TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/23 92/06/0239

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.06.1994
beobachten
merken

Index

L82000 Bauordnung;
L82005 Bauordnung Salzburg;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §52 Abs1;
AVG §52;
AVG §59 Abs1;
BauRallg;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §15;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §16 Abs1;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §16 Abs2;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §19;
VVG §1 Abs1;
VVG §10 Abs2;
VVG §4;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller,

Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der XY-Genossenschaft m.b.H., vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 9. Oktober 1992, Zl. 1/02-30.306/23-1992, betreffend Kostenvorauszahlung für eine Ersatzvornahme, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen vom 23. März 1981 kam die Beschwerdeführerin beim Bürgermeister der Gemeinde E als Baubehörde erster Instanz um Bauplatzgenehmigung hinsichtlich bestimmter Grundstücke ein.

Der hierüber am 23. September 1981 ergangene Bescheid lautet in seinem für das Beschwerdeverfahren maßgeblichen Spruchteil I.:

"I. Die Gemeinde E erteilt auf Ansuchen vom 23.3.1981 der XY-Genossenschaft, regist. Genossenschaft mit beschränkter Haftung, gemäß §§ 12, 14 Abs. 2 u. 3 sowie § 26 des Bebauungsgrundlagengesetzes, LGBl. Nr. 69/1968 i.d.g. Fassung die

BAUPLATZGENEHMIGUNG

für die Grundstücke 652/11 und 653/1 KG E im Ausmaß von 8.073 m2 für 8 (acht) Bauplätze zum Zwecke der Errichtung von 8 Wohnobjekten und 2 Garagenobjekten für 12 PKW-Garagen unter nachstehenden Vorschreibungen:

1.)

Die diesem Bescheid zugrundeliegenden und als solche gekennzeichneten Pläne sind maßgebend.

2.)

Die in der jeder Bescheidausfertigung als wesentlicher Bestandteil angeschlossenen Fotokopie der Verhandlungsschrift vom 10.9.1981 Zahl: 185/610-2/-1981, im bautechnischen Gutachten festgesetzen Bebauungsgrundlagen und Festsetzung hinsichtlich der Verkehrsflächen sind einzuhalten und zu erfüllen."

Hinsichtlich der Verkehrsflächen ist auf Seite 5 der bezogenen Verhandlungsschrift festgehalten:

"1. Verlauf und Breite der Straße:

Der Verlauf der Straße ist aus den vorliegenden Lageplänen zu ersehen."

Auf Seite 6 der Verhandlungsschrift heißt es hiezu weiter:

"D) Festsetzungen gemäß § 19 für öffentliche Privatstraßen:

Die Breite der öffentlichen Privatstraße GP. lt. Bebauungsu. Lageplan KG. ------------- wird mit --------- m festgesetzt.

Der Bewilligungswerber ist verpflichtet, den Lageplan im Maßstab 1:500 dargestellte Grundstücksfläche der GP. 653/1

u. 652/11 dieser KG. dauernd dem öffentlichen Verkehr zu widmen.

Er hat auf seine Kosten binnen Jahresfrist vom Tage der Rechtskraft dieses Bescheides an gerechnet, die ordnungsgemäße Herstellung der Straße im Sinne des § 16 (1) 1. Satz des Bebauungsgrundlagengesetzes zu bewirken.

Diese Aufschließungsstraße ist hart und staubfrei zu befestigen."

Dieser Bescheid ist unangefochten in Rechtskraft erwachsen.

