TE Vfgh Erkenntnis 2022/12/14 G259/2022 (G259/2022-16)

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Veröffentlicht am 14.12.2022
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Index

10/07 Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit

Norm

B-VG

Leitsatz

Auswertung in Arbeit

Spruch

I. In §25 Abs3 des Bundesgesetzes vom 28. November 1989 zur Regelung des Glücksspielwesens (Glücksspielgesetz – GSpG), BGBl Nr 620/1989, idF BGBl I Nr 13/2014 werden folgende Bestimmungen als verfassungswidrig aufgehoben:

1. der Satz "a) Wird durch diese Auskünfte die begründete Annahme, dass die fortgesetzte und unveränderte Teilnahme am Spiel das konkrete Existenzminimum dieses Spielers gefährdet, bestätigt, hat die Spielbank durch besonders geschulte Mitarbeiter mit dem Spielteilnehmer ein Beratungsgespräch zu führen, in welchem der Spielteilnehmer auf die Gefahren der Spielteilnahme und der möglichen Gefährdung des Existenzminimums hingewiesen wird und sind dem Spielteilnehmer Informationen über Beratungseinrichtungen anzubieten.";

2. der Satz "b) Nimmt der Spielteilnehmer trotz dieses Beratungsgespräches unverändert häufig und intensiv am Spiel teil oder verweigert er dieses Beratungsgespräch, ist die Spielbankleitung verpflichtet, ihm den Besuch der Spielbank dauernd oder auf eine bestimmte Zeit zu untersagen oder die Anzahl der Besuche einzuschränken.";

3. die Wendung "2. Ist die Einholung unabhängiger Bonitätsauskünfte nicht möglich oder sind diese nicht aussagekräftig, so hat die Spielbank";

4. der Satz "Eine über die Einholung der unabhängigen Bonitätsauskünfte, das Beratungsgespräch oder die Befragung des Spielteilnehmers hinausgehende Überprüfungs- und Nachforschungspflicht der Spielbankleitung besteht nicht.";

5. die Wortfolge "nach Z1 und 2";

6. die Wortfolge "oder wenn ihr bei der Erfüllung ihrer Pflichten nur leichte Fahrlässigkeit vorwerfbar ist";

7. der Satz "Dieser Absatz regelt abschließend alle Ansprüche des Spielteilnehmers gegen die Spielbankleitung im Zusammenhang mit der Gültigkeit des Spielvertrages oder mit Verlusten aus dem Spiel.".

II. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

III. Die aufgehobenen Bestimmungen sind nicht mehr anzuwenden.

IV. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

V. Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Gestützt auf Art140 Abs1 Z1 litd B-VG begehrt der Antragsteller,

"der Verfassungsgerichtshof wolle, allenfalls nach Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung,

I. §25 Abs3 GSpG (BGBl 620/1989 idF BGBl I 126/2008, I 54/2010, I 13/2014) als verfassungswidrig aufheben,

in eventu

II. a.) die Wortfolgen 'Eine über die Einholung der unabhängigen Bonitätsauskünfte, das Beratungsgespräch oder die Befragung des Spielteilnehmers hinausgehende Überprüfungs- und Nachforschungspflicht der Spielbankleitung besteht nicht.' und 'Dieser Absatz regelt abschließend alle Ansprüche des Spielteilnehmers gegen die Spielbankleitung im Zusammenhang mit der Gültigkeit des Spielvertrages oder mit Verlusten aus dem Spiel.' in §25 Abs3 GSpG (BGBl 620/1989 idF BGBl I 126/2008, I 54/2010, I 13/2014) als verfassungswidrig aufheben

und

b.) §25 Abs3 Z1 lita und b GSpG sowie die Wortfolge 'Ist die Einholung unabhängiger Bonitätsauskünfte nicht möglich oder sind diese nicht aussagekräftig, so' in §25 Abs3 Z2 GSpG (BGBl 620/1989 idF BGBl I 126/2008, I 54/2010, I 13/2014) als verfassungswidrig aufheben

und

c.) Die Wortfolge 'Die Spielbankleitung haftet nicht, sofern der Spielteilnehmer bei seiner Befragung nicht offensichtlich unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder wenn ihr bei der Erfüllung ihrer Pflichten nur leichte Fahrlässigkeit vorwerfbar ist.' in §25 Abs3 GSpG (BGBl 620/1989 idF BGBl I 126/2008, I 54/2010, I 13/2014) als verfassungswidrig aufheben,

in eventu

III. nach einem Außerkrafttreten der vorstehend angefochtenen Normen im Entscheidungszeitpunkt gemäß Art140 Abs4 B-VG aussprechen, dass die angefochtenen Bestimmungen jeweils verfassungswidrig waren".

II. Rechtslage

Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 28. November 1989 zur Regelung des Glücksspielwesens (Glücksspielgesetz – GSpG), BGBl 620/1989, idF BGBl I 104/2019 lauten (die mit dem Hauptantrag angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):

"Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten

§5. (1) Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten sind Ausspielungen nach §2 Abs3 an ortsfesten, öffentlich zugänglichen Betriebsstätten unter Einhaltung ordnungspolitischer Mindestanforderungen an Bewilligungswerber (Abs2) sowie besonderer Begleitmaßnahmen der Spielsuchtvorbeugung (Abs3 bis 5), der Geldwäschevorbeugung (Abs6) und der Aufsicht (Abs7)

1. in Automatensalons mit mindestens 10 und höchstens 50 Glücksspielautomaten oder

2. in Einzelaufstellung mit höchstens drei Glücksspielautomaten.

Dabei darf ein höchstzulässiges Verhältnis von einem Glücksspielautomat pro 1 200 Einwohner insgesamt im Bundesland nicht überschritten werden und die Anzahl der aufrechten Bewilligungen zum Betrieb von Glücksspielautomaten ist mit höchstens drei pro Bundesland beschränkt. Im Bundesland Wien beträgt das höchstzulässige Verhältnis ein Glücksspielautomat pro 600 Einwohner. Die Einwohnerzahl eines Bundeslandes bestimmt sich nach dem für den jeweiligen Finanzausgleich von der Bundesanstalt Statistik Österreich zuletzt festgestellten und kundgemachten Ergebnis der Statistik des Bevölkerungsstandes oder der Volkszählung zum Stichtag 31. Oktober, wobei das zuletzt kundgemachte Ergebnis im Zeitpunkt der Erteilung von Bewilligungen maßgeblich ist.

