TE Vwgh Erkenntnis 1993/4/20 92/08/0250

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Veröffentlicht am 20.04.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §67 Abs10 idF 1986/111;
ASVG §67 idF 1986/111;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde der E in L, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 17. November 1992, Zl. SV-766/6-1992, betreffend Haftung für Sozialversicherungsbeiträge gemäß § 67 Abs. 10 ASVG (mitbeteiligte Partei: Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, Linz, Gruberstraße 77), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 5. Februar 1992 sprach die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, daß die Beschwerdeführerin als Geschäftsführerin der I.GmbH aufgrund des § 67 Abs. 10 ASVG für die Entrichtung nachstehender Sozialversicherungsbeiträge hafte:

"Rest März 1991                        S    116.520,13

April 1991                            S    423.718,62

Mai 1991                              S    402.563,16

Verwaltungskostenersatz gemäß

§ 64//4 ASVG                          S      4.508,72

Verzugszinsen gemäß § 59 (1) ASVG

bis einschließlich 23.12.1991         S     70.974,90

S 1,018.285,53."

================

Die Beschwerdeführerin sei verpflichtet, die Sozialversicherungsbeiträge samt Nebengebühren und Verzugszinsen binnen einem Monat nach Zustellung des Bescheides an die mitbeteiligte Partei zu bezahlen sowie die ab 24. Dezember 1991 anfallenden Verzugszinsen von 10,5 % aus S 942.801,91 zu entrichten.

Nach der Bescheidbegründung hätten die von der I.GmbH zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge trotz wiederholter Exekutionsführung nicht hereingebracht werden können. Mit Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 5. August 1991 sei ein Konkursantrag mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens der I.GmbH abgewiesen worden. Somit stehe fest, daß die Beitragsschuld bei der I.GmbH uneinbringlich sei. Mit Schreiben der mitbeteiligten Partei vom 4. November 1991 sei die Beschwerdeführerin nachweislich über die Haftungsbestimmung des § 67 Abs. 10 ASVG informiert und aufgefordert worden Stellung zu nehmen. In ihrer Stellungnahme vom 8. November 1991 habe sie (durch ihren Rechtsanwalt) mitgeteilt, daß sie die zur Verfügung stehenden Mittel anteilsmäßig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet habe. Die Einsichtnahme in die Buchhaltungsunterlagen der I.GmbH habe aber ergeben, daß die Löhne und Gehälter sicherlich bis April 1991 zur Gänze, für Mai 1991 zumindest teilweise ausbezahlt worden seien. Die Sozialversicherungsbeiträge für März 1991 seien aber nur mehr zum Teil bezahlt worden. Daraus folge, daß die Beschwerdeführerin als Geschäftsführerin der I.GmbH die Sozialversicherungsbeiträge schlechter behandelt habe als andere Verbindlichkeiten der Gesellschaft.

In dem gegen diesen Bescheid erhobenen (als Berufung bezeichneten) Einspruch wandte die Beschwerdeführerin ein, es sei "unrichtig und aktenwidrig und durch kein Beweisergebnis bekräftigt", daß die Sozialversicherungsbeiträge für März 1991 nur zum Teil bezahlt und die mitbeteiligte Partei schlechter behandelt worden sei. In ihrer Stellungnahme vom 27. November 1991 habe nämlich die Beschwerdeführerin offengelegt, daß für die Monate März bis Mai 1991 Dienstnehmerbeiträge im Gesamtausmaß von S 445.161,-- angefallen seien. Diese Beiträge seien durch Überweisungen der Firma H als "Drittschuldnerin" zur Gänze bezahlt worden. Die Beschwerdeführerin habe nämlich "für die Dienstnehmer- und Dienstgeberbeiträge sämtliche Forderungen gegenüber der Fa. H zediert". Die mitbeteiligte Partei habe (aufgrund dieser Zession) Zahlungen im Gesamtbetrag von S 593.814,90 erhalten; die letzte Überweisung sei am 15. Juli 1991 mit einem Betrag von S 6.498,-- erfolgt. Die Sozialversicherungsbeiträge seien nicht schlechter, sondern besser behandelt worden als die übrigen Verbindlichkeiten der I.GmbH. Zu diesem Ergebnis wäre die mitbeteiligte Partei gekommen, wenn sie die Beschwerdeführerin persönlich einvernommen, die Buchhaltungsunterlagen der I.GmbH in ihrem Beisein eingesehen, die Forderungszessionen an die Fa. H geprüft und der Beschwerdeführerin eine Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben hätte.

