TE Vwgh Erkenntnis 1996/6/19 96/01/0226

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Veröffentlicht am 19.06.1996
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

ABGB §2;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des T in E, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. September 1995, Zl. 4.345.285/1-III/13/94, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, daß der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der "Jugosl. Föderation", der am 17. Oktober 1994 in das Bundesgebiet eingereist ist, den Bescheid des Bundesasylamtes vom 2. November 1994, mit dem sein Asylantrag abgewiesen worden war, mit Berufung bekämpft hat.

Mit Bescheid vom 29. September 1995 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Der Beschwerdeführer hat - wie im angefochtenen Bescheid ausgeführt wird - bei seinen Einvernahmen durch das Bundesasylamt am 20. und 21. Oktober 1994 angegeben, sich vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in Ungarn aufgehalten zu haben. Die belangte Behörde hat die Abweisung seiner Berufung und damit die Versagung von Asyl auch darauf gestützt, daß der Beschwerdeführer auf Grund seines Aufenthaltes in diesem Staat bereits dort vor Verfolgung sicher gewesen sei, weshalb ausgehend von § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 die Gewährung von Asyl gemäß § 3 leg. cit. nicht in Betracht komme. Die belangte Behörde befaßte sich hiebei näher mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit", wobei sie im wesentlichen im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insbesondere die hg. Erkenntnisse vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, und vom 6. September 1995, Zl. 95/01/0030), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, die Rechtslage richtig erkannt hat.

Der Beschwerdeführer macht zur Frage der Erlangung von Verfolgungssicherheit geltend, die belangte Behörde habe den Sachverhalt aktenwidrig angenommen, weil sie auf sein im Zuge der erstinstanzlichen Vernehmung geltend gemachtes Vorbringen, ihm sei die Möglichkeit, bereits in Ungarn die Sicherheit vor Verfolgung in Anspruch zu nehmen, nicht bekannt gewesen, im angefochtenen Bescheid nicht eingegangen sei. In dieser Hinsicht liege, da der Beschwerdeführer infolge seiner prekären Situation den schnellsten Weg gewählt habe, sich vor Verfolgung in Sicherheit zu bringen, und sich daher nicht über die österreichische Rechtslage informiert habe, ein entschuldbarer Rechtsirrtum vor. Dem ist entgegenzuhalten, daß es für die Erlangung der Verfolgungssicherheit nicht darauf ankommt, ob und welche subjektiven Kenntnisse ein Asylwerber über die Länder seines Aufenthaltes hatte (vgl. z.B. die

hg. Erkenntnisse vom 17. Februar 1994, Zl. 94/19/0033, und vom 24. April 1996, Zl. 96/01/0253). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann auch in dem der belangten Behörde vorgeworfenen Unterlassen einer Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers eine Aktenwidrigkeit nicht erblickt werden. Der allenfalls in diesem Unterlassen gelegene Verfahrensmangel erweist sich angesichts der Unmaßgeblichkeit der Kenntnis eines Asylwerbers über die Situation in den Ländern seines Aufenthaltes als unwesentlich, weil die belangte Behörde auch bei Vermeidung dieses Mangels zu keinem anderen Bescheid hätte gelangen können.

Soweit der Beschwerdeführer das Vorliegen eines entschuldbaren Rechtsirrtums hinsichtlich der österreichischen Rechtslage ins Treffen führt, ist ihm zu erwidern, daß die Erlangung von Verfolgungssicherheit in einem Durchreisestaat völlig unabhängig von der Kenntnis österreichischer Rechtsvorschriften ist, sodaß die - in keiner Weise näher dargetane - Entschuldbarkeit des vermeintlichen Rechtsirrtums ungeprüft bleiben konnte.

Sollten die Beschwerdeausführungen, mit denen geltend gemacht wird, "die Frage, ob ich tatsächlich ein Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention bin", stelle eine von der belangten Behörde zu prüfende Vorfrage dar, sich auch auf die Annahme des Vorliegens des Ausschlußgrundes des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 beziehen, ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, daß nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 das Vorliegen von wohlbegründeter Furcht im Sinne des § 1 Z. 1 leg. cit. nicht von Bedeutung ist, sondern daß in dieser Gesetzesstelle gerade davon ausgegangen wird, daß selbst im Fall der Anerkennung eines Asylwerbers als Flüchtling bei Vorliegen eines der in den drei Ziffern dieser Gesetzesstelle angeführten Gründe kein Asyl zu gewähren ist. Damit ist es aber auch zulässig, wenn die Behörde - ohne die Frage zu behandeln, ob der Asylwerber Flüchtling ist - zunächst prüft, ob einer der Ausschlußgründe im Sinne des § 2 Abs. 2 Asylgesetz 1991 vorliegt (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 29. Oktober 1993, Zl. 93/01/0985, und vom 27. März 1996, Zl. 96/01/0167).

Da somit ausgehend vom Beschwerdevorbringen keine Gründe ersichtlich sind, aus denen der Beschwerdeführer gehindert gewesen wäre, bereits in Ungarn um Asyl anzusuchen - dieser Staat ist der Genfer Flüchtlingskonvention am 14. März 1989 mit Wirksamkeit vom 12. Juni 1989 (Artikel 40 Abs. 2) beigetreten

(siehe BGBl. Nr. 260/1992) -, und auch kein Sachverhalt geltend gemacht wurde, aus dem sich die Nichteinhaltung der aus der Genfer Flüchtlingskonvention erfließenden Verpflichtungen insbesondere des Refoulement-Verbots durch diesen Staat ergäbe, liegen keine Umstände vor, die gegen die von der belangten Behörde angenommene Erlangung der Verfolgungssicherheit in Ungarn sprächen.

Es ergibt sich somit, daß angesichts des Vorbringens des Beschwerdeführers der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden kann, wenn sie davon ausgegangen ist, daß der Beschwerdeführer bereits in einem anderen Staat - nämlich in Ungarn - vor Verfolgung sicher war. Daraus folgt, daß die belangte Behörde, ohne den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit zu belasten, das Vorliegen des Ausschlußgrundes des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 ihrer Entscheidung zugrunde legen konnte. Selbst wenn die belangte Behörde die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers als gegeben erachtet hätte, käme sohin die Asylgewährung für ihn nicht in Betracht, weil dieser der von der belangten Behörde zu Recht herangezogene Ausschlußgrund entgegenstünde (vgl. für viele andere z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. März 1994, Zlen. 94/01/0161, 0162).

Ausgehend von dieser Sach- und Rechtslage konnte eine Auseinandersetzung mit den die Frage der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführer betreffenden Beschwerdeausführungen unterbleiben.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Aus diesem Grund konnte auch eine Entscheidung des Berichters über den (zur hg. Zl. AW 96/01/0147 protokollierten) Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, unterbleiben.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996010226.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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