(2) Ordnungspolitische Anforderungen an Bewilligungswerber bzw -inhaber sind zumindest:

1. eine Kapitalgesellschaft mit Aufsichtsrat, die keine Gesellschafter hat, die über einen beherrschenden Einfluss verfügen und die Zuverlässigkeit in ordnungspolitischer Hinsicht gefährden;

2. die Abwicklung des Betriebs der Glücksspielautomaten in einer Form, die eine effektive und umfassende ordnungspolitische Aufsicht nach diesem Bundesgesetz erlaubt;

3. der Nachweis eines eingezahlten Stamm- oder Grundkapitals von mindestens 8 000 Euro je betriebsberechtigtem Glücksspielautomaten und der rechtmäßigen Mittelherkunft in geeigneter Weise sowie einer Sicherstellung mit einem Haftungsbetrag von zumindest 20 vH des Mindeststamm- oder Mindestgrundkapitals;

4. ein Entsenderecht des Bundesministers für Finanzen für einen Staatskommissär und dessen Stellvertreter zur Überprüfung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bei den Betreibern von Automatensalons, wobei §76 BWG sinngemäß anzuwenden ist;

5. die Bestellung eines oder mehrerer Geschäftsleiter, die aufgrund entsprechender Vorbildung fachlich geeignet sind, über die für den ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb erforderlichen Eigenschaften und Erfahrungen verfügen und gegen die kein Ausschließungsgrund nach §13 der Gewerbeordnung 1994 vorliegt;

6. eine Eigentümer- oder allenfalls Konzernstruktur, die eine wirksame Aufsicht über den Bewilligungsinhaber nicht behindert;

7. ein technisches Gutachten über die Einhaltung der Bestimmungen der Abs4, 5 und 7 über den Spielerschutz und die Sicherung der Gewinnausschüttung;

8. eine Höchstbewilligungsdauer von 15 Jahren.

(3) Spielsuchtvorbeugende Maßnahmen bei Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten bestehen aus Spielerschutz begleitenden Rahmenbedingungen und einem spielerschutzorientierten Spielverlauf.

(4) Als Spielerschutz begleitende Rahmenbedingungen nach Abs3 sind zumindest verpflichtend vorzusehen

a) für Automatensalons:

1. die Einrichtung eines Zutrittssystems, das sicherstellt, dass jeder Besuch des Automatensalons nur Personen gestattet ist, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben;

2. die Vorlage eines Konzepts über die Schulung der Mitarbeiter im Umgang mit Spielsucht und über die Zusammenarbeit mit einer oder mehreren Spielerschutzeinrichtung(en);

3. die Einrichtung eines Warnsystems mit abgestuften Spielerschutzmaßnahmen von der Spielerinformation bis zur Spielersperre abhängig vom Ausmaß der Besuche des Spielteilnehmers in den Automatensalons eines Bewilligungsinhabers;

4. die Anzeige der mathematisch ermittelten Gewinnausschüttungsquote des jeweiligen Spielprogramms bei der gewählten Einsatzgröße am Glücksspielautomat, wobei diese ausgehend von einer unendlichen Serie an Einzelspielen in einer Bandbreite von 85 bis 95 vH liegen muss und nur nach vorheriger Bekanntgabe an die zuständige Landesbehörde geändert werden darf; werden dem Spielteilnehmer in einem Spielprogramm verschiedene Gewinnchancen zur Auswahl angeboten, so darf keine dieser Gewinnchancen für sich alleine betrachtet, ausgehend von einer unendlichen Serie an Einzelspielen, über 95 vH liegen;

5. das Verbot zu Spielinhalten mit aggressiven, gewalttätigen, kriminellen, rassistischen oder pornographischen Darstellungen;

6. die Möglichkeit für Spieler zur jederzeitigen Einsichtnahme in eine deutsche Fassung der Spielbeschreibungen aller Spiele der Glücksspielautomaten;

7. die Einhaltung eines Mindestabstands von 15 Kilometern Luftlinie oder in Gemeinden mit mehr als 500 000 Einwohnern von 2 Kilometern Luftlinie für Automatensalons mit mehr als 15 Glücksspielautomaten zum Standort einer Spielbank, wobei der Abstand eines Automatensalons in einer Gemeinde mit mehr als 500 000 Einwohnern auf dem Gebiet dieser Gemeinde nicht mehr als 2 Kilometer Luftlinie betragen muss; zudem darf im Umkreis von 300 Metern oder in Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern von 150 Metern Luftlinie eines Automatensalons mit mehr als 15 Glücksspielautomaten kein weiterer Automatensalon mit mehr als 15 Glücksspielautomaten eröffnet werden; schließlich muss zwischen Automatensalons desselben Bewilligungsinhabers jedenfalls ein Mindestabstand von 100 Metern Gehweg eingehalten werden; die Einwohnerzahl der Gemeinden richtet sich dabei nach dem von der Bundesanstalt Statistik Österreich kundgemachten Ergebnis der letzten Volkszählung;

8. die Teilnahme an einer vom Bundesgesetzgeber den Grundsätzen des Datenschutzrechts entsprechend noch vorzusehenden Austauschsverpflichtung von Daten über Besuchs- und Spielsperren oder -beschränkungen zwischen Glücksspielanbietern;

9. die sinngemäße Einhaltung der Bestimmung des §25 Abs3.

b) bei Einzelaufstellung:

1. die Einrichtung eines Identifikationssystems, das sicherstellt, dass nur Personen, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, an den Glücksspielautomaten spielen können und das eine zeitliche Begrenzung der Spielzeiten an den Glücksspielautomaten ermöglicht;

2. die Ausstellung einer laufend nummerierten Spielerkarte durch den Bewilligungsinhaber oder dessen Vertragspartner zur Einhaltung der höchstzulässigen Tagesspieldauer (Abs5 litb Z7), auf der der Name des Bewilligungsinhabers sowie Name, Geburtsdatum und Lichtbild des Spielteilnehmers sowie das (Erst-) Ausstellungsdatum angebracht sind; dabei ist durch den Bewilligungswerber oder dessen Vertragspartner sicherzustellen, dass pro Spieler nur jeweils eine Spielerkarte ausgestellt ist, oder, wenn mehrere Spielerkarten für einen Spieler ausgestellt wurden, jeweils nur eine Spielerkarte für einen Spieler gültig ist, und nur diese Spielerkarte zur Teilnahme am Spiel berechtigt; die Dauer der bereits absolvierten Spielteilnahmen muss bei Ausstellung einer neuen Spielerkarte für einen Spielteilnehmer auf diese Spielerkarte übertragen werden; die Ausstellung einer physischen Spielerkarte kann entfallen, wenn auf Grund des technischen Fortschrittes biometrische Erkennungsverfahren im Einsatz sind, die in ihrer Funktionalität der entfallenden Spielerkarte zumindest gleichwertig sind;

