TE Vwgh Erkenntnis 1990/6/19 90/08/0084

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Veröffentlicht am 19.06.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/04 Berufsausbildung;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §10 Abs2;
AlVG 1977 §11;
AlVG 1977 §9 Abs1 litc;
AlVG 1977 §9 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs2;
AlVG 1977 §9 Abs3;
AlVG 1977 §9 Abs4;
AVG §11 Abs1;
AVG §37;
AVG §39;
AVG §56;
BAG 1969 §14 Abs1;
BAG 1969 §14 Abs2 lite;
BAG 1969 §18 Abs1;
VStG §24;
VwGG §42 Abs2 Z3 lita;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

K gegen Landesarbeitsamt Steiermark vom 31. Juli 1989, Zl. IVc 7022 B-Dr. J/Ha, betreffend Versagung des Arbeitslosengeldes gemäß § 11 AlVG

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1. Aus der vorliegenden Beschwerde und dem mit ihr in Ablichtung vorgelegten Bescheid ergibt sich nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer war vom 1. Juni 1987 bis 12. März 1989 in einem Hotelbetrieb als Kochlehrling beschäftigt. Am 12. März 1989 legte der Beschwerdeführer die Lehrabschlußprüfung ab, beendete mit diesem Tag seine Beschäftigung und beantragte am 13. März 1989 die Zuerkennung von Arbeitslosengeld.

Mit Bescheid vom 23. Mai 1989 sprach das Arbeitsamt aus, daß der Beschwerdeführer für den Zeitraum vom 13. März 1989 bis 9. April 1989 kein Arbeitslosengeld erhalte, da er sein Dienstverhältnis ohne triftigen Grund gelöst habe.

Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben. Die belangte Behörde führt in der Begründung ihres Bescheides u.a. aus, der Beschwerdeführer habe am 5. Juli 1989 niederschriftlich erklärt, daß der Grund für sein Ausscheiden aus dem Hotel der sei, daß er eine Umschulung zum Bürolehrling (im Rahmen des Arbeitsmarktförderungsgesetzes) anstrebe, da er als Koch nicht tätig sein wolle. Auf die "Behaltepflicht" habe der Beschwerdeführer verzichtet. Der Beschwerdeführer habe sich beim Arbeitsamt für einen Büroausbildungskurs nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz gemeldet. Gemäß § 11 AlVG trete die in dieser Bestimmung festgelegte Rechtsfolge ein, wenn das Dienstverhältnis freiwillig, ohne triftigen Grund gelöst oder infolge eigenen Verschuldens des Dienstnehmers beendet werde, wobei triftige Gründe insbesondere jene wichtigen Gründe seien, die den Dienstnehmer zum vorzeitigen Austritt aus dem Dienstverhältnis berechtigen bzw. zwingen würden. § 11 AlVG finde auch Anwendung, wenn der Lehrvertrag durch den Lehrling schuldhaft und freiwillig ohne triftigen Grund gelöst werde. Der vom Beschwerdeführer geäußerte Wunsch, die Tätigkeit eines Kochs nicht mehr ausüben, sondern sich zum Bürolehrling umschulen lassen zu wollen, sei kein triftiger Grund zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses. Auch das Vorliegen eines berücksichtigungswürdigen Falles im Sinne des § 10 Abs. 2 AlVG habe nicht festgestellt werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. In der Beschwerde wird nicht die Richtigkeit des eingangs dargestellten Sachverhaltes bestritten, insbesondere wird nichts gegen die für die belangte Behörde entscheidungswesentliche Annahme, daß der Beschwerdeführer das Beschäftigungsverhältnis mit Ablegung der Lehrabschlußprüfung beendet habe, um sich für die Tätigkeit eines Bürolehrlings umschulen zu lassen, vorgebracht. Der Beschwerdeführer beruft sich vielmehr darauf, daß das Lehrverhältnis mit Ablegung der Lehrabschlußprüfung geendet habe, woraus folge, daß ihm keine Verpflichtung auferlegt werden könne, im erlernten Beruf weiterzuarbeiten, "solange er arbeitswillig" sei.

