TE Vwgh Erkenntnis 1995/7/26 95/20/0315

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Veröffentlicht am 26.07.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1968 §19 Abs1 Z1;
AsylG 1991 §11;
AVG §19 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Baur und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. April 1994, Zl. 4.346.121/1-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, reiste zu einem unbekannten Zeitpunkt in das Bundesgebiet ein. Er beantragte am 24. Jänner 1995, daß ihm Asyl gewährt werde.

Das Bundesasylamt wies den Antrag mit Bescheid vom 14. März 1995 gemäß § 19 Abs. 1 Z. 1 des Asylgesetzes 1991 ab.

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG erlassenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. April 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen.

In der Begründung wird ausgeführt, daß Asylanträge gemäß § 19 Abs. 1 Asylgesetz 1991 in jedem Stand des Verfahrens abzuweisen sind, wenn der Asylwerber einer Ladung zu einer Vernehmung oder zu einer mündlichen Verhandlung ohne vorhergehende Entschuldigung nicht nachgekommen ist. Der Beschwerdeführer sei der ihm vom Bundesasylamt, Außenstelle Wien, zu Handen seines Zustellbevollmächtigten Dr. D, Flughafensozialdienst, K-Gasse, am 6. Februar 1995 zugestellten Ladung für den 21. Februar 1995 ohne vorhergehende Entschuldigung nicht nachgekommen. Dr. D sei anläßlich des Asylantrages vom 24. Jänner 1995 vom Beschwerdeführer als Zustellbevollmächtigter angegeben worden, weshalb gemäß § 9 Abs. 1 Zustellgesetz die Zustellung des Ladungsbescheides vom 2. Februar 1995 an Dr. D erfolgt sei. Die Vertretungsanzeige vom 7. Februar 1995, wonach nunmehr Rechtsanwalt Dr. G mit der Vertretung beauftragt sei, sei beim Bundesasylamt erst am 9. Februar 1995 eingelangt. Der bereits in der Berufung erhobene Einwand, der Ladungsbescheid vom 2. Februar 1995 hätte an Dr. G zugestellt werden müssen, gehe daher ins Leere. Es sei eine der prozessualen Mitwirkungsobliegenheiten des Beschwerdeführers, sich zwecks Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes der Behörde zur Parteienvernehmung zur Verfügung zu halten, woraus die Verpflichtung erfließe, mit einem namhaft gemachten Zustellungsbevollmächtigten soweit in Kontakt zu bleiben, daß eine Ladung durchführbar bleibe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Sie rügt unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften, daß der Ladungsbescheid, gerichtet an Dr. D, an den Beschwerdeführer nachweislich nicht weitergeleitet worden sei. Zudem sei der Beschwerdeführer zu Recht davon ausgegangen, daß auf Grund der Dr. G erteilten Vollmacht Ladungen an die Adresse des ausgewiesenen Rechtsvertreters ergehen würden. Er habe als Beweis die Vernehmung von Dr. D und seine ergänzende Vernehmung beantragt. Die Behörde habe in unverständlicher Weise den nunmehr angefochtenen Bescheid trotz Eingabe der Vertretungsanzeige erlassen, ohne daß der Beschwerdeführer zum Asylantrag entsprechend gehört worden sei. Somit sei das Parteiengehör verletzt worden.

Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit rügt die Beschwerde, daß die Behörde den an Dr. D zugestellten Ladungsbescheid nach Einlangen der Vertretungsanzeige des nunmehrigen Rechtsvertreters Dr. G (9. Februar 1995) nicht neuerlich letzterem zugestellt habe, obwohl die Vertretungsanzeige 12 Tage vor dem Ladungstermin beim Bundesasylamt eingelangt sei. Der Beschwerdeführer habe durch Bekanntgabe des neuen Rechtsvertreters vor dem Ladungstermin seiner Mitwirkungsobliegenheit entsprochen, und zwar "dahingehend, sich zwecks Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes der Behörde zur Parteienvernehmung zur Verfügung zu halten". Das Bundesasylamt habe nicht davon ausgehen dürfen, daß trotz der Tatsache, daß die Ladung an den früheren Vertreter zugestellt worden sei, der Beschwerdeführer Kenntnis vom Ladungstermin erhalten würde. Daraus sei ebenfalls das Recht auf Parteiengehör verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde bestreitet NICHT, daß Dr. D zum Zeitpunkt der ZUSTELLUNG des Ladungsbescheides vom 2. Februar 1995, nämlich am 6. Februar 1995, Zustellbevollmächtigter war. Weiters ist unbekämpft, daß die Vertretungsanzeige betreffend Dr. G bei der Behörde am 9. Februar 1995 einlangte. Auch der Feststellung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei der zu Handen des Zustellungsbevollmächtigten Dr. D zugestellten Ladung ohne vorhergehende Entschuldigung nicht nachgekommen, wird in der Beschwerde nicht entgegengetreten.

Zu prüfen war im vorliegenden Fall daher zunächst die Frage, ob die Zustellung der Ladung an den bereits der Behörde erster Instanz bekanntgegebenen Zustellbevollmächtigten gesetzmäßig erfolgt war. Hiebei ist zu beachten, daß nach § 21 AVG Zustellungen nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes vorzunehmen sind.