In ihrer Stellungnahme zum Einspruch wandte die mitbeteiligte Partei - soweit dies im Beschwerdefall noch von Bedeutung ist - ein, die Beschwerdeführerin habe in ihrem Schreiben vom 27. November 1991 mitgeteilt, daß sämtliche Buchhaltungsunterlagen, die den Haftungszeitraum von März bis Mai 1991 umfassen, beim Steuerberater seien, und die mitbeteiligte Partei ermächtigt, in diese Unterlagen Einsicht zu nehmen und Kopien anzufertigen. Diese Einsicht habe ergeben, daß die Löhne und Gehälter sicherlich bis April 1991 zur Gänze, für Mai 1991 zumindest teilweise ausbezahlt worden seien. Bei einer späteren Vorsprache habe die Beschwerdeführerin angegeben, daß auch für Mai 1991 die Löhne und Gehälter voll ausbezahlt worden seien. Die Sozialversicherungsbeiträge für März 1991 seien aber nur mehr zum Teil bezahlt worden. Daraus folge, daß die Beschwerdeführerin die Sozialversicherungsbeiträge schlechter behandelt habe als andere Verbindlichkeiten der I.GmbH. Aufgrund des Einspruchsvorbringens habe die mitbeteiligte Partei die Beschwerdeführerin im Sinne des § 412 Abs. 2 ASVG aufgefordert, schriftlich jenes Beweismaterial, das sie angeblich nicht habe anbieten können, vorzulegen. Für die Frage der Gleichbehandlung sei um Gegenüberstellung aller Verbindlichkeiten und Schuldtilgungen der I.GmbH im Haftungszeitraum ersucht worden. Die Beschwerdeführerin habe dazu, wie sich aus dem Schreiben ihres Rechtsvertreters ergebe, innerhalb der gesetzten Frist nicht Stellung nehmen können. Es sei demnach offenbar nicht möglich, den Entlastungsbeweis anzutreten, sodaß ihr Vorwurf der Mangelhaftigkeit zurückzuweisen sei. Zur behaupteten Bezahlung der streitgegenständlichen Sozialversicherungsbeiträge aufgrund der erwähnten Zession sei zu bemerken, daß am 21. Jänner 1991 eine Ratenvereinbarung über die Bezahlung rückständiger Beiträge für November und Dezember 1990 in der Höhe von S 850.254,33 geschlossen worden sei. Die erste und zweite Rate seien noch von der I.GmbH beglichen, die restlichen S 450.254,33 sowie die Beiträge für Februar 1991 und teilweise für März 1991 im Wege der erwähnten Zession abgedeckt worden. Die Einspruchsbehauptung, es seien die Sozialversicherungsbeiträge für März bis Mai 1991 durch Überweisungen der Fa. H zur Gänze bezahlt worden, sei daher unrichtig. Die im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides genannten Beiträge samt Nebenkosten hafteten vielmehr noch unberichtigt aus.

Die belangte Behörde gab der (schon im Einspruchsverfahren durch die nunmehrigen Beschwerdevertreter vertretenen) Beschwerdeführerin Gelegenheit, sich zur Stellungnahme der mitbeteiligten Partei innerhalb einer (mehrfach verlängerten) Frist zu äußern, wobei darauf hingewiesen wurde, daß sie zweifellos ihrem Rechtsvertreter die erforderlichen Informationen erteilen könne. Dem kam die Beschwerdeführerin nicht nach, sondern beantragte mit Schriftsatz vom 9. November 1992 erneut die Verlängerung der gesetzten Frist bis 30. März 1993, da sie momentan aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei, die nötigen Belege durchzusehen und für die Einspruchsbehörde vorzubereiten.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge und sprach aus, daß die Beschwerdeführerin verpflichtet sei, Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von S 942.801,91, Verwaltungskostenersätze in der Höhe von S 4.508,72 und Verzugszinsen in der Höhe von 4 % zu bezahlen. In der Bescheidbegründung wurde nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens ausgeführt, es enthielten weder das ASVG noch das AVG eine Bestimmung, aus der geschlossen werden könnte, ein Rechtsmittelverfahren solle wegen Erkrankung des Rechtsmittelwerbers unterbrochen werden. Die Erkrankung der Beschwerdeführerin habe weder ihren Sohn noch den bevollmächtigten Vertreter gehindert, in Buchhaltungsunterlagen Einsicht zu nehmen. Fest stehe, daß die Beschwerdeführerin die Beiträge für März 1991 (nur) teilweise und die Beiträge für April und Mai 1991 zur Gänze nicht entrichtet, die Löhne hingegen bis Mai 1991 ausgezahlt habe. Beweismittel, aus denen im Haftungszeitraum von März bis Mai 1991 eine Gleichbehandlung der Sozialversicherungsbeiträge mit anderen Verbindlichkeiten der Gesellschaft ersichtlich wäre, habe die Beschwerdeführerin nicht vorlegen können. Sie habe auch keine Gründe angegeben, wonach ihr die Erfüllung ihrer Verpflichtung, für die Beitragsentrichtung zu sorgen und die Beiträge nicht schlechter zu behandeln als andere Verbindlichkeiten, unmöglich gewesen sei. Am Vorliegen eines Verschuldens bestehe daher im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 67 Abs. 10 ASVG kein Zweifel. Die mit dem erstinstanzlichen Bescheid ausgesprochene Haftung entspreche daher dem Gesetz. Allerdings rechtfertigten die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin (auch nach Auffassung der mitbeteiligten Partei) eine Herabsetzung der Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 2