Mit Schreiben vom 4. März 1988 forderte die Gemeinde - "nachdem nunmehr die Bautätigkeit im wesentlichen Bauplatzgebiet abgeschlossen" sei - die Beschwerdeführerin auf, "das derzeitige Straßenprovisorium, im Sinne der Vorschreibung (Aufschließungsstraße ist hart und staubfrei zu befestigen), fertigzustellen." Als Fertigstellungstermin werde der 31. August 1988 vorgemerkt. Hieraus ergab sich ein Schriftverkehr zwischen der Gemeinde und der Beschwerdeführerin, die den Standpunkt vertrat, sie habe die Bauplätze veräußert und sei nur mehr Eigentümerin des (nach der Aktenlage: neu gebildeten) Grundstückes, auf dem die Straße verlaufe, sodaß die von der Gemeinde angesprochene Verpflichtung nicht sie, sondern die Erwerber der Bauplätze treffe. Die Gemeinde blieb bei ihrem Standpunkt und ersuchte die zuständige Bezirkshauptmannschaft um Vollstreckung des Bescheides vom 23. September 1981 hinsichtlich der strittigen Verpflichtung.

Mit Zuschrift vom 23. November 1988 drohte die Bezirkshauptmannschaft der Beschwerdeführerin die Ersatzvornahme an: Sie sei mit Bescheid vom 23. September 1981 verpflichtet worden, die fragliche Aufschließungsstraße "bescheidgemäß hart und staubfrei zu befestigen" und sei dieser Verpflichtung "bisher nicht (nicht vollständig) nachgekommen". Hiezu werde ihr eine Nachfrist von sechs Wochen ab Zustellung der Aufforderung gesetzt, widrigenfalls veranlaßt werde, daß die Leistung auf ihre Gefahr und Kosten von jemand anderem erbracht werde. Die Aufforderung wurde am 25. November 1988 zugestellt.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 13. März 1989 wurde diese angedrohte Ersatzvornahme angeordnet und der Beschwerdeführerin als Vorauszahlung für die Kostenersatzvornahme der Erlag eines Betrages von S 550.000,-- bis 1. Oktober 1989 gemäß § 4 VVG auferlegt. Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, der Amtssachverständige habe anläßlich einer Überprüfung am 31. Jänner 1989 festgestellt, daß die Straße bisher noch nicht bescheidmäßig hart und staubfrei ausgeführt worden sei. Die Kosten für die Ersatzvornahme seien von einem befugten Amtssachverständigen ermittelt worden.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie vorbrachte, daß die Vollstreckung unzulässig sei, weil die angesprochene Verpflichtung nicht sie, sondern die Erwerber der Baugründe treffe. Im Spruch des Titelbescheides sei die fragliche Verpflichtung nicht enthalten, weil der Hinweis auf die Verhandlungsschrift diese nicht zum Bestandteil des Spruches mache. Darüber hinaus sei die der Verhandlungsschrift vorgesehene Verpflichtung zu unbestimmt. Die Angemessenheit der Höhe des vorgeschriebenen Vorauszahlungsbetrages sei nicht nachvollziehbar und der Betrag überdies jedenfalls überhöht.

Die belangte Behörde ergänzte das Ermittlungsverfahren durch Einholung eines Gutachtens eines Amtssachverständigen zur Höhe der vorgeschriebenen Kosten. Dieser teilte mit, daß der Betrag von S 550.000,-- aus einem ähnlich gearteten Bauvorhaben im Bereich der Gemeinde eruiert und anteilig den ermittelten 947 m2 der Straßenfläche eingerechnet worden sei. Als Vergleich sei ein weiteres Bauvorhaben in der Gemeinde in der Größenordnung von 700 m2 herangezogen worden; anteilig umgelegt auf 947 m2 ergebe sich ein Betrag von S 541.143,--. Im aktenkundigen Lageplan über die Aufschließung seien jedoch für die Verkehrsfläche nicht 947 m2, sondern 1010 m2 angegeben, weshalb sich diese Summe auf S 577.143,-- erhöhe. Dieser Betrag könne daher als angemessen für die Sanierung betrachtet werden.

