TE Vwgh Erkenntnis 1994/4/27 93/01/0474

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Veröffentlicht am 27.04.1994
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde der C in S, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. April 1993, Zl. 4.337.270/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. April 1993 wurde in Erledigung der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 6. Mai 1992 ausgesprochen, daß Österreich der Beschwerdeführerin - einer Staatsangehörigen "der früheren SFRJ", die am 12. Februar 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 23. Februar 1992 den Asylantrag gestellt hat - kein Asyl gewähre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Vorauszuschicken ist, daß die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen ist, daß von ihr bereits das Asylgesetz 1991 anzuwenden sei. Ihrer dafür gegebenen Begründung, daß das gegenständliche Asylverfahren "am bzw. nach dem 1. Juni 1992 beim Bundesministerium für Inneres anhängig war", kann zwar auf Grund der Auslegung des § 25 Abs. 1 und Abs. 2, jeweils erster Satz, AsylG 1991 nicht beigepflichtet werden; doch kommt im vorliegenden Beschwerdefall, in dem der erstinstanzliche Bescheid am 18. Mai 1992 zugestellt wurde und die Berufung erst am 2. Juni 1992 bei der Erstbehörde eingelangt ist, weshalb das Verfahren am 1. Juni 1992 nicht mehr in erster Instanz, aber auch noch nicht beim Bundesminister für Inneres anhängig war, die allgemeine Schlußbestimmung des § 27 AsylG 1991 zum Tragen, wonach dieses Bundesgesetz mit 1. Juni 1992 in Kraft und gleichzeitig das Asylgesetz (1968) außer Kraft tritt (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. März 1993, Zl. 92/01/0831).

Die belangte Behörde ist zu ihrer abweislichen Entscheidung sowohl deshalb gelangt, weil sie die Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführerin gemäß § 1 Z. 1 AsylG 1991 verneint hat, als auch aus dem Grunde, daß sie den Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. herangezogen hat. Nach dieser Gesetzesstelle wird einem Flüchtling kein Asyl gewährt, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Diesbezüglich ging die belangte Behörde von den Angaben der Beschwerdeführerin bei ihrer niederschriftlichen Vernehmung am 2. April 1992, sie sei mit dem Bus u.a. über Ungarn nach Österreich gereist, aus und befaßte sich in rechtlicher Hinsicht näher mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit" im Sinne der genannten Gesetzesstelle, wobei sie im wesentlichen - im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (beginnend mit dem Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - die Rechtslage richtig erkannt hat.

Die Beschwerde enthält demgegenüber kein geeignetes Vorbringen in der Richtung, daß die tatsächlichen Verhältnisse in Ungarn auf dem Boden dieser Rechtslage dergestalt gewesen wären, daß die Beschwerdeführerin dort - trotz des unter Bedachtnahme auf deren Art. 43 bereits mit Wirksamkeit vom 12. Juni 1989 erfolgten Beitrittes dieses Landes zur Genfer Flüchtlingskonvention mit der für die Beschwerdeführerin zutreffenden Alternative a des Abschnittes B des Art. 1 (siehe BGBl. Nr. 260/1992) - einer Verfolgung ausgesetzt gewesen wäre oder keinen wirksamen Schutz vor Abschiebung in ihren Heimatstaat gehabt habe. Der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Umstand, daß die belangte Behörde "in einem ähnlich gelagerten", näher bezeichneten Fall bei Auslegung des Begriffes der "Verfolgungssicherheit" "von völlig anderen Prämissen ausgegangen ist", vermag der vorliegenden Beschwerde mangels Bindungswirkung einer derartigen Entscheidung, aus der die Beschwerdeführerin eigene Rechtsansprüche ableiten könnte, nicht zum Erfolg zu verhelfen. Wenn die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang auf das eine Voraussetzung für die Anwendung des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 darstellende "Sicherheitsbedürfnis (Schutzbedürfnis) auf Seiten des Asylwerbers", die Empfehlung Nr. 15 (XXX) des Exekutiv-Komitees für das Programm des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (aus dem Jahre 1979) sowie - entgegen dem Gesetzeswortlaut, worin es heißt, daß ein Flüchtling vor Verfolgung sicher "war" - auf das Erfordernis der Prüfung des Vorliegens der Verfolgungssicherheit im Zeitpunkt der Bescheiderlassung hinweist, so hat der Verwaltungsgerichtshof dazu im einzelnen insbesondere in seinem Erkenntnis vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, umfassend Stellung genommen und hiebei die Argumente, die die Beschwerdeführerin daraus für ihren Standpunkt zu gewinnen sucht, nicht für stichhältig erachtet. Die Beschwerdeführerin verkennt die Rechtslage auch insofern, als sie unter Bezugnahme auf die § 7 Abs. 2 AsylG (1968) in Ansehung der darin enthaltenen Worte "Schutz vor Verfolgung gefunden hat" betreffenden Gesetzesmaterialien (544 Blg NR XI. GP) und die dazu ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Auffassung vertritt, daß "zur Erfüllung dieses Tatbestandes" (gemeint: des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991) "ein bewußtes Zusammenwirken zwischen der Person des Asylwerbers und den Behörden des Drittstaates notwendig sei" (vgl. u.a. außer dem schon zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zur Zl. 93/01/0256 noch jenes vom 23. März 1993, Zlen. 94/01/0161, 0162).

Im Hinblick darauf, daß die belangte Behörde demnach von dem genannten Ausschließungsgrund zu Recht Gebrauch gemacht hat, kam eine Asylgewährung gemäß § 3 AsylG 1991 schon aus diesem Grunde nicht in Betracht. Es erübrigt sich daher ein Eingehen auf den sich auf die Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführerin beziehenden Teil der Begründung des angefochtenen Bescheides und die dagegen vorgebrachten Beschwerdeausführungen. Ob der Beschwerdeführerin schließlich noch die erfolgversprechende Möglichkeit einer Antragstellung gemäß § 4 AsylG 1991 offensteht, hängt zunächst von dem Ausgang des ihren Gatten betreffenden (zur Zl. 93/01/0473 anhängigen) Beschwerdeverfahrens ab.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993010474.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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