ASVG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei (diese allerdings ohne Kostenersatzantrag) eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unbegründet ist zunächst der Formaleinwand der Beschwerdeführerin, es könne dem angefochtenen Bescheid nicht entnommen werden, von welcher Behörde er erlassen worden sei. Denn - entgegen ihrer Auffassung - wurde der gemäß Art. II Abs. 2 lit. A Z. 1 B-VG und den §§ 67 und 58 Abs. 3 AVG auch im Einspruchsverfahren geltenden Bestimmung des § 18 Abs. 4 AVG, wonach alle schriftlichen Ausfertigungen die Bezeichnung der Behörde enthalten müssen, durch die Anführung des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung im "Kopf des Verwaltungsaktes", ungeachtet der bloßen Verwendung des Wortes "Landeshauptmann" im Text des Bescheides, entsprochen (vgl. im ähnlichen Zusammenhang das Erkenntnis vom 16. März 1993, Zl. 92/08/0224).

Aber auch in der Sache selbst ist die Beschwerde aus nachstehenden Gründen unberechtigt:

Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haften unter anderem die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt dargelegt hat (vgl. zuletzt die Erkenntnisse vom 17. Dezember 1991, Zl. 90/08/0052, vom 28. April 1992, Zl. 92/08/0055, und vom 12. Mai 1992, Zlen. 92/08/0072, 0073, jeweils mit weiteren Judikaturhinweisen), ist die Haftung des Geschäftsführers gemäß § 67 Abs. 10 ASVG ihrem Wesen nach eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung, die den Geschäftsführer deshalb trifft, weil er seine gegenüber dem Sozialversicherungsträger bestehende gesetzliche Verpflichtung zur rechtzeitigen Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen schuldhaft (leichte Fahrlässigkeit genügt) verletzt hat. Eine solche Pflichtverletzung - für deren Beurteilung die von der Rechtsprechung zu den §§ 9 und 80 BAO entwickelten Grundsätze herangezogen werden können - kann darin liegen, daß der Geschäftsführer die Beitragsschulden (ohne rechtliche Grundlage) insoweit schlechter behandelt als sonstige Gesellschaftsschulden, als er diese bedient, jene aber unberichtigt läßt, bzw. - im Falle des Fehlens ausreichender Mittel - nicht für eine zumindest anteilige Befriedigung auch der Forderungen des Sozialversicherungsträgers Sorge trägt. Den zur Haftung herangezogenen Geschäftsführer trifft in diesem Zusammenhang die Verpflichtung, darzulegen, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, daß die Beitragsschulden rechtzeitig - zur Gänze oder zumindest anteilig - entrichtet wurden, und dafür entsprechende Beweisanbote zu erstatten. Denn ungeachtet der grundsätzlich amtswegigen Ermittlungspflicht der Behörde trifft denjenigen, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfüllt - über die ihn stets allgemein treffende Behauptungslast im Verwaltungsverfahren hinaus - die besondere Verpflichtung darzutun, aus welchen Gründen ihm deren Erfüllung unmöglich war, widrigenfalls angenommen werden darf, daß er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen ist. Allerdings darf diese besondere Behauptungs- und Beweislast einerseits nicht überspannt, andererseits nicht so aufgefaßt werden, daß die Behörde jeder Ermittlungspflicht entbunden wäre. Hat der Geschäftsführer nicht nur ganz allgemeine, sondern einigermaßen konkrete, sachbezogene Behauptungen aufgestellt, die nicht schon von vornherein aus rechtlichen Gründen unmaßgeblich sind, so hat ihn die Behörde vorerst zu einer solchen Präzisierung und Konkretisierung seines Vorbringens und zu entsprechenden Beweisanboten aufzufordern, die es ihr - nach allfälliger Durchführung eines danach erforderlichen Ermittlungsverfahrens - ermöglichen zu beurteilen, ob der Geschäftsführer ohne Verstoß gegen die ihm obliegende Gleichbehandlungspflicht vorgegangen ist und ob und in welchem Ausmaß ihn deshalb eine Haftung trifft. Kommt freilich der haftungspflichtige Geschäftsführer dieser Aufforderung nicht nach, so bleibt die Behörde zur oben angeführten Annahme berechtigt, daß er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen ist. Konsequenterweise haftet der Geschäftsführer dann für die (von der Haftung betroffenen) Beitragsschulden zur Gänze.