Dem trat die Beschwerdeführerin entgegen und brachte vor:

Ginge man davon aus, daß die Vorschreibung im Titelbescheid, auf die sich die Gemeinde stütze, wirksam erfolgt sei und sie verpflichtet sei, diese Arbeiten durchzuführen, bedeutete dies lediglich eine Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Herstellung der Straße im Sinne des § 16 Abs. 1 erster Satz BBG, wobei diese Aufschließungsstraße HART UND STAUBFREI zu befestigen sei. Nach dem Wortlaut des Titelbescheides würde sie daher ihrer Verpflichtung vollinhaltlich entsprechen, wenn sie lediglich eine "Bitukiesdecke" in der Stärke von etwa 10 cm aufbringen ließe. Die Herstellung von Nebenanlagen wie Gehsteigen, Rigolen und dergleichen sei ihr bescheidmäßig nicht vorgeschrieben worden. Zur Durchführung derartiger Arbeiten sei lediglich ein Kostenaufwand von rund S 200.000,-- erforderlich (wurde unter Hinweis auf einen vorgelegten Kostenvoranschlag eingehend ausgeführt).

Der Amtssachverständige erwiderte hierauf, daß gemäß der Verhandlungsschrift die Aufschließungsstraße "hart und staubfrei" zu befestigen sei. Nach gängiger technischer Begriffsbestimmung sei damit eine Asphaltierung gemeint (theoretisch wäre auch eine Betonfahrbahn möglich, diese sei aber teurer und wesentlich schwieriger umzubauen). Inkludiert sei aber ebenso eine Straßenentwässerung, die im vorliegenden Fall infolge der seitlichen Gartenmauern nur durch Einlaufschächte und einen Straßenkanal zu bewerkstelligen sei. Beim Ortsaugenschein hätten sich zentimetertiefe Pfützen auf der Straße befunden, die auch bei einer Asphaltierung aufträten, wenn das Wasser nicht gezielt abgeleitet werde. Es sei richtig, daß keine Gehsteigherstellung vorgeschrieben worden sei, aber abschnittsweise könne aus Gründen der Abgrenzung der Fahrbahn ein Leistenstein erforderlich sein. Details seien schwer festzuhalten, weil kein Projekt vorliege und aus dem Katasterplan keine Details hervorgingen. Die Kosten von S 550.000,-- seien aus ähnlich gearteten Aufschließungsstraßen im Bereich der Gemeinde ermittelt worden. Die reine Asphaltierung, wie er in jenem Kostenvoranschlag, den die Beschwerdeführerin vorgelegt habe, angeboten worden sei, sei aus den zuvor genannten Gründen nicht ausreichend: Eine Straßenentwässerung sei eben "heute in Österreich" Stand der Technik. Bezüglich der exakten Kosten sei die Gemeinde bereit, eine entsprechende Abrechnung vorzulegen. Das bedeute, wenn die Straßenherstellung weniger koste, werde auch weniger verrechnet. Damit erübrige sich ein Umrechnen infolge Teuerung. Außerdem seien keine genauen Massen genannt, die eine genaue Preisermittlung zuließen. Demnach dürfe weiterhin von den angeführten S 550.000,-- ausgegangen werden.

Dem hielt die Beschwerdeführerin entgegen, daß im Wege der Ersatzvornahme grundsätzlich nichts anderes und nicht mehr ausgeführt werden dürfe, als im Titelbescheid angeordnet worden sei. In diesem Sinne dürfe keine Ausführungsart gewählt werden, die zur Folge habe, daß Arbeiten ausgeführt würden, die über das zur Herstellung des bescheidmäßigen Zustandes Erforderliche hinausgingen. Sie habe daher eine schriftliche Stellungnahme eines Zivilingenieur für Bauwesen zur Frage eingeholt, was unter den Begriffen "hart" und "staubfrei" zu verstehen sei. Demnach sei für eine nähere Begriffsbestimmung das Standardwerk für den österreichischen Straßenbau, die Leistungsbeschreibung für Straßenbauten (RVS), heranzuziehen. Diese Leistungsbeschreibung definiere die beiden Begriffe wie folgt:

