TE Vwgh Erkenntnis 1994/3/10 94/19/0231

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Veröffentlicht am 10.03.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §19 Abs1 Z1;
AVG §19 Abs1;
AVG §19 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. September 1993, Zl. 4.342.814/1-III/13/93, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Indiens, der zu einem unbekannten Zeitpunkt in das Bundesgebiet eingereist ist, hat am 19. Februar 1993 durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter beantragt, ihm Asyl zu gewähren.

Der Beschwerdeführer wurde unter Hinweis auf eine aktenkundige Adresse in Wien zu Handen seines Rechtsfreundes für den 4. Mai 1993 als Partei zu seiner Einvernahme geladen; auf der Ladung befindet sich der Vermerk, daß der Geladene dann, wenn er ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes die Ladung nicht befolgt, damit rechnen müsse, daß sein Antrag gemäß § 19 AsylG 1991 abgelehnt werde.

Mit Bescheid vom 5. Mai 1993 wies das Bundesasylamt den Asylantrag unter Berufung auf § 19 Abs. 1 AsylG 1991 ab.

In seiner Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, daß die Ladung nur zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters, nicht jedoch an ihn unter seiner Wiener Anschrift zugestellt worden sei; er sei somit ordnungsgemäß im Verfahren nicht geladen worden, die Verständigung seines Rechtsfreundes habe ihn nicht fristgerecht erreicht.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 27. September 1993 wies die belangte Behörde den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 19 Abs. 1 Z. 1 des AsylG. 1991 ab. Die Ladung für den 4. Mai 1993 sei dem Rechtsfreund des Beschwerdeführers am 28. April 1993 zugestellt worden, der Beschwerdeführer ihr ohne vorhergehende Entschuldigung nicht nachgekommen. Da gemäß § 9 Abs. 1 ZustellG sämtliche Zustellungen an eine vertretene Partei zu Handen ihres Vertreters und Zustellungsbevollmächtigten vorzunehmen seien, sei die Ladung korrekt erfolgt, zumal dem Beschwerdeführer auch eine ausreichende Vorbereitungsfrist zur Verfügung gestanden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem "Recht auf Asylgewährung gemäß § 2 Abs. 1 AsylG" sowie im Recht auf Parteiengehör verletzt. Er bringt hiezu im wesentlichen vor, die belangte Behörde gehe zu Unrecht davon aus, daß er "trotz korrekter Ladung unentschuldigt zur Einvernahme nicht erschienen wäre". Es dürfe nämlich die Bestimmung des § 9 Abs. 1 ZustellG nicht dahingehend verstanden werden, daß eine Zustellung an den Zustellungsbevollmächtigten die Behörde in jedem Fall von ihrer Pflicht entbinde, "die Partei selbst zu verständigen". Gerade eine Ladung, die ausdrücklich auf das Erfordernis persönlichen Erscheinens hinweise, könne nur dann wirksam erfolgen, wenn der zu Ladende tatsächlich verständigt werde. Wenn der Bevollmächtigte - wie im vorliegenden Fall - keine Möglichkeit habe, mit der von ihm vertretenen Partei Kontakt aufzunehmen, um sie von der zu seinen Handen zugestellten Ladung zu verständigen, dürfe jedenfalls das Verfahren nicht ohne Anhörung der Partei zu Ende geführt werden. Es wäre daher Aufgabe der Behörde gewesen, den Beschwerdeführer neuerlich zu laden und diese Ladung nicht nur zu Handen seines Vertreters, sondern auch dem Beschwerdeführer persönlich zuzustellen. Eine ordnungsgemäße Ladung und die darauffolgende Vernehmung des Beschwerdeführers wäre durchaus geeignet gewesen, eine andere Entscheidung der Behörde herbeizuführen. Die Behörde habe daher den Grundsatz des Parteiengehörs verletzt, wodurch das Asylverfahren in entscheidungswichtigen Punkten unzulänglich geblieben sei.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun:

Gemäß § 9 Abs. 1 ZustellG hat die Behörde, wenn ihr gegenüber eine im Inland wohnende Person zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt ist, diese Person als Empfänger zu bezeichnen, soferne gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist. Mangels einer, diese Vorschrift ändernden oder - im Sinne des Vorbringens des Beschwerdeführers - ergänzenden Bestimmung im AsylG 1991 war daher die belangte Behörde verpflichtet, die Ladung ausschließlich an den (namhaft gemachten) Zustellungsbevollmächtigten zuzustellen; dies ist unbestrittenermaßen auch geschehen. Die Auffassung des Beschwerdeführers, eine ordnungsgemäße Ladung bedürfe, wenn sie das persönliche Erscheinen des Geladenen vor der Behörde verlange, zusätzlich einer "unmittelbaren Verständigung" des Geladenen, entbehrt einer gesetzlichen Grundlage. Der Beschwerdeführer vermag daher mit dem diesbezüglichen Vorbringen einen Zustellmangel nicht aufzuzeigen. Insbesondere führt der Beschwerdeführer in keiner Weise aus, warum eine Benachrichtigung vom Termin seiner beabsichtigten Einvernahme durch die Behörde nach Zustellung der Ladung an seinen Vertreter nicht hätte rechtzeitig erfolgen können.

Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Parteiengehörs rügt, sich aber darauf beschränkt, diesen Mangel aufzuzeigen, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung der Verfahrensvorschriften des § 45 Abs. 3 AVG dann nicht herbeigeführt werden kann, wenn sich der Beschwerdeführer darauf beschränkt, diesen Mangel aufzuzeigen, ohne jedoch die dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten tatsächlichen Feststellungen zu bekämpfen und ohne darzulegen, was er vorgebracht hätte, wenn ihm Gelegenheit zur Stellungnahme geboten worden wäre (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1994, Zlen. 94/19/0549, 0550, 0554, 0556 und 0557, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).

Wenn der Beschwerdeführer meint, die auf seine Unkenntnis der deutschen Sprache und auf ein daraus resultierendes mangelndes Verständnis der Rechtsbelehrung seines Vertreters zurückzuführende Unterlassung von Kontaktaufnahmen mit diesem dürfe ihm als rechtsunkundiger Partei, der die Bedeutung dieser "rechtliche relevanten Tatsachen" erst im Zuge des Verfahrens durch ihren Rechtsbeistand dargestellt worden sei, nicht nachteilig ausgelegt werden, ist ihr entgegenzuhalten, daß für die Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht die Kenntnis des Beschwerdeführers betreffend die Bedeutung von "rechtlich relevanten Tatsachen", sondern die Frage des Vorliegens eines gesetzlich bestimmten Erfordernisses - nämlich des Vorliegens einer Entschuldigung für das Nichtbefolgen der Ladung - ausschlaggebend war. Da eine (taugliche) Entschuldigung - wie dargelegt - nicht beigebracht worden war, kann der belangten Behörde auch aus diesem Grunde nicht mit Aussicht auf Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgehend dem Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 19 Abs. 1 Z. 1 AsylG 1991 abgewiesen hat.

Die Beschwerde war daher als unbegründet gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994190231.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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