TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/5 94/08/0231

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Veröffentlicht am 05.09.1995
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §39;
AlVG 1977 §9 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde der R in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses ausgefertigten Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 9. Juni 1994, Zl. IVb/7022/7100 B, betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe gemäß den §§ 10, 38 AlVG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als der Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe für die Zeit vom 18. April 1994 bis 12. Mai 1994 ausgesprochen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 8. April 1994 sprach das Arbeitsamt Versicherungsdienste Wien aus, daß die Beschwerdeführerin gemäß § 38 in Verbindung mit § 10 AlVG den Anspruch auf Notstandshilfe für die Zeit vom 21. März 1994 bis 17. April 1994 verloren habe. Begründet wurde diese Entscheidung damit, daß die Beschwerdeführerin das Zustandekommen einer vom Arbeitsamt zugewiesenen zumutbaren Beschäftigung durch ihr Verhalten vereitelt habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge, änderte aber den bekämpften Bescheid dahin ab, daß gemäß § 38 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 AlVG der Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe der Beschwerdeführerin für die Zeit vom 15. April bis 12. Mai 1994 ausgesprochen werde; Nachsicht gemäß § 10 Abs. 2 AlVG werde nicht gewährt. In der Bescheidbegründung wird nach Wiedergabe der anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen und des Spruches des erstinstanzlichen Bescheides ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe in ihrer Berufung angegeben, anläßlich des Kontrollmeldetermines vom 21. März 1994 noch dem Personalchef der Gemeinde Wien "vorgeführt" worden zu sein. Zwischen den anwesenden Personen (dem Personalchef der Gemeinde Wien, seinem Sekretär, einem Abteilungsleiter des Arbeitsamtes und seiner Kanzleikraft) wäre kein "konsensuales Gespräch" zu führen gewesen, vielmehr hätte diese Einladung das "rigorose Arbeitsangebot" des Wiener Krankenanstaltenverbundes (zum Gegenstand gehabt) und den Zweck eines Bestrafungskommandos (erfüllt), wo die tatsächlichen Gegebenheiten wenig von Belang gewesen wären. In ihrer an den Bundesminister für Arbeit und Soziales gerichteten Eingabe vom 22. März 1994 habe die Beschwerdeführerin das fragliche Gespräch in der in der Bescheidbegründung wörtlich wiedergegebenen Weise dargestellt. Zu dieser Darstellung habe das Arbeitsamt Persönliche Dienste mitgeteilt, daß aufgrund des akuten Personalbedarfes beim Krankenanstaltenverbund alles verfügbare und vermittelbare Diplomkrankenpflegepersonal zu einer "Jobbörse" für den 21. März 1994 eingeladen worden sei. Die Vertreter des Krankenanstaltenverbundes hätten mit jedem einzelnen Kunden ein ausführliches Einstellungsgespräch (Arbeitszeit, Arbeitsort etc.) geführt. Im Falle der Beschwerdeführerin wäre auch ihrem Wunsch nach Teilzeit (zwei Stunden täglich) entgegengekommen worden. Auch wäre das Datum des Arbeitsantrittes zur Auswahl gestanden. Die Beschwerdeführerin sei beim Arbeitsamt seit September 1989 vorgemerkt. Auf ihre Betreuungspflichten sei bisher weitgehend Rücksicht genommen worden, weil sich eine Vermittlung im erlernten Beruf (Diplomkrankenschwester) aufgrund der Arbeitszeit als schwierig erwiesen habe. Die Einstellung der Leistung ab 21. März 1994 sei aufgrund der vehementen Weigerung der Beschwerdeführerin, eine Beschäftigung anzunehmen, erfolgt. Die Beschwerdeführerin habe zu dieser Darstellung angegeben, es sei kein Einstellungsgespräch am 21. März 1994 geführt worden, weil weder über ein Datum des Arbeitsantrittes noch über die Bezahlung oder die konkrete Arbeitszeit gesprochen worden sei. Sie habe hiebei die Ansicht vertreten, daß man bei zwei Stunden in der Woche überhaupt nicht von einer Teilzeitbeschäftigung sprechen könne, weil die Entlohnung wahrscheinlich