"Hart" heiße tragfähiger Unterbau und frostsichere Schottertragschicht (Frostkoffer). "Staubfreimachung" bedeute Beseitigung der Staubentwicklung auf Kies- und Schotterstraßen durch Aufbringung von Calciumchlorid oder Straßenöl oder Herstellung einer Oberflächenbehandlung oder einer Asphalt- bzw. anderen Straßendecke. Von diesen beiden Begriffen sei jedenfalls eine Straßenentwässerung oder die Herstellung eines Gehsteiges nicht umfaßt. Dies werde damit begründet, daß im Straßenbau in der RVS (Leistungsbeschreibung für Straßenbauten) neben der Leistungsgruppe "Oberbauarbeiten", worunter man die Hart- und Staubfreimachung der Straße einordnen könne, verschiedene weitere Leistungsgruppen vorgesehen seien. So wäre die Entwässerung der Aufschließungsstraße mittels Einlaufschächten und einem Straßenkanal in die Leistungsgruppe "Entwässerungsarbeiten" und die Herstellung eines Gehsteiges wie auch die Herstellung eines Leistensteines in das Kapitel "Nebenarbeiten" einzuordnen. Diese Leistungsgruppen seien jedoch im Bauplatzerklärungsbescheid in keiner Weise angesprochen und daher von einer allfälligen Leistungspflicht nicht umfaßt. Die Stellungnahme des von ihr beigezogenen (Privat-)Sachverständigen bestätige eindeutig ihren Standpunkt, daß die Aufschließungsstraße allenfalls mit einem tragfähigen Unterbau zu versehen und eine entsprechende Oberflächenbehandlung durchzuführen sei, die im Aufbringen einer zweilagigen Spritzdecke oder einer Asphaltdeckschicht bestehen könne. Dafür würden lediglich Kosten in der bereits angesprochenen Höhe von etwa S 200.000,-- entstehen (angeschlossen war die angesprochene gutachterliche Stellungnahme dieses Zivilingenieurs, die dem Vorbringen entspricht. Darin wird unter anderem ausgeführt, daß es sich bei der gegenständlichen Straße um eine Aufschließungsstraße handle, sodaß die Staubfreimachung durch eine Oberflächenbehandlung, das sei eine zweilagige Spritzdecke bzw. durch eine Asphaltdeckschichte zu erfolgen habe).

Der Amtssachverständige erwiderte hierauf, daß eine zweilagige Spritzdecke kostengünstiger sei als eine Asphalttragschichte (wurde näher ausgeführt), aber auch lange nicht so belastbar. Das Ganze sei auch eine Qualitätsfrage. Für die fragliche Straße, die gemäß den Verträgen zwischen der Beschwerdeführerin und den Erwerbern der Bauplätze ins öffentliche Straßengut der Gemeinde übertragen werden solle, sei wohl auch deren Zustimmung erforderlich. Werde die Straße von der Gemeinde nicht übernommen, obliege dem Eigentümer - das sei derzeit die Beschwerdeführerin - die weitere Straßenerhaltung. Zur Frage der Straßenentwässerung sei festzuhalten, daß eine Asphaltierung ohne Entwässerung im vorliegenden Fall, wo links und rechts Gartenmauern existierten, als ausgesprochener "Pfusch" (im Original unter Anführungszeichen) zu werten sei, weil die Entwässerung nachträglich herzustellen sei, wobei die Asphaltdecke wieder aufzureißen wäre und somit zerstört würde. Zum Hinweis des Privatsachverständigen auf die verschiedenen Leistungsgruppen sei zu bemerken, daß in der Verhandlungsschrift keine Leistungsbeschreibung angeführt sei, sondern lediglich die Feststellung, daß die Straße hart und staubfrei zu befestigen sei. Dies sei eine in den Verhandlungen bisher gängige Bezeichnung und sei eigentlich immer als Asphaltierung verstanden worden. Zusammenfassend sei festzuhalten, daß eine Asphaltierung (Asphalttragschichte oder zweilagige Spritzdecke ohne Entwässerung) ohne Entwässerung im vorliegenden Fall als unsachgemäße Ausführung abzulehnen sei und diese Straße von der Gemeinde kaum als öffentliches Straßengut übernommen werden dürfte.

