TE Vwgh Erkenntnis 1994/3/23 94/01/0161

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Veröffentlicht am 23.03.1994
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1968 §5 Abs1;
AsylG 1968 §5 Abs3;
AsylG 1968 §7 Abs2;
AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
AsylG 1991 §2 Abs2;
AsylG 1991 §2 Abs3;
AsylG 1991 §26;
AsylG 1991 §3;
FlKonv Art33;
FrG 1993 §37;
VwRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/01/0162

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerden

1. des S in M und 2. der Z in M, beide vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres jeweils vom 14. Jänner 1994, Zl. 4.334.139/1-III/13/92, beide betreffend Asylgewährung (hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers hg. Zl. 94/01/0161, hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin hg. Zl. 94/01/0162), zu Recht erkannt:

Spruch

Beide Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus den Beschwerden und den ihnen angeschlossenen Ausfertigungen der angefochtenen Bescheide ergibt sich, daß mit den Bescheiden des Bundesministers für Inneres vom 14. Jänner 1994, in Erledigung der Berufungen der Beschwerdeführer gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 5. März 1992, ausgesprochen wurde, daß Österreich den Beschwerdeführern - Staatsangehörigen "der früheren SFRJ", die am 5. Jänner 1992 in das Bundesgebiet eingereist sind und am 7. Jänner 1992 Asylanträge gestellt haben - kein Asyl gewähre.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, vom jeweiligen Beschwerdeführer in Ansehung des ihn betreffenden Bescheides erhobenen Beschwerden, über die der Verwaltungsgerichtshof - nach Verbindung zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges - erwogen hat:

Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführern, ohne sich mit ihrer Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 auseinanderzusetzen, deshalb kein Asyl gewährt, weil sie der Ansicht war, daß bei ihnen der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Sie ging von den Angaben der Beschwerdeführer anläßlich ihrer niederschriftlichen Vernehmung am 27. Februar 1992, daß sie sich vor ihrer Einreise in das Bundesgebiet in Slowenien aufgehalten haben, aus und befaßte sich in rechtlicher Hinsicht gleichlautend näher mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit" im Sinne der genannten Gesetzesstelle, wobei sie im wesentlichen - im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (beginnend mit dem Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - die Rechtslage richtig erkannt hat.

Die Beschwerdeführer wenden sich insofern gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Auslegung des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991, als sie die Auffassung vertreten, daß diese Bestimmung nach ihrer "eindeutigen Formulierung nur auf FLÜCHTLINGE angewendet werden darf". Daraus schließen sie, daß entweder der angefochtene Bescheid schon deshalb mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behaftet sei, weil die belangte Behörde über ihre Flüchtlingseigenschaft nicht abgesprochen habe, oder "für die weiteren Ausführungen" von ihrer Flüchtlingseigenschaft auszugehen sei. Die Beschwerdeführer übersehen hiebei, daß mit der in dieser Norm verwendeten Diktion ("Kein Asyl wird einem Flüchtling gewährt, wenn ...) - abweichend von der grundsätzlichen Bestimmung des § 2 Abs. 1 leg. cit., wonach Österreich Flüchtlingen Asyl gewährt - lediglich zum Ausdruck gebracht wird, daß in näher bestimmten Fällen eine Asylgewährung trotz Vorliegens der Flüchtlingseigenschaft nicht in Betracht kommt. Selbst wenn daher feststünde, daß die Beschwerdeführer Flüchtlinge seien, könnte ihnen nicht Asyl gewährt werden, weil der von der belangten Behörde gebrauchte Ausschließungsgrund zum Tragen käme (vgl. unter anderem die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Jänner 1994, Zl. 93/01/1522 und Zl. 93/01/1524). Der Asylbehörde obliegt nunmehr - im Gegensatz zur früheren Rechtslage gemäß § 2 Abs. 1 Asylgesetz (1968), wonach bescheidmäßig eine Feststellung darüber zu treffen war, ob die nach § 1 (betreffend die Flüchtlingseigenschaft) maßgebenden Voraussetzungen gegeben sind - gemäß § 3 Asylgesetz 1991 eine Entscheidung darüber, ob einem Asylwerber Asyl zu gewähren ist, wobei einem solchen Antrag nur dann stattzugeben ist, wenn nach diesem Bundesgesetz glaubhaft ist, daß der Asylwerber Flüchtling UND die Gewährung von Asyl nicht gemäß § 2 Abs. 2 und 3 ausgeschlossen ist. Es müssen demnach im Falle der Asylgewährung kumulativ beide Voraussetzungen vorliegen, was bedeutet, daß es dann, wenn schon eine dieser Voraussetzungen (wie auf Grund des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991) fehlt, rechtlich nicht mehr der Klärung bedarf, ob allenfalls die weitere dieser Voraussetzungen (so die Flüchtlingseigenschaft) gegeben wäre. Hat die belangte Behörde zu Recht von diesem Ausschließungsgrund Gebrauch gemacht, dann war es nicht rechtswidrig, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführer nicht geprüft hat.

Auch der Rechtsansicht der Beschwerdeführer, § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 "stellt auf einen faktischen konkreten Zustand ab, der im Zeitpunkt der Entscheidung jener Behörde, die diese Bestimmung anwendet, noch gegeben sein muß", kann nicht gefolgt werden. Sie leiten aus § 26 Asylgesetz 1991, wonach die Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention unberührt bleiben, ab, daß im gegebenen Zusammenhang berücksichtigt werden müsse, "ob diese Verfolgungssicherheit zum Zeitpunkt der Entscheidung noch aktualisiert werden kann", andernfalls "diese Praxis eine Verletzung des in der Genfer Flüchtlingskonvention verankerten Refoulement-Verbotes ermöglichen würde". Österreich würde sich damit einer Verletzung dieses Verbotes schuldig machen, "weil dieses auch dadurch verletzt wird, daß in einem Drittstaat, der seinerseits in den Verfolgerstaat abschiebt, abgeschoben wird". Sie unterliegen aber damit - abgesehen davon, daß eine konkrete Behauptung dahingehend fehlt, daß sich in der Zwischenzeit diesbezüglich die Verhältnisse entscheidend geändert hätten - ebenfalls einem Rechtsirrtum, weil es nur darauf ankommt, ob sie vor ihrer Einreise nach Österreich bereits in Slowenien vor Verfolgung sicher "waren", und die Frage der Möglichkeit ihrer Abschiebung aus Österreich bloß auf Grund der hiebei anzuwendenden fremdenpolizeilichen Vorschriften (§ 37 Fremdengesetz) zu beurteilen wäre (vgl. außer dem bereits zitierten Erkenntnis zur Zl. 93/01/1522 jenes vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357). Auch wenn nicht auf Grund eines asylrechtlichen Verfahrens feststeht, daß den Beschwerdeführern, bezogen auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung, die Flüchtlingseigenschaft zukommt, kann demnach auf diese Weise dem Art. 33 der Genfer Flüchtlingskonvention hinreichend Rechnung getragen werden.

Der Rüge der Beschwerdeführer, es sei durch den angefochtenen Bescheid ihr Parteiengehör verletzt worden, ist entgegenzuhalten, daß sie die Wesentlichkeit eines derartigen allenfalls vorliegenden Verfahrensmangels nicht aufgezeigt haben, enthalten doch die Beschwerden kein geeignetes Vorbringen in der Richtung, daß die tatsächlichen Verhältnisse in Slowenien dergestalt gewesen wären, daß die Beschwerdeführer dort - trotz der mit Wirksamkeit vom 25. Juni 1991 abgegebenen Erklärung dieses Landes, sich (ohne Einschränkung) auch weiterhin an die Genfer Flüchtlingskonvention gebunden zu erachten (siehe BGBl. Nr. 806/1993) - einer Verfolgung ausgesetzt gewesen oder ohne Prüfung ihrer Fluchtgründe in ihren Heimatstaat abgeschoben worden wären. Der von ihnen ins Treffen geführte Umstand, daß ihnen eine Bescheinigung über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz (1968) ausgestellt worden sei, stand der Wahrnehmung dieses Ausschließungsgrundes durch die belangte Behörde nicht entgegen. Wenn die Beschwerdeführer damit argumentieren, sie hätten deshalb "sogar positiv vertrauen" dürfen, daß nicht von einer Verfolgungssicherheit "in allfälligen Drittstaaten" ausgegangen werde, weil andernfalls eine solche Bescheinigung "gar nicht hätte ausgestellt werden dürfen", so verkennen sie die Rechtslage, zumal die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, auf die sie sich dabei beziehen, die Auslegung der in den §§ 5 Abs. 3 und 7 Abs. 2 Asylgesetz (1968) enthaltenen Worte "Schutz vor Verfolgung gefunden hat" betrifft und nach der bereits eingangs genannten Rechtsprechung zum Begriff der "Verfolgungssicherheit" nicht herangezogen werden kann.

Da somit der Inhalt der Beschwerden erkennen läßt, daß die von den Beschwerdeführern behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Eine Entscheidung des Berichters über die Anträge, den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, war dadurch entbehrlich.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994010161.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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