Rechtspolitischer Zweck der Bestimmungen der §§ 10 und 11 AlVG sei es, Arbeitsunwilligkeit zu sanktionieren bzw. Arbeitswilligkeit zu fördern. Ein Dienstnehmer, der beabsichtige, seine Beschäftigung zu wechseln, sei es, weil er die bisherige Beschäftigung aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten könne, sei es, daß er sich durch die neue Beschäftigung bessere Einkommensmöglichkeiten erhoffe, könne nicht der Sanktion des § 11 AlVG unterstellt werden; dies gelte insbesondere nicht für einen Dienstnehmer, dessen Lehrverhältnis gerade geendet habe, ohne daß ein Willensakt des Dienstnehmers erforderlich gewesen wäre.

2.2. Gemäß § 11 Abs. 1 AlVG erhalten Arbeitslose, deren Dienstverhältnis infolge eigenen Verschuldens beendet worden ist, oder die ihr Dienstverhältnis freiwillig ohne triftigen Grund gelöst haben, für die Dauer von vier Wochen, gerechnet vom Tage der Beendigung des Dienstverhältnisses an, kein Arbeitslosengeld. § 10 Abs. 2 AlVG gilt sinngemäß.

Gemäß § 10 Abs. 2 AlVG ist der Ausschluß vom Bezug des Arbeitslosengeldes in berücksichtigungswürdigen Fällen, wie z. B. Aufnahme einer anderen Beschäftigung, ganz oder teilweise nachzusehen. Vor dieser Nachsicht sowie vor Erlassung einer Entscheidung gemäß Abs. 1 ist der Vermittlungsausschuß des Arbeitsamtes anzuhören.

Gemäß § 14 Abs. 1 des Berufsausbildungsgesetzes (BAG) endet das Lehrverhältnis mit Ablauf der im Lehrvertrag vereinbarten Dauer der Lehrzeit, gemäß Abs. 2 lit. e dieser Bestimmung jedoch dann vor Ablauf der Lehrzeit, wenn der Lehrling die Lehrabschlußprüfung erfolgreich ablegt, wobei die Endigung des Lehrverhältnisses mit Ablauf jener Woche, in der die Prüfung abgelegt wird, eintritt. Der 12. März 1989 (der Tag der Ablegung der Lehrabschlußprüfung) war ein Sonntag und somit der letzte Tag der 10. Woche des Jahres 1989. An diesem Tag endete daher das Lehrverhältnis des Beschwerdeführers.

Gemäß § 18 BAG ist der Lehrberechtigte verpflichtet, den Lehrling, dessen Lehrverhältnis gemäß § 14 Abs. 2 lit. e BAG endet, im Betrieb vier Monate im erlernten Beruf weiterzuverwenden.

2.3. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung endet das Lehrverhältnis wegen seiner Befristung automatisch. § 18 Abs. 1 BAG normiert nicht etwa für die Dauer der Behaltefrist einen Vertragsabschluß kraft Gesetzes, sondern lediglich die Verpflichtung des Lehrherrn, mit dem Lehrling einen Dienstvertrag von mindestens viermonatiger Dauer abzuschließen (vgl. die bei Dittrich - Veit - Tades, Arbeitsrecht, E 1 zu § 18 BAG, abgedruckten Entscheidungen; ferner Jabornegg, DRdA 1977, 16 ff; so offenbar auch

Spielbüchler in: Floretta - Spielbüchler - Strasser, Arbeitsrecht I,3. Auflage, 73 u. 103, und Schwarz - Löschnigg, Arbeitsrecht, 4. Auflage, 478). Es handelt sich somit bei dem für die Dauer der Behaltefrist abzuschließenden Dienstverhältnis jedenfalls um ein NEUES Dienstverhältnis, das allerdings bereits im Lehrvertrag vereinbart werden (vgl. Arb 9344) und nicht wirksam abbedungen werden kann (Arb 6955). Der Lehrling ist jedoch (arbeitsrechtlich) nicht verpflichtet, die Weiterbeschäftigung zu verlangen, sondern kann vielmehr nach Ablauf der Lehrzeit ohne weitere Erklärung die bisherige Arbeitsstätte verlassen, es sei denn, daß er sich schon vorher (etwa im Lehrvertrag) zur Weiterarbeit vertraglich verpflichtet hätte (Jabornegg, aaO).