Die Beschwerdeführerin blieb bei ihrer bisherigen Stellungnahme und ergänzte, hätte die Baubehörde erster Instanz im Bauplatzerklärungsbescheid eine Asphaltierung MIT Entwässerung anordnen wollen, so wäre dies ausdrücklich auszusprechen gewesen. Die Formulierung, die Straße sei "hart und staubfrei zu befestigen" decke diese Forderung jedenfalls nicht.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Spruchteil II des angefochtenen Bescheides (Spruchteil I betraf die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist und ist nicht mehr verfahrensgegenständlich) hat die belangte Behörde, gestützt auf § 66 Abs. 4 AVG iVm den §§ 2, 4 Abs. 1 und 2 sowie 11 VVG der Beschwerdeführerin die Vorauszahlung "für die Kosten einer Ersatzvornahme" in der Höhe von S 577.143,-- aufgetragen. Die Vorauszahlung sei bis 1. November 1992 bei der Vollstreckungsbehörde erster Instanz zu erlegen. Begründend führte die belangte Behörde nach eingehender Darstellung des Verfahrensganges und des rechtlichen Wesens des vorliegenden Verfahrens (wie es sich gemäß dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Juni 1989, Zl. 84/05/0035 = Slg. 12942/A, ergebe) aus, daß die verfahrensgegenständliche Verpflichtung gemäß § 19 des Bebauungsgrundlagengesetzes (BBG) die Beschwerdeführerin als Grundeigentümerin der Straßenfläche treffe; auf das Eigentum an den zwischenzeitig veräußerten Bauplätzen komme es nicht an (wird näher ausgeführt). Der Einwand, daß der Spruch des Titelbescheides durch den Verweis auf die Verhandlungsschrift nicht den Inhaltserfordernissen eines Bescheides nach den Bestimmungen des AVG entspreche, sei unzulässig, weil sich dieser Einwand allein auf den Titelbescheid beziehe und aufgrund der Akzessorietät des Vollstreckungsverfahrens Einwendungen gegen einen rechtskräftigen Titelbescheid im Rahmen des Verfahrens über die Vorauszahlung der Kosten eine Ersatzvornahme nicht rechtswirksam eingewendet werden könnten.

Ebenso sei der Einwand unzutreffend, daß die Verpflichtung gemäß dem Titelbescheid zu unbestimmt sei: Für die belangte Behörde ergebe sich aus dem im ergänzenden Ermittlungsverfahren eingeholten Gutachten des Amtssachverständigen eindeutig, daß durch diese Formulierung die zu setzenden Maßnahmen in der Weise ausreichend konkretisiert seien, daß für einen Fachmann die zu ergreifenden Maßnahmen erkennbar seien (verwiesen wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Mai 1985, Slg. 11.691/A). Aufgrund des schlüssigen Gutachtens des Sachverständigen sei der Beschwerdeführerin auch entgegenzuhalten, daß die Herstellung einer Straße ohne Entwässerung als unsachgemäße Ausführung abzulehnen sei, weil sie nicht dem Stand der Straßenbautechnik (zumindest im Bundesland Salzburg) entspreche. In diesem Zusammenhang sei auch darauf zu verweisen, daß in der Bestimmung des § 16 Abs. 2 BGG, welche die Leistung der Kosten der Straßenherstellung bei Grundabtretungen für öffentliche Verkehrsflächen betreffe, jedenfalls davon ausgegangen werde, daß erforderlichenfalls Entwässerungsanlagen zu entrichten seien.

Der Amtssachverständige habe auch schlüssig dargelegt, weshalb ein Kostenaufwand von S 577.143,-- für die ordnungsgemäße Herstellung dieser Aufschließungsstraße erforderlich sei. Der Stellungnahme der Beschwerdeführerin, wonach Kosten von lediglich S 200.000,-- ausreichten, sei nicht zu folgen, weil sie dabei nur die Aufbringung einer Bitumenkiesdecke ohne die Herstellung einer Straßenentwässerung berücksichtigt habe. Es sei dem erstinstanzlichen Bescheid zu entnehmen, welche Leistungsfrist mit der Androhung der Ersatzvornahme gesetzt worden sei (wird jeweils näher ausgeführt).