Unter Bedachtnahme auf diese Grundsätze ist - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - der angefochtene Bescheid nicht rechtswidrig.

Nach Auffassung der Beschwerdeführerin genüge es nicht, daß sich die belangte Behörde bei Darlegung ihrer Ansicht auf allgemein-theoretische, formelhafte Floskeln zurückziehe, die einer nachprüfenden Kontrolle unzugänglich seien. Sie habe vielmehr im einzelnen konkret und substantiell darzulegen und aufzuzeigen, auf welchen rechtserheblichen Sachverhalt sie ihren Bescheid stütze. Dies sei nicht geschehen. Der Bescheid sei daher nicht überprüfbar. Die belangte Behörde lege nicht dar, wie sich die einzelnen Haftungsbeträge zusammensetzten. Ob es sich bei den Beiträgen um Dienstgeber- bzw. Dienstnehmerbeiträge zur Pensions-, Kranken- oder Unfallversicherung handle, ob in diesen Beträgen auch sonstige von der Krankenkasse einzubehaltene Beträge enthalten seien, könne dem Bescheid nicht entnommen werden. Auch würden die jeweiligen Beitragsgrundlagen nicht angeführt. Den zur Haftung herangezogenen Geschäftsführer treffe zwar die Verpflichtung darzulegen, weshalb er nicht habe dafür Sorge tragen können, daß die Beitragsschuldigkeiten rechtzeitig - zur Gänze oder zumindest anteilig - entrichtet worden seien, die Höhe der Abgabenverbindlichkeiten habe aber die Behörde zu ermitteln und nachvollziehbar in ihren Haftungsbescheiden darzustellen. Dies sei nicht erfolgt.

Diesen Einwänden kommt keine Berechtigung zu. Zunächst ist der Begründung des angefochtenen Bescheides völlig eindeutig zu entnehmen, auf welchen "rechtserheblichen Sachverhalt" die belangte Behörde den Bescheid gestützt hat: nämlich darauf, daß die Beschwerdeführerin die Sozialversicherungsbeiträge für März 1991 (nur) teilweise und die Sozialversicherungsbeiträge für April und Mai 1991 zur Gänze nicht entrichtet habe, während sie die Löhne und Gehälter bis Mai 1991 zur Gänze ausgezahlt habe. Einer neuerlichen Anführung der Höhe der noch ausständigen Sozialversicherungsbeiträge für den Haftungszeitraum sowie der Nebenkosten bedurfte es im Hinblick auf den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides nicht. Eine Aufgliederung der Haftungsbeträge in der in der Beschwerde angesprochenen Art war schon deshalb nicht erforderlich, weil einerseits die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren die Höhe der insgesamt für die drei Monate anfallenden Sozialversicherungsbeiträge nie bestritten hat und andererseits, worauf in den Gegenschriften mit Recht verwiesen wird, die strittigen Beiträge mit den im Akt der mitbeteiligten Partei aufliegenden Beitragsnachweisungen von der I.GmbH selbst gemeldet wurden.

Die Beschwerdeführerin wendet ferner ein, sie habe vorgebracht, daß von März bis Mai 1991 Sozialversicherungsbeiträge von insgesamt S 445.161,-- angefallen und von ihr ab April 1991 insgesamt S 593.814,90 an die mitbeteiligte Partei überwiesen worden seien. Die belangte Behörde habe im angefochtenen Bescheid zwar grundsätzlich die Einzahlung dieses Betrages zugestanden, jedoch nicht nachvollziehbar dargelegt, inwieweit diese Zahlung auf Beitragsschuldigkeiten für den Haftungszeitraum angerechnet worden seien oder hätten angerechnet werden müssen.