geringfügig gewesen wäre. Auch sei über die Berücksichtigung ihrer "Betreuungshilfen" (gemeint: Betreuungspflichten) nicht gesprochen worden. Es könne daher von einer vehementen Weigerung nicht gesprochen werden, weil es kein konkretes Arbeitsangebot gegeben habe. Dazu sei seitens der belangten Behörde festzustellen, daß eine allfällig fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeit nichts an der Zumutbarkeit einer sich bietenden Beschäftigung ändere (§ 9 Abs. 2 AlVG). Die Entlohnung für die angebotene Beschäftigung wäre nach dem Entlohnungsschema der Gemeinde Wien (das seien S 19.298,-- brutto zuzüglich Zulagen) erfolgt. Dies sei der Beschwerdeführerin auch am 22. März 1994 niederschriftlich bekannt gegeben worden. Wenn sie nun anführe, sie hätte mit der für zwei Stunden Arbeitszeit täglich anfallenden Entlohnung nicht leben können bzw. sei eine solche Entlohnung wahrscheinlich "geringfügig" gewesen, so sei dem entgegenzuhalten, daß eine allfällige Arbeitszeit von zwei Stunden täglich nicht vom Krankenanstaltenverbund ausgegangen sei, sondern die Beschwerdeführerin selbst gesagt habe, sie könne nur zwei Stunden pro Tag arbeiten. Der Krankenanstaltenverbund sei lediglich auf diese der Beschwerdeführerin mögliche Arbeitszeit eingegangen. Zum Datum des Arbeitsantrittes sei festzustellen, daß das frühestmögliche Datum des Beschäftigungsbeginnes der 15. April 1994 gewesen wäre. Es sei jedoch im Hinblick auf das Verhalten der Beschwerdeführerin beim Vorstellungsgespräch (Jobbörse) ein solches Arbeitsantrittsdatum nicht fixiert worden. Die belangte Behörde sei demnach zur Ansicht gelangt, daß das der Beschwerdeführerin vom Krankenanstaltenverbund angebotene Dienstverhältnis zumutbar gewesen wäre. Von einer Einvernahme der von ihr angeführten Zeugen (der Teilnehmer des Einstellungsgespräches) sei Abstand genommen worden, weil aus den eigenen Sachverhaltsdarstellungen der Beschwerdeführerin der Schluß gezogen werden könne, daß das Nichtzustandekommen des ihr vom Krankenanstaltenverbund angebotenen Dienstverhältnisses in ihrem Bereich liege. Es sei jedoch der Zeitraum der Ausschlußfrist vom 21. März 1994 (das sei das Datum der Jobbörse) bis zum 17. April 1994 auf die Zeit vom 15. April 1994 (das sei das Datum des möglichen Arbeitsantrittes) bis 12. Mai 1994 zu berichtigen gewesen. Gründe für eine allfällige Nachsicht gemäß § 10 Abs. 2 AlVG hätten auch von der belangten Behörde nicht erkannt werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 38 AlVG hat Anspruch auf Notstandshilfe u.a. derjenige, der arbeitsfähig, arbeitswillig und arbeitslos ist. Die Arbeitswilligkeit wird in den (systematisch miteinander zusammenhängenden) §§ 9 bis 11 AlVG näher geregelt. Diese Bestimmungen sind Ausdruck der dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zugrundeliegenden Gesetzeszwecke, nämlich den im Sinne des § 12 AlVG arbeitslos Gewordenen, der trotz Arbeitsfähigkeit (§ 8 AlVG) und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses trotz der gebotenen Anstrengungen (§ 9 Abs. 1 AlVG) keine neue Beschäftigung (die Arbeitslosigkeit im Sinne des § 12 AlVG ausschließt) gefunden hat, und dessen Arbeitslosigkeit auch nicht andere Gründe entgegenstehen (§ 12 Abs. 3 lit. c sowie lit. e bis h AlVG) möglichst wieder durch Vermittlung einer ihm zumutbaren (die Arbeitslosigkeit ausschließenden) Beschäftigung in den Arbeitsmarkt einzugliedern und ihn so wieder in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten; demgemäß hat das Arbeitsamt nach § 46 Abs. 4 in Verbindung mit § 58 AlVG über Ansprüche auf Geldleistungen erst zu entscheiden, wenn eine solche Vermittlung nicht möglich ist. § 10 Abs. 1 und § 11 AlVG sanktionieren das Verhalten desjenigen, der entweder einen solchen Zustand des Unterhalts- und Vermittlungsbedarfes schuldhaft herbeigeführt hat oder zwar ohne Verschulden in einen solchen Zustand geraten ist, seine Beendigung jedoch zu verhindern sucht (vgl. dazu u.a. die Erkenntnisse vom 19. Juni 1990, Zl. 90/08/0084, und vom 16. Oktober 1990, Zl. 89/08/0141).