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihren gesetzlich gewährleisteten Rechten, entgegen der Bestimmung des § 4 Abs. 1 und Abs. 2 VVG keine Vorauszahlung der Kosten für eine Ersatzvornahme zu leisten, sowie auf fehlerfreie Handhabung der im VVG geregelten Zwangsbefugnisse, insbesondere des Grundsatzes, daß gemäß § 2 Abs. 1 VVG jeweils das gelindeste noch zum Ziele führende Zwangsmittel anzuwenden sei, verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführerin wendet ein, daß der Titelbescheid (Bauplatzerklärungsbescheid vom 23. September 1981) deshalb keine Verpflichtung enthalte, eine Aufschließungsstraße ordnungsgemäß herzustellen und diese Straße hart und staubfrei zu befestigen, weil diese Verpflichtung nicht in den Spruch aufgenommen worden sei. Der Verweis im Spruch auf die Verhandungsschrift, insbesondere auf die im bautechnischen Gutachten festgesetzten Bebauungsgrundlagen und Festsetzungen hinsichtlich der Verkehrsflächen reiche nicht aus und sei unwirksam. Abgesehen davon, daß nach der Rechtsprechung der Bausenate des Verwaltungsgerichtshofes bescheidmäßige Festlegungen durch Verweisung auf Verhandlungsprotokolle nicht unzulässig sind, kommt es im Vollstreckungsverfahren nicht mehr auf die Rechtmäßigkeit dieser Vorgangsweise an, sondern nur darauf, ob die in Vollstreckung gezogene Verpflichtung hinreichend bestimmt ist. Entscheidend ist, daß klar erkennbar ist, was nun durch die mit dem Verweis bewirkte Rezeption Teil des Spruches wird. Diesem Erfordernis wird der Titelbescheid gerecht, sodaß die fragliche Verpflichtung (wie sie in der Sachverhaltsdarstellung wiedergegeben wurde) wirksam auferlegt wurde.

2. § 15 des Bebauungsgrundlagengesetzes (BGG), LGBl. Nr. 69/1968 (das Gesetz im Beschwerdefall zuletzt geändert LGBl. Nr. 34/1991, §§ 16-19 in der Stammfassung), trifft nähere Bestimmungen bezüglich der Grundabtretung für öffentliche Verkehrsflächen.

§ 16 BGG regelt die Tragung der Kosten der Straßenherstellung. Nach § 16 Abs. 1 BGG hat die Gemeinde die Anlage und Verbreiterung der öffentlichen Verkehrsflächen im Sinne des § 15 in einer unter Berücksichtigung der jeweiligen straßenbautechnischen Erkenntnisse nach den örtlichen Erfordernissen zu bestimmtenden Ausführung zu bewirken. Zu den hieraus erwachsenden Kosten sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Beiträge zu leisten. Nach Abs. 2 leg. cit. hat der Eigentümer der Grundfläche, auf die sich die Bauplatzerklärung bezieht, innerhalb der Grenzen, in denen gemäß § 15 die Verpflichtung zur unentgeltlichen Grundabtretungen oder zur Leistung von Entschädigungen für Grundabtretungen anderer Personen vorgesehen ist

a)

die ganzen Kosten der Herstellung des Unterbaues der Verkehrsfläche und

b)

die halben Kosten der Herstellung der Straßendecke sowie der erforderlichen Entwässerungsanlagen zu ersetzen (..).

§ 17 BGG regelt nachträgliche Kostenersätze; gemäß § 18 BGG beziehen sich die Bestimmungen der §§ 15 bis 17 nur auf öffentliche Verkehrsflächen, nicht aber auf Bundesstraßen oder dem öffentlichen Verkehr dienende Privatstraßen, und zwar unabhängig davon, wie die öffentliche Verkehrsfläche, für die die abzutretende Grundfläche verwendet wird, nach den bezüglichen landesgesetzlichen Vorschriften rechtlich zu beurteilen ist.