2.4. Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang keine Feststellungen darüber getroffen, ob der Beschwerdeführer von einem verbindlich geschlossenen Arbeitsvertrag über die Behaltefrist zurückgetreten ist oder ob er von der Verpflichtung des Arbeitgebers, mit ihm einen solchen Vertrag abzuschließen, nicht Gebrauch gemacht hat; dies kann aber - wie noch zu zeigen sein wird - dahinstehen, weil - bezogen auf die Ansprüche auf Arbeitslosengeld - beide Sachverhaltsvarianten zum selben Ergebnis führen.

Zwar ist der Einwand des Beschwerdeführers, das Lehrverhältnis sei durch Zeitablauf (und nicht durch eine Beendigungshandlung seinerseits) beendet worden, nach der oben (2.3.) dargestellten Rechtslage berechtigt. Damit ist aber für den Beschwerdeführer auch dann nichts gewonnen, hätte er (wovon die Beschwerde ausgeht) noch keinen Arbeitsvertrag über die Behaltefrist abgeschlossen; dies aus folgenden Gründen:

2.4.1. Gemäß § 7 Abs. 1 AlVG hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer arbeitsfähig, arbeitswillig und arbeitslos ist.

Die Arbeitswilligkeit wird in den (systematisch miteinander zusammenhängenden) §§ 9 bis 11 AlVG näher geregelt. § 9 Abs. 1 AlVG regelt drei Fälle der mangelnden Arbeitswilligkeit, nämlich, die Weigerung a) eine vom Arbeitsamt vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen, b) sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- und umschulen zu lassen, oder

c) von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen. Die in § 9 Abs. 2 AlVG näher umschriebene Voraussetzung der Zumutbarkeit muß richtiger Auffassung zufolge in allen drei Fällen vorliegen (so Dirschmied AlVG, 2. Auflage, Anmerkung 2 zu § 11; ebenso das hg. Erkenntnis vom 10. März 1954, Zl. 1923/53, Slg. 3344/A). Die Weigerung, eine zumutbare Beschäftigung im Sinne des § 9 Abs. 1 AlVG anzunehmen, wird in § 10 Abs. 1 AlVG mit dem Verlust des Anspruches auf Arbeitslosengeld in der Dauer von mindestens vier Wochen sanktioniert.

2.4.2. Die in § 9 Abs. 1 AlVG genannten Fälle mangelnder Arbeitswilligkeit setzen also voraus, daß Arbeitslosigkeit schon eingetreten ist, während § 11 AlVG (in Ergänzung dazu) die Herbeiführung einer solchen Arbeitslosigkeit infolge Auflösung des Dienstverhältnisses ohne triftigen Grund (oder aus Verschulden des Dienstnehmers) ebenfalls mit dem Verlust des Arbeitslosengeldes in der Dauer von vier Wochen sanktioniert (sogenannte "Sperrfrist"). Diese Bestimmungen sind Ausdruck der dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zugrunde liegenden Gesetzeszwecke, nämlich, den arbeitslos Gewordenen, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung einer ihm zumutbaren Beschäftigung in den Arbeitsmarkt einzugliedern und ihn so wieder in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. § 10 Abs. 1 und § 11 AlVG sanktionieren daher das Verhalten desjenigen, der entweder einen solchen Zustand der Unterhalts- und Vermittlungsbedürftigkeit schuldhaft herbeiführt oder zwar ohne Verschulden in einen solchen Zustand geraten ist, seine Beendigung jedoch zu vereiteln sucht.

2.4.3. Vor diesem rechtlichen Hintergrund kann nun darin, daß das Lehrverhältnis des Beschwerdeführers durch Zeitablauf endete, weder ein Verschulden des Beschwerdeführers im Sinne des ersten, noch eine Auflösung des Dienstverhältnisses im Sinne des zweiten Falles des § 11 AlVG erblickt werden; andererseits hat der Beschwerdeführer - zumindest - auf den Abschluß eines Arbeitsvertrages verzichtet, dessen Zustandekommen nach der oben (2.3.) dargelegten Rechtslage nur von seinem Willen abhängig war. Wenn also ein Lehrling mit Beendigung des Lehrverhältnisses "arbeitslos" wird, so liegt es andererseits ausschließlich bei ihm, diesen Zustand durch Abschluß eines Arbeitsvertrages zunächst für die Dauer der Behaltefrist sogleich wieder zu beenden. Unterläßt er dies, so hat er im Sinne des dritten Falles des § 9 Abs. 1 AlVG "von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit" keinen Gebrauch gemacht, solange nicht Umstände vorliegen, die dies im Sinne des § 9 Abs. 2 bis 4 AlVG als unzumutbar erscheinen ließen. Dies wäre aber nur dann der Fall, wenn die Beschäftigung während der Behaltefrist (also im erlernten BerufÜ) die körperlichen Fähigkeiten des Arbeitslosen übersteigen oder seine Gesundheit und Sittlichkeit gefährden würde. Im übrigen ist Zumutbarkeit der Beschäftigung während der Behaltefrist stets gegeben, da es (im Sinne des weiteren in § 9 Abs. 2 AlVG genannten Grundes für die Unzumutbarkeit einer Beschäftigung) ausgeschlossen ist, daß die Beschäftigung im soeben erlernten Beruf die künftige Verwendung in diesem Beruf nachteilig beeinflussen könnte. Die Bestimmungen des § 9 Abs. 2 AlVG zeigen aber insbesondere auch, daß die Absicht, den soeben erlernten Beruf nicht auszuüben, sondern die Umschulung zu einem anderen Beruf anzustreben, für sich allein genommen niemals die Unzumutbarkeit der Gebrauchnahme von der vorhandenen Möglichkeit der Weiterbeschäftigung während der Behaltefrist zu bewirken vermag.

2.5. Die mangelnde Bereitschaft, von einer nach § 9 Abs. 2 AlVG zumutbaren, sich bietenden Arbeitsmöglichkeit im Sinne des § 9 Abs. 1 AlVG Gebrauch zu machen, führt nach § 10 Abs. 1 AlVG zum Verlust des Arbeitslosengeldes in der Dauer von mindestens vier Wochen. Der dritte Fall des § 9 Abs. 1 AlVG ist zwar nicht dem ersten Fall des § 10 Abs. 1 AlVG (Weigerung, eine vom Arbeitsamt zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen) gleichzustellen, wohl aber liegt der zweite Fall der zuletzt genannten Gesetzesstelle ("wer die Annahme einer SOLCHEN" - d.h. zumutbaren, nicht aber notwendigerweise vom Arbeitsamt vermittelten - "Beschäftigung vereitelt") vor.

2.6. Die belangte Behörde hat zwar die Versagung des Arbeitslosengeldes in der Dauer von vier Wochen auf § 11 AlVG gestützt (ohne die dafür erforderliche Feststellung), dadurch den Beschwerdeführer jedoch nicht in seinen Rechten verletzt, weil es - gemessen am Gegenstand des Verfahrens, nämlich der Gewährung von Arbeitslosengeld - keinen Unterschied macht, ob die Leistung nach § 10 Abs. 1 oder § 11 AlVG nicht gewährt wird, zumal auch nach § 10 Abs. 1 AlVG die Mindestfrist vier Wochen beträgt.

2.7. Der Beschwerde ist zwar darin beizupflichten, daß die belangte Behörde (und zwar sowohl im Falle des § 11 als auch in jenem des § 10 Abs. 1) von Amts wegen das Vorliegen berücksichtigungswürdiger Gründe für eine allfällige Nachsicht im Sinne des § 10 Abs. 2 AlVG zu prüfen hatte. Wie aber auch von der Beschwerde eingeräumt wird, ist die belangte Behörde dieser Verpflichtung insoweit nachgekommen, als sie den Beschwerdeführer zur Bekanntgabe jener Gründe aufgefordert und darüber mit ihm eine Niederschrift aufgenommen hat. Der Beschwerdeführer hätte dabei Gelegenheit gehabt, nicht nur seinen Wunsch, sich für Büroarbeiten umschulen zu lassen, sondern auch die Gründe hiefür bekanntzugeben. Die Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Wahrheitsforschung geht jedenfalls nicht so weit, in jeder denkbaren Richtung Ermittlungen durchzuführen, sondern nur insoweit, als Anhaltspunkte aus den Akten dazu Veranlassung geben. Daher mußte die Behörde auch keine Nachforschungen in der Richtung anstellen, ob (vielleicht) gesundheitliche Gründe den Beschwerdeführer zu seinem Entschluß, während der Behaltefrist kein Beschäftigungsverhältnis einzugehen, mitbestimmt haben könnten, zumal der Beschwerdeführer weder in der Beschwerde behauptet, solche Gründe im Verwaltungsverfahren vorgetragen zu haben, noch in der Beschwerde selbst in dieser Richtung irgendein Vorbringen erstattet. Die belangte Behörde durfte vielmehr schon im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer soeben seine Lehrzeit als Koch beendet hatte, ohne weiteres davon ausgehen, daß er für die Ausübung dieses Berufes auch während der Dauer der Behaltefrist geistig und körperlich geeignet war. Diesem der Erfahrung des täglichen Lebens entsprechenden Sachverhalt hätte der Beschwerdeführer - sollte der genannte Erfahrungssatz aus besonderen, in der Person des Beschwerdeführers gelegenen Gründen, nicht zutreffen - unter Anführung konkreter Gründe, welche die Weiterbeschäftigung allenfalls als unzumutbar hätten erscheinen lassen können, entgegentreten müssen.

2.8. Aus den oben dargelegten rechtlichen Gründen, deren wesentliche Sachverhaltsgrundlagen, nämlich, daß der Beschwerdeführer über eigenen Wunsch nach Beendigung der Lehrzeit den Arbeitsplatz verlassen hat, weil er sich zu einem Büroangestellten umschulen lassen wollte, auch in der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen werden, ist die Frage des Zustandekommens verschiedener Bestätigungen des Dienstgebers über die Beendigung des Lehrverhältnisses durch Zeitablauf einerseits und der (späteren) Behauptung, daß diese Bestätigung "unter Druck" zustande gekommen sei, andererseits, nicht von Bedeutung. Allfällige Begründungsmängel des angefochtenen Bescheides, wie sie in der Beschwerde in diesem Zusammenhang behauptet werden, können daher schon mangels jeglicher Relevanz für den Ausgang des Verwaltungsverfahrens im Beschwerdeverfahren nicht mit Erfolg geltend gemacht werden.

2.9. Wenn die Beschwerde schließlich noch rügt, daß die belangte Behörde den Vermittlungsausschuß des Arbeitsamtes nicht angehört habe, so ist der Beschwerdeführer auch dadurch nicht in seinen Rechten verletzt worden: Die Unterlassung der in § 10 Abs. 2 AlVG angeordneten Anhörung des Verwaltungsausschusses könnte (selbst wenn sie zuträfe) nicht schlechthin zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung führen, sondern nur dann, wenn überhaupt Anhaltspunkte für Gründe vorlägen, die "berücksichtigungswürdig" im Sinne des § 10 Abs. 2 AlVG sein könnten. Die Verletzung des Anhörungsrechtes wäre nämlich allenfalls ein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 11. Oktober 1959, Slg. 5082/A, und vom 17. Mai 1983, Zl. 83/11/0020), dessen erfolgreiche Geltendmachung seine Relevanz für den Verfahrensausgang voraussetzt. Dazu wird aber vom Beschwerdeführer in der Beschwerde (entgegen der ihm gegebenenfalls obliegenden Darlegungspflicht - vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 27. April 1989, Zl. 87/08/0282, und die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, 600 ff, abgedruckte Judikatur) nichts vorgebracht. Die (in der Beschwerde nicht näher konkretisierten) Hinweise auf gesundheitliche Belastungen bei "Küchenberufen" können jedenfalls im Zusammenhang mit § 10 Abs. 2 AlVG keine Berücksichtigung finden, sondern allenfalls - wofür im gegenständlichen Fall jedoch nichts spricht - als Gesundheitsgefährdung bei der Zumutbarkeitsprüfung des § 9 Abs. 2 AlVG berücksichtigt werden. Berücksichtigungswürdig im Sinne des § 10 Abs. 2 AlVG können - wie aus dem systematischen Zusammenhang ersichtlich ist - nur solche Gründe sein, die dazu führen, daß der Ausschluß vom Bezug des Arbeitslosengeldes nach § 10 Abs. 1 (oder § 11) AlVG den Arbeitslosen aus bestimmten Gründen unverhältnismäßig härter trifft, als dies sonst ganz allgemein der Fall ist (vgl. etwa die bei Dirschmied, AlVG, 2. Auflage, S. 85 und 223 gegebenen Hinweise). Auch dafür findet sich aber im Beschwerdevorbringen nicht der geringste Hinweis.

3. Da somit schon die Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war sie ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle Wahrheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990080084.X00

Im RIS seit

18.10.2001

Zuletzt aktualisiert am

10.10.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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