Dieses Beschwerdevorbringen steht in mehrfacher Weise im Widerspruch zur Aktenlage. Die Beschwerdeführerin hat zwar in ihrer Stellungnahme vom 27. November 1991, in der sie die mitbeteiligte Partei ermächtigte, in die bei ihrem Steuerberater befindlichen Buchhaltungsunterlagen der I.GmbH Einsicht zu nehmen und Kopien herzustellen, ausgeführt, es seien in den Monaten März bis Mai 1991 "Dienstnehmerbeiträge" von insgesamt S 445.161,-- angefallen und es seien diese Dienstnehmerbeiträge und teilweise auch die Dienstgeberbeiträge für den Zeitraum von März bis Mai 1991 von der Fa. Hofmann & Maculan durch Überweisung eines Gesamtbetrages von S 593.814,90 für die I.GmbH bezahlt worden. Dazu hat aber die mitbeteiligte Partei in ihrer Stellungnahme zum Einspruch angeführt, daß mit dem zuletzt genannten Betrag die restlichen Sozialversicherungsbeiträge für November und Dezember 1990 in der Höhe von S 450.254,33, die Beiträge für Februar 1991 und teilweise für März 1991 gedeckt worden seien. Dieser Behauptung (die hinsichtlich der Abdeckung der offenen Beitragsschuld von S 450.254,33 für offene Sozialversicherungsbeiträge von November und Dezember 1990 durch das Schreiben der mitbeteiligten Partei an die I.GmbH zu Handen der Beschwerdeführerin vom 11. April 1991 gestützt wird) ist die Beschwerdeführerin im Einspruchsverfahren trotz der ihr eingeräumten Möglichkeit einer Stellungnahme nicht entgegengetreten, obwohl ihr (ihrem Steuerberater bzw. ihrem Rechtsvertreter) dies angesichts des einfachen Beweisthemas ungeachtet ihrer Krankheit möglich gewesen sein muß. Daß eine solche Möglichkeit nicht bestanden habe, bringt sie im übrigen in der Beschwerde gar nicht vor. Die belangte Behörde durfte daher mängelfrei davon ausgehen, daß von den S 593.814,90 nur ein Teilbetrag für März 1991 in der bereits im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides berücksichtigten Höhe bezahlt worden sei.

Die Beschwerdeführerin wendet sich schließlich gegen die auf eine "angebliche Aussage der Beschwerdeführerin" gestützte Annahme der belangten Behörde, es seien für Mai 1991 die Gehälter zur Gänze bezahlt worden. Die Einsicht der erstinstanzlichen Behörde in die Buchhaltungsunterlagen der I.GmbH habe vielmehr ergeben, daß die Löhne und Gehälter für Mai 1991 nur teilweise gezahlt worden seien. Unter Berücksichtigung dessen könne die Beschwerdeführerin für Mai 1991 nur eine anteilige Haftung treffen.

Dem ist entgegenzuhalten, daß sich die belangte Behörde bei dieser "Annahme" nicht auf eine "angebliche Aussage der Beschwerdeführerin", sondern - entsprechend dem Vorbringen der mitbeteiligten Partei in ihrer Stellungnahme zum Einspruch - mängelfrei auf eine von der Beschwerdeführerin anläßlich ihrer Vorsprache bei der mitbeteiligten Partei am 20. März 1992 selbst unterfertigte Aussage ("Die Löhne Mai 1991 wurden zur Gänze von der Work-Service beglichen.") stützen konnte.

Da die Beschwerdeführerin auch nicht behauptet, daß sie wegen ihrer Krankheit nicht in der Lage gewesen sei, die von ihr zunächst von der mitbeteiligten Partei im Rahmen des Verfahrens nach § 412 Abs. 2 ASVG und dann von der belangten Behörde zum Zwecke des Nachweises der Gleichbehandlung der Sozialversicherungsbeiträge und der anderen Verbindlichkeiten im Haftungszeitraum verlangte Gegenüberstellung aller Verbindlichkeiten und Schuldtilgungen der I.GmbH im Haftungszeitraum zumindest durch einen Vertreter vorzunehmen, durfte die belangte Behörde mängelfrei davon ausgehen, daß sie (abgesehen davon, daß sie hinsichtlich tatsächlich geleisteter Gehaltszahlungen für von der I.GmbH als Beitragsschuldnerin einbehaltene, aber nicht abgeführte Sozialversicherungsbeiträge schon wegen Verletzung dieser Verpflichtung zur Abführung jedenfalls haftet) im Haftungszeitraum die fälligen Sozialversicherungsbeiträge im obgenannten Sinn schlechter behandelt hat als die übrigen Verbindlichkeiten, und entspricht die ausgesprochene Haftung der Beschwerdeführerin dem Gesetz.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Zu dem zur hg. Zl. AW 92/08/0029 protokollierten Antrag, der eingebrachten Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird bemerkt, daß die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die Zuerkennung beantragt wurde, einen Abspruch über diesen Antrag entbehrlich macht.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweislast Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992080250.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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