§ 19 BGG bestimmt:

"Werden im Fall einer Bauplatzerklärung Grundflächen für die Anlage neuer oder für die Verbreiterung bestehender öffentlichen Verkehrsflächen als Privatstraßen benötigt, so hat der Grundeigentümer unter sinngemäßer Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 15 die erforderlichen Grundflächen dem öffentlichen Verkehr dauernd zu widmen und die Straßenherstellung auf seine Kosten zu bewirken."

Aufgrund der Feststellungen der belangten Behörde ist davon auszugehen, daß es sich bei der streitgegenständlichen Straße um eine Grundfläche handelt, die im Sinne des § 19 BGG für den öffentlichen Verkehr gewidmet wurde (was die Beschwerdeführerin auch nicht in Zweifel zieht). Strittig ist, ob die sich aus dem Titelbescheid ergebenden Verpflichtungen den Eigentümer dieser Grundfläche (das war damals und ist auch nun die Beschwerdeführerin) treffen oder diejenigen, in deren Eigentum die von der Beschwerdeführerin veräußerten Bauplätze nun stehen.

Die Beurteilung der belangten Behörde, daß als "Grundeigentümer" im Sinne des § 19 BGG die Beschwerdeführerin als Eigentümerin des als Straßenfläche gewidmeten Grundstückes zu verstehen ist, ist zutreffend. Die Verpflichtungen gemäß dem Titelbescheid treffen somit sie und nicht die Eigentümer der Bauplätze, zumal die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift auch zutreffend darauf hinweist, daß das Gesetz diesen Eigentümern nicht die Legitimation einräumt, eine Straße auf fremdem Grund (auf dem Grund der Beschwerdeführerin) zu errichten (errichten zu lassen). Dem steht nicht entgegen, daß nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 22. September 1983, Slg. 11.158/A) als "Eigentümer der Grundfläche, auf die sich die Bauplatzerklärung bezieht" im Sinne des § 16 Abs. 2 BGG der jeweilige Eigentümer der Grundfläche, die zum Bauplatz erklärt worden ist und nicht etwa der Eigentümer der gemäß § 15 leg. cit. an die Gemeinde abzutretenden Straßenfläche anzusehen ist, weil der Wortlaut der §§ 15 und 16 einerseits und 19 andererseits insoweit unterschiedlich ist: Im ersten Fall sind Grundflächen an die Gemeinde abzutreten, welche die Anlage und Verbreiterung der öffentlichen Verkehrsflächen zu bewirken hat, wobei der "Eigentümer der Grundfläche, auf die sich die Bauplatzerklärung bezieht" hiezu Beiträge zu leisten hat (vereinfachend dargestellt); im Fall des § 19 hingegen geht es um eine dauernd dem öffentlichen Verkehr gewidmete Privatstraße, deren Herstellung "der Grundeigentümer" (und nicht der oder die Grundeigentümer "der Grundfläche, auf die sich die Bauplatzerklärung bezieht") auf seine Kosten zu bewirken hat.

An der Verpflichtung der Beschwerdeführerin, die Vorschreibungen gemäß dem Titelbescheid zu erfüllen, vermag (demnach) weder der Umstand etwas zu ändern, daß sie alle Teile der ursprünglichen Grundstücke mit Ausnahme des (neu gebildeten) "Straßengrundstückes" mittlerweile durch Veräußerung Dritten übereignet hat, noch der Umstand, daß gemäß dem vorgelegten "Mustervertrag" (Vertragsmuster, nach dem die Verträge mit den einzelnen Erwerbern abgeschlossen wurden) die unentgeltliche Übertragung dieser Straßenparzelle ins öffentliche Gut der Gemeinde vorgesehen ist. Ebensowenig kommt es auf die privatrechtlichen Beziehungen zwischen der Beschwerdeführerin und den Erwerbern der verschiedenen "Einzel-Bauplätze" an, das heißt, es ist für das vorliegende Beschwerdeverfahren unerheblich, zu welchen Straßenbauleistungen sich die Beschwerdeführerin gegenüber den Erwerbern verpflichtet hat.