3. die Einrichtung eines Warnsystems mit abgestuften Spielerschutzmaßnahmen von der Spielerinformation bis zur Spielersperre abhängig vom Ausmaß der Spielzeiten des Spielers;

4. die Anzeige der mathematisch ermittelten Gewinnausschüttungsquote des jeweiligen Spielprogramms am Glücksspielautomat, wobei diese ausgehend von einer unendlichen Serie an Einzelspielen in einer Bandbreite von 82 bis 92 vH liegen muss und nur nach vorheriger Bekanntgabe an die zuständige Landesbehörde geändert werden darf; werden dem Spielteilnehmer in einem Spielprogramm verschiedene Gewinnchancen zur Auswahl angeboten, so darf keine dieser Gewinnchancen für sich alleine betrachtet, ausgehend von einer unendlichen Serie an Einzelspielen, über 92 vH liegen;

5. das Verbot zu Spielinhalten mit aggressiven, gewalttätigen, kriminellen, rassistischen oder pornographischen Darstellungen;

6. die Möglichkeit für Spieler zur jederzeitigen Einsichtnahme in eine deutsche Fassung der Spielbeschreibungen aller Spiele der Glücksspielautomaten.

(5) Ein Spielerschutz orientierter Spielverlauf nach Abs3 besteht,

a) wenn in Automatensalons zumindest

1. die vermögenswerte Leistung des Spielers höchstens 10 Euro pro Spiel beträgt;

2. die in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinne in Geld, Waren oder geldwerten Leistungen) 10 000 Euro pro Spiel nicht überschreiten;

3. jedes Spiel zumindest 1 Sekunde dauert und vom Spielteilnehmer gesondert ausgelöst wird;

4. keine parallel laufenden Spiele auf einem Glücksspielautomaten spielbar sind, wobei aber Einsätze auf mehreren Gewinnlinien des Spieles erlaubt sind, wenn die vermögenswerte Leistung pro Spiel weder den Höchsteinsatz nach Z1 übersteigt, noch der erzielbare Höchstgewinn nach Z2 überschritten wird;

5. eine Einsatz- oder Gewinnsteigerung oder Vervielfachung über den Höchsteinsatz nach Z1 oder Höchstgewinn nach Z2 mit vor oder nach dem Spiel oder während des Spieles durchgeführter Begleitspiele nicht möglich ist;

6. keine Jackpots ausgespielt werden und

7. nach zwei Stunden ununterbrochener Spieldauer eines Spielteilnehmers der Glücksspielautomat abschaltet (Abkühlungsphase).

b) wenn in Einzelaufstellung zumindest

1. die vermögenswerte Leistung des Spielers höchstens 1 Euro pro Spiel beträgt;

2. die in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinne in Geld, Waren oder geldwerten Leistungen) 1 000 Euro pro Spiel nicht überschreiten;

3. jedes Spiel zumindest 2 Sekunden dauert und vom Spielteilnehmer gesondert ausgelöst wird;

4. keine parallel laufenden Spiele auf einem Glücksspielautomaten spielbar sind, wobei aber Einsätze auf mehreren Gewinnlinien des Spieles erlaubt sind, wenn die vermögenswerte Leistung pro Spiel weder den Höchsteinsatz nach Z1 übersteigt, noch der erzielbare Höchstgewinn nach Z2 überschritten wird;

5. eine Einsatz- oder Gewinnsteigerung oder Vervielfachung über den Höchsteinsatz nach Z1 oder Höchstgewinn nach Z2 mit vor oder nach dem Spiel oder während des Spieles durchgeführter Begleitspiele nicht möglich ist;

6. keine Jackpots ausgespielt werden und

7. das Spielen auf Glücksspielautomaten in Einzelaufstellung nur höchstens für drei Stunden je Spielteilnehmer innerhalb von 24 Stunden möglich ist (höchstzulässige Tagesspieldauer).

(6) Als Maßnahmen zur Vorbeugung gegen Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung sind in Fällen von Automatensalons und in Fällen der Einzelaufstellung zumindest die sinngemäße Einhaltung der Bestimmungen des §31c Abs1, 2 und 4 sowie die Aufsicht nach einem risikobasierten Ansatz im Sinne der Bestimmungen des §8 Abs5, §9 Abs4, §9a Abs2 bis 5, §18, §19 Abs3, §24 Abs5, §25 Abs2, 5 bis 10, §26, §31 Abs1, 2 und 3 Z1, §32, §33, §37, §38, §40 Abs2 bis 4 FM-GwG vorzusehen.

(7) Als Aufsicht sichernde Maßnahmen sind zumindest vorzusehen

1. eine über einen Zentralcomputer vernetzt durchgeführte Abrechnung von Glücksspielautomaten und die Sicherstellung der verpflichtenden elektronischen Anbindung an die Bundesrechenzentrum GmbH gemäß §2 Abs3;

2. dass in Automatensalons und an Standorten mit Einzelaufstellung keine anderen Glücksspiele als solche des Bewilligungsinhabers im Sinne dieser Bestimmung angeboten werden dürfen;

3. eine Sicherstellung, dass Glücksspielautomaten keine anderen Funktionseigenschaften haben als jene, die in einem am Aufstellungsort aufliegenden technischen Handbuch angegeben und beschrieben sind;

4. eine Sicherung gegen Datenverlust bei Stromausfall und gegen äußere, elektromagnetische, elektrostatische oder durch Radiowellen hervorgerufene Einflüsse;

5. eine verpflichtende aufsichtsbehördliche Standortbewilligung für jeden einzelnen Automatensalon sowie eine laufende Berichterstattung an das Finanzamt Österreich über die erteilten landesrechtlichen Bewilligungsbescheide der Betreiber von Automatensalons und eine Übermittlung einer Aufstellung aller landesrechtlich bewilligten Glücksspielautomaten unter Angabe ihrer bewilligten Standorte und Nennung des Betreibers in elektronischer Form zur Sicherstellung der damit verbundenen Abgabenleistung sowie für glücksspielrechtliche Überwachungen;

6. eine Kontrolle durch Landesbehörden auf Einhaltung der glücksspielrechtlichen Bestimmungen unter sinngemäßer Anwendung des §23;

7. eine verpflichtende Zusammenarbeit der Landesbehörden mit dem Bundesminister für Finanzen und dem Finanzamt Österreich in Aufsichtsangelegenheiten;

8. dass während der Übergangszeit nach §60 Abs25 Z2 Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten nur insoweit ausgeübt werden können, als im selben Ausmaß aufrechte und zum 15. März 2010 tatsächlich ausgeübte landesrechtliche Bewilligungen für Glücksspielautomaten nach §4 Abs2 in der Fassung vor diesem Bundesgesetz in diesem Bundesland in der Übergangszeit auslaufen oder vorzeitig unwiderruflich zurückgelegt werden, wobei für neue Bewilligungen die höchstzulässige Anzahl an Glücksspielautomaten gemäß Abs1 nicht überschritten werden darf;

9. die (sinngemäße) Einhaltung der Bestimmungen der §§31b, 51 sowie 56 Abs1 GSpG;

10. eine Parteistellung des Bundesministers für Finanzen in allen Angelegenheiten des §5.

(8) Bei Verstoß eines Bewilligungsinhabers gegen die oben genannten Verpflichtungen sowie gegen die Verpflichtungen aus der elektronischen Datenübermittlung nach §2 Abs3 kann der Bundesminister für Finanzen einen Antrag auf die Verhängung von Sanktionen im Sinne des §23 durch die Landesbehörde stellen.

(9) §19 Abs1 FM-GwG gilt sinngemäß für Bewilligungsinhaber von Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten und Wettunternehmer sowie deren Beschäftigte.

[…]

Spielbankbesucher

§25. (1) Der Besuch der Spielbank ist nur Personen gestattet, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben.

(2) Die Spielbankleitung kann Personen ohne Angabe von Gründen vom Besuch der Spielbank ausschließen. Die Spielbankleitung hat ihre Mitarbeiter in Zusammenarbeit mit zumindest einer Spielerschutzeinrichtung im Umgang mit Spielsucht zu schulen.

(3) Entsteht bei einem Staatsbürger eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes die begründete Annahme, dass Häufigkeit und Intensität seiner Teilnahme am Spiel für den Zeitraum, in welchem er mit dieser Intensität und Häufigkeit spielt, das Existenzminimum gefährden, hat die Spielbankleitung wie folgt vorzugehen:

1. Es sind Auskünfte bei einer unabhängigen Einrichtung einzuholen, die Bonitätsauskünfte erteilt (unabhängige Bonitätsauskünfte).

a) Wird durch diese Auskünfte die begründete Annahme, dass die fortgesetzte und unveränderte Teilnahme am Spiel das konkrete Existenzminimum dieses Spielers gefährdet, bestätigt, hat die Spielbank durch besonders geschulte Mitarbeiter mit dem Spielteilnehmer ein Beratungsgespräch zu führen, in welchem der Spielteilnehmer auf die Gefahren der Spielteilnahme und der möglichen Gefährdung des Existenzminimums hingewiesen wird und sind dem Spielteilnehmer Informationen über Beratungseinrichtungen anzubieten.

b) Nimmt der Spielteilnehmer trotz dieses Beratungsgespräches unverändert häufig und intensiv am Spiel teil oder verweigert er dieses Beratungsgespräch, ist die Spielbankleitung verpflichtet, ihm den Besuch der Spielbank dauernd oder auf eine bestimmte Zeit zu untersagen oder die Anzahl der Besuche einzuschränken.

2. Ist die Einholung unabhängiger Bonitätsauskünfte nicht möglich oder sind diese nicht aussagekräftig, so hat die Spielbank

a) durch besonders geschulte Mitarbeiter mit dem Spielteilnehmer ein Beratungsgespräch zu führen, in welchem der Spielteilnehmer auf die Gefahren der Spielteilnahme und der möglichen Gefährdung des Existenzminimums hingewiesen wird und sind dem Spielteilnehmer Informationen über Beratungseinrichtungen anzubieten.

b) Im Anschluss daran ist der Spielteilnehmer zu befragen, ob seine Einkommens- und Vermögenssituation derart ist, dass durch seine Teilnahme am Spiel sein konkretes Existenzminimum gefährdet ist.

c) Wird durch das Beratungsgespräch und die Befragung des Spielteilnehmers über eine allfällige Gefährdung seines Existenzminimums die begründete Annahme bestätigt, dass die fortgesetzte und nach Häufigkeit und Intensität unveränderte Teilnahme am Spiel sein konkretes Existenzminimum gefährden würde, oder verweigert der Spielteilnehmer das Beratungsgespräch oder die Auskunft, ob eine Gefährdung seines Existenzminimums vorliegt, ist die Spielbankleitung verpflichtet, ihm den Besuch der Spielbank dauernd oder auf eine bestimmte Zeit zu untersagen oder die Anzahl der Besuche einzuschränken.

Eine über die Einholung der unabhängigen Bonitätsauskünfte, das Beratungsgespräch oder die Befragung des Spielteilnehmers hinausgehende Überprüfungs- und Nachforschungspflicht der Spielbankleitung besteht nicht.

Verletzt die Spielbankleitung die nach Z1 und 2 vorgeschriebenen Pflichten und beeinträchtigt der Spielteilnehmer durch die deshalb unveränderte Teilnahme am Spiel sein konkretes Existenzminimum, haftet die Spielbankleitung für die dadurch während der unveränderten Teilnahme am Spiel eintretenden Verluste. Das Existenzminimum ist nach der Exekutionsordnung in der jeweils geltenden Fassung (allgemeiner monatlicher Grundbetrag) zu ermitteln.

Die Haftung ist innerhalb von drei Jahren nach dem jeweiligen Verlust gerichtlich geltend zu machen. Die Spielbankleitung haftet nicht, sofern der Spielteilnehmer bei seiner Befragung nicht offensichtlich unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder wenn ihr bei der Erfüllung ihrer Pflichten nur leichte Fahrlässigkeit vorwerfbar ist.

Dieser Absatz regelt abschließend alle Ansprüche des Spielteilnehmers gegen die Spielbankleitung im Zusammenhang mit der Gültigkeit des Spielvertrages oder mit Verlusten aus dem Spiel.

(4) Den Spielbankbesuchern ist das Mitführen technischer Hilfsmittel, die geeignet sind, sich oder anderen einen Spielvorteil zu verschaffen, nicht gestattet.

(5) Ergeben sich begründete Anhaltspunkte dafür, daß eine Person technische Hilfsmittel im Sinne des Abs4 mit sich führt, so hat die Spielbankleitung diese vom Besuch der Spielbank auszuschließen."

III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Der Antragsteller ist Kläger in einem zivilgerichtlichen Verfahren vor dem Landesgericht Linz. In diesem Verfahren fordert er von der beklagten Partei, einem Spielbankbetreiber, erlittene Spielverluste in Höhe von zumindest € 18.400,– zurück.

Der Antragsteller begründet dieses Klagebegehren zusammengefasst damit, er sei in den letzten 40 Jahren – abgesehen von einzelnen Schließzeiträumen in den Jahren 2020 und 2021 – "fast täglich" im Casino gewesen. Die beklagte Partei habe ihre Verpflichtungen gemäß §25 Abs3 GSpG verletzt. Das Spielverhalten des Antragstellers habe begründeten Anlass für die Annahme gegeben, dass sein Existenzminimum gefährdet sei. Sein problematisches Spielverhalten habe sich nicht geändert. Er beziehe eine Berufsunfähigkeitspension. Dennoch habe die beklagte Partei keine Nachforschungen angestellt und es sei zu keinem individuellen Beratungsgespräch mit dem Antragsteller gekommen.

2. Mit Urteil vom 22. August 2022 wies das Landesgericht Linz das Klagebegehren ab und begründete dies auf das Wesentliche zusammengefasst wie folgt:

Die Spielbank habe insgesamt vier Bonitätsauskünfte betreffend den Antragsteller eingeholt, die allesamt eine positive Bonitätsbewertung enthalten hätten. Ein Beratungsgespräch sei nicht durchgeführt worden. Die eingeholten Bonitätsauskünfte hätten sich nämlich als aussagekräftig erwiesen; auch habe das Verhalten des Antragstellers keinen Anlass für weitere Nachforschungen im Hinblick auf die Gefährdung des Existenzminimums ergeben. Die beklagte Partei sei daher ihren Verpflichtungen nach dem Glücksspielgesetz nachgekommen, weswegen das Klagebegehren abzuweisen sei.

3. Gegen dieses Urteil erhob der Antragsteller Berufung und stellte aus Anlass dieses Rechtsmittels den vorliegenden Gesetzesprüfungsantrag. Darin legt der Antragsteller die Bedenken, die ihn zur Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof bewogen haben, wie folgt dar (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Zu den Bedenken im Einzelnen (Art2 StGG, Art7 B-VG)

Vorweg ist festzuhalten, dass §25 Abs3 GSpG (aF) aufgrund eines Antrages des Obersten Gerichtshofes in einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27.09.2011 zu G34/10 (VfSlg 19.508/2011) bereits Gegenstand einer Gesetzesprüfung war. Im damaligen Verfahren beantragte der Oberste Gerichtshof allein die Aufhebung einer weiteren Haftungsbegrenzung der Höhe nach, deren Verfassungswidrigkeit sodann auch festgestellt wurde. Dem Verfassungsgerichtshof war es aber verwehrt, §25 Abs3 GSpG unter dem Blickwinkel andere[r] als der vom antragstellenden Gericht erhobenen Bedenken auf seine Verfassungsmäßigkeit zu prüfen; aus demselben Grund war es ihm auch nicht möglich, auf in dem Antrag nicht enthaltene und insoweit über diese [hinausgehende] Bedenken einzugehen (VfSlg 19.508/2011 mwN).

Der wesentliche Kern der Bedenken des Antragstellers gegen die hier angefochtenen Regelungen entspricht aber auch den Bedenken des Obersten Gerichtshofes, die seinerzeit in Bezug auf die aufgehobene Haftungsbegrenzung der Höhe nach vorgetragen wurden.

Die im Anlassverfahren beklagte Partei als Konzessionsnehmerin wird gemäß §25 Abs3 GSpG gegenüber allen übrigen Schädigern, die Schutzgesetze verletzen, bevorzugt, was gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt und konkret den Antragsteller in seinem Grundrecht auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt (Art2 StGG, Art7 B-VG), da keine sachliche Rechtfertigung für diese Privilegierung gegeben ist. Natürlich ist es stets möglich und wird es auch in diesem Prüfungsverfahren möglich sein, sachliche Rechtfertigungen zu behaupten und in Form von Gegenargumenten auszuführen. Diese denkbaren Gegenargumente, wie sie auch im Verfahren zu VfSlg 19.508/2011 vorgetragen wurden, können aber in einer wertenden Gesamtschau nicht überzeugend sein. Die seinerzeitigen Bedenken des Obersten Gerichtshofes treffen auch im vorliegenden Fall zu und werden im Folgenden auszugsweise wiedergegeben.

Die gesetzlichen Privilegierungen des §25 Abs3 GSpG weichen klar und mehrfach vom allgemeinen Zivilrecht ab. Beginnend mit dem Jahr 1999 hatte der OGH angenommen, dass §25 Abs3 G[S]pG (aF) ein Schutzgesetz iSd §1311 ABGB ist und ein Verstoß gegen diesen eine Haftung des Spielbankbetreibers begründen kann (OGH 19.1.1999, 1 Ob 214/98x). Als Folge dieser Rechtsprechung bestanden – ohne entsprechende explizite gesetzliche Regelung – bereits erhöhte Sorgfaltspflichten des Spielbankbetreibers gegenüber spielsüchtigen Spielern (OGH 21.12.2004, 5 Ob 112/04p). Der OGH entwickelte Kriterien, die der Spielbankbetreiber erfüllen musste, um seiner Sorgfaltspflicht nachzukommen und von seiner Haftung frei zu werden (Aufzeichnungen über die Anzahl der Besuche, Beobachtung des Spielers und Überprüfung seiner Vermögens- und Einkommensverhältnisse bei auffallend hohen Spieleinsätzen). Die vom OGH nach 1999 entwickelten Sorgfaltspflichten entsprechen den Wertungen des allgemeinen Zivilrechts in Bezug auf vorvertragliche Schuldverhältnisse (vgl Wilhelm, Zur culpa in contrahendo der Spielbank beim Glücksspiel, ecolex 2008, 1111).

In diesen zivilrechtlichen Rahmen hat der Bundesgesetzgeber durch mehrere Novellen des §25 Abs3 GSpG unsachlich eingegriffen.

Zwar gibt es Haftungsbegrenzungen im Bereich der Gefährdungshaftung (§§15 und 16 EKHG, §151 LFG), aber eben nicht bei Vertragsverletzungen oder bei der Verletzung von Schutzgesetzen. Die vorgenommene Differenzierung zwischen den allgemeinen zivilrechtlichen Standards für Haftungseinschränkungen einerseits und dem glücksspielrechtlichen Sonderregime ist sachlich nicht gerechtfertigt. Der Ausgleich zwischen dem Spielerschutz und fiskalpolitischen Interessen ist nicht gewahrt.

Auch unionsrechtliche Argumente sprechen klar dafür, die bestehende Regelung des §25 Abs3 GSpG als unsachlich einzuordnen.

Das Glücksspielmonopol und das darauf basierende Spielbankenkonzessionssystem widerstreitet prinzipiell der europarechtlichen Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit. Der EuGH sieht nationale Restriktionen der europarechtlichen Grundfreiheiten nur aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses als gerechtfertigt an. Solche zwingende Gründe sind im Bereich des Glücksspiels der Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Bekämpfung der Spielsucht. Hingegen zählt die Verhinderung von Steuermindereinnahmen nicht dazu. Ein Verstoß gegen die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit ist daher umso weniger gerechtfertigt, je mehr fiskalische und je weniger zwingende Gründe des Allgemeininteresses mit der nationalen Regelung verwirklicht werden sollen (EuGH C-6/01Anomar, wonach eine Behinderung für den freien Dienstleistungsverkehr durch zwingende Gründe des Allgemeinwohls – vor allem des Verbraucherschutzes – gerechtfertigt werden kann, EuGH C-338/04Placanica).

Im Glücksspielsektor ist der EuGH bereit, das Konzessionssystem zu akzeptieren, sofern es als taugliches und verhältnismäßiges Instrument gestaltet ist, die Gefahren des Glücksspiels einzudämmen. Die Verfolgung ordnungspolitischer Ziele, zu denen auch der Schutz der Spieler zählt, und das Ausmaß des Eingriffs in die Dienstleistungsfreiheit durch das Glücksspielmonopol lassen sich gemeinschaftsrechtlich als 'kommunizierende Gefäße' begreifen (Vonkilch, Rückforderung von Glücksspielverlusten nach dem 'Ausspielungsbesteuerungsänderungsgesetz' – Rien ne va plus? ÖJZ 2006, 487, 492 FN 21 mit Verweis auf EuGH C-275/92Schindler, C-124/97Läärä und C-67/98Zenatti). In dem Maß, in dem der Gesetzgeber die ordnungspolitischen Komponenten des GSpG reduziert, nimmt die gemeinschaftsrechtliche Legitimation des Glücksspielmonopols ab.

Pointiert bedeutet das: Der Bundesgesetzgeber normierte §25 Abs3 GSpG als ein Potemkinsches Dorf, um gegenüber der Europäischen Union zur Rechtfertigung seines staatlichen Glückspielmonopols einen hohen Standard im Spielerschutz argumentieren zu können. Tatsächlich verbürgt der gesetzliche Spielerschutz des §25 Abs3 GSpG aber keinen höheren, sondern einen sehr niedrigen Standard. Dieser Standard ist sogar soweit herabgesunken, dass nahezu von totem Recht gesprochen werden muss. Dies belegt beispielsweise und instruktiv der Fall des Antragstellers.

Personen wie der Antragsteller, die geradezu Archetypen eines schützenswerten Spielers sind, müssen bei gegebener Rechtslage niemals persönlich von der Spielbank konfrontiert werden. Sie können daher bei gleichbleibenden Niedrigsteinkommen ihre gesamten Lebensersparnisse von zehntausenden Euro verspielen und Konsumkredite von mehreren tausenden Euro aufnehmen, ohne dass jemals eine effektive Sorgfaltsnorm ausgelöst wird.

Folgt man dem Bundesgesetzgeber und der daraus abzuleitenden Rechtsanwendung der Zivilgerichte, wie sie im anlassgebenden Urteil des Landesgerichtes Linz zum Ausdruck kommt, bedarf es für einen Haftungsansatzpunkt gemäß §25 Abs3 GSpG offenbar nicht nur einer Person, die auffallend häufig oder intensiv spielt, um Sorgfaltspflichten auszulösen (diese Grundvoraussetzung ist sachlich korrekt und in jeder Hinsicht unbestritten, weil natürlich nicht jeder Besucher einer Spielbank im Detail überprüft werden kann und muss).

Für eine allfällige Haftung bedarf es auch noch

• einer Person, die gar kein Vermögen hat, da – so das Erstgericht unter Verweis auf Entscheidungen anderer Zivilgerichte – bis zum vollständigen Vermögensverbrauch auch noch gar keine Sorgfaltspflichten der beklagten Partei bestehen,

• einer Person, die mit ihrem Unternehmen buchhalterisch überschuldet ist oder ihre Rechnungen nicht pünktlich bezahlt, da widrigenfalls die eingeholten Bonitätsauskünfte jeweils kein Problem signalisieren, weshalb folglich kein warnendes Beratungsgespräch mit der beklagten Partei stattfinden muss,

• einer Person, die zudem auch nach außen hin gegenüber der Spielbank zu erkennen gibt, arm zu sein, widrigenfalls eine grob schuldhafte Verletzung der Schutz- und Sorgfaltspflichten nicht angenommen werden kann.

Es war und ist den Zivilgerichten auch nicht möglich, diese Gesetzeslage verfassungskonform umzuinterpretieren. Eine solcherart geschaffene Gesetzeslage führt denknotwendig, wie im Anlassfall, zu grob unbilligen Ergebnissen. Sie kann nicht sachlich gerechtfertigt sein.

Zu den angefochtenen Teilregelungen im Einzelnen:

a. §25 Abs3 GSpG als exklusive Spezialnorm […]

Eine Wurzel des Übels liegt in der Exklusivität des §25 Abs3 GSpG, obwohl nach allgemeinem Zivilrecht für gewöhnlich mehrere Anspruchsgrundlagen ins Treffen geführt werden können. Weshalb die Haftungserleichterungen des §25 Abs3 GSpG eine Rechtslage schaffen, die im Vergleich zu den allgemeinen vorvertraglichen und nebenvertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflichten gegenüber einem Spieler aufgrund eines Glücksvertrages bestehen, wurde bereits vorstehend ausgeführt (vgl im Detail VfSlg 19.508/2011 mwN). Eine Beseitigung der Exklusivität des §25 Abs3 GSpG würde dazu führen, auch der Geltung dieser allgemeinen zivilrechtlichen Schutznormen (cic ua) abermals zum Durchbruch zu verhelfen.

Im Übrigen ist es auch nicht sachlich gerechtfertigt, dass sich der Kläger auf sonst keine konsumentenschutzrechtliche oder allgemeine Schutznorm berufen kann. Im Allgemeinen ist ein Vertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt, nichtig (§879 Abs1 ABGB), was insbesondere dann gilt, wenn jemand den Leichtsinn, die Zwangslage, Verstandesschwäche, Unerfahrenheit oder Gemütsaufregung eines anderen dadurch ausbeutet, dass er sich oder einem Dritten für eine Leistung eine Gegenleistung versprechen oder gewähren lässt, deren Vermögenswert zu dem Werte der Leistung in auffallendem Missverhältnis steht (§879 Abs2 Z4 ABGB). Diese Schutznorm, welche die Gültigkeit von Spielverträgen in Zweifel zieht, wird durch §25 Abs3 GSpG verdrängt, im Speziellen durch die beiden Sätze: 'Eine über die Einholung der unabhängigen Bonitätsauskünfte, das Beratungsgespräch oder die Befragung des Spielteilnehmers hinausgehende Überprüfungs- und Nachforschungspflicht der Spielbankleitung besteht nicht.' und 'Dieser Absatz regelt abschließend alle Ansprüche des Spielteilnehmers gegen die Spielbankleitung im Zusammenhang mit der Gültigkeit des Spielvertrages oder mit Verlusten aus dem Spiel'.

Diese gesetzliche Privilegierung des Spielbankbetreibers, wonach er §879 Abs1 ABGB oder auch sonstige Schutzstandards, wie sie in der sonstigen legalen Glückspielbranche üblich geworden sind (Offenlegung der Einkommenslage usw), generell nicht beachten muss, weil die (schwachen) Sorgfaltsregeln in §25 Abs3 GSpG abschließend geregelt sind, entspricht nicht dem Sachlichkeitsgebot.

b. Bonitätsauskünfte als Haftungserleichterung […]

Es wird nicht behauptet, dass Bonitätsauskünfte als zusätzliche Kontrollmaßnahme ungeeignet sind. Wenn der Gesetzgeber aber die Einholung von Bonitätsauskünften als primäre (und in den meisten Fällen einzige Schutzmaßnahme) vorsieht, so ist dies unsachlich. Denn Bonitätsauskünfte geben keine relevante Auskunft über die Einkommens- und Vermögenssituation eines Spielers, sondern sind im Allgemeinen allein in Bezug auf die Zahlungsmoral und die Zahlungsfähigkeit des Klägers aussagekräftig. Eine Aussagekraft in Bezug auf die Gefährdung einer Existenz im Sinne einer Störung der wirtschaftlichen, sozialen und familiären Grundlagen (OGH 2 Ob 252/09m = RIS-Justiz RS0111940 [T8]) ist damit bei verständiger Betrachtung aber nicht verbunden.

Indem der Bundesgesetzgeber die Anwendung des erweiterten Schutzes nach §25 Abs3 Z2 GSpG an die Voraussetzung einer nach Angabe der Auskunfteien 'aussagekräftigen' (was übersetzt bedeutet: negativen) Bonitätsauskunft knüpft, adressiert er eine Lebenssituation, in der ein Spielteilnehmer seine privaten Rechnungen und bereits aufgenommene Konsumkredite nicht mehr bzw nur noch mit Verzug bedienen kann. Erst in dieser Situation wird dann die Schutzpflicht der Spielbank ausgelöst, ein Beratungsgespräch zu suchen und den Spieler aufzufordern, [s]eine Einkommens- und Vermögensverhältnisse offenzulegen. In dieser Lebenssituation hilft das Beratungsgespräch dem [Spiel]teilnehmer aber nicht mehr, weil keine wirtschaftliche Existenz mehr besteht, die noch zu schützen wäre. Vielmehr greift in derartigen Fällen bereits der Schutz der Insolvenzordnung, sodass allenfalls noch ein bestellter Masseverwalter erwägen kann, gegen die Spielbank vorzugehen (aber mit welchem Geld?). In den meisten Situationen schützt §25 Abs3 GSpG also nicht die Interessen des Spielteilnehmers vor einer Gefährdung seiner Existenz 'im Sinne einer Störung der wirtschaftlichen, sozialen und familiären Grundlagen', sondern dient in erster Linie den Interessen der Spielbank, den Spielteilnehmer nicht durch persönliche Konfrontationen womöglich von einem Weiterspielen abzuhalten, sondern die Befragung erst zum genau für die Spielbank goldrichtigen Zeitpunkt vorzunehmen, den Spieler unmittelbar vor seiner Insolvenz von der weiteren Spielteilnahme auszuschließen.

Denkt man diese Gesetzeslage aber konsequent zu Ende, beschränkt sich der effektive Schutz des §25 Abs3 GSpG also auf unzuverlässige Spieler, die ihre fälligen Zahlungsforderungen ihrer anderen Gläubiger gar nicht mehr oder nicht mehr fristgerecht bedienen und deshalb bei Abfrage einer Bonitätsauskunft infolge entsprechend negativer Zahlungserfahrungen Dritter erst auffällig werden. Ein so verstandener Spielerschutz ist also nicht nur grob lückenhaft, er ist auch wertungswidersprüchlich, weil er den redlichen Spieler, der (wie der Antragsteller) bereits unterhalb des Existenzminimums darbt, aber die Rechnungen seiner Gläubiger bezahlt und daher bei Kreditauskunfteien auch nicht weiter auffällt, materiell schlechter stellt als den unredlichen Spieler, der seine Rechnungen nicht bezahlt.

Einer Spielbank wäre es leicht möglich und zumutbar, mit jeder Person, die auffallend häufig oder intensiv spielt – und dadurch wie der Antragteller mehrere zehntausende Euro der Spielbank überlassen – entsprechende Beratungsgespräche zu führen.

Nochmals: Bonitätsauskünfte geben keine Auskunft über die schutzrelevanten 'wirtschaftlichen, sozialen und familiären Grundlagen' einer Person (OGH 2 Ob 252/09m = RIS-Justiz RS0111940 [T8]), sie geben auch keine aussagekräftige Auskunft zu Einkommen und Vermögen, sondern über tatsächliche Zahlungserfahrungen Dritter, d.h. Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit einer Person. Bonitätsauskünfte sind ein taugliches Instrument des Gläubigerschutzes wie der Spielbank. Zum Schutz des Spielers ist eine allgemeine Beschränkung auf derartige Auskünfte für sich allein genommen unsachlich und ungeeignet. Sie kann nur als zusätzliches Instrument zur unabhängigen Überprüfung der Angaben des Spielers relevant sein.

c. Einschränkung auf grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz […]

Vor diesem Hintergrund ist auch nicht einsichtig, weshalb die Spielbank – über alle Haftungserleichterungen hinaus – zusätzlich auch noch den Vorteil genießen soll, bei leicht fahrlässiger Missachtung ihrer Schutz- und Sorgfaltspflichten gar nicht zu haften.

Natürlich ist das Bestreben nach einer Haftungserleichterung an sich sachlich gerechtfertigt. Will ein Glückspielbetreiber eine solche Haftungserleichterung, so muss er sie durch seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen in den Glückspielvertrag einbeziehen. Dabei gilt aber dann die allgemeine Einbeziehungs- und Geltungskontrolle dieser AGB (vgl auch §864a ABGB) ebenso wie eine gesetzliche Inhaltskontrolle (§879 Abs3 ABGB, §6 KSchG uva).

Unsachlich ist hier also nicht die Haftungserleichterung an sich, sondern die gesetzliche Privilegierung eines einzigen Rechtsträgers, nämlich der konzessionierten Spielbank und die damit verbundene Aushebelung des allgemeinen Vertragsrechts, insbesondere von den genannten allgemeinen vertragsrechtlichen Regelungen zur AGB-Kontrolle. Für diese Privilegierung gibt es keinen sachlichen Grund.

