TE Vwgh Erkenntnis 1993/10/29 93/01/0859

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Veröffentlicht am 29.10.1993
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1;
AsylG 1991 §16 Abs1;
AsylG 1991 §20 Abs2;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde der J in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Juni 1993, Zl. 4.295.443/4-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und des der Beschwerde in einer Ausfertigung angeschlossenen angefochtenen Bescheides ist von Folgendem auszugehen:

Die Beschwerdeführerin, eine rumänische Staatsangehörige, reiste am 12. August 1990 in das Bundesgebiet ein und stellte am 16. August 1990 einen Antrag, ihr Asyl zu gewähren. Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark hat mit Bescheid vom 30. Jänner 1991 festgestellt, daß bei der Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes (BGBl. Nr. 126/1968) in Verbindung mit Art. 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention nicht vorliegen. Die dagegen erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Die Beschwerdeführerin hatte bei der Ersteinvernahme angegeben, daß sie der ungarischen Volksgruppe angehöre und ihre Religion nicht habe frei ausüben können. In der Zeit von 1985 bis 1989 sei sie Mitglied der Kommunistischen Partei gewesen. Sie habe an der Dezemberrevolution 1989 teilgenommen. Im Jänner 1990 habe sie an einer Demonstration für die ungarische Volksgruppe teilgenommen. Nachdem ihr Gatte Rumänien verlassen habe, sei sie von der Securitate über den Verbleib ihres Gatten befragt worden. Überdies sei sie von Nachbarn, Anhängern der "Vatra", beschimpft und verspottet worden. In der Berufung trug sie vor, daß die Angehörigen der ungarischen Volksgruppe in Rumänien nach wie vor Benachteiligungen und Schwierigkeiten in Kauf nehmen müßten.

Die belangte Behörde begründet ihre Entscheidung damit, daß im gesamten Verwaltungsverfahren keine Umstände glaubhaft gemacht worden seien, die objektiv die Annahme rechtfertigen könnten, daß die Beschwerdeführerin sich aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb ihres Heimatlandes befinde und nicht gewillt sei, sich wieder unter dessen Schutz zu stellen. Die Nachteile, die die Beschwerdeführerin auf Grund ihrer Zugehörigkeit zur ungarischen Volksgruppe und wegen ihres Glaubens zu tragen habe, würden keine derart gravierende Eingriffe in ihre Grundrechte darstellen. Die Teilnahme an Demonstrationen stelle für sich allein keinen Grund für die Gewährung von Asyl dar. Auch Befragungen über den Aufenthaltsort des Mannes der Beschwerdeführerin könnten die Flüchtlingseigenschaft nicht begründen, da es sich dabei nicht um Eingriffe in die Sphäre und Rechtsgüter der Beschwerdeführerin von erheblicher Intensität handle. Die Beschwerdeführerin habe keinerlei konkrete individuelle Verfolgung im Sinne des Asylgesetzes 1991 dargelegt.

In der dagegen erhobenen Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof macht die Beschwerdeführerin inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheides bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Gewährung des Asyls in Österreich sowie in dem Recht auf Durchführung eines mängelfreien Verfahrens verletzt. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Sofern sich die Beschwerdeführerin dagegen wendet, daß die belangte Behörde es unterlassen habe, sich von der derzeitigen politischen Situation, insbesondere der Situation der ungarischen Minderheit in Siebenbürgen, zu informieren, ist ihr die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, daß Ermittlungen der Behörde über die allgemeinen Verhältnisse im Heimatland nicht geboten sind, da allgemeine Verhältnisse in einem Heimatstaat für sich allein nicht ausreichen, wohlbegründete Furcht im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 zu begründen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1993, Zl. 92/01/0894).

Sofern die Beschwerdeführerin auf zahlreiche "konzeptive Gerichtsverfahren" verweist, die ihrer Auffassung nach derzeit gegen Angehörige der ungarischen Volksgruppe in Rumänien geführt werden, handelt es sich dabei um ein neues Vorbringen, das im Hinblick auf das vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG geltende Neuerungsverbot nicht beachtlich ist. Für die Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes von Bescheiden gemäß dem Asylgesetz 1991 ist die Sachlage im Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde maßgeblich (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. November 1992, Zl. 92/01/0901, 0902 und vom 21. April 1993, Zl. 92/01/0919 - 0922).

Auf Grund der Angaben der Beschwerdeführerin bei der Ersteinvernahme, von der gemäß § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 grundsätzlich auszugehen ist, - im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin weder im Verwaltungsverfahren noch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend gemacht, daß eine Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens im Sinne des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 geboten gewesen wäre - ist der angefochtene Bescheid als mit § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 und der dazu ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Einklang stehend anzusehen. Gemäß dieser Judikatur stellt allein die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Volksgruppe (bzw. Minderheit) keinen Grund für eine Anerkennung als Flüchtling dar (vgl. ua. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1990, Zl. 90/01/0086). Dies gilt in gleicher Weise für das in der ersten Instanz vorgetragene Argument der Teilnahme an Demonstrationen und einer deshalb zu befürchtenden Festnahme (vgl. ua. das hg. Erkenntnis vom 23. September 1992, Zl. 92/01/0102). Sofern die Beschwerdeführerin Verhöre durch den Sicherheitsdienst nach der Flucht ihres Mannes als Grund für die Asylgewährung ins Treffen geführt hat, ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, daß Verhöre und Befragungen allein (wenn sie ohne weitere Folgen bleiben) keine Verfolgungshandlungen im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (jetzt § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991) darstellen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 4. November 1992, Zl. 92/01/0819, vom 9. September 1987, Zl. 86/01/0024, 0025, und vom 29. April 1987, Zl. 85/01/0008).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993010859.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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