3. Nach dem Gesagten ist die Beschwerdeführerin verpflichtet, "die ordnungsgemäße Herstellung der Straße im Sinne des § 16 Abs. 1 (1) 1. Satz des Bebauungsgrundlagengesetzes zu bewirken", demnach, wie sich aus der bezogenen Gesetzesstelle ergibt, "in einer unter Berücksichtigung der jeweiligen straßenbautechnischen Erkenntnisse nach den örtlichen Erfordernissen zu bestimmenden Ausführung", wobei die Aufschließungsstraße "hart und staubfrei zu befestigen" ist. Das bedeutet, daß die Straße allen Anforderungen des § 16 Abs. 1 BGG zu entsprechen hat UND jedenfalls "hart und staubfrei zu befestigen" ist. (Der Beisatz ist insbesondere dann von Belang, wenn allenfalls eine Straße, die nicht hart und staubfrei befestigt wäre, auch den allgemeinen Erfordernissen des § 16 Abs. 1 1. Satz BGG entspräche).

Nach der gegebenen Verfahrenslage tritt der Verwaltungsgerichtshof der Beurteilung der belangten Behörde bei, wonach diese Vorschreibung im Titelbescheid so ausreichend konkretisiert ist, daß für einen Fachmann die zu ergreifenden Maßnahmen erkennbar sind (vgl. das von der belangten Behörde zitierte Erkenntnis Slg. 11.691/A - nur Rechtssatz). Demnach geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß die Verpflichtung ausreichend bestimmt ist.

Der Verwaltungsgerichtshof tritt der Beurteilung der belangten Behörde bei, daß eine im Sinne der Grundsätze des § 16 Abs. 1 1. Satz BGG ordnungsgemäß ausgeführte Straße die erforderlichen Vorrichtungen für eine entsprechende Entwässerung aufzuweisen hat, was sich auch schon der Sache nach aus § 16 Abs. 2 lit. b BGG ergibt, und kein Grund ersichtlich ist, im Beschwerdefall Gegenteiliges anzunehmen. Das bedeutet, daß die Beschwerdeführerin auch die Herstellung dieser Entwässerungsanlagen zu bewirken hat.

Das Berufungsverfahren war nicht deshalb mangelhaft, weil sich die belangte Behörde zur Ermittlung der voraussichtlichen Kosten "lediglich eines Amtssachverständigen bedient hat", ohne "Kostenvoranschläge von Privatfirmen" einzuholen, wie die Beschwerdeführerin (unzutreffend) vermeint (zur Zulässigkeit einer Schätzung dieser Kosten durch Sachverständige vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. März 1990, Zl. 90/06/0032 und vom 9. April 1992, Zl. 92/06/0049).

Der Sachverständige hat sich bei seiner Kostenschätzung (die die belangte Behörde ihrer Entscheidung zugrundegelegt hat) umsichtig auf bestimmte, in der Gemeinde realisierte Straßenbauprojekte bezogen. Die Ausführungen in der Beschwerde sind nicht geeignet, daran Bedenken zu erwecken, weil der bezogene Kostenvoranschlag davon ausgeht, daß keine Entwässerungsanlagen herzustellen seien, und das weitere Vorbringen, daß die zur Straßenherstellung erforderlichen Kosten auch dann, wenn man davon ausginge, "daß zusätzlich noch Vorkehrungen für eine Straßenentwässerung getroffen und ein Gehsteig hergestellt werden" müsse, "immer noch weit unter der mit dem angefochtenen Bescheid aufgetragenen Vorauszahlung von

S 577.143,--" lägen, jedwede ziffernmäßige Konkretisierung vermissen läßt.

4. Demnach war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Die Behörde wird aber darauf Bedacht zu nehmen haben, daß die Beschwerdeführerin aus dem Titelbescheid nicht verpflichtet ist, die Straßenherstellung nach der aufwendigsten Variante zu bewirken, mag diese auch die dauerhafteste sein.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete GesetzesbestimmungAllgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1992060239.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

19.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten