TE Vwgh Erkenntnis 1994/1/25 93/08/0146

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Veröffentlicht am 25.01.1994
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Index

21/03 GesmbH-Recht;
23/01 Konkursordnung;
23/02 Anfechtungsordnung Ausgleichsordnung;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §114;
ASVG §60;
ASVG §67 Abs10;
AusgleichsO §1;
GmbHG §18;
KO §27;
KO §28;
KO §29;
KO §30;
KO §31;
KO §41;
KO §69;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der B in M, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt, W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 14. April 1993, Zl. MA 14-S 37/92, betreffend Haftung für Sozialversicherungsbeiträge gemäß § 67 Abs. 10 ASVG (mitbeteiligte Partei: Wiener Gebietskrankenkasse, Wien X, Wienerbergstraße 15-19), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin war bis 8. März 1990 Geschäftsführerin der H. GmbH. Mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 19. März 1991 wurde über das Vermögen dieser Gesellschaft der Konkurs eröffnet. In der Folge brachte der Masseverwalter gegen die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse beim Handelsgericht Wien eine Anfechtungsklage ein, mit der er die Rückzahlung der von der H. GmbH. in der Zeit vom 21. April 1989 bis 19. März 1990 geleisteten Zahlungen in der Höhe von insgesamt S 1,526.000,-- begehrte. Begründet wurde die Klage damit, daß der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse aufgrund der laufenden Exkutionsführung und der fortlaufenden Konkursanträge gegen die H. GmbH. die Zahlungsunfähigkeit dieser Gesellschaft habe bekannt sein müssen. Das Anfechtungsverfahren wurde durch einen vom Handelsgericht mit Beschluß vom 29. April 1992 genehmigten Vergleich zwischen der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse und dem Masseverwalter beendet, in dem sich die Gebietskrankenkasse zur Rückzahlung eines Betrages von S 1,000.000,-- an die Konkursmasse verpflichtete.

Mit Bescheid vom 11. August 1992 sprach die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, daß die Beschwerdeführerin als ehemalige Geschäftsführerin der H. GmbH. gemäß § 67 Abs. 10 ASVG zur Bezahlung rückständiger Sozialversicherungsbeiträge samt Nebengebühren im Betrage von S 2,042.021,77 zuzüglich näher angeführter Verzugszinsen seit 1. August 1992 verpflichtet sei. Nach der Bescheidbegründung hätten die im angeschlossenen Rückstandsausweis vom 5. August 1992 ausgewiesenen Beiträge samt Nebengebühren von der H. GmbH. nicht eingebracht werden können. Die Beschwerdeführerin sei zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Beiträge als Geschäftsführerin zur Vertretung der Beitragsschuldnerin berufen gewesen. Zu ihren Pflichten habe es gehört, dafür zu sorgen, daß die Beiträge ordnungsgemäß entrichtet würden. Da dies schuldhaft unterblieben sei und die Beiträge nicht eingebracht werden könnten, sei die Haftung auszusprechen gewesen. Im angeschlossenen Rückstandsausweis vom 5. August 1992 wurde der Haftungsbetrag wie folgt aufgegliedert: Rückständige Sozialversicherungsbeiträge S 1,857.070,92 für den "Beitragszeitraum: 10/88 bis 5/89, 1.N 10/88, 1.N 1/89,

1.

N 11/89, 1.N 12/89, 1BZ 1/89, 1BZ 10/89, 8(89-2/90, 6.N 3/91,

3.

N 4/91, 3.N 5/91, 3.N 6/91", 10,5 % Verzugszinsen, berechnet bis 31. Juli 1992, von S 178.478,44 und Verwaltungsauslagen von

S 7.372,41.

In dem dagegen erhobenen Einspruch bestritt die Beschwerdeführerin vorerst die Höhe der geltend gemachten Forderungen generell und behielt sich zu diesem Punkt ein weiteres Vorbringen vor. Es sei ihr derzeit nicht möglich, die Richtigkeit der dargestellten Summen zu überprüfen. Insbesondere fehle eine Aufschlüsselung in Dienstgeber- und Dienstnehmeranteile. Weiters ergebe sich aus den von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse selbst gestellten Konkursanträgen, daß die Beitragsrückstände nur bis Oktober 1990 zurückgereicht hätten und "auf diesen Betrag Zahlung geleistet" worden sei. Zu den in Haftung gezogenen Beiträgen, die sich auf die Rückzahlung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse an die Konkursmasse bezogen, wandte die Beschwerdeführerin ein, daß dem jeweiligen Geschäftsführer zum Zeitpunkt der Zahlung nicht klar gewesen sei und ihm auch nicht habe klar sein müssen, daß die H. GmbH. in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten könnte. Es sei sohin der Geschäftsführung hinsichtlich der Zahlung der geltend gemachten Beiträge weder fahrlässiges noch vorsätzliches Verhalten vorzuwerfen. Sie habe nicht vorhersehen können, daß jemals eine Rückzahlung erfolgen werde bzw. zu erfolgen habe. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse habe sich daher die Rückzahlung der bereits geleisteten Sozialversicherungsbeiträge an die Konkursmasse selbst zuzuschreiben, weil sie nicht alle notwendigen Abwehrmaßnahmen gesetzt habe. Aus dieser Säumigkeit könne nicht eine Haftung der Beschwerdeführerin abgeleitet werden.