Gemäß § 9 Abs. 1 ZustellG hat die Behörde, wenn ihr gegenüber eine im Inland wohnende Person zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt ist, diese Person als Empfänger zu bezeichnen, soferne gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist. Mangels einer diese Vorschrift ändernden oder - im Sinne des Vorbringens des Beschwerdeführers - ergänzenden Bestimmung im AsylG 1991 war daher die belangte Behörde verpflichtet, die Ladung ausschließlich an den (nahmhaft gemachten) Zustellungsbevollmächtigten Dr. D zuzustellen; dies ist unbestrittenermaßen auch geschehen. Die Auffassung des Beschwerdeführers, eine ordnungsgemäße Ladung bedürfe, wenn sie das persönliche Erscheinen des Geladenen vor der Behörde verlange, zusätzlich einer neuerlichen Zustellung der Ladung an den nach der Erlassung des ersten Ladungsbescheides, jedoch vor dem Ladungstermin bekanntgegebenen Rechtsvertreter, entbehrt einer gesetzlichen Grundlage. Der Beschwerdeführer vermag daher mit dem diesbezüglichen Vorbringen einen Zustellmangel nicht aufzuzeigen. Insbesondere führt der Beschwerdeführer nicht aus, warum eine Benachrichtigung vom Termin seiner beabsichtigten Einvernahme durch die Behörde nach Zustellung der Ladung an seinen Zustellungsbevollmächtigten Dr. D nicht hätte rechtzeitig erfolgen können. Doch wäre es selbst im Falle, daß es dem Zustellungsbevollmächtigten Dr. D nicht gelungen sein sollte, die ihm rechtsgültig zugestellte Ladung des Beschwerdeführers letzterem zukommen zu lassen, in der Ingerenz des Beschwerdeführers gelegen gewesen, die Anwendung des § 19 AsylG 1991 zu verhindern (etwa durch vorhergehende Entschuldigung des Beschwerdeführers durch Dr. D).

Gemäß § 11 AsylG 1991 findet auf das Verfahren nach diesem Bundesgesetz, soweit nicht anderes bestimmt wird, das AVG Anwendung. Es sind daher im Verfahren nach dem AsylG 1991 die Bestimmungen des § 19 AVG anzuwenden und es besteht somit für die vom Bundesasylamt entsprechend dieser Bestimmungen Geladenen gemäß § 19 Abs. 3 AVG die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten, soferne sie nicht durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten sind. Nach § 19 Abs. 3 AVG entbindet bereits das Vorliegen eines triftigen Hinderungsgrundes von dieser Verpflichtung, so daß es keiner vorhergehenden Entschuldigung bedarf (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. April 1981, Zl. 17/0202/80). Die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten, ist nur unter den dort genannten Voraussetzungen sanktioniert. Dagegen bestimmt § 19 Abs. 1 Z. 1 AsylG 1991, daß Asylanträge in jedem Stand des Verfahrens abzuweisen sind, wenn der Asylwerber einer Ladung zu einer Vernehmung oder zu einer mündlichen Verhandlung ohne vorhergehende Entschuldigung nicht nachgekommen ist. Im Verfahren über einen Asylantrag ist es daher Sache des Asylwerbers, das Vorliegen eines Umstandes, der gemäß § 19 Abs. 3 AVG das Nichterscheinen des Geladenen rechtfertigt, der Behörde VOR dem Termin der Amtshandlung darzutun und es ist die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten, unabhängig von der Form der Ladung sanktioniert (vgl. Verwaltungsgerichtshof 17. Februar 1994, 94/19/0036). Der bloßen Mitteilung vom neuen Vertretungsverhältnis kommt keineswegs die Qualität einer solchen vorherigen Entschuldigung zu, zumal hieraus in keiner Weise abzuleiten ist, ob der geladene Beschwerdeführer erscheinen wird oder nicht.

Es war bei Fehlen einer VORHERIGEN Entschuldigung im gegenständlichen Zusammenhang kein Beweisverfahren darüber zu führen, warum es im Innenverhältnis zwischen Beschwerdeführer, Zustellbevollmächtigten und Rechtsvertreter dazu kam, daß eine vorherige Entschuldigung unterblieb, weshalb aus der Unterlassung von Ermittlungen der Behörde zu diesem Thema keine Verfahrensmängel resultieren können.

Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Parteiengehörs rügt, sich aber darauf beschränkt, diesen Mangel aufzuzeigen, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung der Verfahrensvorschriften des § 45 Abs. 3 AVG dann nicht herbeigeführt werden kann, wenn sich der Beschwerdeführer darauf beschränkt, diesen Mangel aufzuzeigen, ohne jedoch die dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten tatsächlichen Feststellungen zu bekämpfen und ohne darzulegen, was er vorgebracht hätte, wenn ihm Gelegenheit zur Stellungnahme geboten worden wäre (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 10. März 1994, 94/19/0231, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich auch eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995200315.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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