Gemäß § 10 Abs. 1 in Verbindung mit § 38 AlVG verliert der Arbeitslose unter anderem dann, wenn er sich weigert, eine ihm vom Arbeitsamt zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden vier Wochen, den Anspruch auf Notstandshilfe.

Die Zumutbarkeit einer zugewiesenen Beschäftigung ist nach § 9 Abs. 2 bis 5 AlVG zu prüfen.

Gemäß § 9 Abs. 2 AlVG ist eine Beschäftigung zumutbar, die den körperlichen Fähigkeiten des Arbeitslosen angemessen ist, seine Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist und dem Arbeitslosen eine künftige Verwendung in seinem Beruf nicht wesentlich erschwert. Die letzte Voraussetzung bleibt bei der Beurteilung, ob die Beschäftigung zumutbar ist, außer Betracht, wenn der Anspruch auf den Bezug des Arbeitslosengeldes erschöpft ist und keine Aussicht besteht, daß der Arbeitslose in absehbarer Zeit in seinem Beruf eine Beschäftigung findet. Nach § 9 Abs. 3 AlVG ist eine Beschäftigung außerhalb des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Arbeitslosen zumutbar, wenn hiedurch die Versorgung seiner Familienangehörigen, zu deren Unterhalt er verpflichtet ist, nicht gefährdet wird und am Orte der Beschäftigung, wenn eine tägliche Rückkehr an den Wohnort nicht möglich ist, entsprechende Unterkunftsmöglichkeiten bestehen.

Die Beschwerdeführerin wendet gegen die Auffassung der belangten Behörde, daß eine allfällig fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeit nichts an der Zumutbarkeit einer sich bietenden Beschäftigung nach § 9 Abs. 2 AlVG ändere, Nachstehendes ein:

Sie sei (nach der Trennung von ihrem Ehegatten im Jahre 1989) Alleinerzieherin ihrer vier minderjährigen Kinder (geboren am 25. September 1979, am 10. April 1981, am 11. September 1982 und am 6. Mai 1985). "Ersatzpflegepersonen" oder Unterbringungsmöglichkeiten für die Kinder während einer allfälligen Beschäftigung der Beschwerdeführerin bestünden nicht. Deshalb habe sie im Verlauf des mehrfach genannten Gespräches vom 21. März 1994 erklärt, sie könne aufgrund ihrer Verpflichtungen zur Erziehung und Versorgung der vier minderjährigen Kinder nur zwei Stunden täglich arbeiten. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde zur Überzeugung gelangen müssen, daß ihr keine Arbeitstätigkeit zusinnbar sei, wenn sie dadurch ihre Kinder vernachlässige. Es sei für sie nicht möglich, - so wie im Krankendienst üblich - unregelmäßig Dienste zu verrichten, weil sie dadurch die Kinderbetreuung nicht vornehmen könnte. Die belangte Behörde hätte dazu Stellung nehmen müssen, ob bei vier mj. Kindern nicht die Betreuungspflicht einer Mutter einer Vollbeschäftigung oder einer (eine Bedachtnahme auf den Arbeitsaufwand für die Erziehung und Pflege von vier Kindern ausschließenden) Teilzeitbeschäftigung vorgehe.