Auch hier gilt: Einer Spielbank wäre es leicht möglich und zumutbar, eine Einschränkung ihrer Haftung auf Fälle von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit (mit Ausnahme von Personenschäden) zulässig und wirksam mit den Spielern zu vereinbaren, dies aber eben im Rahmen von allgemeinen Geschäftsbedingungen, die dem Spieler auch zur Kenntnis gebracht werden und im Einzelfall der gerichtlichen Kontrolle unterliegen."

4. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie die Zulässigkeit des Antrages bestreitet und den verfassungsrechtlichen Bedenken des Antragstellers wie folgt entgegentritt (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"3. Die Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

Das Regelungsanliegen des §25 GSpG besteht darin, die ordnungspolitische Mitverantwortung des Spielbankunternehmers festzuschreiben. Wie aus den Erläuterungen zur Stammfassung des GSpG ersichtlich, 'soll damit vor allem erreicht werden, daß derjenige, der unmittelbar seine Spieler beobachten kann und daher auch den besten Überblick über sein Spielerpublikum hat, nämlich der Spielbankunternehmer, entsprechende Maßnahmen setzt, um Spieler, die die negativen Voraussetzungen des Abs3 höchstwahrscheinlich erfüllen, nicht mehr zum Spiel zuzulassen' (ErläutRV 1067 d.B. 17. GP 20). Bereits in der Stammfassung des GSpG, BGBl Nr 620/1989, wurde darauf abgestellt, ob die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Spielers die Teilnahme am Spiel nicht oder nur in beschränktem Ausmaß gestatten, und eine Handlungspflicht der Spielbank daran geknüpft. Die Systematik der derzeit geltenden Ausgestaltung, wonach bei begründeten Zweifeln eine Bonitätsauskunft einzuholen ist und wenn diese nicht aussagekräftig oder möglich ist, ein Beratungsgespräch mit dem Spieler zu führen ist, wurde mit der Novelle BGBl I Nr 71/2003 angelegt. Eine weitere Konkretisierung hat §25 Abs3 GSpG durch die Novelle BGBl I Nr 105/2005 erfahren, mit der eine Anknüpfung an das Existenzminimum des Spielers vorgesehen und die Haftung der Spielbank (auch) zeitlich eingeschränkt wurde. Weiters sollte mit dieser Änderung das Verhältnis zwischen Spielbank und Spieler abschließend geregelt und darüber hinausgehende Ansprüche ausgeschlossen werden ('Dieser Absatz regelt abschließend alle Ansprüche des Spielteilnehmers gegen die Spielbankleitung in Zusammenhang mit der Gültigkeit des Spielvertrages oder mit Verlusten aus dem Spiel.'). Mit der Änderung durch BGBl I Nr 126/2008 wurde der Bestimmung des §25 Abs3 GSpG im Wesentlichen eine übersichtlichere Struktur gegeben. Im Anschluss an die Entscheidung des VfGH vom 25.9.2008, G162/07, wurde mit der Novelle BGBl I Nr 54/2010 'die Frist für eine gerichtliche Geltendmachung der Haftung mit drei Jahren nach dem jeweiligen Verlust bestimmt' (ErläutRV 658 d.B. 24. GP 7). Ebenso wurde mit der Novelle BGBl I Nr 13/2014 einer Entscheidung des VfGH Rechnung getragen, in der ausgesprochen wurde, dass die betragsmäßige Beschränkung der Haftung der Spielbank auf das Existenzminimum verfassungswidrig ist (siehe VfGH 27.9.2011, G34/10; VfSlg 19.508/2011). Die Haftung der Spielbank richtet sich seither nach dem allgemeinen Schadenersatzrecht (vgl ErläutRV 24 d.B. 25. GP 22).

II. Zum Anlassverfahren und zur Zulässigkeit:

1. […]

2. Zur Beseitigung der behaupteten Verfassungswidrigkeit

2.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes soll ein Gesetzesprüfungsverfahren dazu dienen, die behauptete Verfassungswidrigkeit – wenn sie tatsächlich vorläge – zu beseitigen. Unzulässig ist ein Antrag daher dann, wenn die Aufhebung einer Bestimmung beantragt wird, welche die angenommene Verfassungswidrigkeit gar nicht beseitigen würde (zB VfSlg 16.191/2001, 18.397/2008, 18.891/2009, 19.178/2010, 19.674/2012; VfGH 26.11.2015, G179/2015 jeweils mwN).

2.2. Ein solcher Fall liegt hier beim Hauptantrag vor. Durch die Aufhebung des gesamten §25 Abs3 GSpG, wie dies der Antragsteller mit seinem Hauptantrag begehrt, würde für den Anlassfall keine Rechtslage hergestellt, auf die die vom Antragsteller vorgebrachten Bedenken nicht mehr zuträfen. Nach derzeitiger Rechtslage sieht §25 Abs3 GSpG spezifische Regelungen betreffend das Verhältnis der Spielbank und der einzelnen Spielteilnehmer vor. Die für dieses Vertragsverhältnis eigens vorgesehenen Sorgfaltspflichten gehen weit über jene nach den allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen hinaus. Wenn nun dem Aufhebungsbegehren des Antragstellers Folge gegeben und §25 Abs3 GSpG zur Gänze aufgehoben wird, kommen für den Anlassfall die allgemeinen Regeln des Zivilrechts zur Anwendung. Diese sehen aber gerade nicht die Durchführung eines verpflichte[nden] Beratungsgesprächs bei begründeter Annahme, dass Häufigkeit und Intensität der Teilnahme am Spiel für den Zeitraum, in welchem der Spielteilnehmer mit dieser Intensität und Häufigkeit spielt, das Existenzminimum gefährden, vor (vgl dazu OGH 19.12.2012, 6 Ob 61/12g).

Würde der Verfassungsgerichtshof dem Hauptantrag Folge geben, kämen nicht mehr die spezifischen Sorgfaltspflichten der Spielbank nach §25 Abs3 GSpG, sondern die allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen zur Anwendung, die derartige Pflichten zur Kontrolle und Aufsicht und insbesondere eine Verpflichtung zur Durchführung eines Beratungsgesprächs nicht kennen. Die behauptete Verfassungswidrigkeit wäre daher für den Anlassfall nicht beseitigt.

III. In der Sache:

Die Bundesregierung verweist einleitend auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dieser in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen beschränkt ist und ausschließlich beurteilt, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (vgl zB VfSlg 19.160/2010, 19.281/2010, 19.532/2011, 19.653/2012). Die Bundesregierung beschränkt sich daher im Folgenden auf die Erörterung d

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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