In der Stellungnahme zum Einspruch vertrat die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse unter Hinweis auf den Artikel von Koziol, Kreditsicherheiten und Anfechtung der Erfüllung, JBl. 1983, 517, und eine Entscheidung des OLG Wien vom 9. Dezember 1991, 6 R 132/91, die Auffassung, daß es sich bei den von der Beschwerdeführerin namens der H. GmbH. geleisteten Beitragszahlungen, die in der Folge angefochten worden seien, um bloße Scheinzahlungen gehandelt habe. Sie schlössen daher eine Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG nicht aus. Es müßte trotzdem nachgewiesen werden, daß im damaligen Zeitpunkt nicht auch Zahlungen an andere Gläubiger geleistet worden seien. Sofern der Masseverwalter diese Zahlungen dann nicht angefochten habe, weil kein Anfechtungstatbestand vorgelegen sei, wäre eine Ungleichbehandlung möglich. Diesbezügliche Behauptungen und Nachweise seien von der Beschwerdeführerin jedoch bisher nicht erbracht worden. Zu ihrer Behauptung, daß ihr bzw. dem jeweiligen Geschäftsführer zum Zeitpunkt der Zahlung nicht klar gewesen sei, daß die H. GmbH. in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten könnte und geraten werde, werde darauf verwiesen, daß die Beschwerdeführerin vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z. 2 StGB für den Zeitraum von Anfang 1987 bis 8. März 1990 rechtskräftig verurteilt worden sei. Nach der Urteilsbegründung habe die H. GmbH. im Jahre 1984 mit zu geringem Eigenkapital den Betrieb begonnen und schon in diesem Jahr sowie in den Folgejahren Verluste erwirtschaftet.

Über Aufforderung der belangten Behörde legte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse mit Schreiben vom 13. November 1992 Kopien der Beitragsvorschreibungen für den Haftungszeitraum vor und führte im genannten Schreiben an, wann die jeweiligen Vorschreibungen gebucht worden seien und auf welche Dienstnehmer der H. GmbH. und auf welche Zeiträume sich die Beitragsnachverrechnungen bezögen.

Mit Schreiben vom 16. November 1992 übermittelte die belangte Behörde das genannte Schreiben der Beschwerdeführerin mit der Mitteilung, daß sich bis zum Ende ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin am 8. März 1990 näher angeführte "Beobachtungszeiträume" ergäben. Bezüglich der Nachtragsvorschreibungen seien als Beobachtungszeiträume jene Kalendermonate heranzuziehen, in denen die Sozialversicherungsbeiträge laut Aufstellung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse fällig geworden seien, allerdings nur jene Kalendermonate, in denen die Geschäftsführerfunktion bestanden habe. Es werde der Beschwerdeführerin daher Gelegenheit geboten, binnen vier Wochen für die einzelnen Beobachtungszeiträume Aufstellungen von Verbindlichkeiten und Zahlungen der H. GmbH. sowie der sich daraus ergebenden Quoten vorzulegen. Hiebei seien Zahlungen und Verbindlichkeiten, die die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse beträfen, außer acht zu lassen.

Die Beschwerdeführerin ersuchte um eine Fristerstreckung bis 20. Jänner 1993, äußerte sich aber auch in dieser Frist nicht.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Einspruch gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab und bestätigte den bekämpften Bescheid. In der Bescheidbegründung wird nach Zitierung des § 67 Abs. 10 ASVG und Wiedergabe der Grundsätze der Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer Haftung nach dieser Bestimmung ausgeführt, es sei die Uneinbringlichkeit der in Haftung gezogenen Beiträge dadurch nachgewiesen, daß nach Auskunft des Masseverwalters im Konkurs der H. GmbH. keine Quote zur Auszahlung gelangen werde und vermutlich nicht einmal die Masseforderungen abgedeckt werden könnten. Die Beschwerdeführerin habe - ungeachtet der Aufforderung durch die belangte Behörde - keinen Nachweis der Gleichbehandlung der Sozialversicherungsbeiträge mit anderen Verbindlichkeiten der H. GmbH. vorgelegt, weshalb ihre Haftung zu bejahen gewesen sei. Was die Bestreitung der Höhe der geltend gemachten Forderungen anlange, sei der Beschwerdeführerin entsprechend ihrem Verlangen ein Konvolut von Kontoauszügen über die rückständigen Sozialversicherungsbeiträge der H. GmbH. zur Kenntnis gebracht worden, von ihr aber diesbezüglich kein weiterer Einwand erfolgt. Dem Einwand, die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse habe die Rückzahlung der Beiträge an die Konkursmasse zu vertreten, sei entgegen zu halten, daß infolge der Anfechtungsklage des Masseverwalters und der dadurch notwendig gewordenen Rückzahlung von Beiträgen in der Höhe von S 1,000.000,-- an die Konkursmasse keine Zahlung mit schuldbefreiender Wirkung zustande gekommen sei, weshalb die Beiträge nach wie vor unberichtigt aushafteten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haften unter anderem die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 19. Februar 1991, Zl. 90/08/0045, vom 17. Dezember 1991, Zl. 90/08/0052, und vom 20. April 1993, Zl. 92/08/0250) ist die Haftung des Geschäftsführers einer GesmbH nach § 67 Abs. 10 ASVG ihrem Wesen nach eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung, die den Geschäftsführer nur dann und deshalb trifft, wenn und weil er seine gegenüber dem Sozialversicherungsträger bestehende gesetzliche Verpflichtung zur rechtzeitigen und ordnungsgemäßen Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen aus den vom ihm verwalteten Gesellschaftsvermögen (aus Gesellschaftsmitteln) schuldhaft (zumindest mit leichter Fahrlässigkeit) verletzt hat. Eine solche Pflichtverletzung - für deren Beurteilung die von der Rechtsprechung zu den §§ 9 und 80 BAO entwickelten Grundsätze herangezogen werden können - kann darin liegen, daß der Geschäftsführer die Beitragsschulden (ohne rechtliche Grundlage) insoweit schlechter behandelt als sonstige Gesellschaftsschulden, als er diese bedient, jene aber unberichtigt läßt. Gegen die Verpflichtung zur Gleichbehandlung der Beitragsverbindlichkeiten mit anderen Schulden verstößt der Geschäftsführer auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung standen, hiezu nicht ausreichten, er aber (zumindest fahrlässig) diese Mittel auch nicht anteilig für die Behandlung aller (im obigen Sinn gleich zu behandelnder) Verbindlichkeiten verwendet und dadurch die Beitragsschulden im Verhältnis zu anderen Verbindlichkeiten schlechter behandelt hat. Seine im Zusammenhang mit der Beitragsentrichtung bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen verletzt - unabhängig vom Gleichbehandlungsgebot - der Geschäftsführer aber auch dann, wenn er entgegen den Bestimmungen der §§ 60 in Verbindung mit 114 ASVG einbehaltene Beiträge (Dienstnehmeranteile) nicht der Sozialversicherung abführt, weil dieser Bestimmung ein Gebot der Abfuhr tatsächlich einbehaltener Dienstnehmeranteile zugrunde liegt.

Von dieser (unmittelbar auf den in Sozialversicherungsgesetzen selbst enthaltenen beitragsrechtlichen Verpflichtungen beruhenden und die nicht ordnungsgemäße Befriedigung bereits entstandener Beitragsschulden sanktionierenden) Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG ist eine allfällige sonstige, im Zivilrechtsweg geltend zu machende Haftung zu unterscheiden, die den Geschäftsführer einer GesmbH zum Beispiel deshalb treffen kann, weil er durch die Verzögerung der Antragstellung auf Konkurseröffnung im Sinne des § 69 KO (also durch die Verletzung eines Schutzgesetzes im Sinne des § 1311 ABGB) die Gläubiger (Sozialversicherungsträger) durch das Entstehen zusätzlicher Verbindlichkeiten geschädigt hat (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 19. Februar 1991, Zl. 90/08/0016, Zl. 90/08/0045 und Zl. 90/08/0100, und vom 17. Dezember 1991, Zl. 90/08/0052). Die Haftung oder fehlende Haftung in einem der beiden Haftungsbereiche muß nicht notwendig jene im jeweils anderen ein- oder ausschließen.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem Beschwerdevorbringen - zunächst die Inanspruchnahme der Beschwerdeführerin zur Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG für die von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse aufgrund des im obgenannten Anfechtungsprozeß abgeschlossenen Vergleiches an die Konkursmasse der H. GmbH. zurückgezahlten Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von S 1,000.000,-- und für die sich darauf beziehenden Nebengebühren rechtsirrig, und zwar auch dann, wenn die seinerzeitige Zahlung dieser Beiträge durch die Beschwerdeführerin eine anfechtbare Rechtshandlung im Sinne der §§ 28 bis 31 KO darstellte, was freilich nicht schon aufgrund des abgeschlossenen Vergleiches für dieses Verfahren bindend feststeht:

Denn unabhängig davon, ob diese Beitragsforderungen durch ihre (voraussetzungsgemäß anfechtbare) Bezahlung erloschen und erst durch die Erstattung der anfechtbaren Leistung an die Konkursmasse gegenüber den Konkursgläubigern (§ 27 KO) wieder aufgelebt sind (§ 41 KO) oder ob diese Bezahlung - im Sinne des zitierten Artikels von Koziol - zunächst nur eine "provisorische Erfüllung" darstellte, ihre Anfechtung aber bewirkte, daß sie - rückwirkend - zu einer Scheinzahlung und damit einer Nichterfüllung wurde (JBl. 1983, 519, 520), stellte diese (die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse zunächst subjektiv oder zumindest objektiv begünstigende) Bezahlung trotz der Rechtsfolgen der Anfechtung, daß "die Beiträge nach wie vor unberichtigt aushaften", keine Verletzung der der Beschwerdeführerin nach den in den sozialversicherungsrechtlichen Gesetzen selbst auferlegten beitragsrechtlichen Verpflichtungen gegenüber der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse zur rechtzeitigen und ordnungsgemäßen Entrichtung bereits entstandener Sozialversicherungsbeiträge, auf deren Verletzung, wie ausgeführt wurde, die Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG allein beruht, zu Lasten der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse dar, weil ihre Forderung ja zunächst ohnedies zur Gänze erfüllt oder - aus späterer Sicht - "provisorisch erfüllt" wurde. Durch die Bezahlung verletzte sie vielmehr nur die ihr nach den genannten Anfechtungsnormen gegenüber den sonstigen Gläubigern der H. GmbH. obliegenden Verpflichtungen, was infolge der Anfechtung der Zahlung ihre Unwirksamkeit nach sich zog. Daß die Beschwerdeführerin diese Beitragszahlungen - nach den Anfechtungsnormen - mit dem Risiko ihrer Unwirksamkeit gegenüber den Konkursgläubigern und damit auch gegenüber der Gebietskrankenkasse nicht ordnungsgemäß, wenn auch sie begünstigend, vornahm, begründete ebensowenig wie die "mögliche Ungleichbehandlung", die nach der in der Stellungnahme zum Einspruch vertretenen Auffassung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse darin bestehen könnte, daß andere Zahlungen im selben Zeitraum mangels Vorliegens eines Anfechtungstatbestandes nicht angefochten wurden, eine Verletzung der genannten sozialversicherungsrechtlichen Pflichten, weil nach der sachgerecht zu fordernden Harmonisierung der beitrags- und anfechtungsrechtlichen Normen die Beschwerdeführerin namens der H. GmbH. dann (nämlich unter der Voraussetzung der Anfechtbarkeit der Beitragszahlungen) diese Zahlungen nicht vornehmen durfte und daher eine allfällige anfechtungsrechtliche Pflichtverletzung nicht zugleich auch eine beitragsrechtliche darstellte.

Der angefochtene Bescheid ist aber nicht nur insofern rechtswidrig, als die Beschwerdeführerin zur Haftung von Sozialversicherungsbeiträgen in der Höhe von S 1,000.000,--, die im Zeitraum vom 25. April 1989 bis 19. März 1990 zunächst bezahlt, dann aber von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse zurückgezahlt wurden, verpflichtet wurde, sondern - ebenfalls in Übereinstimmung mit dem Beschwerdevorbringen - auch insofern, als ihre Haftung für Sozialversicherungsbeiträge ausgesprochen wurde, die sich nach der Aufstellung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 13. November 1992 auf Zeiträume nach Beendigung der Tätigkeit der Beschwerdeführerin als Geschäftsführerin mit 8. März 1990 beziehen. Denn - ungeachtet der ihr nach ständiger Rechtsprechung obliegenden Behauptungs- und Beweislast (vgl. zuletzt das Erkenntnis vom 20. April 1993, Zl. 92/08/0250, mit weiteren Judikaturhinweisen) - hätte die belangte Behörde schon aufgrund dieser Aufstellung klären müssen, welche der von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse geltend gemachten, noch nicht bezahlten Beiträge noch innerhalb der Zeit, in der die Beschwerdeführerin Geschäftsführerin der H. GmbH. war, fällig wurden.

Da eine ziffernmäßige Trennung jener Beiträge, für die die Beschwerdeführerin keinesfalls haftet, von anderen, für die - nach den obgenannten rechtlichen Grundsätzen - an sich eine Haftung in Betracht kommt, nicht möglich ist, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes zur Gänze aufzuheben. Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991. Das Begehren auf Stempelgebührenersatz war wegen der bestehenden sachlichen Abgabenfreiheit (§ 110 Abs. 1 Z. 2 ASVG) abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993080146.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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