Soweit die Beschwerdeführerin damit die Auffassung vertritt, es sei bei der Beurteilung der Zumutbarkeit einer ihr zugewiesenen Beschäftigung in dem von ihr erlernten Beruf einer Diplomkrankenschwester in Wien, ihrem Wohnort, die behauptete Notwendigkeit der persönlichen Betreuung ihrer vier Kinder (im damaligen Alter von neun bis fünfzehn Jahren) durch sie von vornherein in der Weise mit zu berücksichtigen gewesen, daß ihr lediglich eine hinsichtlich der zeitlichen Lagerung genau festgelegte Beschäftigung mit einer täglichen Arbeitszeit von zwei Stunden zugewiesen hätte werden dürfen, ist ihr nicht beizupflichten:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind nämlich für die Beurteilung der Zumutbarkeit einer Beschäftigung innerhalb des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Arbeitslosen ausschließlich die Kriterien des § 9 Abs. 2 AlVG maßgebend und ist demnach auf die (für den Fall der Annahme einer zugewiesenen Beschäftigung drohende) Gefährdung der Versorgung der Familienangehörigen, zu deren Unterhalt der Arbeitslose verpflichtet ist, nicht Bedacht zu nehmen (vgl. die Erkenntnisse vom 12. Februar 1987, Zl. 86/08/0167, und vom 12. Februar 1988, Zl. 86/08/0194, unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 3. Juli 1986, Zl. 85/08/0179). Die Beschwerdeausführungen sowie der Hinweis von Dirschmied (Arbeitslosenversicherungsrecht2, S 74 f) auf einen Erlaß des Bundesministers für soziale Verwaltung aus dem Jahre 1961 sind nicht geeignet, von dieser dem klaren Wortlaut des § 9 Abs. 2 und 3 AlVG entsprechenden Auffassung abzugehen. Daß nach den bei der Beurteilung der Voraussetzungen einer Leistung der Arbeitslosenversicherung allein relevanten arbeitslosenversicherungsrechtlichen Gesichtspunkten die Notwendigkeit der persönlichen Betreuung von Kleinkinder durch eine arbeitslose Person nicht schlechthin für die Zumutbarkeit einer zugewiesenen Beschäftigung von Belang ist, ergibt sich auch aus der Leistung der Sondernotstandshilfe, die gemäß § 39 AlVG - unter weiteren Voraussetzungen - nur dann zu gewähren ist, wenn Mütter oder Väter wegen der Betreuung ihres Kindes, dessen Geburt Anlaß für die Gewährung des Karenzurlaubsgeldes war, keine Beschäftigung annehmen können, weil erwiesenermaßen für dieses Kind, das das 3. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, keine Unterbringungsmöglichkeit besteht. Den diesbezüglichen, auch im Zusammenhang mit einer Beschäftigung im Sinne des § 9 Abs. 2 AlVG bestehenden sozial(familien)politischen Anliegen kann - auch unter Bedachtnahme auf die oben angeführten Zwecke des Arbeitslosenversicherungsrechtes - auf dem Boden der derzeitigen Rechtslage nicht mit den Mitteln der Arbeitslosenversicherung begegnet werden. Soweit der Beschwerdeführerin - wie sie meint - aufgrund der Versorgung von vier Kindern die Annahme einer Beschäftigung nicht zugemutet werden kann, kommen für sie allenfalls Leistungen aus der Sozialhilfe in Betracht.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund hätte die erstinstanzliche Behörde die Erklärung der Beschwerdeführerin, sie könne auf Grund ihrer Verpflichtungen zur Erziehung und Versorgung der vier mj. Kinder nur zwei Stunden täglich arbeiten, als Ausdruck ihrer Arbeitsunwilligkeit im Sinne der §§ 9 und 10 AlVG werten und im Hinblick darauf, nach entsprechender Belehrung - ohne Verpflichtung, der Beschwerdeführerin vorerst eine im übrigen zumutbare Ganztags- oder Teilzeitbeschäftigung anzubieten (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 25. März 1976, Slg. Nr. 9.025/A, und vom 20. April 1978, Zl. 2799/77) - die Notstandshilfe infolge Wegfalls der Voraussetzung der Arbeitswilligkeit gemäß den §§ 24 Abs. 1, 38 AlVG zur Gänze einstellen können (vgl. dazu die eben genannten Erkenntnisse sowie jene vom 14. April 1988, Zl. 87/08/0229, und vom 30. Mai 1995, Zl. 93/08/0151).

Aus dieser Möglichkeit folgt aber - entgegen der Auffassung der belangten Behörde in der Gegenschrift - noch nicht die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid wurde nicht die Einstellung der Notstandshilfe, sondern nur ausgesprochen, daß die Beschwerdeführerin den Anspruch auf Notstandshilfe für die Zeit vom 21. März bis 17. April 1994 verloren habe. Es handelte sich dabei um einen zeitraumbezogenen Abspruch (vgl. zur Zeitraumbezogenheit des Abspruches über Notstandshilfe u.a. das hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 1994, Zl. 93/08/0033), sodaß der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Notstandshilfe für den genannten Zeitraum für die belangte Behörde als Berufungsbehörde als "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG (vgl. dazu das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 28. November 1983, Slg. Nr. 11.237/A) festgelegt wurde. Dadurch, daß sie in Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides den Anspruchsverlust für die Zeit vom 18. April 1994 bis 12. Mai 1994 ausgesprochen hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid - wegen der insofern außerhalb der "Sache" ergangenen Entscheidung - mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Im übrigen, nämlich in bezug auf den Ausspruch des Anspruchsverlustes für die Zeit vom 15. April bis 17. April 1994, ist der angefochtene Bescheid hingegen nicht rechtswidrig, weil schon die Erklärung der Beschwerdeführerin im Einstellungsgespräch vom 21. März 1994, nur zwei Stunden täglich von 00.900 Uhr bis 11.00 Uhr vormittag arbeiten zu können (so nach ihrer Eingabe an den Bundesminister für Arbeit und Soziales vom 22. März 1994 und der Beschwerde), eine gemäß § 10 Abs. 1 in Verbindung mit § 38 AlVG den Verlust der Notstandshilfe nach sich ziehende Weigerung im Sinne des § 10 Abs. 1 leg. cit. darstellte.

Der angefochtene Bescheid war daher insoweit, als mit ihm ein Anspruchsverlust an Notstandshilfe für die Zeit vom 18. April bis 12. Mai 1994 ausgesprochen wurde, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben; im übrigen war die Beschwerde aber gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994. Das Kostenmehrbegehren auf Ersatz der vom pauschalierten Schriftsatzaufwand errechneten Umsatzsteuer war abzuweisen, weil an Schriftsatzaufwand nach § 48 Abs. 1 Z. 2 VwGG gemäß § 49 Abs. 1 leg. cit. nur der in der obgenannten Verordnung festgesetzte Pauschbetrag zusteht.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994080231.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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