nicht undifferenziert auf die zwischen den Ehegatten begründeten Miteigentumsverhältnisse gestützt werden. Die Auffassung der Beschwerdeführerin, die Führung des Betriebes auf Rechnung und Gefahr (auch) der Mitbeteiligten folge schon aus der "Gütergemeinschaft", könnte nur dann ohne weiteres geteilt werden, wenn durch die vorliegende Vertragsgestaltung Miteigentum am "Betrieb" (d.h. an allen organisatorisch zum Betrieb gehörenden Vermögensgegenständen) begründet worden und keine die Frage der Betriebsführung abweichend regelnde Vereinbarung im oben dargelegten Sinn abgeschlossen worden wäre. Miteigentum an der die Hofstelle bildenden Liegenschaft und nicht unmittelbar der landwirtschaftlichen Produktion dienenden Flächen ist jedoch dem Miteigentum am "Betrieb" nicht gleichzusetzen, weshalb nicht schon daraus auf die Führung des Betriebes auf gemeinsame Rechnung und Gefahr der Ehegatten geschlossen werden kann.

Im vorliegenden Fall könnte die Führung des Betriebes auf Rechnung und Gefahr (unter anderem) der Mitbeteiligten jedoch auch dann angenommen werden, wenn mit einer insbesondere die Einräumung von Mitwirkungsrechten bei der Führung des landwirtschaftlichen Betriebes umfassenden, allenfalls auch konkludent in Erscheinung tretenden Vereinbarung eine Gesellschaft nach bürgerlichem Recht im Sinne der §§ 1175 ff ABGB begründet worden wäre. Auch Gesellschafter einer - auch für den Rechtsbereich des BSVG keine Rechtspersönlichkeit genießenden - Gesellschaft bürgerlichen Rechts können (soweit es sich nicht um "reine Innengesellschafter" handelt) einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb auf eigene Rechnung und Gefahr führen (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 90/08/0197).

Es ist somit - der Prüfung, ob der Gesellschafter, dessen Versicherungspflicht in Rede steht, nach der Vertragsgestaltung bzw. den dispositiven Normen des Gesellschaftsrechtes aus der Betriebsführung als solcher im Außenverhältnis berechtigt und verpflichtet wird, vorgelagert - zunächst zu untersuchen, ob ein wirksamer Gesellschaftsvertrag (ausdrücklich oder auch nur konkludent: vgl. Strasser in Rummel, ABGB, § 1175 Rz 4, 5) abgeschlossen wurde. In Lehre und Rechtsprechung wird die konkludente Begründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwischen Ehegatten bejaht, wenn diese ihr Kapital (Einkommen) und ihre Arbeitskraft zur Erreichung eines beschränkten wirtschaftlichen Zweckes vereinigt haben und die Leistungen über das Ausmaß der ehelichen Beistandspflicht hinausgegangen sind (vgl. z.B. Strasser aaO Rz 24, Jud in Ruppe, Familienverträge 159), z.B. bei gemeinsamem Betrieb einer Landwirtschaft durch Ehegatten (vgl. OGH JBl. 1961, 634). Ein Gesellschaftsverhältnis setzt jedoch den Bestand einer wenn auch nur losen Gemeinschaftsorganisation voraus, die jedem Partner gewisse Einwirkungs- oder Mitwirkungsrechte gewährt (vgl. z.B. Welser, Ehepakt, Erwerbsgesellschaft nach bürgerlichem Recht und Formzwang, GesRZ 1976, 36 mwN).

Davon ausgehend ist für die Versicherungspflicht der Mitbeteiligten im vorliegenden Zusammenhang maßgeblich, ob deren Ehegatte, der vor dem Abschluß des "Ehevertrages" Alleineigentümer der landwirtschaftlichen Flächen war, anläßlich des Abschlusses des genannten Vertrages oder mit einer anderweitigen, allenfalls konkludent in Erscheinung tretenden Vereinbarung der Mitbeteiligten Mitwirkungsrechte bei der Führung des landwirtschaftlichen Betriebes eingeräumt hat.

Dafür liegen jedoch keine Anhaltspunkte vor. Der "Ehevertrag" bedeutet keine die Frage der Betriebsführung nach außen regelnde Vereinbarung; auch anderweitige ausdrückliche Vereinbarungen zu diesem Gegenstand liegen nicht vor. Weiters ist nicht strittig, daß der Ehegatte der Mitbeteiligten auch nach dem Abschluß des "Ehevertrages" weiterhin alleine die tatsächliche Wirtschaftsführung besorgte bzw. besorgt, dabei die im Miteigentum stehenden Vermögensgegenstände (Hofstelle und Garten) bei der Wirtschaftsführung benutzt (ohne daß die Ehegatten über diese Nutzung schriftliche oder mündliche Vereinbarungen getroffen hätten), die zum Betrieb gehörenden beweglichen Güter (insbesondere Maschinen) in seinem Alleineigentum stehen und er die Erlöse aus der landwirtschaftlichen Produktion allein vereinnahmt. Auch davon, daß die Mitbeteiligte Wirtschaftsgüter von wesentlicher Bedeutung, die unmittelbar der landwirtschaftlichen PRODUKTION dienen, dem Betrieb gewidmet hätte, kann nicht gesprochen werden. Es liegt somit auch kein Sachverhalt vor, von dem ausgehend auf die konkludente Begründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts geschlossen werden könnte. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist somit nicht ersichtlich, daß der landwirtschaftliche Betrieb auf Rechnung und Gefahr (auch) der Mitbeteiligten geführt würde.

Die von der Beschwerdeführerin behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit liegt somit nicht vor.

Der Verfahrensrüge der Beschwerdeführerin, sie sei zur mündlichen Verhandlung am 26. September 1989 nicht geladen worden, ist entgegenzuhalten, daß ihr die in dieser Verhandlung aufgenommene Niederschrift zur Stellungnahme übermittelt wurde. In der daraufhin abgegebenen Äußerung der Beschwerdeführerin ist diese den in der Niederschrift beurkundeten Angaben der Mitbeteiligten und ihres Ehegatten über den entscheidungswesentlichen Sachverhalt in keiner Weise entgegengetreten. Die in der Stellungnahme der Beschwerdeführerin enthaltenen Rechtsausführungen lösten keine weitere Ermittlungspflicht der belangten Behörde aus. Bei dieser Sachlage liegt auch kein relevanter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften vor.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 5. März 1991, BGBl. Nr. 104.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990080128.X00

Im RIS seit

16.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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